Geliebtes Eisenschwein

Hallo,

irgend wie scheint mir der Vergleich zw. Peer Gynt und Fateba nicht so ganz passend.
Wäre es nicht richtiger das Fateba mit dem Dino zu vergleichen? Die sind sich, zumindest konzeptionell, viel ähnlicher.
Hallo
Meiner Ansicht nach sind Peer Gynt, Dino und Fateba konzeptionell gleich. Einziger nennenswerter Unterxhied ist doch die Federung beim PG. Aber ansonsten unterscheiden sie sich doch eher in Details, z.B. Anordnung der Bremsen hinten, Bestigung Gepäckträger, Abstützung Sitzstreben, Lehnenneigung etc.
Jürg
 
Ich bringe hier mal ein Eigenzitat, man möge es mir verzeihen:
Ich bin viele Jahre ein ungefedertes Radius Dino gefahren, allerdings ist dessen Sitzfläche mit Gummischnüren abgespannt. Auf Bahnübergängen etc. bin ich kurz mit dem Rücken von der Lehne weggegangen, dann war alles O.K. Der Federpuffer am Hinterbau des PG macht es nochmals bequemer, aber es geht auch ohne Vollfederung und ohne Gehirnerschütterung.
Mir ist gerade siedendheiß und voll Schrecken in dem Zusammenhang mehr als eine Situation eingefallen, in der die Sitzfederung leider überhaupt nichts bringt und das sind schlecht sichtbare, also unerwartete Stufen oder Wellen wie z.B. Wurzelaufwürfe oder Ausfräsungen, vor allem bei Nacht, wie sie auf unseren Straßen und besonders gerne Radwegen immer wieder vorkommen. Die sind vor allem auf unbekannten Strecken auch mit einem guten Scheinwerfer schwer zu erkennen. Hier hilft nur eine Federung im Fahrwerksbereich wie beim Peer Gynt, Hase Tagun, Ostrad Adagio, etc. die einfach mechanisch anspricht, eventuell zusammen mit etwas breiteren Reifen. Ich habe dergleichen mehr als einmal auf dem Dino erlebt, wobei es mich kurz aus dem Sitz hob. Vor Schreck bzw. vor Angst von den Pedalen abzurutschen, fuhr mir dabei trotz Käfigpedalen schlagartig ein extrem schmerzhafter, anhaltender Krampf in einen Unterschenkel, der mich fast nicht aus dem Pedalkäfig kommen und daher beinahe umkippen ließ, die Weiterfahrt einige Zeit unterbrach und danach sehr unangenehm machte. Im Pulk ist so etwas einfach nur Mist; alleine ist es ein absoluter Albtraum, besonders wenn es regnet o.ä.
Ich liebe meine Langlieger, aber ich will der Vollständigkeit halber dieses gravierende Problem der ungefederten Modelle auch nicht verschweigen.
 
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Stramme Gummifederung der Sitzfläche macht den Sitz zum Schleudersitz. Den Fehler hatte ich auch gemacht. Mit normalen Schnüren abgespannt, hat sich die Situation entspannt.
Hatte ich auch probiert, dann kann allerdings die Sitzbespannung je nach Sitzgeometrie aufs Oberrohr durchschlagen, auch nicht eben der Hit. :unsure:
 
Ich habe vor ein paar Tagen Novosport angeschrieben und gefragt, ob der Scootersitz auf das PG passt. Heute kam die Antwort seitens Herrn Alberts, dieser Sitz sei sogar spezifisch für das PG entwickelt worden. Mit der Mail kamen einige detaillierte Fragen zu meinem PG.
Ich denke, es wird auf eine Bestellung hinauslaufen. Ich werde Euch dann in meinem Thread "Geliebtes Eisenschwein" von meinen Erfahrungen berichten.
Schon gefahren?
 
Ich erwarte die Lieferung nach Weihnachten.

