So, nachdem ich ich vor kurzem die ersten 1000 Hilgo-Kilometer erreicht hab (ja, hat etwas gedauert, aber ich hab ja auch noch drei Einspurer im Betrieb, s. mein Profilfoto) wird es Zeit für ein ausführliches Fazit, auch im Vergleich zum Mango Sport. Kurz zur Vorgeschichte:
zum Velomobil kam ich im März 2016, als ich zusätzlich zu meinen seit 1998 „stufenweise“ angeschafften Einspurern noch ein MangoSport bei Drymer/Sinnerbikes in Stadskanaal (nur ca.35 km von meinem Wohnort entfernt!)erwarb. Ich wollte gern auf längeren Strecken noch etwas flotter und v.a. auch wettergeschützt unterwegs sein . Ich denke, so ähnlich ist es auch bei einigen anderen HPV-lern abgelaufen. Das Mango hat meine Erwartungen voll und ganz erfüllt, das Fahren damit ist wirklich etwas Besonderes! Konsequenterweise habe ich dann auch 2 Jahre später mein Auto abgeschafft.
Warum jetzt dann der Wechsel zum Hilgo? Das Hilgo ist aus dem Mango entwickelt worden, löst dieses aber, zumindest zur Zeit nicht ab. Drymer produziert also jetzt beide VM-Typen gleichzeitig. Bei gleicher Alltagstauglichkeit (Möglichkeit von Rennhaube und/oder Versatile-Regen-Dach, Gepäckraum, Einstieg ohne große Verrenkungen, Beleuchtung)) ist es, dank besserer Aerodynamik, ca. 5% -10% schneller als das Mango.Das hab ich am Anfang zunächst noch nicht so deutlich gespürt, dafür gab es drei Gründe: ich hab das Hilgo Ende November gekauft, in den kalten Wintermonaten laufen unsere VM deutlich langsamer , nicht umsonst gibt’s ja dafür hier im Forum einen Extra-Faden! Zum zweiten hatte ich bis diese Woche meine „Winterreifen“ (Marathon Green-Guard) drauf und schließlich musste ich mich erst an die kürzeren Kurbeln (140er statt 170er) und die höhere Trittfrequenz gewöhnen. Aber jetzt bei wärmeren Temperaturen und mit den Duranos vorne ist der Unterschied zum Mango klar. Grob geschätzt würde ich sagen, das Hilgo kommt dem Geschwindigkeitspotenzial eines (alten Glas-) Quest ziemlich nahe, trotz der offenen Radkästen (die den großen Vorteil eines alltagstauglichen Wendekreises bieten, mit den 28er Duranos ca. 7,40m)), das Quest hat ja geschlossene. Erreicht wurde dieses durch den schmaleren Bug , den Verzicht auf Fußlöcher, die „scharfe“ Vorderkante und „runde“ Hinterkante der Radkästen und nicht zuletzt durch das viel aerodynamischere Heck, das wie aus einem Guß wirkt, weil es nicht mehr den typischen „Mango-Buckel“ hat, s. Vergleichsfoto. An das Tempo der ganz schnellen VM wie Alpha 7 oder Milan kommt das Hilgo allerdings nicht heran, aber ich will damit ja auch keine Rennen fahren. Was mir auch gut gefällt: das Hilgo hat mehr Gepäckraum als das Mango-Sport. (geschätzte 90l statt 70l, das Mango-
Plus bietet übrigens über 100l !) Ganz erstaunlich: obwohl es etwas schmaler als das Mango ist, sind die Ablagefächer nebem dem Sitz breiter und zusätzlich mit einer Wand gesichert (das QV lässt grüßen), so dass nichts mehr unter den Sitz rutschen kann.Allerdings wird die Größe der Gepäckstücke, die man nach hinten durchschieben kann durch die zusätzliche tiefe Querstrebe hinterm Sitz eingeschränkt (s. Foto). Dadurch ist das Hilgo aber auch spürbar steifer als das Mango. Kleiner Nachteil davon ist wiederum, dass man den Antrieb etwas lauter hört, woran man sich aber schnell gewöhnt.
