Velomobile Abenteuer in der Schweiz
Lange befasste ich mich mit dem Plan, verglich die Modelle, schaute mir die schönen Aus- und die rapiden Rennfahrten auf U-tube an und träumte davon, wie ich in angenehmen Tempo über Berg und Tal fuhr...
Und dann war es soweit. Im Frühsommer des letzten Jahres wurde ich stolzer Besitzer eines Tuna, ein “ausgereiftes“ neues Modell, in das die Erfahrungen vieler Entwicklerjahre eingeflossen waren. DerTunfisch wurde eigens für mich und meine Bedürfnisse angepasst, denn er sollte ja nicht in Meeresnähe bewegt werden, sondern in den schweizer Bergen. Also E-Motor zur Unterstützung am Hang, denn ich bin ja schon ein etwas älteres Kind im Pensionsalter und obwohl sportlich, doch kein Athlet. Und in weiser Voraussicht teure und bessere, luftgekühlte Trommelbremsen. Denn schnell wird man schnell bei einem cw-Wert von 0,1, und die Gesamtmasse von über hundertzehn kg Tuna+Fahrer muss ja auch mal abgebremst werden.
DieAnkunft mit dem Velomobil auf dem Autodach in meiner Strasse war eineSensation, alle kamen von ihren Balkonen herunter um mir beim Abladen zu helfen und um zu staunen, zu prüfen, zu fragen...
Fährt man damit aus, und sei es nur zum Bäcker im Nachbarort, begegnen einem überall anerkennende Blicke, Lächeln, Fingerzeige. Und flottgeht's, den Berg 'rauf und wieder 'runter, und sportlich ist das auch noch!
Es war vielleicht die 5. oder 6. Ausfahrt, ich wollte 'runter in die Stadt, eine gut zwei km lange wunderschöne, abschüssige und kurvige Strasse durch den Wald, das Ding läuft gut, ich muss bremsen, damit ich die 60-70km nicht überschreite. Plötzlich ein lauter Schlag, dann ein schleifendes Geräusch und – huch! – ich habe kaum noch Bremsleistung!!! Nach einem Bremsweg von ca. 300 m komme ich endlich am gegenüberliegenden Strassenrand in einer Bucht zum stehen. Ja, ich musste die Strasse überqueren, gottseidank kam gerade kein Auto entgegen. Ich steige aus um nachzusehen, was los ist: das linkeVorderrad ist los! Die Befestingungsschraube hatte sich gelöst (der laute Schlag) und dann das ganze Rad, das nun nur noch lose im Radkasten mitlief!
Hinterher erfuhr ich, das sei ein bekanntes Risiko, denn durch die Rotation könne sich diese linke Schraube lösen, da nicht mit Gegengewinde. Ein kleiner Konstruktionsfehler, der fatal hätte enden können. Heimlaufen, Werkzeug und Schraubenkiste holen... Zu reparieren mit zur Sicherung Locktide und Spannring war es zumindest leicht. Dann war das Tuna wieder fahrbereit. Ich aber ein wenig verunsichert.
Wenig später eine schöne Ausfahrt über so 60km, die erste, über die Jurahöhen direkt unterhalb des Chasseral bis nach Neuchâtel, dann über den Weinbergweg oberhalb des Bieler Sees zurück, wunderbar, das läuft, dass es eine Freude ist. Wenige km vor zuhause wird die geteerte kleine Strasse plötzlich zum Feldweg – krach!, nix geht mehr, ein Rad hängt lose im Kasten. Diagnose: Federbein gebrochen bzw. auseinandergegangen. Sch...!!! Freundliche Landsleute helfen mir mit ihrem grossen Kombi und bringen mich samt Tunfisch nach Hause. Federbeine, auch das gesunde, herausmontieren und zum Hersteller einschicken, nach einigen Wochen kommen sie zurück, nun per Niete am Auseinandergehen gehindert. Es musste wohl mir erstmal passieren... Im Herbst läuft das Ding wieder, mein Vertrauen ist aber weitergeschrumpft. Zumal ich schon gemerkt hatte, dass die tollen Reifen auf Nässe, Moos und nun viel Laub wenig Grip haben. Also Vooorsicht! Eine längere Bergabfahrt, auch so 2km, nehme ich langsam, aber am Ende stinkt plötzlich etwas, die Bremswirkung lässt auch etwas nach, dafür, einmal in der Ebene angekommen, scheinen die Räder nicht mehr frei zu rollen. Ich halte an und schau mal nach. Hui!,ganz schön heiss sind die Trommeln! Eine kleine Pause, dann läuft's wieder. Aber in Zukunft lieber Intervall-Bremsen, oder? Zunächst hiess es aber Überwintern.