Ich lasse allerdings jetzt mal eine andere Katze eine Woche früher als geplant aus dem Sack:
Ich habe mir am Donnerstag vorletzter Woche ein Hase Tagun gekauft, bei Nürnberg (Brachialtour mit dem Auto, um Nürnberg ist gefühlt Permastau), einfach weil mich das Ding brennend interessiert. Das monatelange Hin und Her und Abwägen verschiedener Argumente bei diversen Angeboten hat meine Herzliebste teilweise spürbar genervt. Am Ende habe ich mir gesagt, dass alle Theorie nur grau ist und die einzige Sicherheit in der Praxis liegt. Das Gerätchen ist laut Anbieter nur um die 1500 km gefahren, also praktisch neu. Die Erwartung des Vorbesitzers als engagiertem Rennradfahrer wurde wohl nicht erfüllt. Der Zustand des Kettentriebs belegte diese geringe Laufleistung.
Allerdings habe ich es bisher nur einmal kurz gefahren: Wetter, Lichtverhältnisse, viel Arbeit in der Vorweihnachtszeit und eine Veränderung meines Arbeitswegs haben das verhindert.
Der erste Eindruck: Es wirkt wie für die Ewigkeit gemacht. Üppige Rohrdurchmesser, hervorragendes Finish, sehr durchdachte Konstruktion bis hin zur recht komplexen Aufhängung samt Faltmechanismus des Hinterrads. Manche bezeichnen sie kritisch als verbastelt, ich erlaube mir noch kein Urteil. Die Avid BB5 (oder BB7?) Scheibenbremsen sprechen genial feinfühlig an, die Federung mit einstellbarer Härte des Federelements ist um Klassen besser als der Gummipuffer des PG. Der technische Fortschritt in der Zeit zwischen der Konstruktion beider Räder ist deutlich spürbar. Der Lenker ist in Breite und Winkel verstellbar und fällt ganz natürlich in die Hand. Der Gepäckträger ist wider Erwarten "bocksteif".
Und ich finde, dass es einfach wahnsinnig gut aussieht. Die weiße Farbe steht ihm um Klassen besser als das seltsame Gelb, in dem Hase es gerne anbot. Ich habe bei entsprechenden Versuchen im Modellbau festgestellt, dass Röhren mit hellen, klaren Farben besser wirken als mit zurückhaltenden wie meiner Lieblingsfarbe, einem metallischen rauchigen Petrol. Die kommt auf Flächen wie z.B. Flugzeugrümpfen, Autokarrosserien oder Velomobilen richtig gut rüber.

Unerwartete Umstellungsprobleme habe ich mit der Sitzposition: Das Tagun ist mein erster Einspurer mit einem relativ hohen Tretlager, dementsprechend seltsam fühlt er sich an. Bei meinen Trikes ist das anders: Mit den Füßen in den Klickies und ohne Gefahr, umzukippen sitze ich einfach anders. Wahrscheinlich ist das ein Grund, weshalb Einspurerlieger so einen geringen Marktanteil haben.
Ich hatte am Anfang die Sitzlehne nahezu sekrecht gestellt, dazu den Tretlagerabstand zu eng. Das Gefühl war, dass ich mit den Knien neben den Ohren fuhr. Hier muss ich noch arbeiten. Die beim ersten Probesitzen auf einem anderen Tagun als zu kurz erlebte Lehne ist aktuell kein Thema.
Daher noch keine Beurteilung, die werde ich erst abgeben, wenn ich es ausführlich gefahren habe.

Da es einen Stahlrahmen hat, passt es m.E. in den Thread über Eisenschweine, obwohl kein Langlieger mit tieferem Tretlager.

Das Bild ist aus der Verkaufsanzeige, ich hatte noch keine Gelegenheit zu einem eigenen.
Der "klumpige" linke Griff ist eine optische Täuschung, das ist der eingeklappte Spiegel.
Tagun01a.jpg
 
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Ich bin übrigens auf der Internetseite der praktizierten Verführung über dieses Hase Lepus aus 2008 gestolpert. Die Anzeige ist vorbildlich illustriert und sie zeigt, dass der Hauptrahmen zumindest dieses Exemplars bis zum horizontalen hinteren Rahmendreieck, das per Federung eine weitgehend separate Einheit darstellt, meines Wahrnehmens exakt baugleich mit dem Tagun ist. Ich könnte mir vorstellen, dass das die Ersatzteilversorgung für das Tagun spürbar verbessert.
 
Ich habe den heutigen Abend genutzt und bin nach Dienstschluss probeweise mit dem Tagun das erste Mal die Strecke zur Arbeit und zurück abgefahren.
Ergebnisse:
- Fühlt sich gut an, nur minimal ungewohnt wegen des höheren Tretlagers. Ein anfängliches Unsicherheitsgefühl war bald weg.
- Die Bespannung der Sitzfläche schlug durch. Ich habe daraufhin die Spanngurte an der Rückenlehne gestrafft und den untersten über die Querstrebe der Rückenlehne statt wie original unterhalb gelegt. Jetzt steht ein Teil der Bespannung an der Oberkante der Lehnenrohre über. Ich überlege jetzt, ob ich die Rohre verlängeren könnte. Als ich auf dem Radweg daran herumfrickelte, kamen zwei Teenies auf E-Scootern vorbei und fragten, ob alles in Ordnung sei. Meine Erklärung, dass ich auf Einstellungsfahrt sei, da ich das Rad kürzlich gekauft hätte, quittierten sie mit einem freundlichen "Viel Spaß und gute Fahrt." :) Ich sehe das einfach mal als gutes Zeichen.
- Meine Befürchtung, die Rückenlehne sei zu kurz, scheint sich nicht zu bewahrheiten: Durch die gute Ausformung der seitlichen Rohre kann ich mich besser abstützen als auf dem PG / Dino. Die mögliche Verlängerung um geschätzte 50mm dürfte die Situation noch weiter verbessern.
- Ebenso entkräftet wurde die Angst, ich könnte aus den Käfigpedalen rutschen. Selbst mit sehr locker eingestellten Käfigen blieben die Füße sicher auf den Pedalen. Längere Strecken werden weitere Ergebnisse bringen. - Wortspiel nicht beabsichtigt, aber willkommen.
- Das Tagun hat Schwalbe Marathon in 47-406 mit deutlich schwächer profilierten Laufflächen als das Vorderrad am Fateba. Als Ergebnis ist der Vorderreifen beim Versuch, die abgerundete Kante eines abgesenkten Bordsteins im gewohnt spitzen Winkel zu queren, zurückgerutscht und ich bin bei geringem Tempo auf die Seite gekippt. Ließ sich problemlos mit der Handfläche abfangen. Ich habe noch einen stärker profilierten, schmaleren Reifen im Lager, sollte ihn probeweise montieren.
- Das kleine Hinterrad sorgt für eine geradezu absurde Steigfähigkeit. Als ich das Tagun nach einer Steigung, die ich sonst im kleinsten Gang mache, abstellte, war ich zu meinem Erstaunen immer noch im vierten Gang.
- Es gibt nichts einfacheres, als ein Laufrad mit Scheibenbremse zu montieren, ohne dass die Bremsscheibe schleift: Rad einsetzen, Bremse anziehen, dann Schrauben oder Schnellspanner anziehen und Bremse loslassen. Fertig.
 
