Die Handy-Liebhaber
(Für uns Realität, für andere ein Witz)
Wer kein Smartphone besitzt, weint vermutlich auch der Postkutsche noch nach!?
Doch PedaloScor123 führen gute Gründe auf, warum sie keinen Mini-Computer mit Telefon-Funktion haben, sondern lieber mit der Mutter aller Handys unterwegs ist: dem Original-Nokia 3710.
Unser Handy und wir sind etwas zurückgeblieben. Es ist ein uraltes
Nokia 3710, man kann damit telefonieren und sonst nicht viel, und genauso wollen wir es haben. Wenn es zur allgemeinen Bürgerpflicht wird, ein Smartphone zu besitzen, dann wandern wir aus.
Smartphones halten wir für mobile Scheuklappen. Sie sind unhandlich, machen nervige Geräusche, dürfen nicht runterfallen. Dauernd müssen sie am Ladekabel gepäppelt werden, pausenlos wollen sie Aufmerksamkeit. Am Ende bestimmen sie das ganze Leben. Derweil zieht draußen das Wetter mit Sonne oder Regen in die Landschaft – und niemand guckt hin.
Smartphones lenken vom echten Leben ab!
Trotz aller Nachrichten-Apps lenken Smartphones vom Weltgeschehen ab. In der Fußgängerzone kollidieren regelmäßig entrückte Touchscreen-Wischer, das Whatsapp-Plingen zerstückelt persönliche Gespräche ("Ich muss dem mal kurz zurückschreiben") und im Kino kann man live mitverfolgen, wie der Sitznachbar sich im Online-Shop für ein Paar „Budapester“ entscheidet. Sobald sich der leiseste Hauch von Langeweile ankündigt, ist das Smartphone einsatzbereit.
Dabei finden wir Langeweile auch mal ganz heilsam, als Ausgleich zum Beschäftigungswahn des digitalen Zeitalters. Eine halbe Stunde versunken aus dem Busfenster zu starren, kann meditativ sein, wenn nicht gerade ein Junggesellenabschied im selben Bus gastiert. Und selbst wenn, ist das womöglich unterhaltsamer, als sich mit der YouTube-App Videos von besoffenen Gabelstaplerfahrern anzuschauen. Wer chronisch am Smartphone klebt, verpasst den Moment.
Unser Handy ist Alltag, nicht Kunst!
Unser Handy ist langweilig. Es kann keine Kunststücke. Es ist ein Gebrauchsgegenstand, und zu mehr soll es in unserem Leben auch nicht werden. Wenn es klingelt, gehen wir vielleicht dran. Wenn wir anrufen wollen, rufen wir an. Den Rest der Zeit lassen wir es in irgendeiner Tasche. Da stört es nicht, und da stört es auch andere nicht. Das schätzen wir sehr an ihm.
Nach heutigen Maßstäben sind wir schlecht erreichbar. Wir können während einer Radltour keine E-Mails lesen. Wir brauchen unterwegs nicht mit Facebook-Stickern kommunizieren, sondern nur mit rudimentären Steinzeit-Smileys. Man kann uns keine kostenlosen WathsApp-Nachrichten schicken, nur teure SMS. Warum kaufen wir uns nicht endlich zwei Smartphones?
Den anderen sind wir suspekt!
Ganz einfach: Weil wir nicht wollen. Der soziale Druck, der bei der ganzen Angelegenheit mitschwingt, ist uns suspekt. Die Fremdbestimmtheit, auf die man sich mit Anschaffung eines Smartphones einlässt, klingt schon subtil in gewissen Formulierungen an. "Ich muss dem mal kurz zurückschreiben." Ja, warum denn eigentlich? Wer zwingt dich dazu?
Von Smartphonebesitzern wird erwartet, dass sie jederzeit über sämtliche Kanäle erreichbar sind. Diese Erwartungshaltung finden wir ungesund, digitales Zeitalter hin oder her. Also sperren wir uns dagegen, so gut wir das können. Und pflegen weiter unser kommunikationstechnisches Handycap.
"Euer Ernst?", hat neulich jemand gefragt, als wir das Nokia, in der Herbstsonne am Biergartentisch zum Telefonieren ausgepackt haben.
Ich habe genickt. „Unser Ernst!“
„Gut gebrüllt Löwe!“
Alle Vor- und Nachteile des Smartphones sind eigentlich schon in den Werbungen dafür aufgeführt. Was uns am Smartphone besonders stört ist, dass die Benutzer sich ungeniert öffentliche Räume für ihre persönlichen Dinge ganz selbstverständlich zu eigen machen. Wenn wir uns in öffentlichen Räumen, sei es in Bus oder Bahn, Gaststätten, Behörden, Bahnhofshallen etc. aufhalten, möchte wir einfach nicht durch Gelabere der Smartphonenutzer gestört werden. Und selbst wenn der Handwerker in seiner Firma anruft, um an Informationen zu gelangen hat er ganz einfach den Raum zu verlassen. Es ist schon richtig gesagt, dass die Nutzer das eigentliche Problem darstellen. Denen fehlt eine Rückbesinnung auf die wichtigen Dinge des Lebens.
Uns hat sich‘s einfach noch nicht erschlossen, dass ein Smartphone so wichtig sein soll, dass wir es uns anschaffen müssten.
Unser Leben funktioniert auch ohne Schmierfon sehr gut – kein Witz!
Grüße, Pedalo