BRM 200 Km Kiel "Rund um die Schlei"
Am gestrigen Samstag war auch für uns "Nordlichter" die erste Gelegenheit, offiziell in die Brevetsaison 2019 zu starten. Los ging es wie immer am Parkplatz des ETV Kanuheims unter der Brücke der B502 über die Schwentine, wo sich bereits eine erkleckliche Anzahl an Randonneuren und -innen versammelt hatte. Es gab wieder viele bekannte Gefährten von früheren Brevets zu begrüßen und auch das ein oder andere neue Gesicht mischte sich unter die Starter. Stefan, der Organisator, begrüßte so gut wie jeden mit Namen und verteilte zügig die bereits vorbereiteten Startkarten. Um kurz vor Acht hielt er dann vor versammelter Mannschaft eine kurze Ansprache, bei der er nochmals auf die bereits zuvor per E-Mail kommunizierten Gefahrenstellen und Besonderheiten dieses Brevets hinwies. Dann machten sich die rund 60 Fahrer/innen gemeinsam auf den Weg, welcher zunächst entlang des Kieler Ostufers führte.
Ausser mir war kein weiteres Liegerad, Trike oder VM dabei, was eigentlich schade ist, da Stefans Strecken i.d.R. alle für unsereins tauglich sind.
Auf Höhe des Hauptbahnhofs querten wir die Förde, um anschliessend (fast) immer am Westufer entlang aus der Stadt zu radeln. Dabei passierten wir zahlreiche Sehenswürdigkeiten, wie z.B. das Kieler Schloss, die Kunsthalle und das Geomar Aquarium. Entlang der Kiellinie fahrend, passierten wir u.a. auch den verlassenen Liegeplatz der "Gorch Fock", bevor die erste sportliche Herausforderung in Form der Hochbrücke der B503 über den Nord-Ostsee Kanal anstand. Spätestens hier war ein Großteil des Starterfeldes auf und davon, was mich aber nicht weiter tangierte, da ich es eh ruhig angehen lassen wollte.
Die Strecke selbst würde noch anstrengend genug werden, warum also Körner für nichts vergeuden. Hinter der Brücke bog die Route des Tracks in nordwestlicher Richtung ins Inland ab, um uns auf kleinen Strassen und Wirtschaftswegen weiter Richtung Eckernförde zu führen.
Hier angekommen musste ich, der letzten Eiszeit sei Dank, zum ersten Mal aufs kleinste Kettenblatt schalten. Dieser Teil der Stadt ist mit knapp über 40 m der höchstgelegene, und es sollten noch einige solcher Steigungen nach dem Motto "klein aber gemein"
folgen.
Nach gut 58 Km war die 1. Kontrolle an einer Tanke in Rieseby erreicht, wo kurz darauf ein weiterer Randonneurskollege eintraf, dem ich unterwegs noch öfter begegnen sollte. Wie der Name des Ortes bereits andeutet, hatten wir den südlichen Rand des ehemaligen jütischen Siedlungsgebietes erreicht.
Nach einer kleinen Stärkung in Form eines belegten Brötchens und einer Flasche Sprite machte ich mich wieder auf den Weg, dicht gefolgt von meinem Mitfahrer auf dem RR. Unser nächstes Etappenziel in 25 Km Entfernung war Kappeln, wo es galt, die Schlei zu überqueren. Wieder mal ging es anschliessend den Hügel hinauf, um bei der oben gelegenen Tanke einen weiteren Stempel für die Kontrollkarte einzusammeln. Mein bereits zuvor angekommener Randonneurskollege meinte, das der nun vor uns liegende Abschnitt einer der härtesten werden würde, da wir nun, auf dem Track in südwestlicher Richtung fahrend, den Wind genau von vorn haben würden.
Er sollte recht behalten: zu den sanft rollenden Hügeln kam nun ein stetiger und kräftiger Gegenwind hinzu, der mein Tempo teilweise bis auf 16 Km/h drosselte. Es galt, sich durchzubeissen in der Gewissheit, dass auch dieser Abschnitt irgendwann zu Ende gehen würde. Einmal kam mir hier ein Duo Tourenfahrer auf E-Bikes entgegen, aber das waren, abgesehen von ein paar einsamen RRlern, auch die einzigen anderen Radler, denen ich auf diesem Brevet begegnete. An der Landschaft kann es nicht gelegen haben, diese war rau und schön, und es ergab sich immer mal wieder der Blick auf das leicht gekräuselte Wasser der Schlei. Auch das ein oder andere Segelboot ward gesichtet. Was sich dagegen rar gemacht hat, war die Sonne. Nur selten war mehr als ein heller Fleck hinter den meist dichten Wolken auszumachen. Zum Glück blieb es trocken. Immerhin etwas.
Kurz hinter Lindaunis musste ich, ob geschlossener Eisenbahnschranken, eine kurze Zwangspause einlegen. Aber diese konnte ich für ein Foto nutzen und als der Übergang wieder offen war, hatte mich auch mein Randonneurskollege wieder eingeholt. Gemeinsam fuhren wir weiter und passierten die Statue des alten Riesen in Ulsnis, welcher auf einer alten Volkssage basiert. Hier erreichte mich der Anruf eines Mitarbeiters von Ventisit, welcher noch ein paar Rückfragen zu dem dort von mir für meinen nächsten Lieger bestellten Sitzkissen hatte. Ein paar Dörfer weiter kam ich in Füsing an ein paar witzigen "Gartenzwergen" vorbei, insbesondere von dem Eichhörnchen, welches einem die Zunge rausstreckte, war ich sehr angetan.
