Steuere heute mit meinem TGV auf einen Schwarm älterer, schwatzender Frauen zu, der die ganze Breite des Radweges für sich in Anspruch nimmt. Ich mache mich bemerkbar und nach einer laaaangen Schrecksekunde teilt sich das Völkchen gerade noch rechtzeitig und gibt den Weg frei.
Im Vorbeirauschen höre ich noch eine von ihnen krähen:
"Ha! Das wär genau mein Ding!"
Auf der Rückfahrt begegne ich dem Damenkränzchen erneut.
Ich halte an und frage, wer von ihnen denn vorhin sein Interesse an meinem Dreirad bekundet habe. Es meldet sich eine Dame mit Silberhaar und herausforderndem Blick, deutlich jenseits der 70.
Ob sie sich traue, eine Probefahrt mit dem Trike zu machen, will ich wissen.
Entgegen jeder Erwartung, lässt sich die Dame nicht lange bitten und eh ich ihr noch meine Hilfe anbieten und ihr erklären kann, wie man am besten einsteigt, hat sie sich schon rückwärtsgewandt über den Tretlagermast und den nach vorn geklappten Tiller hinweg an den Schalensitz herangepirscht und lässt sich fallen. Was bin ich froh, dass mein TGV so gut gefedert ist.
Obwohl sie mit den Zehen kaum bis an die Pedale reicht und ich sie etwa 200 Meter weit schieben muß, während sie lenkt und bremst, steigt von unten aus der Liege ein Jauchzen und Frohlocken empor, wie man es sonst nur von den Pingsttreffen der Wiedertäufer kennt.
Als ich der betagten Lady zum Schluß beim doch etwas beschwerlichen Aussteigen behilflich bin, umarmt sie mich und flüstert mir ins Ohr, dass sie das erste Mal ernsthaft mit ihrer Osteoporose hadere: "Wissen Sie, junger Mann, früher war ich 6 cm größer, da wäre ich Ihnen mit dem Ding davongefahren!"