Hallo zusammen,
Vielen Dank, dass ihr so zahlreich mitgefiebert habt. Ich bin überwältigt von der Resonanz des Rennens.
Ich bin seit Sonntag Abend zurück in der Schweiz und noch etwas am aufräumen.
Einen langen Bericht zu schreiben liegt mir nicht, ich bin lieber auf der Strasse unterwegs, aber gerne möchte ich ein paar Erfahrungen teilen...
Für mich war es das erste Rennen in dieser Länge. Ein kompletter Rookie... Ich hatte echt keine Ahnung was mich in den Tagen erwarten würde.
Ich bin als Junior Radrennen gefahren, war Rennradinstruktor und Trainer, aber das ist schon 20 Jahre her. Ich war viel auf Radreisen (Bulgarien, Russland, Marokko, Madagaskar, ...), spreche fünf Sprachen, self-supported war darum nicht neu.
Dass das Alpha 7 sehr knapp auf den Renntermin fertig wurde, habt ihr ja schon mitbekommen. Die Hosen konnte ich per Post-SOS Request am Zollschalter in der Schweiz am Vortag des Abfluges abholen. Ich konnte diese vor USA dann auch nicht mehr ausprobieren und anpassen, da das Alpha schon verpackt war. In Astoria hatte ich aber noch drei Tage Zeit, um letzte Einstellungen zu machen und zu testen, also alles noch machbar. Dave ging es da übrigens nicht anders.
Die Stimmung in Astoria war speziell. Ueberall in dem kleinen Dorf traf man auf Racer. Viele kannten sich aus anderen Rennen (Transcontinental / Trans-Atlantic / Indian-Pacific / ...) oder, hatten das Rennen schon mehrfach gemacht... aus meiner Sicht Masochisten... denn ehrlich, ich werde es vermutlich nicht mehr machen. Nicht weil es so hart ist, sondern weil ich lieber etwas blauäugig angehe.
Am Samstag, den 2. Juni, dann endlich der Startschuss. Die Erlösung für ein halbes Jahr Vorbereitung und intensives Training, denn es hätte vieles falsch gehen können (Transportschaden, Krankheit, etc)
Die ersten 5 Tage hatte ich nicht auf das Livetracking geschaut. Wollte so um 350km fahren, den Rhythmus finden und in das Rennen rein kommen. Das war nachträglich genau das Richtige. Dave war da einiges ambitionierter und auch erfahrener. Die ersten Tag hatte ich eine etwas gereizte Achillessehne, konnte dem aber durch nicht zu lange Tagesetappen und Verstellung der Clips in die Mitte wieder reduzieren. Nach fünf Tagen fühlte ich mich recht gut und konnte den Umfang etwas erhöhen. Ich wollte aber bei meiner Strategie, nur kurze Pausen am Tag und etwas höhere Belastungen, dafür längere Regeneration in der Nacht bleiben. Das Fahren in der Nacht war sowieso mühsam und langsamer.
Bis Missouri war das Rennen eigentlich recht locker und entspannt. Danach wurde es zäh. Missouri hatte kleine giftige Steigungen, Kentucky und Virginia sind mit dem Velomobil die Hölle. Nichts ist mehr flach, immer nur rauf und runter. Das geht einem mit der Zeit so richtig auf den Kecks. Auch die Strassen sind zum Teil so schlecht, dass ich mich mehrfach fragte, wie man das so schlecht überhaupt hinkriegt. Die grossen Anstiege waren eigentlich nie das Problem, da kommt man in einen Tramp, aber die tausend kleinen Hügel.. Beschleunigen, Hochdrücken, in den kleinsten Gang schalten, hoch-schneckeln... Das Wetter war ab Kentucky extrem heiss. Ich konnte nicht mehr mit der Mütze fahren, vor allem wegen der extremen Feuchtigkeit und ich hatte sonst schon grosse Probleme mit Scheuerstellen zwischen den Beinen .
Aber das Ziel kam zum Glück immer näher. Ich versuchte den Abstand zu Peter möglichst nicht kleiner als 100 Meilen werden zu lassen, das hat dann auch gut geklappt.
Das Fahren mit dem Velomobil in den USA ist total entspannt. Die Brummis und Monster-Autos überholen immer mit viel Abstand und wenig Tempo. Das ist kein Vergleich zu der Schweiz oder Deutschland. Die Lwute sind alle total begeistert. Mühsam sind die Rumble-Stripes. Diese zu Überfahren war immer recht kritisch. Das hat bei mir dann zu einem Schleudermanöver und Ueberschlag geführt. Zum Glück ging dabei fast nichts kaputt.
Das Hauptproblem beim Alpha waren die Spurplatten (diese sind aber inzwischen angepasst) Eine ist mir nach zehn Tagen druchgebrochen (ich hatte eine als Ersatz) die zweite war angebrochen. Darum wusste ich nicht, ob ich es wirklich ins Ziel schaffen würde. Alles andere waren normale "Wehwechen" Die Belastung für das Alpha war schon gross und ich hatte es definitiv nicht geschont.
Als Bereifung hatte ich die G-One Speed drauf. Tubeless hatten die bis Newton, Kansas problemlos ohne Platten gehalten. Im Newton Bikeshop hatte James dann alle gewechselt und die waren alle nicht mehr Dicht. Schlussendlich liefen dann halt alle mit Butyl. Geht auch problemlos. Das Doc-Blue Dichtmittel von Schwalbe ist auch bei wenig Druck nicht zu empfehlen. Der G-One ist ein eher lahmer Reifen. Auch dass er auf rauher Strasse besser läuft als ein normaler Rennreifen, empfand ich so nicht wirklich. Dave hatte im Newton Bikeshop auf Pro-One gewechselt. Ich denke, das war die bessere Wahl.
Toll ist, dass Dave und ich zeigen konnten, dass in einem solchen Rennen ein modernes Velomobil im Vorteil ist und mehr Spass macht. Ich denke, das hat doch den einen oder anderen Rennradfahrer erstaunt...
Liebe Grüsse, Marcel