Bei mir lief es nicht ganz so wie erhofft. Die Erkältung war zwar schon eine Woche wieder gut, aber die Bronchen rasselten noch etwas und so war mein Plan, erst mal ganz gemütlich in Richtung Treuchtlingen zu rollen, um zu sehen, ob ein Start überhaupt Sinn macht. Auf dem Weg dorthin wurde es immer besser, ich konnte richtig frei atmen, allerdings merkte ich, dass ich schon seit zweieinhalb Wochen nicht mehr Rad gefahren war. Die Muskeln waren einfach nicht so fit wie gewohnt. In der Nacht hatte ich etwas Hustenreiz, aber ansonsten fühlte ich mich sehr gut, also Start frei. Da ich in der ersten Startgruppe war und die ersten 10km topfeben verlaufen, rollte ich den Rennradlern allmählich vorbei und fand mich kurz vor Pappenheim plötzlich an Position 1 wieder. Das war absolute Premiere für mich bei einem Brevet. Danach ging es aber für die nächsten 50km in die "Schweinehügel", für deren Bewohner es das Wort "eben" im Wortschatz nicht gibt und ich verabschiedete mich von dem einzelnen Rennradler, der mit knapp 40km/h in der Ebene bislang alleine mit mir unterwegs war. Aber lustig war das Auf und Ab in den Hügeln trotzdem. Bergauf wurde ich immer kassiert, nur um bergab wieder vorbeizudonnern. Jetzt merkte ich auch, dass ich nicht gut im Training stand. Die Muskeln beschwerten sich und ich musste es bergauf gemächlicher angehen lassen. Allmählich wurde ich so dann doch etwas weiter nach hinten durchgereicht. Am Ende der Hügel ein wunderschöner Blick über das Donautal, leider zu diesig für ein Foto. Eine Abfahrt, die man auch mit dem Velomobil genießen kann und dann (für Karls Brevets eher untypisch), bis Aichach eine höhenmeteroptimierte schnelle Strecke, die ich auch manchmal mit dem Velomobil aus freien Stücken fahre. Hatte ich am Ende der Schweinehügel einen Schnitt von 25,5km/h, so stieg er bis Aichach auf 28km/h an. Gar nicht so schlecht für meine Verhältnisse.
Zeit habe ich auf der Strecke trotzdem liegen lassen. Da ich etwa 10 Sekunden zu spät an einem Unfall ankam (Feuerwehr und Polizei hatten ihre Arbeit bereits getan und nun Zeit, Radler aufzuhalten, das halbe Dorf von nebenan war mit Gaffen beschäftigt) und der junge Feuerwehrler die Aufgabe bekommen hatte, niemanden mehr durchzulassen, so standen wir erst mal auf dem Radweg. Nachdem sich nichts tat, fragten wir schließlich, ob wir nicht vorbeischieben könnten. Platz war genug da, Personenschaden gab es nicht, das Feuer war gelöscht und alle standen recht entspannt rum. Der Radweg war aber von den Gaffern aus dem Dorf belegt, der junge Feuerwehrler fühlte sich nicht in der Lage, uns doch die Gnade der Passage gewähren zu lassen, aber wir könnten ja auf der anderen Seite des Unfalls durch den Acker schieben. Idiotisch, aber keiner hatte große Lust zu diskutieren. Also alle Mann einmal durch den Acker, die Fußlöcher des Quest füllten sich etwas mit Dreck, die Polizisten schauten, aber schließlich waren wir alle vorbei. Komische Situation. Die Gaffer stehen fünf Meter vor dem ausgebrannten Wrack, aber trotz getaner Arbeit ist man nicht fähig, ein paar Radler vernünftig passieren zu lassen.
Nach einem Stempel und einer Kleinigkeit zwischen die Rippen ging es dann von Aichach aus weiter Richtung Andechs. Auf halbem Weg allerdings fingen meine Sehnen an den Knien an zu zwicken. Am Anfang ignoriert man das, aber das Ignorieren fällt immer schwerer. Ich fing dann an, mit immer weniger Druck zu fahren, bergauf ständig weiter runterzuschalten, um ja die Drehzahl nicht abfallen zu lassen, selbst auf gemäßigten Steigungen fuhr ich im wenig effizienten kleinen Kettenblatt, aber besser wurde es nicht. Also immer wieder eine Pause eingelegt, die Beine ausgeschüttelt, weitergefahren und überlegt, was ich tun könnte. Da ich gut in der Zeit lag, wäre es vielleicht möglich gewesen, die zweite Hälfte des Brevets bergauf schiebenderweise zurückzulegen, um die Sehnen so zu entlasten. Allerdings war für den Nachmittag Regen und 50km/h Wind angesagt und ich hatte gerade eine Erkältung hinter mir. Und dann war ich ja nun gerade ganz in der Nähe von zu hause. Also noch vor Andechs die Entscheidung zum Abbruch getroffen, im Edeka in Eching am Ammersee nochmals eine größere Kaffee- und Kuchenpause eingelegt und den schnellen Fahrern zugeschaut, die dort gerade von Andechs her kommend vorbeigerauscht sind. Danach im Kriechgang und mit mehreren Pausen nach hause gerollt, geduscht und mit dem Auto nach Treuchtlingen, um meine restlichen Sachen abzuholen. So sah ich auch einmal das Ziel beim Eintreffen der ersten Fahrer, das kenne ich nun ja gar nicht. Schöner ist es aber sicherlich, wenn man später ankommt, die Tür aufmacht und drinnen von all den schnellen Fahrern zum erfolgreichen Brevet beglückwunscht und beklatscht wird. Das entgeht den schnellen Fahrern komplett. Mir leider diesmal auch, aber heute ist nicht alle Tage...
Jetzt frag sich nur, woher das mit den Sehnen kam. Zu wenig Fahren in den letzten Wochen? Meine Winterradschuhe, die dann doch ein paar Millimeter mehr auftragen als meine normalerweise für Langstrecken verwendeten Sommerradschuhe? Meine Powercrank-Kurbeln, bei denen ich die Kurbel immer nach oben ziehen muss, ohne Hilfe vom tretenden Fuß? Ich habe die Vermutung, dass letzteres mit eine Rolle spielen könnte. Ich muss mal danach schauen, dass ich sie auch wieder im verriegelten Zustand fahren kann, wo sie sich wie ganz normale Kurbeln verhalten. Vielleicht hilft das ja, rechtzeitig die Last zu reduzieren?