Vorbemerkung: Ich antworte deshalb so ausführlich auf diesen Post, weil ich der Ansicht bin, dass der Ruf von Langliegern deutlich schlechter ist als ihr wahrer Wert und ich dies mal exemplarisch aufzeigen möchte.
Die grundsätzlichen Herausforderungen von Langliegern wird man nicht wegentwickeln können:
Schauen wir doch mal genauer, wie einschneidend die Herausforderungen sind:
Die Länge lässt sich nicht wegdiskutieren, ist zum Teil aber auch optisch bedingt duch den langen Radstand. Ein Kurzlieger mit großem Hinterrad oder ein Tieflieger wie der Baron dürften alles in allem nicht so viel kürzer sein.
Zunächst mal kann diese Sperrigkeit durchaus von Vorteil sein,nämlich was den Diebstahlsschutz betrifft, so ein langes Rad packt man als Dieb eben nicht mal so schnell in einen Kofferraum. Aber aber auch das Argument der Sperrigkeit halte ich z.T. für überschätzt, sowohl was den Platzbedarf als auch die Wendigkeit im Verkehr betrifft. Zumindest Delta-Dreiräder lassen sich hochkant auf den Hinterräder abstellen und brauchen so weniger Platz als ein normales Fahrrad. Dies sollte sich mit geringem Aufwand eigentlich auch bei zweirädrigen Langliegern verwirklichen lassen, falls der Platzbedarf wirklich ein Problem darstellt.
Zur Wendigkeit im Verkehr empfehle ich das Video über das Vanguard von Dick Ryan, leider alt und somit in schlechter technischer Qualität. Ab min 4.12 sieht man das Rad beim Autoslalom. Ich würde das nicht machen, aber es zeigt halt, was möglich ist.
Also zumindest mein Basic ist schwerer als das Dino, das Anthrotech sowieso, deshalb bin ich mit dem Dino auch vergleichsweise flotter unterwegs.
wenig Last auf Vorderrad,
Stimmt, dem lässt sich aber durch Frontverkleidung, Obenlenker ( mit Falschenhaltern) oder Frontgepäckträger abhelfen. Konstruktiv würde es etwas bringen, das Tretlager etwas zu erhöhen und weiter nach vorne zu schieben, wodurch der Langlieger bei fließendem Übergang irgendwann zum Kompaktlieger würde.
Die Lastverteilung mag problematisch sein, ich schätze am Dino aber gerade das Fahrverhalten bei Luftverlust am Vorderrad. Das Basic wird da sehr schnell unbeherrschbar, mit dem Dino konnte ich bisher immer noch problemlos zum Stillstand kommen.
von daher nur bedingt für alpine Gegenden geeignet
Ob ein Rad für alpine Gegenden geeignet ist, liegt nicht zuletzt auch am Fahrer. Ich hab auf dem Dino schon kurze Anstiege über 20 % bewältigt. Zwischen 2007 und 2009 war ich ca. 100 mal auf dem Gaisberg bei Salzburg (irgendwas um 800 hm auf 10 km), das Dino habe ich dabei öfter benutzt als die anderen Räder. Zumindest für mich waren die Herausforderungen bergauf und überhaupt also offensichtlich nicht so entscheidend, und ich bin keineswegs ein besonders guter Bergfahrer.
oder in ganz schwierigen Wetterlagen.
Bei Eis und starkem böigem Wind ziehe ich zugegebenermaßen eindeutig das Trike vor, da ist mir allerdings auch das Aeroproject mit seinem superkurzen Radstand meist zu wacklig.
Aber normales Schlechtwetter stellt für das Dino kein Problem dar. Mit Frontverkleidung samt Poncho oder der AWS-Textilverkleidung genieße ich darin einen Wetterschutz, den bestenfalls noch Velomobile übertreffen können.
die amerikanische Variante noch mehr wie z.B. RAANS x-scream
Der Verweis auf Amerika ist absolut berechtigt. Dort sind die Langlieger nämlich nie wirklich ausgestorben, obwohl auch dort vor allem die Trikes boomen. Und wenn man sich mal auf Crazyguyonabike ansieht, wie viele Radfahrer dort auf Tour Easys und anderen Langliegern touren und dabei das Land durchqueren, dann können die gar nicht so schlecht sein, wie sie gelegentlich auch von Liegeradfahrern gemacht werden.
Und wenn wir uns jetzt noch einmal die Herausforderungen der Langlieger betrachten und uns dann die boomenden Lastenzweiräder genauer anschauen, dann teilen die ganz offensichtlich viele Eigenschaften: lang, sperrig, schwer, indirekte Lenkung, kleines Vorderrad, keine Bergziege, etc... Trotzdem hält das ganz offensichtlich viele Menschen keineswegs davon ab, sie trotz zum Teil erheblicher Kosten zu kaufen. Das ist nämlich genau das, was Menschen tun, wenn sie sich einen Nutzen von der Sache versprechen, und sei es nur eine Aufbesserung des eigenen Status.
Der Kauf und die Benutzung von Fahrzeugen aller Art hat sehr viel weniger mit Vernunft zu tun, als die meisten Menschen sich und anderen eingestehen wollen. Dies betrifft auch und gerade Liegeradfahrer.
Deshalb auch hier mein Rat: Finde heraus, was für ein Typ du bist, und wenn du merkst, dass (Lang)lieger dein Ding sind, dann fahr damit und kümmere dich einen feuchten Kehricht darum, was andere sagen und denken (könnten). Ich als Liegeradmischtyp fahre alle Sorten und möchte auf keine verzichten.