Kommentare zu Liegerädern

- Wieso ist ein überwältigend großer Teil der Fahrradnutzer anscheinend nicht in der Lage, sich diese simplen Tatsachen klarzumachen, daraus als Fahrradkonsumenten Konsequenzen zu ziehen und die Herstellung entsprechender Fahrräder energisch einzufordern??? Völlig unverständlich!

Natürlich sind Uprights aerodynamisch ungünstiger. Dennoch fahren viele Fahrradfahrer gerne mit einem Upright, selbstentschieden, bewusst. Sicher ist das nicht maximal effizient, doch im Vergleich zu allen anderen verbreiteten, automatisierten Fortbewegungsarten, sei es Bus, Bahn, Auto, Motorrad usw. offeriert das Fahren auf einem Upright / MTB trotz schlechterer Aerodynamik eine viel höhere Effizienz der investierten Leistung zur absolvierten Distanz für den eigenen Transport sowie natürlich gleichwohl Vorteile, welche einer auf Liegerädern nie erfüllt sehen würde, da sie konzeptbedingt dort deutlich aufwändiger zu realisieren wären (und die Aerodynamikaspekte nullifizieren).

Genauso fahren einige Liegeradfahrer gerne leichtgewichtige, schnelle Trikes, Quads, Velomobile, Einräder, Tretroller, Scooter, KFZ, whatever. Alles hat Vor- und Nachteile und diejenigen, welche gerne mit einem Upright fahren, legen Wert auf die dort vertretenen, höchsteigenen Vorteile. Demnach: Du siehst offenbar die Vorteile des Uprights nicht, weil Du sie nicht als Vorteile empfindest. Gleichzeitig klassifizierst Du jemanden, welcher in einer Situation den Gegenwind auf einem Upright bekämpfen muss, als jemanden, welcher die Vorteile von Liegerädern nicht sieht oder nutzt. Wer weiß, ob derjenige nicht den halben Keller voller Liegerädern hat, an diesem Tag jedoch selbstentschieden und bewusst mit dem Upright fuhr?

Immer diese Versteifung auf die eigenen wahrgenommenen Vorteile bestimmter Entscheidungen. Reflektiert die Nachteile und es zeigt sich, wieso sich andere anders entschieden haben. Diejenige Entscheidung, welche keine Nachteile mit sich bringt, muss noch erfunden werden (oder einer muss sehr gut darin sein, sich Dinge schönzureden..). Und "Aufmerksamkeitserheischung" ist bei Weitem kein unisono vertretener Vor- oder Nachteil.

Wenn Sachen vorwiegend nach rationalen Kriterien ausgewählt würden,
Werden sie, bloß nicht nach Deinen eigenen rationalen Kriterien.

Mein Kommentar zum Liegerad für heute.

Viele Grüße
Wolf
 
Werden sie, bloß nicht nach Deinen eigenen rationalen Kriterien.
Was heißt das?
Dass jemand anders nicht nach meinen rationalen Kriterien auswählt, bräuchte man nicht extra zu erwähnen.
Dass ich nach fremden rationalen Kriterien auswähle? Schon möglich, dass mich da jemand manipuliert.
Dass Menschen nach jeweils ihren eigenen rationalen Kriterien auswählen? Kommt vor, ja. Dass sie lediglich nach ihren eigenen Kriterien auswählen, kommt aber häufiger vor. :D Für viele Entscheidungen lassen sich rationale Begründungen finden, aber getroffen hat sie trotzdem meist der Bauch und nicht der Kopf.
 
Das heißt, dass jeder nach rationalen Kriterien auswählt, immer. Bloß unterscheidet sich, was und wie etwas für den Einzelnen rational ist. Aus welchem Grund jemand eine Entscheidung trifft, ist unerheblich (ob die Entscheidung durch Bauch, Kopf, Fuß oder LSD getroffen wird.. irrelevant, er hat sie getroffen).

