AW: schwach am Berg
Hallo!
Jetzt hat es mich auch erwischt ... ich war schwach.
Dienstag nach Ostern bin ich von einem schmerzhaften Knie geweckt worden. Ohne jede Vorankündigung, Schleimbeutelentzündung. Wahrscheinlich ein bakterielle Infektion durch ein trockene Hautstelle, so vermuten die Ärzte und die Medikamente haben auch drauf angesprochen.
Also wochenlange kein bis mäßiges Radfahren.
Da ich keine Rennen mehr fahre wollte ich mir aber wenigstens die RTFs vor der Haustür "gönnen". Leider gleich zwei an aufeinanderfolgenden Tagen. Das Wetter war super und ich bin mit der Vorgabe nie über Puls 140 (77%) losgefahren. Es lief super und ich habe mich unterwegs entschlossen sogar noch die längere Schleife zur fahren. Also 20km Anreise und 105 statt 75, macht 145, davon 30 durch den Teutoburger Wald (lange Schleife) mit vielen "spitzen" Steigungen ohne Anlauf und mit Abfahrten die meist stark gebremst gefahren wurden, wegen dem schlechten Untergrund und schlecht einsehbaren Bauernschaftswegen. Da ich 10min zu spät war hat es bis zu den Hügeln gedauert, die schnellen Jungs einzuholen. Meine Vorgabe war ja auch die Pulsgrenze von 140. Mit gut 30 Fahrern ging es dann ans Eingemachte. Bergauf waren die 140 natürlich illusorisch, ich hatte ja nur 39 auf 21 dabei ( an 559). Da ich mich aber so gut wie möglich an die 140 halten wollte, kamen auch gleich die ersten blöden Bermerkungen von überholenden RRlern. An der letzten Steigung waren aber nur noch 3 RRler vor mir, oben dann nur noch zwei. Die beiden zu kriegen hat dann aber auch in der Ebene noch gut 20km gedauert (140er Vorgabe). Wir sind dann nett zusammen zu Ende gefahren. Das war eine schöne Ründe und ich sehr zufrieden mit meiner Disziplin und dass ich trotzdem noch soweit nach vorn gefahren bin. Prima Generalprobe für den Marathon man folgenden Tag.
Am Sonntag dann 7:00 auf die 215km. Vorgabe, die ersten 3h wie Tags zuvor, bloß nicht am Anfang gleich alle Körner verschießen. Also mit den schnellen Jungs (30-35 Fahrer) einrollen. Nach zehn Kilometern läuft es so gut, dass ich mich zwangsläufig absetze, was ich ja gar nicht wollte. Hinter mir wurde man sich aber schnell einig und fuhr dann ebenfalls 38-40km/h gegen den Wind. Ich reihte mich ganz hinten ein, um nicht zu stören und genoss die gut 20 gesparten Pulsschläge. Hinten zu fahren bedeutet allerdings auch am Ende des Gummibandes zu sein. Die RTFs gehen hier, vor allem zu Anfang über "Pättkes", verwinkelte Bauernschaftswegen mit Oberflächen, bei denen man sich unwillkürlich auf ein MTB wünscht. Das ist für die Leute die nur eine kleine Schleife fahren natürlich viel attraktiver als immer nur Landstraße Kilometer fressen, für die schnellen Fahrer ist das aber fast so selektiv wie berghoch. Damit bin ich wieder am Ende des Gummibandes. Die RRler haben nämlich eine anderen Fahrstil als ich. Vor jeder Kurve wird auf 12-15 km/h runtergebremst, um dann wieder auf 30+ zu beschleunigen und an Kurven mangelte es wahrlich nicht. Dieser Gummibandeffekt kam fast einem Intervalltraining gleich. Ich hatte aber meinen Puls im Auge und wusste das die Strecke nach 60-70km besser wird. Dort startet ich dann ein paar Attacken, bis wir nur noch zu 12 waren. Vor den Baumbergen war ich dann allein. Ich lief noch auf einen schnellen Frühstarter auf. Ich