Hi,
bei mir fing es Mitte der 80er an: Damals wohnte ich in Münster und sah zum ersten Mal ein Liegerad (von Radius). Ich fand die Idee faszinierend und schnell hatte ich auch etwas der damals spärlichen Literatur gelesen. Da war was zu lesen von Avatar 2000, Ground Hugger, usw..
Dann kam '86 die Hobbythek mit einem Sesselrad zum selber bauen. Der Hobbytip gab die entscheidende Motivation, ein LR selber zu bauen - allerdings nach eigenen Ideen.
Mit meinem Bruder baute ich in bester Bastlermanier ein gartenzaun-grünes 20-zoll-Klapprad zu einem Liegerad mit (semi-)Linearantrieb um. Das Ding fuhr ganz gut, der Antrieb war aber völliger Murks - aber, das war für meinen Bruder und mich richtungsweisend, es war schon ein Kurzlieger.
Es dauerte noch eine Weile, bis bei uns die Idee und Motivation für einen kompletten Neubau reifte. Wir brauchten auch Werkzeug usw..
1-2 Jahre später stand der erste Eigenbau auf seinen Rädern: ein Kurzlieger mit flachem Diamantrahmen (Oberrohr in 'oversized'), indirekter Untenlenkung und Netzsitz.
Die indirekte Untenlenkung war damals bei Kurzliegern wenig verbreitet, erschien uns aber sinnvoll, um eine günstigere Schwerpunktlage im Vergleich zu Kurzliegern mit direkter Untenlenkung zu bekommen. Das Konzept bestätigte sich dann auch schnell im Alltag: damit waren deutlich kürzere Bremswege als mit direkt gelenkten Kurzliegern möglich. Das war uns wichtig.
Viele spezifische Teile, wie Lenkrohre und ausfallenden bezogen wir von Radius.
Zwei Brüder brauchen natürlich zwei Liegeräder. Also wurde ein weiteres gebaut. Diesmal sollte es sportlicher werden. Irgendwo hatte ich ein LR mit Gitterrohrrahmen gesehen. Das fand ich interessant. Modell Nr.3 wurde kurzerhand ähnlich wie Nr.2 gebaut - allerdings mit filigranem Gitterrohrrahmen.
Es war tatsächlich deutlich leichter, auch hatten wir jetzt mehr Erfahrung beim Bauen gesammelt, so dass die Bauausführung besser als bei Nr.1 und Nr.2 war.
1989 kam die HPV-EM nach Münster. Ich wollte natürlich mit fahren und trainierte mit meinem leichten Flitzer reichlich. Ich konnte gut Tempo machen und fühlte mich gut genug für einen Teilnahme - doch dann , ca. 2 Wochen vor der EM, brach bei einer Trainingsfahrt bei Top-Speed der Rahmen vor dem Lenkrohr einfach ab. Ich konnte mit Ach und Krach einen schweren Unfall vermeiden und bekam den Schrotthaufen noch einigermaßen gut zum Stehen. Das war's mit meiner EM-Teilnehme. Der Rahmenbruch war in der kurzen Zeit nicht reparierbar - ich konnte es nur flicken, um es in einem fahrbaren Zustand zu versetzten. Top-Leistung ging damit aber nicht mehr.
Egal. Die EM war eine riesige Inspiration für uns. Und so wurden weitere LRs gebaut, jedes Mal besser in der Konstruktion und Bauausführung. Das Fastest Bike in Town von Martin Staubach hatte uns damals sehr stark inspiriert. Wir entwickelten auch eine eigene Vorderadbremse, ähnlich der heutigen V-Breaks, um das obere Rahmenrohr noch dichter über das Vorderrad rücken zu können. - Allerdings blieben wir bei der indirekten Lenkung, die einen etwas größeren Radstand erlaubte und dadurch sehr gute Fahreigenschaften bot.
Nr.4 und vor allem Nr.5 waren dann schon richtig gute LRs. Leicht, schnell und voll alltagstauglich. Selbst Details wie einen per Schalthebel vom Lenker aus schaltbaren Walzendynamo hatten sie.
Es kam dann auch noch ein Anhänger mit Auflaufbremse dazu...
Ab Anfang der 90er wurde der Kontakt zu Peter Ronge und Andreas Fortmeier von Radius intensiver, was letztlich dazu führte, dass ich irgendwann im Studium auch mal aushilfsweise dort als Rahmenbauer jobbte. Ich kann mich heute noch daran erinnern dass dort im Materiallager das Radius Rennrad (R4 ?) unter der Decke hing, das mit schnittiger Vollverkleidung bei der EM '89 im 200-m-Sprint knappe 80 Sachen erreichte. Beindruckend und leider heute fast vergessen!
Ab Ende der 90er, Anfang 2000 hatte ich aber insgesamt weniger Zeit zum Bauen und mit meinem Berufsstart und Umzug fehlte mir auch eine Werkstatt. Egal. Ich hatte ja ein LR, das für mich perfekt war und mir lange Zeit sehr gute Dienste leistete.
Vor ein paar Jahren wollte ich dann aber doch mal wieder was Neues, Modernes ausprobieren. Es hatte sich einiges Getan und Low- und Midracer waren etablierte Konstruktionen geworden. Langlieger waren weitgehend verschwunden und der kommerzielle Liegeradbau war auch in konstruktiver Hinsicht sichtlich gereift. Das Liegerad hatte das Bastler- und Exoten-Image etwas abgeworfen und war deutlich erwachsener geworden. Nach langer Suche kaufte ich mir ein Flux S-900, dass ich
bekanntermaßen inzwischen zum S Comp-26 umbaute.
Gruß,
Dietmar