Läuft ja gerade BattleMountain. Die Autoindustrie würd daraus ein RiesenMedienspektakel machen ... und wir? Wer von den hier Lesenden kann auf Anhieb vier Teilnehmer dort mit Namen und Fahrzeug nennen ... oder den langjährigen Veranstalter? Wer kennt den aktuellen Weltmeister im Liegeradsport?
Ja, ich würd auch gern mehr aus Battle Mountain hören!
Aber mal abgesehen davon ist ein großes unserer Probleme wohl, daß wir ein Zusammenschluß von Individualisten sind, was ja ein sehr fragiles Konstrukt ist, wenn jedem der Gruppenzwang sonstwo vorbeigeht. Aber Medienspektatkel ist wichtig, heute mehr denn je. Aber glücklicherweise werden die Medien immer mehr zu asynchronen Pull-Medien. Man ist nicht mehr darauf angewiesen, daß die Zielgruppe zur bestimmten Zeit vorm Fernseher sitzt. Wenn's in ein paar Jahren viral wird, reicht's doch auch.
Schwieriger wird's wiederum dadurch, daß man heutzutage nicht mehr die Zielgruppe beeindrucken muß, sondern "den Algorithmus", den unbekannten und sich immer verändernden.
Aber mal als kleines Beispiel, was "die Medien" im Bereich Automobil (um das Beispiel aufzugreifen) denn so bewirken können. Jeder weiß doch, daß Carl Benz in 1886 das Auto erfunden hat, richtig?
Naja, bis auf die Tatsache, daß das eigentlich
Nicholas Cugnot war, der in 1769 das Automobil und in 1771 den Automobilunfall erfand. In den 1830ern erfand
Robert Anderson das Elektroauto, aber da gab es seit 1828 schon eine mehr oder weniger regelmäßige
Dampfbusverbindung zwischen London und Bath. 1860 erfand
Etienne Lenoir den Verbrennungsmotor (gas-, nicht benzinbetrieben) und verkaufte seine
Hippomobile u.a. an russische Zaren. 1870 baute
Siegfried Marcus dann das erste Auto mit benzinbetriebenem Verbrennungsmotor, das allerdings ein Zweitakter war. Dann erst kam 1886 Carl Benz und patentierte das Auto mit einem benzinbetriebenen
Viertaktmotor, inkl. einiger anderer Patente, die auf Prior Art beruhten, wie z.B. die Achsschenkellenkung.
Warum nun kennt jeder Carl Benz als Erfinder des Automobils? Weil es mediale Aufmerksamkeit erlangte. Zufällig, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort.
Mir sind die missionarisch veranlagten Liegeradfahrer sogar eher ein Dorn im Auge.
Ich bin auch immer sehr gut damit gefahren, meine (und nur meine) Begeisterung rüberzubringen.
Mir macht das Spaß,
ich kann folgendes damit erreichen. Dazu erwähne ich auch immer, daß der Milan das unpraktischte aller Velomobile ist, dafür aber schnell, und daß es trotzdem
meine Alltagsansprüche erfüllt.
Da kommen dann meist ganz von selbst Fragen wie "was für Velomobile gibt's denn noch" und "warum sind die denn nicht verbreiteter?". Da bleibt dem Fragenden mindestens Fall ein positives "der war so schön begeistert" im Gedächtnis, egal welches Urteil er sonst fällt.
Man kann Leute nicht mit was völlig Neuem überfallen und denen das gleich aufzuzwingen versuchen oder zu versuchen, denen ein schlechtes Gewissen einzureden. Es braucht keine explizit transportierte Botschaft, denn die ist eindeutig. Wer das in der heutigen Situation nicht versteht, dem ist sowieso nicht zu helfen und schon gar nicht in einem beiläufigen Gespräch. Der Rest sieht schon genug Entbehrungen auf sich zukommen, da brauchen sie nicht noch Leute, die ihnen
noch eine reinwürgen wollen. Allerdings brauchen sie Leute, die zeigen, daß es trotzdem funktioniert, und besser als man denkt, und die sogar Spaß an den "Entbehrungen" haben. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und ich find's super, wenn Velomobile mit Begeisterung assoziiert werden.
Ich lasse meine Begeisterung immer einfach so stehen. Unkommentiert.
Ich will mich jetzt nicht als Petrolhead bezeichnen, aber schon wenn ich die Menge an Automobilliteratur in meinem Regal betrachte, bin ich definitiv autoaffin. Ich bin kein Proll (hoffe ich zumindest!), sondern jemand, der sich an schönen Autos, genialen technischen Lösungen, Charakter und Historie erfreut. Ich bin auch sonst ein wenig schräg, aber das war das, was mich nach außen hin definiert hat. Dann habe ich den Milan gekauft. Seitdem bin ich "der mit dem Fahrrad", wobei das nicht abwertend gemeint ist! Es demonstriert, daß der Spagat funktioniert, und man kein genereller Autohasser sein muß, um Velomobil zu fahren.
Mittlerweile ist das soweit gediehen, daß auch die nur halbwegs interessierten weitere Informationen zu schätzen wissen. So habe ich z.B. das
Battle Mountain Foto nach dem 133 km/h-Crash, entsprechend erläutert, rumgemailt, vor allem, weil es einen Streamliner neben einem von mir bekannten Milan zeigt. Zurück kamen Respekt vor Fahrer, Leistung und Fahrzeugkonstruktion.
Oder ein Video von mir in Aldenhoven, mit dem Kommentar, daß das Velomobil mit dem Opel-Zeichen, blabla, Weltrekord, blabla, Link, blabla, anderthalb Köpfe kleiner als ich. Fanden auch alle interessant.
Ich halte das für Fortschritt.
...Mike