Flevo Racer fahren lernen

tldr;
Jetzt wollte ich es doch endlich wissen und hab’s getan: einen alten Flevo-Racer erstanden, einmal auseinandergenommen, paar Sachen geändert, drauf gesetzt und — losgefahren :) Uii, macht das Spaß!

Suche:
Schon länger tingele ich durch diverse Flevo-/Knick-Threads. Anscheinend kann 'man' sowas ja fahren. Kann ich das auch? Wie fühlt sich das an? Wie lange dauert das Fahren-Lernen bei mir? Hab’ ich noch Platz in der Garage? Erklärt mich meine Frau für verrückt? Hab’ ich überhaupt noch Zeit für ein neues Bastel-Projekt? Nehme ich das als Anlass, mich an einem ersten Selbstbau zu versuchen? — Hmmmm?
Es hilft nix, ich muss es ausprobieren. Es wird Sommer, ich bin wieder ein Jahr älter; also warum irgendwann und nicht jetzt?
Ok, Bike oder Racer? Tieflieger kenne ich schon. Was mit großen Rädern würde ich gerne mal fahren.

Racer:
Also mal sehen, was der Markt so hergibt. In Holland gibt’s ein paar Racer; ist mir zu weit…
Oh, in <100km steht auch einer, zwar nicht so richtig günstig, aber wenn ich diesen Sommer noch auf die Piste will, vielleicht doch die zielführendere Variante, als mich stattdessen, mit sehr begrenzter Zeit, an einen Selbstbau (mit unbekanntem Ausgang) zu wagen.
Den sehe ich mir an — und nehme ihn mit nach Hause :)

Bilder:
Z. n. beschriebenen Basteleien.
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Auseinandernehmen:
So, erst mal auseinanderschrauben und gucken, wie alles funktioniert — wie mit allen neuen Sachen… ;-)

Dämpfer:
Aha, der Schwingendämpfer ist lädiert, ist bei Belastung ziemlich platt und gehört wahrscheinlich mal ersetzt — tut aber fürs Erste noch.
Dieser dünne Gummidämpfer, der die Schwinge beim Anheben hochhalten soll, ist schon ordentlich ausgeleiiiiert und dehnt sich stark. Ersatz drängt nicht, da man beim Rad-Tragen wohl auch leicht das Hinterrad greifen kann.

Bremsen:
Bremsen sind Magura HS33, habe ich am Tieflieger auch, finde ich gut; allerdings ist am Racer die Vorderradbremse, wohl wegen Platzmangels unter dem Tretlagermast, so doof montiert, dass nur der halbe Bremsbacken die Felge trifft. Dieser Booster-Bügel kann nicht ausreichend weit Richtung Felge hochgeschoben werden, weil er oben an den Mast anstößt. Also diesen Bügel abkanten — hatte ich hier irgendwo mal gelesen :thumbsup:. Hmm, Bremse lässt sich immer noch nicht parallel zur Felge ausrichten; das Bremskolbengehäuse stößt mit den nach oben abgehenden Bremsleitungen am Bügel an. Mist. Spricht was dagegen, die Bremsen mit den Leitungsabgängen nach unten zu montieren? Ich mach’s einfach, muss ich halt die zwei Leitungen verlängern und Öl nachfüllen. Jetzt sind die Bremsbacken da, wo sie sein sollen; sieht zwar mit den langen Leitungen nicht mehr so aufgeräumt aus, aber Hauptsache die Bremse bremst richtig.

