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Ich breche das jetzt mal runter in zwei Teile:
Teil 1 konkrete Vorbereitungen und die Fahrt
Teil 2 Rückblick auf den Prozess (habe schon einen Text hier liegen, mal schauen ob das dann noch passt, manchmal braucht man das auch für sich).
Wir schreiben Donnerstag den 25.08.2022 es geht los!
Mietbus abholen, alles einladen, @Guzzi steigt zu, @Fritz lesen wir in Kassel ein und los geht es. Auf der langen Fahrt gibt es immer wieder geografische Anhaltspunkte der Rekordstrecke, das Thema ist mit dem Vorhaben zum Großteil auch besetzt. Oberstdorf bietet noch einige Überraschungen z.B. ist das Hostel Oberstorf (unsere Unterkunft) sehr weit von Oberstorf entfernt. Der Großteil der Crew reist auch noch an und so sitzen wir dann zu späterer Stunde beim gemeinsamen Abendessen.
Freitag 26.08.2022
Der Tag der Vorbereitungen. Wow, so viel Arbeit liegt noch vor uns. Fahrzeug und Ersatzfahrzeug müssen noch komplett abgestimmt und beklebt werden, der Einkauf muss gemacht werden, Autos vorbereitet, Absprachen getroffen... Eigentlich ist der Tag für ein nicht eingespieltes Team viel zu kurz. Aber die Probefahrt wird für gut befunden, der Startort besichtigt, der Rest der Crew kommt an, die ersten Bilder werden gemacht und dann geht es ins Bett.
Samstag/Sonntag 27./28.08.2022
Heute gehts los!
04.00 Uhr klingelt der Wecker, 04.30 Uhr ist Abfahrt zum Start nach Birgsau. Am Morgen alles feucht nach einem Regen und ziemlich angenehme Temperaturen. Den genauen Starttermin ziehen wir dann noch etwas vor, denn warten macht keinen Sinn. Los geht es. Die ersten Km fahre ich sehr verhalten, es ist feucht und ich möchte auf keine Fall einen Abflug riskieren. Also schön einfahren, was bei mir ziemlich lange dauert. Dann die ersten Unterstützer am Wegesrand. Es sollte bis in Ziel so bleiben, immer wieder gab es Menschen mit super motivierenden Aktionen an der Strecke. Auch wenn ich nicht alle erkannt habe, ich habe mich super gefreut! Ganz zu Beginn habe ich etwas Magenschmerzen, die verziehen sich aber bald und dann geht es los im Dauerflow. Ich habe Musik auf den Ohren und zusätzlich Funkkontakt zum Begleitfahrzeug. Was zählt sind für mich: Konzentration auf die Strecke sowie die Werte vom Powermeter und dem Pulsmesser. Auf andere Werte schaue ich nur ca. 3-4 Mal in den nächsten 30 Stunden. Im Kopf habe ich eine Vierteilung der Strecke: Birgsau-Würzburg, Würzburg-Holle, Holle-Wischhafen, Wischhafen-Ziel. Und ich bin jeweils in meinem Abschnitt und nicht schon am Ziel oder irgendwo anders. Der Körper läuft und so sollte es bleiben. Für die ersten 300 Km steht ein Zielpuls von ca. 130, an Steigungen auch mal kurz mehr. Gab es Probleme auf der Fahrt? Nein! Gab es kniffelige Situationen? Ja, einige. Navisignal im Bülk geht verloren, neue Baustellen tauchen auf, ein paar Gewitter nehmen wollen uns foppen, Reifenschaden, Kleinigkeiten am Bülk, ein Waschbär auf der Straße... Aber ich bin im Tunnel, mir kann das nichts anhaben, ich habe das beste Team ever dabei. Und so blende ich die "schwierigen" Anteile aus. Den Rekord habe ich so gut wie nicht im Kopf, Körper und Geist scheinen sich auf diesen einen Tag verständigt zu haben und so spule ich die Km ab. Dann kommen die Höhenmeter im Maingebiet und in der Rhön. @Guzzi sagt alle relevanten Steigungen an: Länge, Steigungsprozente, Dauer und zu tretende Wattzahl. So gehen wir das bis zu den letzten Hügeln im Norden durch. Und das war ein Erfolgsrezept. Dazwischen habe ich immer wieder rausgenommen und regeneriert. Nach den relevanten Höhemnetern merke ich, dass es immer noch super läuft. Und genau an der Stelle hatten viele die Befürchtung, dass es nicht klappen könnte. Ich war nur ein paar Minuten vor