Der Winter war kurz und der Februar schon frühlingshaft. Also los geht's! Zunächst kleine Strecken um die Ecke, zum Bäcker und in's Lädele im Nachbardorf, nur nicht zu weit weg von Zuhause. KeinProblem. Nun, einer schöner Sonntag 3. März, Bewegung tut gut und not. Eine lange Steigung, trotz Motor geht mir die Puste aus. Auf die hohen Unterstützungsstufen gehe ich lieber nicht, denn dann nimmt die Batterieladung doch sichtbar schneller ab. Auf der hügeligen Hochebene, schön und schnell geht's da, aber Vorsicht, Schlaglöcher, auf den kleinen „Bauernautobahnen“ gibt's die auch in der Schweiz. Zurück den gleichen Weg, dann wieder die lange, schöne Strasse diesmal 'runter, mit ihren leichten Kurven... vorsichtiges Intervallbremsen, auf den Geraden es laufen lassen, 80,90kmh... Adrenalin pur!!! Alles geht gut, mein Herz hält durch. AmSchluss noch einmal einen Berg 'rauf, dann 'runter in mein Dorf... plötzlich machen die Bremsen doch ein deutlich lauteresSchleifgeräusch!! Aber sie bremsen noch, und am Schluss den Hang hoch zu mir, kein Problem. Am nächsten Tag nehme ich die Räder ab und schaue mir die Bremsen an: Bremsbeläge sind noch halbwegs ok,aber die Stahltrommeln zeigen doch deutliche Abnutzungsspuren und überall kleine Metallspäne. Kann das in Ordnung sein, nach nicht einmal 300 gefahrenen Kilometern?
Schlussfolgerung: Der Traum ist aus, Velomobile (ich meine nicht nur das Tuna!!) sind für holländische Dünenlandschaften und ähnliche sowie für gute Radwege gemacht, aber nicht für die Berge und Naturstrassen! Ich steige nicht mehr in mein Tuna und verkaufe es in's Flachland. Dort kann die Freude gross sein. Und ich lebe vielleicht etwas länger.
MartinH.
Lange befasste ich mich mit dem Plan, verglich die Modelle, schaute mir die schönen Aus- und die rapiden Rennfahrten auf U-tube an und träumte davon, wie ich in angenehmen Tempo über Berg und Tal fuhr...
Und dann war es soweit. Im Frühsommer des letzten Jahres wurde ich stolzer Besitzer eines Tuna, ein “ausgereiftes“ neues Modell, in das die Erfahrungen vieler Entwicklerjahre eingeflossen waren. DerTunfisch wurde eigens für mich und meine Bedürfnisse angepasst, denn er sollte ja nicht in Meeresnähe bewegt werden, sondern in den schweizer Bergen. Also E-Motor zur Unterstützung am Hang, denn ich bin ja schon ein etwas älteres Kind im Pensionsalter und obwohl sportlich, doch kein Athlet. Und in weiser Voraussicht teure und bessere, luftgekühlte Trommelbremsen. Denn schnell wird man schnell bei einem cw-Wert von 0,1, und die Gesamtmasse von über hundertzehn kg Tuna+Fahrer muss ja auch mal abgebremst werden.
DieAnkunft mit dem Velomobil auf dem Autodach in meiner Strasse war eineSensation, alle kamen von ihren Balkonen herunter um mir beim Abladen zu helfen und um zu staunen, zu prüfen, zu fragen...
Fährt man damit aus, und sei es nur zum Bäcker im Nachbarort, begegnen einem überall anerkennende Blicke, Lächeln, Fingerzeige. Und flottgeht's, den Berg 'rauf und wieder 'runter, und sportlich ist das auch noch!
Es war vielleicht die 5. oder 6. Ausfahrt, ich wollte 'runter in die Stadt, eine gut zwei km lange wunderschöne, abschüssige und kurvige Strasse durch den Wald, das Ding läuft gut, ich muss bremsen, damit ich die 60-70km nicht überschreite. Plötzlich ein lauter Schlag, dann ein schleifendes Geräusch und – huch! – ich habe kaum noch Bremsleistung!!! Nach einem Bremsweg von ca. 300 m komme ich endlich am gegenüberliegenden Strassenrand in einer Bucht zum stehen. Ja, ich musste die Strasse überqueren, gottseidank kam gerade kein Auto entgegen. Ich steige aus um nachzusehen, was los ist: das linkeVorderrad ist los! Die Befestingungsschraube hatte sich gelöst (der laute Schlag) und dann das ganze Rad, das nun nur noch lose im Radkasten mitlief!