Umwerfer:
Die nächste Verbesserung(?)/Veränderung, die ich vorhabe, wird die Optik vermutlicht auch nicht verbessern… Es ist ein Dreifach-Kettenblatt montiert und der Umwerfer sitzt auf einem mehr oder weniger beweglichen Rohrstück, das an der hinteren Tretlagerschellenschraube befestigt ist. Der Sinn dieser labberigen Konstruktion ist wohl, dass das Rohrstück mit Umwerfer, je nach gerade befahrenem Kettenblatt, per Hand mal etwas höher und mal etwas tiefer gedrückt werden kann, damit nix schleift (Kette auf unterem Verbindungssteg des Umwerferkäfigs bei kleinstem Kettenblatt; Zähne des größten Kettenblatts an Vorderseite des Umwerferkäfigs, beim Versuch auf dieses Blatt zu schalten).
Bisschen rumprobieren, aber ich bekomme das Schleifen durch andere Umwerferpositionen, mit fixem Halter, nicht in den Griff. Ähnliche Probleme hatten wohl schon viele, u. a. @Suedhesse in seinem Kettenschaltungs- und @Fritz in seinem Umwerfer-Thread. Die von @tieflieger dort verlinkte Anleitung (abundantadventures.com) zur Verlängerung des Käfigs soll meine Lösung sein.
Habe keinen zweiten Umwerfer da, also den vorhandenen aufschneiden und mit vier Schrauben und zwei Blechen verlängern — Pustekuchen: meine Bohrer taugen nix für Edelstahl, bringen den Umwerfer zum 'Glühen' und statt eines Lochs in das Blech, dieses zum Abbrechen… Schlechte Arbeitsvorbereitung; es sollte halt an diesem Abend fertig werden… Hmm, bleibt, mangels passendem Lot, nur Schienen mit Paulitape (und Kaschieren mit silbernem Aluklebeband, damit’s nicht gar zu sehr ins Auge sticht…).
Aber immerhin, Schalten auf alle Kettenblätter geht jetzt — ohne Schleifen. :) Noch schnell mit einem Holzstückchen das metastabile Umwerfer-Rohr auf dem Mast festgekabelbindert und ich bin (mit der Funktion) zufrieden.

Sitz:
Die Sitzschrauben mit großen Scheiben unterlegt, da die Löcher schon teilweise recht groß sind und ich nicht weiss, wie gut die Senkkopfschrauben so den Sitz noch festhalten. Unterseitig zwischen Sitz und Halter zwei Lagen dicke Teichfolie. Jetzt noch ’ne dünne Polsterung drauf — fühlt sich gar nicht so unbequem an…

Knickgelenk:
Sieht innen gut aus. Noch bisschen Fett rein. Ok.
Oben am Bolzen fehlt der Sicherungssplint — muss ich noch besorgen. Und auch mal probieren, ob sich das Rad an dieser Stelle teilen lässt. Todo.

Schwinge:
Die Bronzelager sehen noch gut aus. Die Schwinge hat seitlich etwas Spiel; weiss nicht, ob/wie sich das abstellen lässt… Todo.

Reifen:
Die Bereifung (28-622) scheint schon bisschen älter zu sein; so’n komisches Netz auf der Flanke löst sich an paar Stellen. Aber sie halten Druck (6 bar ok?) und sehen auch noch nicht so aus, als ob sie gleich aufgeben würden.

Alter:
Weiss jemand, wie alt dieses Rad ist, bzw. aus welcher Produktion/Baureihe es kommt?

Fahren:
Stimmt — es geht ja eigentlich um’s Fahrenlernen hier im Faden…
Ich hatte hier von vielen gelesen, dass es durchaus — und ohne Schande — einige Übungszeit benötigen kann, bis das Flevo macht, was der Mensch oben drauf möchte. Also den Kindern schon mal klar gemacht, dass der Papa jetzt, wie sie vor nicht allzu langer Zeit, lernen müsse, auf diesem komischen Rad zu fahren und dass wir jetzt nicht direkt — am ersten Mai auf überfüllten Radwegen — eine Ausfahrt machen würden. Und nun raus auf die Straße, die Kinder sollen mit den Rädchen, wegen der befürchteten schlangenförmigen Fahrlinie, mit Abstand hinten dran bleiben. Die Ansage hat dann so mittelmäßigen Erfolg — wie eigentlich immer. ;-)
Dann kommt die große Überraschung, nach drei-vier Versuchen ins Fahren zu kommen, fahre ich — yes! Nach einigen Metern zur Sicherheit erst mal die Füße wieder auf den Boden. Gleich noch mal, Vorderrad lenkt zu stark ein, ich kippe, Abfangen mit den Füßen klappt — uff. Weiter, nächster Versuch, Hände möglichst leicht am Lenker — irgendwo hatte ich gelesen, dass das Ziel ja freihändiges Fahren sein soll… Fahren bis zur nächsten Kreuzung und — es geht weiter um die Kurve — das Ding scheint mit bisschen Kurvenlage stabiler zu fahren als gerade aus. Die Kinder: Papa du fährst ja doch! Haben wir auch so schnell Radfahren gelernt? Ich, angespannt: Ich kann das noch lange nicht! Ist nur Zufall; bleibt gefälligst mit Abstand hinter mir… Der seitliche Freiraum ist dann bei zwei-drei Beinahe-Abschmierern, nachdem der Druck auf den Pedalen im freien Rollen gefehlt hat, auch nötig… Mir kommen Fetzen von diversen Fahrberichten in den Kopf: gleich mit Klickies anfangen zu lernen — hmm, lieber erst mal doch nicht, hab’ ja schon paar hundert Meter geschafft. Was war noch? Ach so, das Ziel ist ja das freihändige Fahren. Vielleicht geht’s ja damit besser? Also, mit Händen am Lenker losfahren und Hände weg vom Lenker — geht. Ich probiere erst mal mit ausgestreckten Armen, so Seiltänzer-mäßig; aber mit runterhängenden Armen, die Hände leicht hinter den Lenkergriffen geht’s besser. Am Ende fahre(eiere) ich, mit einer Pause, 30-40min um die Blocks und bin froh, dass es ohne Sturz und zerkratzte Autos geklappt hat.
Liegerad- und VM-Fahren, als Flevo-Übung, hat hier vielleicht doch was gebracht…
Die 'das-lerne-ich-nie,-schnell-wieder-weg-mit-dem-Ding'-Phase ist damit (hoffentlich) übersprungen und ich freue mich auf’s Weiterüben. :)
 
