BRM 600 ARA Emsland: Die 8 von Lohne
Nach dem abgebrochenen 600er eine Woche zuvor hiess es in Sachen PBP Qualifikation nachsitzen in Lohne.
Der 600er dort wird in Form einer 8 ausgetragen, dass heisst nach 300km ist man wieder am Startort.
Das hat durchaus psychologische Vorteile, welche ich im aktuellen Fall gerne nutze, meine bisherige Brevetsaison war nicht nur durch den abgebrochenen 600er etwas 'schwierig'.
Ein ebenfalls extrem stürmischer 300er im März zum Flevopolder hart an der Zeitgrenze von 20 Stunden, dann ein 200er am Niederrhein mit Abflug in die Botanik und Test des neuen Verbandpäckchens.
Der 400er lief schon viel besser, trotz Höhenmetern auf der Tour zum Kannibalen standen am Ende unter 21 Stunden auf der Uhr. Aber auch hier ein ziemlich kapitaler Sturz, diesmal in der Nacht, zum Glück ausser blauen Flecken nichts passiert.
Nun also die 8 von Lohne. Die Strecke ist neu für mich, alle anderen Brevets des Standortes bin ich schon gefahren. Zusätziches Feature der 8 ist das Nudelessen nach halber Strecke im Startlokal.
Um dieses Nudelessen zeitlich zu schaffen (19-22 Uhr) hatte ich mir einen straffen Zeitplan gesetzt. Die erste Runde läuft flach durch das Emsland und die niederländischen Provinzen Groningen, Drenthe und Overijssel. Also weitestgehend flach bis auf ein paar kleine Höhenmeter in der Grafschaft Bentheim.
Drei Kontrollen waren vorgesehen, alle etwa im gleichen Abstand von ca. 75km. Start um 8:00 Uhr, ich hatte mir als Zeiten für die Kontrollen 11:00, 14:00 und 18:00 Uhr gesetzt, um spätestens gegen 21:00 Uhr zum Nudelessen wieder in Lohne zu sein. Für die zweite Runde hatte ich keinen Plan gemacht, einfach fahren wie es kommt mit den Höhenmetern im Osnabrücker Land und im Teuto.
Die Nacht vor dem Start war sehr regnerisch, wir haben allerdings Glück, dass es pünktlich zum Start zumindest mit der Regenmenge stark nachlässt. Nur noch ein bisschen Nieselregen, die Landschaft und die Straßen sind aber noch sehr nass.
In Lohne wird traditionell schnell in einer großen Gruppe gestartet. Neben René und mir starten noch Thomas aus Köln mit seiner Speedmachine per Liegerad, ein weiteres Liegerad habe ich am Start gesichtet, für den Rest des Brevets war aber von beiden nichts mehr zu sehen. Wir waren wohl zu schnell...
Es geht mit ca. 30 Sachen durch das nasse Emsland, schnurgerade Straßen meist ohne Radwege, viele Windräder. René und ich führen die große Gruppe an, um nicht hinten mit nassem Straßendreck beworfen zu werden. Auch im Emsland versucht man Straßen mit Split zu sanieren, wir fahren ein gutes Stück durch diesen Mist.
Das läuft alles sehr geschmeidig bis zur ersten P-Pause, RR-Fahrer brauchen sowas ja irgendwie nicht so oft, daher halte ich alleine an. Das wieder ranfahren an die Gruppe kostet echt Zeit und Mühe, der Tacho will auf mindestens 35 gehalten bleiben. Ich brettere an René und zwei RR-lern vorbei, die auch mal in die Sträucher müssen.
Am Ende des Feldes angekommen muss ich mich erstmal ausruhen, das Tempo liegt immer noch bei 30+, die ersten lassen abreissen.
Ich möchte noch bis zur K1 mit der Gruppe fahren, was auch gelingt. K1 in der Festung Bourtange ist ein schöner Ort, wir plündern die Kuchenvorräte der Gaststätte, es ist erst 10:30, da ist Zeit für sowas in meinem Zeitplan. René hat sich irgendwie an der Theke an mir vorbei gedrängelt und ist auch ohne Kaffe und Kuchen weiter. Egal, was zählt ist mein Zeitplan.