der Minimalzeit, aber die existierte für mich ja gar nicht. Nach den letzten Steigungen im Randgebiet vom Harz war mir klar, dass ich jetzt aufdrehen kann und so habe ich das Tempo langsam angezogen und die Pausenzeiten verkürzt. Essen ging nach der ersten Pause nur noch in Form von Flüssignahrung. Auf alles Feste hatte ich keinen Appetit. Gel, Flüssignahrung, Isotrunk und in den Pausen Cola und Wasser haben ausgereicht. Die Nacht kommt und ich werde nicht müde, keine Halluzinationen, kein relevanter Leistungseinbruch und immer noch richtig Spaß bei der Sache. Ab Celle werden es schon Festspiele. In den frühen Morgenstunden durch bestes VM Geläuf mit 50-60 Km/h fahren
. Dann richtig Gas geben bis zur Fähre. Geschafft, die Crew atmet auf. Fritz fragt mich zu Beginn der letzten Etappe, ob ich eine Zielzeit verfolgen möchte. Ich verstehe: Zwischen 30.30 und 30.50. Fritz meint aber die 30 Stunden zu knacken. Daran denke ich bis zum Ziel nicht und mir war auch nicht klar, dass es unter 30 Stunden werden. "Willst du hinten raus noch mal alles geben?" "Ja klar, aber im ersten Abschnitt mit Klein/Klein (Umlteiungen) macht das keinen Sinn. Ich fahre die letzten 2 Stunden noch einmal mit Vollgas." Und genauso wird es. Von hinten dann regelmäßige Ansagen mit dem angepeilten Durchschnitt. Ich raffe aber immer noch nicht, dass es um unter 30 Stunden geht. Die Zeit verfliegt, die letzten Hügel lassen wir hinter uns, es geht runter zum Meer. Der Wind weht eher nachteilig, interessiert mich heute aber Null. Die Beine gehen immer noch enorm gut, keine Anzeichen von Krämpfen. Und so bin ich am Ziel an der dänischen Grenze, kann den tollen Empfang noch nicht ganz fassen und bin nur beeindruckt, dass mein Körper das so gut mitgemacht hat. Keine Schmerzen, keine Qual, viel Freude und auch etwas Erleichterung.
Und wer jetzt denkt: Wie macht man das, dass man so eine Lauf hat? Ich weiß es nicht. Weiß aber, dass es im Verlauf des Jahres auch anders war. Einbrüche bei den Brevets und @Guzzi hat sie jedes Mal analytisch aufgedeckt. So einen Mann muss man im Team haben, wenn man die ehrlichste Analyse haben will. Ich habe versucht bei allen nicht so guten Erfahrungen zu lernen, habe viel ausprobiert ohne dabei hektisch zu werden. So war es ja auch beim Bülk. Warum verkauft er seinen gut laufenden Milan? Weil ich mir sicher war, dass die Umstellung nicht groß ist. So war es auch. Aber das 1.000 Km am Stück darin so gut laufen werden, damit hätte ich nicht gerechnet.
Teil 1 konkrete Vorbereitungen und die Fahrt
Teil 2 Rückblick auf den Prozess (habe schon einen Text hier liegen, mal schauen ob das dann noch passt, manchmal braucht man das auch für sich).
Wir schreiben Donnerstag den 25.08.2022 es geht los!
Mietbus abholen, alles einladen, @Guzzi steigt zu, @Fritz lesen wir in Kassel ein und los geht es. Auf der langen Fahrt gibt es immer wieder geografische Anhaltspunkte der Rekordstrecke, das Thema ist mit dem Vorhaben zum Großteil auch besetzt. Oberstdorf bietet noch einige Überraschungen z.B. ist das Hostel Oberstorf (unsere Unterkunft) sehr weit von Oberstorf entfernt. Der Großteil der Crew reist auch noch an und so sitzen wir dann zu späterer Stunde beim gemeinsamen Abendessen.
Freitag 26.08.2022
Der Tag der Vorbereitungen. Wow, so viel Arbeit liegt noch vor uns. Fahrzeug und Ersatzfahrzeug müssen noch komplett abgestimmt und beklebt werden, der Einkauf muss gemacht werden, Autos vorbereitet, Absprachen getroffen... Eigentlich ist der Tag für ein nicht eingespieltes Team viel zu kurz. Aber die Probefahrt wird für gut befunden, der Startort besichtigt, der Rest der Crew kommt an, die ersten Bilder werden gemacht und dann geht es ins Bett.
Samstag/Sonntag 27./28.08.2022
Heute gehts los!