Relevant ist: Deine, meine und auch jedes anderen rationale Entscheidungsfindung ist nicht des Universums beste Lösung für jeden universellen Anwendungsfall und dem Universum auch herzlich egal. Und es liegt nicht an Dir oder mir oder sonstwem, darüber zu urteilen, wieso jemand denkt und entscheidet, wie er es tut und ob er dabei alle Aspekte mit einbezieht, welche für Dich, mich oder sonstjemandem dabei wichtig sind.

Ansonsten könnte ich tagtäglich fast jeden um mich herum anbrüllen, weil sie nicht den Sinn für Ordnung haben und keinen Wert darauf legen, so, wie ich ihn darauf lege. Da muss einer durch. Wenn jemand nun mit dem Upright fährt, ist es irrelevant, ob er Liegefahrräder kennt, gut oder schlecht empfindet oder gar den Keller damit gefüllt hat. Genauso, wenn jemand mit dem KFZ fährt.

Was zu diskutieren sein kann, sind die negativen Aspekte für jeden Anderen, Dritten - allerdings sind diese bei Uprights vs. Liegerädern auf einer Ebene und nicht wahrlich differenzierend. Was ich absolut nicht leiden kann, sind diese voreingenommenen Betrachtungswinkel a la: "Schaut, er nutzt X, dabei ist Y vieeel besser/effizienter/bequemer/toller/whatever". Genau das, was den KFZlern häufig aus Fahrradfahrerkreisen vorgeworfen wird, tun sie somit selbst.

Viele Grüße
Wolf
 
Kaufen sich Leute eben nicht Markenklamotten, teure Sportwagen, nen fetten Q7 oder die Rolex um maximal aufzufallen?
Der springende Punkt dabei: Die Menschen wollen auffallen und aus der anonymen Masse herausragen, aber nur innerhalb der vorgegebenen Werteskala der allgemein akzeptierten Verhaltensnormen. Die allermeisten wollen keineswegs in einer Weise auffallen, die ihren Status, ihr Ansehen oder ihr "Normalsein" gefährden oder untergraben könnte und wollen keinesfalls als Außenseiter, Sonderlinge oder Spinner gelten.
Um noch halbwegs ontopic zu bleiben: Vor einigen Jahren meinte mal ein Urlauber, ebenfalls zu Rad, bei meiner Begegnung zu mir: "Mit dem Rad müssen Sie ja überall gewaltig auffallen!". Worauf ich antwortete: "Nein so schlimm ist das bei uns nicht mehr, das war nur am Anfang so."
Es war ihm anzusehen, dass er mir nicht wirklich glaubte, die Skepsis war seiner Miene deutlich abzulesen. Wobei das in seiner Heimat ja auch anders sein mag, aber hier bei uns dreht sich kaum noch jemand nach einem Liegerad um, auch die Zahl verblüffter oder verärgerter Reaktionen hat gewaltig nachgelassen.

Zum Thema "rationale" Entscheidungen auch und gerade beim Fahrzeugkauf: Gerade bei diesem Thema wird deutlich, dass der Mensch kein (rein) rationales Wesen ist. Entscheidungen für ein bestimmtes Fahrzeug werden gerade bei Männern gerne aus dem Bauch heraus getroffen und anschließend in mehr oder weniger glaubwürdiger Form durch "Fakten" und Vernunftgründe gerechtfertigt und rationalisiert, nicht zuletzt auch vor sich selbst. Entscheidungen aus dem Bauch heraus gelten bei vielen Männern eben als peinlich, unlogisch oder unseriös. Die holde Weiblichkeit hat damit meist deutlich weniger Probleme. :)

Mehr möchte ich hier dazu nicht schreiben, da OT, aber ich denke auch, dass das Thema eine eigene Diskussion verdient hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Thema rationale Entscheidungsfindung zwei lesenswerte Bücher
Dietrich Dörner, Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen, Reinbeck 2014 12. Aufl.
Gerd Gigrenzer, Bauchentscheidungen, München 2008, 11. Aufl.
 