Ich fahre alleine weiter Richtung Groningen, es ist interessant, was die Niederländer so an Radwegen an ihre Autoschnellstraßen bauen. Incl. 'negativ'-Drempel gegen rasende Brom- und Snorfietsen. Würde mich mal interessieren, ob man mit einem Velomobil heile bei Fullspeed durch diese Bremskuhlen durchkommt. Leider habe ich da kein Bild von gemacht.
K2 ist an einer Tankstelle, ein paar Randonneure sind auch vor Ort, ich gönne mir eine Chocomel und einen Tandoori-Wrap zum Energienachschub, ich fahre immer noch zwischen 25 und 30 und möchte meine eigenen Vorräte schonen. Es ist noch längst nicht 14:00 Uhr, ich bin sehr gut in der Zeit.
Wir verlassen nun die Provinz Groningen und durchqueren einmal komplett Drenthe, es ist ganz nett hier, kleine Dörfchen und Städte mit tw. reetgedeckten Häusern, alles sehr gepflegt. Nicht alles ist hier aus Radfahrersicht Gold, man kann schonmal unvermittelt vor dem niederändischen Äquivalent zum deutschen VZ 254, Radfahren verboten landen.
Wenn man da mit 30km/h drauf zufährt ist es nicht immer einfach, den Weg der für Fahrräder gedacht ist so schnell zu entdecken. Ich habe das Zeichen zweimal ignorieren müssen, man wird dann auch gleich vom Kraftverkehr angehupt...
K3, wieder eine Tankstelle, mit angeschlossenem 'hier gibt es alles für den Gärtner, Hobbybaster, etc.' Laden. Ich genehmige mir ein Sandwich wieder mit Chocomel, an die an der Kasse hängenden Hartwürste traue ich mich nicht heran. Die Uhr sagt, dass ich weiterhin vor meinem Zeitplan liege. René ist auch vor Ort, fährt aber schon weiter, so dass ich die letzte Etappe bis zur Halbzeit weiter alleine fahre. Wir streifen kurz die Provinz Overijssel um wieder nach Deutschland zu gelangen. Dort warten die einzigen Höhenmeter auf der ersten Runde mit den Uelsener Bergen. Hier ist auch die bekannte Teststrecke 'Schutzstreifen ausserorts'. Die Niederländer verwenden das Konzept schon lange, allerdings meist immer in Kombination mit einer Tempo 60 Zone. Mal sehen, ob man von dem Test noch mal was hört. Mir begegnen auf dem Stück vielleicht zwei Autos... Das ist mit oder ohne Schutzstreifen so oder so kein Problem.
Um 20:20 Uhr erreiche ich nach 12:20 Stunden und 300km wieder Lohne und genehmige mir erstmal zwei alkoholfreie Weizen. René und ein kleiner Trupp sind auch schon vor Ort, ich wundere mich, wo die große schnelle Gruppe geblieben ist. Wir lassen es uns gut gehen bei Nudeln und noch mehr Bier, wir haben ja Zeit genug. Kalorien müssen nach der schnellen Fahrt aber sein, es gibt auf der zweiten Runde nur zwei Kontrollen zum Verpflegen.
Es ist noch recht hell als wir in die zweite Runde starten, ich hänge mich an René, die Nacht werden wir mehr oder weniger mit ein paar anderen Randonneuren zusammen fahren, speziell Hendrik und Tom treffen wir immer wieder und fahren zeitweise zusammen. Die Fahrt durch die Sommernacht in der Landkreisen Vechta und Osnabrück ist zauberhaft bei Mondenschein. Stellenweise kommt Nebel auf, ausser uns ist niemand auf den kleinen Straßen unterwegs, ganz selten mal ein Auto.
Zwischendurch gibt es die Gelegenheit an K5 (Autobahntankstelle an der A1) einen Kaffee zu nehmen und eine Runde zu quatschen.