Hinterher erfuhr ich, das sei ein bekanntes Risiko, denn durch die Rotation könne sich diese linke Schraube lösen, da nicht mit Gegengewinde. Ein kleiner Konstruktionsfehler, der fatal hätte enden können. Heimlaufen, Werkzeug und Schraubenkiste holen... Zu reparieren mit zur Sicherung Locktide und Spannring war es zumindest leicht. Dann war das Tuna wieder fahrbereit. Ich aber ein wenig verunsichert.
Wenig später eine schöne Ausfahrt über so 60km, die erste, über die Jurahöhen direkt unterhalb des Chasseral bis nach Neuchâtel, dann über den Weinbergweg oberhalb des Bieler Sees zurück, wunderbar, das läuft, dass es eine Freude ist. Wenige km vor zuhause wird die geteerte kleine Strasse plötzlich zum Feldweg – krach!, nix geht mehr, ein Rad hängt lose im Kasten. Diagnose: Federbein gebrochen bzw. auseinandergegangen. Sch...!!! Freundliche Landsleute helfen mir mit ihrem grossen Kombi und bringen mich samt Tunfisch nach Hause. Federbeine, auch das gesunde, herausmontieren und zum Hersteller einschicken, nach einigen Wochen kommen sie zurück, nun per Niete am Auseinandergehen gehindert. Es musste wohl mir erstmal passieren... Im Herbst läuft das Ding wieder, mein Vertrauen ist aber weitergeschrumpft. Zumal ich schon gemerkt hatte, dass die tollen Reifen auf Nässe, Moos und nun viel Laub wenig Grip haben. Also Vooorsicht! Eine längere Bergabfahrt, auch so 2km, nehme ich langsam, aber am Ende stinkt plötzlich etwas, die Bremswirkung lässt auch etwas nach, dafür, einmal in der Ebene angekommen, scheinen die Räder nicht mehr frei zu rollen. Ich halte an und schau mal nach. Hui!,ganz schön heiss sind die Trommeln! Eine kleine Pause, dann läuft's wieder. Aber in Zukunft lieber Intervall-Bremsen, oder? Zunächst hiess es aber Überwintern.
Der Winter war kurz und der Februar schon frühlingshaft. Also los geht's! Zunächst kleine Strecken um die Ecke, zum Bäcker und in's Lädele im Nachbardorf, nur nicht zu weit weg von Zuhause. KeinProblem. Nun, einer schöner Sonntag 3. März, Bewegung tut gut und not. Eine lange Steigung, trotz Motor geht mir die Puste aus. Auf die hohen Unterstützungsstufen gehe ich lieber nicht, denn dann nimmt die Batterieladung doch sichtbar schneller ab. Auf der hügeligen Hochebene, schön und schnell geht's da, aber Vorsicht, Schlaglöcher, auf den kleinen „Bauernautobahnen“ gibt's die auch in der Schweiz. Zurück den gleichen Weg, dann wieder die lange, schöne Strasse diesmal 'runter, mit ihren leichten Kurven... vorsichtiges Intervallbremsen, auf den Geraden es laufen lassen, 80,90kmh... Adrenalin pur!!! Alles geht gut, mein Herz hält durch. AmSchluss noch einmal einen Berg 'rauf, dann 'runter in mein Dorf... plötzlich machen die Bremsen doch ein deutlich lauteresSchleifgeräusch!! Aber sie bremsen noch, und am Schluss den Hang hoch zu mir, kein Problem. Am nächsten Tag nehme ich die Räder ab und schaue mir die Bremsen an: Bremsbeläge sind noch halbwegs ok,aber die Stahltrommeln zeigen doch deutliche Abnutzungsspuren und überall kleine Metallspäne. Kann das in Ordnung sein, nach nicht einmal 300 gefahrenen Kilometern?
Schlussfolgerung: Der Traum ist aus, Velomobile (ich meine nicht nur das Tuna!!) sind für holländische Dünenlandschaften und ähnliche sowie für gute Radwege gemacht, aber nicht für die Berge und Naturstrassen! Ich steige nicht mehr in mein Tuna und verkaufe es in's Flachland. Dort kann die Freude gross sein. Und ich lebe vielleicht etwas länger.
MartinH.