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Vielleicht bin ich aus der Zeit gefallen. Ich habe gerade festgestellt, dass es mein ideales Liegerad nicht gibt.

Es müsste folgende Konstruktionsmerkmale aufweisen:
- Geometrie des Hauptrahmens ähnlich dem Fateba, also "Gitterbauweise", moderat tieferes Tretlager (tiefer als beim Tagun, aber nicht so tief wie beim PG) und moderat langer Radstand;
- Vorne 20 Zoll, hinten 26 Zoll Reifen, Scheibenbremsen;
- Untenlenker mit mehreren Griffpositionen, in Breite, Winkel und unabhängig vom Sitz in Längsposition verstellbar;
- Sitz mit hoher Lehne;
- Hinterradschwinge mit modernem, einstellbarem Federelement, also nicht nur Gummipufferfederung wie beim PG,, sondern auch Dämpfung;
- Vorrüstung für Rohloff;
- Verwendung von Standardkomponenten;
- Produktion in der EU, möglichst Deutschland.

Da ich keine Rahmen bauen kann, Einspurlieger eher selten sind, Langlieger meines Wissens mit Ausnahme von Fateba überhaupt nicht mehr gebaut werden und die Helvetier an ihren ungefederten Liegen festhalten wird dieser Wunsch wohl immer unerfüllt bleiben.
Aber träumen ist zum Glück erlaubt.
 
Ein Update zum Tagun:
Ich hatte es mit zwei Sitzbespannungen gekauft. Der alten, die auf dem Sitzgestell aufgezogen war, und einer neuen, die sich nennenswert von der ursprünglichen unterscheidet und angeblich deutlich besser ist. Ich hatte die neue probeweise aufgezogen und erlebte prompt, dass mir die Lehne zu kurz war.- Sitzriese eben. Also wieder runter damit und wieder die alte drauf.
Wie oben beschrieben stand die Bespannung der Lehne bei der von mir gewählten Montage oben etwas über oder besser: Der überstehende Teil knickte nach hinten. Das fühlte sich schon recht komfortabel an, war aber eigentlich ungenutzte Lehnenlänge.
Abhilfe? Ich habe in meiner Wohnung nach allen möglichen Rundstangen ungefähr passenden Durchmessers gesucht, bis ich auf den Griff einer Gummisaugglocke (vulgo: "Pömpel") stieß, der mit wenigen Lage Duck Tape ("Panzerband") saugend in die Lehnenrohre passte. Auf halber Länge durchgesägt, das obere Ende der zweiten Hälfte abgerundet und mit Hilfe passender Rohrschellen in der Höhe fixiert.
War leider kein Erfolg auf ersten Anhieb, stattdessen war die Sitzfläche jetzt etwas zu stark gespannt und die Verlängerungen der seitlichen Lehnenrohre drückten an den Schulterblättern. Fühlte sich an wie falsche Schuhe.
Also wieder raus mit den Rundhölzern, das Panzerband runter und so lange probiert, bis die Verlängerungen etwa 7,5 cm über die oberen Enden der Rohre hinausragten.
Und jetzt stimmte alles.
Immer noch das Gefühl, nach oben weit genug abgestützt zu werden, aber es drückte nichts mehr.
Plötzlich fühlte ich mich auf dem Tagun zu Hause und das Gefühl, ein richtig gutes Rad gekauft zu haben, stellte sich ein.

Und jetzt heißt es: Fahren, fahren, fahren!
 
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