BRM400 - Zeeland - NL
Schlagende Bäume und fliegende Deckel - oder: vier Männer auf dem Deich
Zusammen mit
@Ludger,
@Cars10 und
@jostein.
Wieder recht kurzfristige Enscheidung, eigentlich stand nur das 400er Niederrhein auf dem Programm. Aber was man hat, das hat man.
Das Brevet war mit Abendstart 21 Uhr, also gemütliche Anreise mit
@jostein mit PKW (die anderen stilecht mit VM), Abendessen vor Ort und dann Fahrt in die Nacht. Ein Novum für mich, aber gute Probe für PBP - dachte ich.
Am Vorabend (Donnerstag) hatte sich noch kurzfristig
@Sproessling bei mir als Übernachtungsgast angemeldet. Daher wurde es etwas später mit Essen und Schlafen (wobei ich dachte, dass lange Ausschlafen würde das kompensieren). Pustekuchen. Den Freitag war ich groggy, hatte einen Knoten im Magen, fühlte mich schlapp. (Die Fenix attestierte 50 % Sleep Score und 30 % Body Battery am Morgen, die zum Start am Abend passenderweise auf 0 gesunken ist.
Na toll.)
Das gemeinsame Essen beim Thailänder habe ich dann doch riskiert, aber es hat subjektiv nichts verbessert.
Am Start gegen 20:30 war es dann recht wuselig. Neben den üblichen Rennrädern waren glaube ich ein Trike, ein paar Liegen und neben unseren VM noch ein DF, ein Quest und Evas Snoek am Start. Die haben wir unterwegs dann auch zeitweise gesehen. Das DF war deutlich vor uns im Ziel. Eva hat sich irgendwie sehr viele und lange Pausen gegönnt.
Pünktlich um 21 Uhr rollte der Lindwurm los über den Deich. Die erste Zeit war es stetes Überholen von Rennrad-Gruppen auf Radwegen oder später durch Ausweichen auf die Straße, so dass wir kurz vor Antwerpen relativ vorne lagen und durch die skurril leuchtende, nach Petrochemie stinkende, fast menschenleere Hafengegend mit den breiten Straßen.
Statt das erste Nadelöhr mit dem kleinen Aufzug am Kennedytunnel als erste zu erreichen, entschied sich
@Cars10 seinen vorderen Servicedeckel zu verlieren und etliche Pulks Rennradler vorzulassen.
Dann später in den Privatanlagen des Hafens (die aber seltsamerweise auf dem Track lagen) lernte
@jostein noch, woher Schlagbäume ihren Namen haben und dass eine daCannon dem nicht viel entgegenzusetzen hat. Zum Glück blieb der Kopf heile. Die Hutze hat dafür neue Verzierungen. Glück im Unglück.
Am Tunnel-Aufzug dann kurzes Warten, 2 Fuhren mit 4 VM runter schleusen, dann noch 2 x wieder hoch und wir waren wieder "auf Strecke" durch menschenleere Städte.
Es begann das Suchspiel über teils stockdunkle, abgelegene Leinpfade, von denen jeder zweite mit Sperrungen durch Baustellen gespickt su sein schien, so dass wir immer wieder kleine Umwege und Umfahrungen über Straßen suchten, die aber dann eigentlich genau so gut oder besser liefen.
Kurz vor Halbzeit wurden meine Augen müder und damit meine Sorge,
@Cars10 bei einem Bremsmanöver einfach ins Heck zu fahren oder einen Abzweig zu verpassen - oder schlimmer. Ich setzte mich ab, ließ mich zurückfallen und hielt dann irgendwo hinter einer Kanalbrücke, um mich etwas einzumummeln und zu power-nappen. Es war kein tiefer Schlaf, aber sehr erholend - danach waren auch wieder Leistung und Speed da und ich holte Stück für Stück die Rennradgruppen auf, die mich dösend zuvor passiert hatten.
Etwa bei Halbzeit wurde es hügeliger mit der nächsten Fotokontrolle, dann kam die ein oder andere Abfahrt mit Speed und ich wartete sehnsüchtig auf Tageslicht. Bevor das passierte, lief ich auf meine Mitstreiter im VM auf, wo
@Ludger gerade seinen Platten geflickt hatte.
@Cars10 hatte nun irgendwo auch seinen hinteren Wartungsdeckel abgeworfen, um etwas leichter zu werden. Immerhin waren wir wieder komplett.
An der nächsten Fotokontrolle sahen wir noch einmal Eva und das Quest, danach jedoch nicht mehr.
Der Tag brach an und die Motivation stieg. Gegessen hatte ich bisher fast nichts - nur eine Banane und immer mal wieder einen Schluck Pfirsichtee via Nordstream 2 aus dem großen Tank im Backbordbug. Statt dem Steuerbord-Tank und Nordstream 1 hatte ich nur eine kleine Trinkflasche mit Frischwasser im Gepäck.
Mit Veurne kam der erste Küstenort, es ging weiter an schönen, schnurgeraden Kanalstrecken entlang auf den Rückweg.
Bei der Schleusenkontrolle hatten dann
@Cars10 und
@Ludger einen Kaffee (die machten gerade auf, als wir dort standen), eine grobe Kalkulation ließ bei 70 km bis zur Fähre und nur gut 2 h Fahrt wenig Hoffnung, die um 10:18 Uhr zu bekommen.
Aber es lief ganz gut und irgendwann machte sich gruppendynamisch eine Sprint-Mentalität breit, so dass wir die letzten 30 km - den Tacho immer vor Augen - quasi durchweg mit 40 km/h fuhren und die letzten Reserven mobilisierten, um die Fähre doch noch zu bekommen. Pünktlich 2 min vor Boarding standen wir am Ticketschalter und rollten über die Rampe just in dem Moment, wo Tore geöffnet wurden. Punktlandung!
In Vlissingen angekommen lockte nach relativ kurzer Fahrt vor der letzten Fotokontrolle am Schelde-Sperrwerk eine besondere Überraschung: Ein Bekannter von
@Ludger war dort mit Familie zum Bungalowurlaub und hatte Kaffe und Apfelkuchen für uns bereit. Das ließen wir uns natürlich nicht entgehen und rasteten dort ein wenige, bevor es zum Endspurt ging.
Die letzten 30 km schwanden unspektakulär auf Alleen, Deichen und mit zunehmendem Sonnenschein und einer letzten Radwegs-Sperrung, die uns einen Kilometer übelste Pflasterstrecke bei der Umfahrung bescherte.
Kurz nach 14 Uhr - also 17 Stunden nach dem Start waren wir wieder am Ziel.
Insgesamt eine spannende, erlebnisreiche Runde durch (für mich) neue Regionen, von denen man in der Dunkelphase leider viel zu wenig gesehen hat.
Vielen Dank an die Mitstreiter,
@Cars10 für die Inspiration,
@Ludger Respekt für das Bestreiten und Durchhalten seines ersten Brevets - und dann noch eines der Längeren und
@jostein für die Fahrdienste bei An- und Abreise, weil ich da irgendwie nicht fit genug war, um das auch noch zu bestreiten.
Track
bei Strava mit ein paar mehr Bildern und Filmchen.