04.00 Uhr klingelt der Wecker, 04.30 Uhr ist Abfahrt zum Start nach Birgsau. Am Morgen alles feucht nach einem Regen und ziemlich angenehme Temperaturen. Den genauen Starttermin ziehen wir dann noch etwas vor, denn warten macht keinen Sinn. Los geht es. Die ersten Km fahre ich sehr verhalten, es ist feucht und ich möchte auf keine Fall einen Abflug riskieren. Also schön einfahren, was bei mir ziemlich lange dauert. Dann die ersten Unterstützer am Wegesrand. Es sollte bis in Ziel so bleiben, immer wieder gab es Menschen mit super motivierenden Aktionen an der Strecke. Auch wenn ich nicht alle erkannt habe, ich habe mich super gefreut! Ganz zu Beginn habe ich etwas Magenschmerzen, die verziehen sich aber bald und dann geht es los im Dauerflow. Ich habe Musik auf den Ohren und zusätzlich Funkkontakt zum Begleitfahrzeug. Was zählt sind für mich: Konzentration auf die Strecke sowie die Werte vom Powermeter und dem Pulsmesser. Auf andere Werte schaue ich nur ca. 3-4 Mal in den nächsten 30 Stunden. Im Kopf habe ich eine Vierteilung der Strecke: Birgsau-Würzburg, Würzburg-Holle, Holle-Wischhafen, Wischhafen-Ziel. Und ich bin jeweils in meinem Abschnitt und nicht schon am Ziel oder irgendwo anders. Der Körper läuft und so sollte es bleiben. Für die ersten 300 Km steht ein Zielpuls von ca. 130, an Steigungen auch mal kurz mehr. Gab es Probleme auf der Fahrt? Nein! Gab es kniffelige Situationen? Ja, einige. Navisignal im Bülk geht verloren, neue Baustellen tauchen auf, ein paar Gewitter nehmen wollen uns foppen, Reifenschaden, Kleinigkeiten am Bülk, ein Waschbär auf der Straße... Aber ich bin im Tunnel, mir kann das nichts anhaben, ich habe das beste Team ever dabei. Und so blende ich die "schwierigen" Anteile aus. Den Rekord habe ich so gut wie nicht im Kopf, Körper und Geist scheinen sich auf diesen einen Tag verständigt zu haben und so spule ich die Km ab. Dann kommen die Höhenmeter im Maingebiet und in der Rhön. @Guzzi sagt alle relevanten Steigungen an: Länge, Steigungsprozente, Dauer und zu tretende Wattzahl. So gehen wir das bis zu den letzten Hügeln im Norden durch. Und das war ein Erfolgsrezept. Dazwischen habe ich immer wieder rausgenommen und regeneriert. Nach den relevanten Höhemnetern merke ich, dass es immer noch super läuft. Und genau an der Stelle hatten viele die Befürchtung, dass es nicht klappen könnte. Ich war nur ein paar Minuten vor der Minimalzeit, aber die existierte für mich ja gar nicht. Nach den letzten Steigungen im Randgebiet vom Harz war mir klar, dass ich jetzt aufdrehen kann und so habe ich das Tempo langsam angezogen und die Pausenzeiten verkürzt. Essen ging nach der ersten Pause nur noch in Form von Flüssignahrung. Auf alles Feste hatte ich keinen Appetit. Gel, Flüssignahrung, Isotrunk und in den Pausen Cola und Wasser haben ausgereicht. Die Nacht kommt und ich werde nicht müde, keine Halluzinationen, kein relevanter Leistungseinbruch und immer noch richtig Spaß bei der Sache. Ab Celle werden es schon Festspiele. In den frühen Morgenstunden durch bestes VM Geläuf mit 50-60 Km/h fahren
Und wer jetzt denkt: Wie macht man das, dass man so eine Lauf hat? Ich weiß es nicht. Weiß aber, dass es im Verlauf des Jahres auch anders war. Einbrüche bei den Brevets und @Guzzi hat sie jedes Mal analytisch aufgedeckt. So einen Mann muss man im Team haben, wenn man die ehrlichste Analyse haben will. Ich habe versucht bei allen nicht so guten Erfahrungen zu lernen, habe viel ausprobiert ohne dabei hektisch zu werden. So war es ja auch beim Bülk. Warum verkauft er seinen gut laufenden Milan? Weil ich mir sicher war, dass die Umstellung nicht groß ist. So war es auch. Aber das 1.000 Km am Stück darin so gut laufen werden, damit hätte ich nicht gerechnet.