merkte aber schon auf den kleine Wellen dorthin, die ich gut kenne, dass es mir schwer fiel das Tempo zu halten. Am letzten Kontrollpunkt vor den Baumbergen liefen dann auch wieder 5 altbekannte Mitstreiter auf. Es dauert dann noch gut 6km bis zur ersten richtigen Steigung. Da deutete sich bereits mein "aus" an. Das Ding ist echt giftig und mit meiner Übersetzung bleiben am Schluß meist nur noch 43-45 Kurbelumdrehungen über. Diesmal waren es 33!... Aua. Erstaunlich das trotzdem nur ein RRler an mir vorbeikam. Das machte doch noch Hoffnung. Oben wo die Steigung wieder flacher wurde, hatte ich keine Problem mehr. Dennoch war irgendwo dort meine letzte Kraft verbraucht. 10 - 15 km konnte ich noch mithalten und weitere 10-15 km war es ein hin und her. Ich hatte die 5 immer auf Sichtweite und kam auch immer wieder ran. Aber es wurde immer mühsamer. An einer Schranke die die andern gerade noch passieren konnten ich aber nicht mehr, war meine Motivation dahin. Ich konnte Sie immer noch vor mir sehen, wusste aber auch dass spätestens am Schöppinger Berg für mich Feierabend ist.
Ich entschloss mich die Runde abzubrechen. Nach eine Pinkelpause ging dann gar nichts mehr. Selbst bergab war mühsam. Der Puls auf 120 einbetoniert. In dem Zustand hätte ich jedes Hollandrad fürchten müssen. Es hat gut 30km gedauert, bis man wieder von flüssigem Fahren sprechen konnte. Jede noch so kleine Welle hat mich gebremst. Erstaunlich fand ich, dass der Puls nicht mehr zu bewegen war. Ich bin auch Steigungen von 50 HM noch hochgekommen, aber im Schneckentempo. Druck aufzubauen war nicht möglich. Schlussendlich hatte ich eine Schnitt von 34,2 bei einem Pulsdurchschnitt von 141 und einem absoluten Erschöpfungsgefühl.
Vielleicht habe ich zuwenig gegessen (3900kcal habe ich verbraucht), obwohl ich das wie immer gemacht habe. Vielleicht, waren zwei Tage doch zuviel? Vielleicht war das auch die Quittung für die vielen "zwischensprints" zu Anfang. Wahrscheinlich. Alles zusammen, einfach zuviel.
Was ich aber eigentlich sagen will. Am Berg hab ich doch noch erstaunlich gut ausgesehen. Dennoch musste ich im hügeligen Gelände abreißen lassen, was mir früher nicht passiert ist. Meine Quintessenz, die ich eigentlich kenne, aber selber lange nicht mehr in der Härte erleben musste, schießt man einmal übers Ziel hinaus, war es das. Und am Berg passiert das den meisten sicher eher als im Flachen. Das wird da auf der Liege noch verstärkt, weil man sich , wegen der guten Aerodynamik, vielleicht zu oft als der Stärkere empfindet. Am Berg sieht man dann wer wirklich besser trainiert ist.
Wie ich an anderer Stelle schon schrieb, mit 15000 Liegeradkilometern und RazzFazz ist mir auch am Berg keiner mehr weggefahren, schon gar nicht wenn es eine Anfahrt gab und mein eigener Vergleich RazzFazz gegen gleichschweres MTB mit Slicks auf gut 400 HM war auch eindeutig. An spitzen kurzen Steigungen hat man halt kaum ne Chance. Wenn man in ner Gegend wohnt, wo es nur so läuft, ist die Liege vermutlich nicht erste Wahl, aber wer würde auf ner Alm ohne geteerte Wege nem Rennrad den Vorzug geben, da sticht wohl eher das MTB.
Liegen sind super für flaches und welliges Gelände und man kommt damit auch hohe Berg hoch, dafür sind sie aber vielleicht nicht allererste Wahl ... So what?
Tschüss
Jörg Basler