Und zwei Besonderheiten gibt es bisher nur beim Hilgo: da ist zum einen die sogenannte Linearschaltung, an der H@rry und seine Mitstreiter intensiv getüftelt haben: am Zwischengetriebe (wie beim Mango) sitzt ein 11-er Ritzelpaket aber kein Schaltwerk! Stattdessen werden die Gänge mittels einer Laufschiene, wie man sie bei Schubladen kennt, gewechselt.(s. Foto und auch das Video Hilgo-Gearing bei YouTube!) Dazu betätigt man einen Drehgriff von Rohloff; (im Video ist noch der zunächst verbaute NuVinci -Griff zu sehen) am Lenker. Ergebnis: der Gangwechsel geht ganz leicht und locker von sich, ohne große Schaltkraft auch ganz schnell durch´s ganze Spektrum! Das macht richtig Spaß! Die zweite Besonderheit: das gesamte Oberteil ist so verschraubt, dass es sich auch unterwegs innerhalb von 5 Minuten abnehmen lässt; das Wiederdraufsetzen geht nach etwas Übung fast genauso schnell. Dann hat man, wie Harry so schön sagt, die größte Wartungsklappe und kommt überall ohne Verrenkungen gut ran (ein großer Pluspunkt!), zumal man auch den Sitz ganz leicht herausnehmen kann.Die Möglichkeit von Eingriffen durch die Fußlöcher gibt es ja auch nicht mehr! Inwieweit dadurch die Belüftung im Sommer leidet, kann ich noch nicht genau sagen, aber etwas Luft kommt auf jeden Fall immer durch die Scheinwerferöffnung. Ich fahre auch ohne Rennhaube, so dass der Kopf immer genug Luft bekommt. Alternativ kann man das Hilgo auch mit einer großen Belüftungsöffnung im Bug bestellen,die allerdings meiner Meinung nach die Optik ziemlich stört.Denn ich finde, auch dieses VM hat durchaus seine ästhetischen Reize, und kann beim Blinken sogar zwinkern (s. Foto) . Aus all diesen Gründen hab ich also vom Mango ,das ich übrigens übers Forum problemlos und sehr schnell verkaufen konnte, zum Hilgo gewechselt, und da auch die Verarbeitungsqualität wieder sehr hochwertig ist (
H@rry, you did again a good job!) hab ich es nicht bereut, die Kiste macht viel Spass! Aber ganz perfekt ist auch dieses VM nicht, denn:
- das Hilgo wird wie auch das Mango nach wie vor in GFK in Stadskanaal gefertigt. Es wiegt 30kg. In Carbon wäre es sicher 3 - 4kg leichter, aber dazu müsste wie bei anderen VM-Herstellern wohl der größte Teil der Fertigung nach Rumänien ausgelagert werden.
- ein gelochter Sitz ist z.Zt. noch nicht erhältlich
- Der Sprung zwischen den beiden Kettenblättern (50 und 34) ist zu groß. Ein Hin- und Herschalten ohne Probleme ist nicht ganz einfach und auch nicht von allen Ritzelgrößen aus möglich, wenn es nicht klappt, fällt die Kette ab. Das ist mir allerdings nur in der ersten Woche zweimal passiert. Besser wäre ein größeres unteres Kettenblatt ,z.B. 40er; wenn man nicht gerade in den Alpen wohnt, dürfte das vollkommen ausreichen, oder eine Dreifachkombination. In der Praxis bin ich hier in Nordwestdeutschland mit der ausschließlichen Verwendung des großen Blattes auch bei Brücken u.ä. bisher gut klargekommen, im Gebirge sieht das natürlich anders aus. Optimal wäre auch eine Lösung mit einem Kettenblatt und Dual-Drive-Nabe im Zwischengetriebe. So hatte ich das im Mango und fand die Möglichkeit zur Not auch im Stand herunterschalten zu können optimal. Leider wird die DualDrive ja seit über 3 Jahren nicht mehr gebaut. Sturmey-Archer bietet eine vergleichbare Nabe an, aber bisher hört man wenig bis gar nichts von Praxiserfahrungen damit.
- Die LED-Stripes als Blinker vorne sind optimal sichtbar(s. Foto), hinten als Teil des Rückleuchten-Led-Stripes nicht ganz so gut, v.a. wenn die Sonne drauf scheint. Besser wäre hier eine Lösung an der Hutze. Dazu müssten die Kabel dann nur mit Steckern versehen werden, damit man weiter problemlos das Oberteil abnehmen kann.
- die Standard-Muttern zur Verschraubung des Oberteils sollten durch Rändelmuttern ersetzt werden, was eine werkzeuglose, schnelle Montage/Demontage ermöglicht ( hab ich bei mir schon gemacht, war ein guter Tipp Pilgrim/Dirk!)
- die Innenbeleuchtung ist nur auf einer Seite und ziemlich blass, der Computer ist nicht gut ablesbar. Das war beim Mango deutlich besser!
Das war´s aber auch schon an Gemecker. Insgesamt ist das Hilgo meiner Meinung nach eine sehr gelungene Kombination aus Schnelligkeit und Alltags/-Tourentauglichkeit, bei dem der Fahrspass nicht zu kurz kommt. Und schön ist es auch noch, oder? Bin gespannt, was andere Hilgonauten zu meinen Erfahrungen sagen bzw. über einige Punkte denken! So, und jetzt noch ein paar Fotos und liegende Grüße an alle Thomas