Hallo @TitanWolf,

ich habe als Liegeradbegeisterter in meinem Beitrag #4494, der diese Diskussion losgetreten hat, meine situationsbezogen formulierten persönlichen "gedanklichen Kommentare" zum Liegerad im Vergleich zum Upright geschildert. Dass sie subjektiv gefärbt sind, steht außer Zweifel und sie sollen auch keinen Absolutsheitsanspruch verfolgen. Sie klangen wegen meines Wunsches nach pointierter Formulierung danach, das gebe ich nach nochmaligem Lesen gerne zu.
Wenn ich zusammen mit Bekannten über Schotter- oder Sandwege fahre, dann leihe ich mir logischerweise auch ein MTB aus, weil es auf solchen Untergründen einfach besser zu führen ist, als meine Langlieger, die ich selber schon als die miesesten Querfeldeinfahrzeuge bezeichnet habe, die es gibt.

Dass der genannte Radfahrer den halben Keller voller Liegeradler hat, bezweifle ich übrigens heftigst: Die LR-Szene in Marburg ist so überschaubar, dass ich davon mit größter Wahrscheinlichkeit wüsste. :D

Viele Grüße, Martin
 
Ich bin gerade mit der Liege nach Friedrichshafen gefahren, immer am Ufer entlang, auf der Fahrradautobahn. Was bin ich froh, da ich nicht mit dem VM unterwegs war, bei dermaßen vielen riesigen Touristenkonvois wäre das überholen unmöglich gewesen.

Kommentar: "Ooooooh, LIKE!"
 
Die Bemerkung hatte ich noch nicht:
Mutti zum Kleinkind: "Das ist ein besonderes Fahrrad, das ist dynamisch"
mfG
Michael
 
Heute an einer Ampel in Traunreut. Leichter Regen, ich bequem zurückgelehnt auf dem Aeroproject. Ein älterer Herr mit Regenschirm tritt an mich heran und fragt:" Kann man darauf schlafen?"
Ich: "Nein." Dann, nach kurzer Überlegung, schiebe ich nach:"Streng genommen kann man schon drauf schlafen, aber es ist halt im Verkehr gefährlich."
"Ist gefährlich, ah ja. Natürlich, im Verkehr. Ist es denn bequem?"
"Ja, das fährt sich sehr bequem."
"Ist das denn nicht anstrengend so?"
"Nein, überhaupt nicht, außer bergauf natürlich."
"Ah ja, bergauf, natürlich."
Zu dem Zeitpunkt schaltet die Ampel auf Grün und ich verabschiede mich mit einem Winken, er wünscht mir noch eine gute Fahrt.
Er war durchaus freundlich, aufgeschlossen und interessiert, aber ich schätze zumindest die alten Hasen hier werden nachvollziehen können, dass ich nach fast 30 Jahren auf dem Liegerad bei derartigen Unterhaltungen immer den Eindruck habe, in einer Zeitschleife gefangen zu sein und deshalb nur mit gebremstem Enthusiasmus darauf reagiere. :)

Kurz und knapp dagegen der Kommentar einer älteren Frau, als ich auf Salzach-Radweg in Oberndorf an ihr vorbeifahre: "Schön." Begleitet von einem freundlichen Lächeln. Klar, dass so eine Reaktion die Laune immens hebt. :)

Kurz darauf überhole ich eine Familie auf dem Rad und höre dann die kleine Tochter, vielleicht 5 Jahre alt, fragen: "Was war denn das für ein Fahrrad, Papa?"
"Das war ein Sitzrad."
Stimmte zwar nicht ganz, aber wir wollen ja nicht kleinlich sein. Ich finde es übrigens sehr interessant, dass mittlerweile sehr viele Kinder bereits im Vorschulalter den Begriff "Liegerad" kennen, und dann oft ganz stolz ihr Wissen kundtun, sobald sie mich erblicken. Das spricht dann wieder gegen die Zeitschleife. :)
 