Langsam kommen nun die versprochenen Höhenmeter nordöstlich von Osnabrück. Östlichster Punkt ist Herford, wo K6 in Form eines McDonalds auf uns wartet. Dann geht es Richtung Westen langsam in mein Heimatrevier. Das Profil der Landschaft hier bin ich gewohnt, es ist nicht so steil wie in Belgien, ausserdem sind meistens die Straßen auch besser.
Ob des Kalorienverbrauchs ist die Pause in der goldenen Möwe goldrichtig, mit Hunger kann man auch die FastFood Produkte essen. Nur das McCafe ist noch nicht wirklich in Betrieb, es soll wohl kalter Cappuccino ausgeschenkt worden sein, da verzichte ich lieber und halte mich an Cola.
Der Morgen graut nach dieser Pause auch schon wieder, es war eine kurze Nacht. Ich habe eine Müdigkeitsattacke und kann den Jungs incl. René nicht mehr folgen. Der eigenen Rhythmus regelt das und spätestens nach der Abfahrt nach Dissen bin ich wieder richtig wach. Zum Glück ist hier und in Bad Rothenfelde noch nichts los, es ist noch früh, aber schon sonnig und warm. Der Samstag war ja eher feuchtkühl mit Armlingen und langer Hose, das alles werfe ich jetzt ab und creme mich auch ein. Das klebt schön mit Schweiss und Dreck von 24 Stunden auf dem Rad.
Zwischen Hilter und Iburg drehe ich nochmal auf, es läuft super, ich erreiche mein Heimatrevier. In Holperdorp überholt mich eine Gruppe Holländer auf Rennrädern, das geht gar nicht auf meiner Hausrunde. Ich gebe alles und kann sie am nächsten Anstieg tatsächlich stellen, dann biegen sie leider in die andere Richtung ab. An der nächsten Rampe muss ich für meinen Übermut büssen, sowas macht man nicht nach 510km.
Hinter Leeden ist es dann vorbei mit den Höhenmetern, es wird wieder flach und das Geduldsspiel der letzten 50km beginnt. Ein Stückchen fahre ich mit Tom zusammen, der dann aber unbedingt ein Eis essen gehen muss. Es sei ihm gegönnt, ich möchte nur noch ankommen.
Die Radwege im Tecklenburger Land und im Emsland gehen mir ziemlich auf den Wecker, kaum 1m breit im Zweirichtungsverkehr. An sich fahre ich dann ja auf der Fahrbahn, aber ich bin alleine, müde und will meine Ruhe vor den Rasern auf der Strecke haben.
Es wird immer wärmer, was meiner Geduld nicht gut tut, aber so ist das ja eigentlich immer auf den letzten Kilometern, zäh bis zum geht nicht mehr. Ich blende die Restkilometer auf dem Garmin aus, schon besser, lieber die Landschaft und die Wärme geniessen. Einfach nur fahren.
Ich überquere den Dortmund-Ems Kanal und dann die Ems, jetzt kann es nicht mehr weit sein. Und richtig, da taucht auch schon das Atomkraftwerk Lingen am Horizont auf, jetzt noch durch den 'endlosen Wald' vor Lohne. Auch der ist mal zu Ende und um 13:20 am Sonntag Mittag bin ich im Ziel.
Im Cafe ist auch Betrieb, so dass ich mir noch ein Zielbier gönnen kann. Tom trifft auch ein, René geht eine Runde schlafen während ich direkt meine Sachen ins Auto packe und nach Hause fahre.
Fazit: Eine schöne Strecke mit zwei unterschiedlichen Runden die alles zeigen, was die Gegend zu bieten hat.
Endlich mal wieder ein völlig unkompliziertes Brevet-Erlebnis für mich, schnellster 600er bisher mit 29:20 Gesamtzeit und 24:36 reine Fahrtzeit, Schnitt dank der Raserei im ersten Drittel: 24,7km/h bei knapp 2000hm die zu ca. 90% aus der zweiten Runde stammen.
Jetzt freue ich mich auf Paris,
Thomas