Naturtalent, einer von 100 ;)

komisches Netz auf der Flanke
das ist bei diesem Reifen eine Kevlar- Verstärkung, die beim Wegrutschen die Flanke super schützt. Würde ich weiterfahren, bis sich die Lauffläche ablöst.

Viel Erfolg weiterhin,
Gruß Krischan
 
Zuletzt bearbeitet:
Gratuliere!

Ging bei mir nicht ganz so schnell, und ich würde gerne mal einen geraden Lenker wie Deinen probieren.
Und über eine Schaltung mit größerer Entfaltung denke ich nach (wenn eine Rohloff nicht so teuer wäre ...).
Aber mit 81 km in knapp 6 Monaten bin ich auch wirklich nicht der Vielfahrer, da will jede Investition gut überlegt sein.
 
Hallo @cerise !
Schön, dass es noch einen Flevonauten mehr gibt.
Bei meinem Racer von Velo Cologne ist vorne im Lagerbock des Lenkers die Seriennummer eingeschlagen. Wenn dort keine zu finden ist, kommt es wohl schonmal nicht von dort.
Ich wünsche dir viel Spaß beim im Schlaf weiter lernen, eine interessante Erfahrung!

Grüße, Marco
 
Bei meinem Racer von Velo Cologne ist vorne im Lagerbock des Lenkers die Seriennummer eingeschlagen. Wenn dort keine zu finden ist, kommt es wohl schonmal nicht von dort.
Ich tippe ganz dringend auf einen Racer aus Köln. Indizien:
-Schriftzug sieht so aus. Die älteren von Flevobike hatten genau das draufstehen: Flevobike.
-vordere Bremse ist an den vorderen Streben. Die älteren Racer hatten sie an den hinteren Streben und damit deutlich näher am Lenker und völlig raus aus dem Kurbelkreis. Alexander Meier hat meines Erachtens mitunter ein paar unpraktisch Lösungen gebaut...
-Die Gabelholme der Vorderradgabel sind nicht 30x10, sondern x15 oder gar x20. Ich meine, das sei bei den Flevobike Racers eben 30x10 gewesen. Für die Steifigkeit ist das eine gute Idee, bei den dünnen Gabelholmen schliff schon mal die Felgenbremse in engen Kurven.
-Der Tretlagerschlitten ist nicht der, wie ihn Flevobike verwendet hat.

Angesichts der noch alten Sitzform und mangels Scheibenbremsaufnahmen gehe ich von einem eher frühen Werk von Alexander Meier/Edelmeier/Velocologne aus. Laut diesem Video müsste das vor etwa 12 Jahren gewesen sein...

Gruß,
Martin
 
Super dann wird meiner auch von Velocologne sein (Lage der Seriennummer, der vorderen Bremse, keine Scheibenbremsaufnahme).
Dieser dünne Gummidämpfer, der die Schwinge beim Anheben hochhalten soll, ist schon ordentlich ausgeleiiiiert und dehnt sich stark.
Der scheint immer so nachgiebig zu sein - ich habe ihn mal durch ein Stück Rolladengurt ersetzt.
 