Dieses Jahr hatte Stefan die nächste Kontrolle, welche normalerweise in Schleswig gewesen ist, etwas nach ausserhalb verlegt. Die neue Kontrolle an der "Team"-Tanke in Busdorf fiel deswegen positiv bei uns auf, da die belegten Brötchen sehr lecker waren und es Schalen mit Jelly Beans und Pizza-Cracker zur freien Bedienung gab. Natürlich machten auch wir von diesem zusätzlichen Angebot an Kalorien regen Gebrauch
.
Mein Kollege meinte, das er dringend seinen Fernzug um 20:04 Uhr von Kiel erreichen müsste, und begab sich daher kurz darauf wieder auf die Strecke.
Auch ich machte mich erneut auf den Weg, welcher in südöstlicher Richtung verlief, so dass wir den Wind nun von der Seite hatten.
Unser Norden soll ja angeblich recht platt sein, aber was dann auf mich zukam, sprach dieser Beschreibung Hohn. Stefan hatte sich nämlich einen ganz besonderen Ort für seine als nächstes (bei KM 140) anstehende "Geheimkontrolle" ausgesucht: die Globetrotter-Lodge auf dem Aschberg.
Dieser ist Teil der Hüttener Berge, welche mit knapp über 100 m Höhe einen beträchtlichen "Pickel" in der hiesigen Landschaft darstellen.
Naja, am Fuße selbiger angekommen, wechselte ich wieder mal schneller als mir lieb war durch die Gänge nach unten, glücklich, mit 22:25 Z doch noch eine passende Untersetzung dabei zu haben. Langsam ritzelte ich mich bergauf, dabei glitt mein Blick immer wieder über die grünen Hänge und die obenauf befindliche Radarstation. Kurz vor erreichen des Gipfelplateaus drehte ich den Kopf nach hinten und war über die mir gebotene Fernsicht einfach nur begeistert. Sowas kannte ich bisher nur von den Anstiegen auf die schwäbische Alb! Aber noch war das Etappenziel nicht erreicht, erst ging es wieder ein Stück hinunter, bevor der auf dem Gipfel des Aschbergs gelegene Aussichtsturm der Lodge ins Blickfeld rückte. Oben wartete schon mein Randonneurskollege, den Stempel abholen und ein kurzes Gipfelfoto schießen, dann trennten sich unsere Wege, diesmal endgültig.
Weiter ging es bei einsetzender Dämmerung am Bisten- und am Wittensee vorbei, um bei Sehestedt ein zweites mal den Nord-Ostseekanal, diesmal per Fähre, zu überqueren. Da mein Wasser zur Neige ging, legte ich in Bovenau noch einen Stopp beim hiesigen Supermarkt ein. Ein schöner kleiner Dorfladen, mit Schlachtertheke und ohne Einwegpfandautomat. Dafür bekam man einen kleinen abgerissenen Zettel vom Personal zugesteckt. Geht auch und es ist toll, wenn sich die Leute noch für die kleinen Dinge im Leben Zeit nehmen. Unser Weg führte als nächstes rund um den Westensee, und das letzte Abendlicht erlaubte kurze Ausblicke auf selbigen. Diesen Streckenabschnitt kannte ich zur Genüge von vorherigen Brevets und umfuhr den Kopfsteinpflasterabschnitt, welcher zur St. Catharinenkirche hinaufführt, auf dem Gehweg. Für ein VM dürfte dieser allerdings zu schmal sein, dachte ich so bei mir, und freute mich, den Einspurer gewählt zu haben. Anschliessend ging es noch eine "nette" Steigung hinauf, am Großen Schierensee vorbei und via Rumohr nach Rotenhahn zur vorletzten Kontrolle K5. An Flintbek vorbei und über die B404 hinweg führte die Strecke auf vertrauten Pfaden (Stefan hatte diese bisher immer benutzt, um aus der Stadt rauszufahren) nach Kiel zurück. Auf einem Hügel sah ich die Lichter der Stadt und wusste, das es nun nicht mehr weit bis ins Ziel sein konnte. Bei erreichen der Brücke über die B502 gab es noch eine leichte Irritation, da Stefan den Track nicht ganz auf die richtige Seite, ein Radweg in Gegenrichtung, gelegt hatte. Aber kurz darauf kam die als Zielkontrolle vorgesehene "Jet"-Tankstelle in Sicht, und mir fiel auch wieder der Weg unter der Bundesstraße hindurch ein, um dorthin zu kommen. Die beiden Damen dort waren sehr um einen Nachzügler wie mich bemüht: selbst das Wasser, welches ich dort eigentlich nachkaufen wollte, wurde mir kostenlos aus dem Hahn aufgefüllt. Das nenne ich Service! Einen Stempel und wenige hundert Meter weiter stand ich um kurz vor 20 Uhr vor dem Kanuheim des ETV, um meine Kontrollkarte in den dafür vorgesehenen Briefkasten zu werfen. Ein schöner aber auch anstrengender Brevet lag hinter mir, als ich mich anschliessend wieder auf den Weg zum Hauptbahnhof machte. Dennoch freue ich mich bereits auf den nächsten 300er Brevet, weiß ich doch, dass Stefan auch dafür wieder eine tolle Strecke ausgekundschaftet haben wird. Man sieht sich.
Viele Grüße,
Morten