Der erste 200er der Saison ist Geschichte...
Als "Vorbereitung" konnte ich nur ein paar kleine Touren (um 30 km) mit dem Spirit, eine 60km-Runde und den kürzlich hier beschriebenen 100er mit dem Zox-Nachbau ins Feld führen. Entsprechend waren natürlich Trainingszustand und Erwartungshaltung. Es ging einzig und allein ums Durchhalten!
Gefahren bin ich mit meinem mittlerweile heißgeliebten Musashi, dem ich vor ein paar Tagen endlich den schon im Herbst angeschafften HP-Lenker verpasst habe.
Das Original ist für meinen Geschmack absolut unpassend und der als kurzfristige Lösung verbaute Beach-Cruiser-Bar hat zwar funktioniert, war aber doch etwas zu ausladend und weil aus Stahl, erheblich gewichtsintensiv.
Jetzt wiegt das Rad mit Gepackträger und Schutzblech hinten um die 15 Kilo und die Armhaltung ist aerodynamisch auch deutlich günstiger. Passt.
Starken Wind sollte es geben - da lagen die Prognosen richtig, auch was die Richtung (N/NW) angeht. Also bin ich gegen den Wind gestartet und wollte den Elberadweg bis zur Elstermündung fahren, weil das in meiner Erinnerung eine Strecke von reichlich 100km war. Dort wenden und anfänglich der Elster folgend, dann südwärts haltend mit Rückenwind zurück nach Hause.
Aus verschiedenen Gründen verzögerte sich der Start bis kurz vor 14 Uhr. Dann ging's aber einigermaßen zügig gegen den spürbar "anfassenden" Wind an der Elbe nach NW, wo ich nach mehreren Umleitungen mit ca. 10 km mehr als geplant, Torgau erreichte.
Hier die Wendel der Brückenauffahrt vor Schloß Hartenfels..
Dort auf die rechte Elbseite und weiter...
Die Idee mit der Elstermündung hatte ich mittlerweile ad acta gelegt - würde zu weit und auch zu spät. Ich wollte mein Glück, was die Beine angeht nicht überstrapazieren, denn bis dahin lief es erstaunlich gut. Die 100km waren trotz Foto-/Essenspausen und teilweise nur sehr "langsamer" Umleitungsstrecken mit geschottertem Untergrund kurz vor 19 Uhr geknackt, was ich gleich für eine Abendbrotpause und streckenmäßige Neuorientierung nutzte. Die Stimmung, die Weite und die Farben entschädigen für eventuell vorausgegangene Quälerei...
Von dort nur noch kurz gegen den Wind, und zwar bis Jessen/Elster. Ab da lief's dann deutlich leichter, weil der Wind meist direkt oder schräg von hinten anschob. Davon habe ich mich verleiten lassen, den Heimweg auch 10-15km zu verlängern, sodass am Ende 215-220km zu Buche stehen würden.
Von Jessen also nach Annaburg, dort nochmal kurz gegen den Wind nach Norden und dann rechts ab nach Löben an die Elster, die ich im letzten Abendluch überquerte. Hab' genau noch das letzte "Zipfelchen Sonne" überm Horizont erwischt.
Dann würde es dunkel - und kahahaaaalt!
Meine Fresse, das Ende Mai! Mein Tacho hat leider kein Thermometer, aber die angesagten 10 Grad scheinen örtlich unterboten worden zu sein. Zum Glück hatte ich noch eine Windjacke und dünne Neoprenhandschuhe dabei.
Der Rest ist schnell erzählt: nördlich der Elster folgend nach Herzberg. Noch etwas essen...Falkenberg, Lönnewitz, Mühlberg. Nochmal Kalorien nachschieben. In Röderau bei km 196 die letzten Krümel vertilgt - trotzdem noch Hunger...Wasser eiskalt...Füße auch. Schnitt sah für mich zufriedenstellend aus - ab da war's die reine Quälerei. Tacho hab' ich im Dunkeln glücklicherweise nicht mehr sehen können - wenn aber eine Laterne günstig stand, dann erschienen da Zahlen, die definitiv nicht zum Musashi, sehr wohl aber zu meinem körperlichen Zustand passten. Breiten wir den Mantel des Schweigens darüber.
Zuhause habe ich mir sofort ein heißes Bad gegönnt - und bin folgerichtig auch umgehend eingeschlafen. Nur kurz, weil meine Frau fragte, wann ich denn nun endlich gedenke, ins Bett zu kommen.
Als ich in der Wanne aufstand, wurde mir im Wortsinn speiübel, was sich aber nach einigen Minuten folgenlos verzog. Das war wohl doch grenzwertig mit der Belastung...
Der Dienst am heutigen Morgen lief etwas "zäh", aber jetzt ist alles wieder im Lot und - das Beste - das angeschlagene Knie hat auch nur ganz gelinde gegen die Kälte protestiert und sich nicht anders benommen als das Gegenstück.
Eigentlich alles wunderbar, oder?
Am Ende stehen 218 km mit vielen sehr schönen und ein paar unangenehmen Eindrücken - aber die treten ja eh in den Hintergrund...
Wichtig war mir, obwohl nach meinen Maßstäben eigentlich völlig untrainiert, den 200er aus eigener Kraft zu schaffen.
Hat geklappt. Jetzt heißt es, eine Form für die 300 und - das will ich dieses Jahr eigentlich angehen - die 400 in 24h aufzubauen. Los geht's!
LG Holger