...so isses! Das Buch haben wir auch hier, und ich hab mich sehr gefreut als ich das entdeckt hab :)
 
Gestrige Tour.
1) Kind zu Mutter: "Guck mal, der liegt auf seinem Fahrrad!"
2) 4 heranwachsende Männchen stehen im Kreis, Gesicht zur Mitte. Einer merkt auf und guckt. Kopf wieder runter. 4 Köpfe hoch, drehen sich zu mir. 4 Köpfe prusten, 4 Köpfe wieder runter: 4-fach-Kopfnuss.
Ich wäre vor Lachen beinahe vom Rad gefallen.
 
Auf dem Heimweg von der Arbeit mach ich kurz halt, um die Regenjacke überzuwerfen. Kommt eine rüstige Seniorin vorbei und meint: "Ich will mit auf dem Kindersitz".
(Hm, isch 'abe gar kein Kindersitz (n))
 
Keine Kommentare,
aber Interaktion, habe ich meistens mit Rollis, wenn ich auf der Liege bin.Was immer sehr locker ist.
Für beide angenehmer,da ich nicht herabschauen muss.
Kein oben,
kein unten.
Sehr angenehm.
 
Da fehlten mir die Worte, als mir kürzlich jemand erklärte, dass Radfahrer im Allgemeinen und Liegeradfahrer im Besonderen selber schuld wären, wenn sie auf der Strasse platt gefahren werden. Solche Fahrräder sieht man ja schließlich nicht, und schon mal gar nicht, wenn man in einem SUV unterwegs ist.

So ähnlich habe ich es kürzich schon mal gehört.

Hab ich da was nicht mitgekriegt? Gilt jetzt das, was ein SUV-Fahrer sehen kann, als Maß der Dinge im Strassenverkehr?

Kopfschüttelnd
der Gelbe Blitz
 
... oder der Kommentar eines Spaziergängers bei der Sternfahrt zum Forsthaus Kalkofen. Liegeräder sind schon super effizient aber sicherheitstechnisch eine Katastrophe. Klar, sie haben keinen Airbag- keine sichere Fahrgastzelle oder ähnliches, sie sind aber auch in anderen Geschwindigkeitsbereichen unterwegs. Oder sollten wir uns doch mit diesen Features auseinandersetzen? Oder tun das die Hersteller schon verstärkt, vor allem beim Velomobil?
 
Da fehlten mir die Worte, als mir kürzlich jemand erklärte, dass Radfahrer im Allgemeinen und Liegeradfahrer im Besonderen selber schuld wären, wenn sie auf der Strasse platt gefahren werden. Solche Fahrräder sieht man ja schließlich nicht, und schon mal gar nicht, wenn man in einem SUV unterwegs ist.

So ähnlich habe ich es kürzich schon mal gehört.

Hab ich da was nicht mitgekriegt? Gilt jetzt das, was ein SUV-Fahrer sehen kann, als Maß der Dinge im Strassenverkehr?

Kopfschüttelnd
der Gelbe Blitz


Im ersten Moment würden mir bei so einer Konfrontation auch die Worte fehlen...
...und danach würde ich die Konversation vermutlich abbrechen.
Mit einer Taube spielt man eben kein Schach. ;)
 
Da fehlten mir die Worte, als mir kürzlich jemand erklärte, dass Radfahrer im Allgemeinen und Liegeradfahrer im Besonderen selber schuld wären, wenn sie auf der Strasse platt gefahren werden. Solche Fahrräder sieht man ja schließlich nicht, und schon mal gar nicht, wenn man in einem SUV unterwegs ist.
Ich hätte (hoffentlich) gefragt, ob dann auch Kinder selbst Schuld sind.
 
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