So lange du nicht raus bekommst, warum die Leute Liege fahren, wirst du auch nicht rausbekommen, wie du mehr Leute dafür begeistern kannst.
Die Leute, die schon fahren sind in der Tat egal, denn die fahren doch schon. Man muß ja die Nichtfahrer zum Fahren bewegen, und herausfinden, warum die es (immer) noch nicht tun. Und - ehrlich gesagt - der Grund, warum viele hier fahren, wird in einem in Moralin getauchten, erhobenen Zeigefinger enden. Das kann man keinem jungen Menschen verkaufen, der verzweifelt darum kämpft, einen möglichst hohen Rang (oder auch keinen allzu niedrigen) in seiner sozialen Peer-Group zu erkämpfen. Der darf alles, aber bloß nicht auffallen. Da verkauft sich einfach kein Boomer-Ding.
Vielleicht hat ja auch jemand Kinder und Enkel, die man fragen könnte.)
Ich glaube, daß dies der einzige Ansatz sein kann, wenn man ratlos ist. Denn wenn die Werbung nicht greift, hat man die Zielgruppe nicht verstanden. Und die aktuelle junge Generation unterscheidet sich, was Information angeht, fundamental von allen vorangegangenen.
Was Weltuntergangsszenarien angeht, kann ich das mit meinen 48 Jahren auch nachvollziehen. Ich hatte Ozonlöcher, Waldsterben und in 5 km Entfernung Atomraketen der Besatzungsmacht stationiert. Für ein Kind, das das Bermuda Dreieck als relevantes Problem betrachtet, schon harter Tobak. Aber nimmt die heutige Generation das vielleicht trotzdem anders wahr?
Und was ist mit der allseits vorhandenen Information und dem Umgang damit? Für mich ist das Internet ein Ding, das man nutzt, in das man hinein- und wieder herausgeht. Bei denen, die mit dem iPhone aufgewachsen sind, habe ich jedoch das Gefühl, daß es (wertfrei gesprochen) ein Teil bzw. eine Erweiterung der Persönlichkeit darstellt. Das erzeugt natürlich eine ganz andere Wahrnehmung und Nutzung, die ich mir gerade nicht vorstellen kann. Ich habe auch noch nie nachgefragt.
Nun aber mein Dämpfer.
Ich komme aus einer Randsportart: Kunstradfahren. Wir haben jahrzehntelang probiert, Medieninteresse zu bekommen. Aber wenn sich einfach niemand dafür interessiert, nützt alles nichts. Erstmal die Medien selbst:
"Wir richten eine WM-Quali aus"
"Eine WM?!"
"Nein, nur eine Qualifikation dafür"
"Oh, na dann kommt wieder, wenn ihr eine WM habt"
Kreisklassen-Fußballspiele waren wichtiger.
Und selbst, wenn man es geschafft hatte, Fernsehen, Radio und Zeitung zum Berichten zu bewegen, war 14 Tage später alles wieder vergessen. Ist wie Zirkus. Mal ganz nett, vermisst aber niemand wirklich, wenn er nicht in der Stadt ist. Um Interesse zu erzwingen braucht es nicht nur außerordentlich gute Werbung, sondern auch Dauerfeuer auf allen Kanälen. Sowas ist einfach nicht zu leisten.
Der Kunstradsport hat sich sogar prostituiert und mit Regeländerungen versucht, attraktiver zu werden (kürzere Fahrzeiten). Das hat aber nur dazu geführt, daß die frühere Eleganz einem verkrampften Rumgehopse gewichen ist. Ist nicht mehr mein Sport. Als ob sechs Minuten zu lang gewesen wären.
Wenn etwas jahrzehntelang nur am Rande stattfindet, kann der Grund durchaus sein, daß es bloß ein Randgruppeninteresse einiger weniger ist.
...Mike