Mal eine kleine Kontrastierung zum Tiny-Öko-Reduziert-Gedanken. Patricks Entwurf ist purer Luxus im Vergleich zu dem, was meine Freundin für uns plant - und wofür ich meine Begeisterung noch nicht so ganz ausdrücken kann... aber sie baut schon in absoluter Retro-Aussteiger-Euphorie. D.h. Folgendes klingt zwar wie eine Sommer-Wochenend-Flucht, ist aber als winterfeste, einzige eigene Behausung geplant (neben den Arbeits- und Familien-Orten). Die Eckdaten:
- Erb-Grundstück im hinterletzten Winkel des Erzgebirges auf 700hm... da liegt jetzt noch Schnee.
- Alte 5,00 x 3,50m Einraum-Hütte. Schon in den 70igern von Opa ohne Baugenehmigung als Ferienlaube hingezimmert, weshalb sie äußerlich so bleiben soll und nur innen kernsaniert, gedämmt und v.a. mit Lüftertechnik gepimpt.
- Budget ~5000€, um möglichst aus alten Bau-Materialien (gibt es familiär) und mit ihrer eigenen Arbeitskraft umgesetzt zu werden (ich bin kaum ne Hilfe, muss Fahrräder bauen, aber sie handwerklich fit).
- Strom-Anschluss vorhanden, (Ab-) Wasseranschluss nicht - aber ein erfrischender Quellbach ist neben der Hütte.
- Klo = Trenntoilette draußen - also so ein oldschool-Bretter-Dixi mit Herzausschnitt an der Tür. Festes wird dann kompostiert, Flüssiges kommt in die Schilfgrube.
- Dusche? Den Quellbach hatte ich schon erwähnt. Dazu gibt es ne Schüssel und nen Waschlappen, ggfs. nen Wasserkocher mit "Du-Weichei"-Sticker drauf.
- Auf dem Dach ne ausgediente Solarthermie von Vaters Poolhaus. D.h. nächste warme Dusche im Frühjahr (oder auf Arbeit...).
- Heizung = Holz aus dem Wald und ggfs. nen kleiner Radiator. Ziel ist es aber nicht, den Raum auf 20° zu halten, sondern in der Natur zu leben (gut belüftet)... wozu eben auch ein paar Monate Kälte-Erfahrung zählen.
- Waschmaschine = Wanne mit Waschnüssen (ansonsten gelegentlich mal Waschsalon auf Arbeitstour)
- Kühlschrank = Erdloch am Bach. Gefrierschrank ist 1/2 Jahr inklusive.
- Arbeitszimmer? Ich hab meine Werkstatt in Weida... sie ihre Handwerksjobs... ansonsten Freizeit und Natur. Kein Fernsehen, Mobiles Internet so lala. Nur Wald- und Gemüsegarten pflegen... und soviel wie möglich unmoderne, unkommerzielle Zeit zur Verfügung haben.
Was sie antreibt ist eine ne klar anti-kommerzielle Aussteiger-Romantik, wonach wir vor Luxuskonsum (inkl. Hausbau) kaum noch atmen können und viel zu verweichlicht sind, um - mit ein paar modernen Gewürzen - in grundsätzlichen Verhältnissen zu überleben, die bis ins letzte Jahrhundert auch in nördlichen Breiten normaler Komfortstand waren. Die einfache, ruhige Hütte in der Natur mit ganz reduzierten Rückgriff auf kommerzielle Mittel - inkl. Baukosten und -materialien, die auch erstmal Jahrzehnte eines Erwerbslebens erarbeitet/abbezahlt werden müssen, bevor sie einen "autark" machen.
Was ich von dieser bevorstehenden Vision halte... ist äußerst herausfordernd für Privatleben und Beziehung. Mein größter persönlicher Haken an der Sache ist nicht das Experiment selbst, sondern die 80km fahrradunfreundliche Entfernung zwischen Erzgebirgs-Häuschen und Weida-Werkstatt. Letztere bietet natürlich auch bissl Homezone und Winterflucht für beide, wenns zu hart wird... aber es vermasselt einem die alltägliche Integration der Lebenssphären, ohne die auch jede Ökovision zu nem Taschenspielertrick verkommt.
Patrick und meine Freundin haben sich über ihre differenzierten, veganen Ansichten zwischen "Aktiv-Öko" (mit viel Geld und Arbeit die Welt umwälzen) und "Passiv-Öko" (Minimalinvasiv die eigene Ruhe finden) schon ausgiebig ausgetauscht. Daher muss hier also kein Bewertungs-Konsens gefunden werden. Aber es ist bei der Gelegenheit doch interessant, diese Maßstäbe auch für das Konsumgut "Wohnen" zu reflektieren, d.h. v.a. welcher Wohnluxus für die letzten 3-4 Generationen zur unbedingten Mindestanforderung geworden ist, an Platz, an Ausstattung, an Komfort, an Besitzbindung... Dabei ist das Thema eigentlich bemerkenswert ähnlich gelagert wie die mobile Konsumfrage: Fossil-Auto vs. Elektro-Auto vs. Fahrrad.