Danke für Eure Kommentare!
Manchmal hat man auch mal Glück :giggle:
Ja, die Reifen werde ich

Danke!
wünsche dir viel Spaß
Kann ich mir vorstellen, dass da was draus wird… (y)
Danke für die Einordnung des Rads.
Ok, also irgendwas weniger deeehnbares. Mal sehen, was ich finde.
 
vorne im Lagerbock des Lenkers die Seriennummer eingeschlagen
Jetzt muss ich das nochmal zitieren: Auf den ersten Lenkerklemmblöcken, die wir von Flevobike um das Jahr 2000 herum zum Selbstbau gekauft haben, waren auch vierstellige Seriennummern eingeschlagen. Später gekaufte hatten das nicht mehr. Es ist also auch kein Alleinstellungsmerkmal der Edelmeier-Racer. Aber die so alten Flevos erkennt man dann wieder an anderen Merkmalen.
Super dann wird meiner auch von Velocologne sein
Habe mir gerade nochmal Deine Bilder rausgesucht. Ja, da spricht sehr viel dafür. Vor allem der Sitz ist auch ein auffälliges Merkmal.

Gruß,
Martin
 
Die Seriennummer bei meinem lautet 2045.
Könnte das dann doch ein Originales von Flevobike von 2000 sein?
IcIh muß endlich mal die anderen Bilder ins Album stellen ...
 
Die Seriennummer bei meinem lautet 2045.
Könnte das dann doch ein Originales von Flevobike von 2000 sein?
IcIh muß endlich mal die anderen Bilder ins Album stellen ...
Deines sieht exakt aus wie meines, nur fehlen bei dir die Scheibenbremsaufnahmen und dein Gepäckträger ist ein anderer.
Meine Nummer ist 2181

IMG_20220503_104537.jpgIMG_20220327_195827.jpg
 
Könnte das dann doch ein Originales von Flevobike von 2000 sein?
Ziemlich unwahrscheinlich, denn
die so alten Flevos erkennt man dann wieder an anderen Merkmalen
und für ein neueres Exemplar spricht ebenfalls:
-Schriftzug sieht so aus. Die älteren von Flevobike hatten genau das draufstehen: Flevobike.
-vordere Bremse ist an den vorderen Streben. Die älteren Racer hatten sie an den hinteren Streben und damit deutlich näher am Lenker und völlig raus aus dem Kurbelkreis. Alexander Meier hat meines Erachtens mitunter ein paar unpraktisch Lösungen gebaut...
-Der Tretlagerschlitten ist nicht der, wie ihn Flevobike verwendet hat.
und außerdem
Deines sieht exakt aus wie meines

Gruß,
Martin, dessen beide Lenkerklemmblöcke (Racertje und Flevobike) zu denen ohne Nummer gehören
 
Meine Libelle bleibt für mich immer noch etwas unberechenbar.... am Sonntagnachmittag habe ich eine kleine Tour durch's Wiesenttal gemacht (mit leichtem Gepäck) - da war von "problemlos zu fahren" bis "kann kaum anfahren" alles dabei... :unsure:
 
da es Libelle heisst, müsstest du es irgendwann auch seitwärts und rückwärts fahren können... : )
 
Ja, manchmal scheint die Libelle sich nicht so genau entscheiden zu können, wo sie jetzt wirklich gerade hin will... :rolleyes:
 
Meine Libelle bleibt für mich immer noch etwas unberechenbar.... am Sonntagnachmittag habe ich eine kleine Tour durch's Wiesenttal gemacht (mit leichtem Gepäck) - da war von "problemlos zu fahren" bis "kann kaum anfahren" alles dabei... :unsure:
Ich hab jetzt nach über einem Jahr noch manchmal solche Momente.
Letztens war ich mit der Liegeradgruppe unterwegs.
Das Fahren in der Kolonne mit niedrigem Tempo und mehrfachen Stops und Starts hat mich noch ziemlich gefordert, aber außerhalb der Komfortzone gibt's am meisten zu lernen.
Sonst fahr ich ja lieber lange Strecken durchs platte Land...
 
...fährt man bei Stop & Go mit einem Fuß eingeklickt und mit dem anderen knapp überm Boden, so dass man ihn schnell abstellen bzw. auch schleifen lassen kann. Der Fuß auf dem Pedal steuert und tritt immer wieder mal eine viertel bis halbe Umdrehung.

Gruß,
Martin, geht aber genauso auch ohne Knicklenkung
 
Fürs langsamstFahren empfehle ich ein wavey, 3x7, 2x406, sitzhöhe wie ein Barhocker, fängt an unruhig zu werden bei unter 3kmh...
 
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