Wintertauglichkeit von Velomobilen, Schwerpunkt Schneehöhe, Anlaufen der Scheiben

Ich fahre hier in der Schweiz ganzjährig seit 2011 meinen Sunrider (erstes Modell). Ich habe ihn selbst mit Elektrounterstützung bis 30km/h (Hinterradmotor) ausgestattet und vom Strassenverkehrsamt eine Zulassung erhalten. Mein Arbeitsweg beträgt ca. 25km in eine Richtung.

Im Winter fahre ich ausschliesslich Schwalbe Marathon Winter Spike Reifen. Bei Glatteis habe ich damit gar keine Probleme. Ich bin immer wieder mal am frühen Morgen unterwegs, nach Regen am vorabend. Die Spikes an den Vorderrädern graben sich beim Bremsen in das Eis. Die Spikes hinten halten die Spur stabil. Meine einzige Sorge ist mein banger Blick in den Rückspiegel, da ich weiss, dass ein Auto hinter mir keine Chance hätte mit meinem Bremsweg mitzuhalten. :oops: Auch die Traktion beim Anfahren ist problemlos.

Einziger Nachteil der Marathon Winter Spikereifen ist, dass sie sich mit der Zeit selbst beschädigen.:LOL: Gerade bei den Seitenführungskräften eines Velomobils sind auch bei guter Spureinstellung die Vorderreifen recht belastet. Mit der Zeit (insbesondere gegen Ende der Saison) haben sich dann die kleinen Metallplatten am Fusse der Spikes durch den Pannenschutz des Reifens gearbeitet. Dann wird der Schlauch geklemmt und es entstehen derart grosse Beschädigungen, dass auch mit Pannenspray oder Dichtmilch nichts mehr zu machen ist. Da hilft dann nur noch Spike entfernen und Schlauchwechsel bei winterlichen Bedingungen. Wer das mal gemacht hat und versucht hat tiefgekühlte Drahtreifen mit klammen Fingern von der Felge zu bekommen, weiss, dass das kein Vergnügen ist. Ich hoffe da sehr auf die "unplattbaren" neuen Schwalbe Marathon Winter Plus. Ob es die Spikes schaffen, sich durch 5mm Kautschuk zu arbeiten, werden wir sehen.

Ich fahre den Sunrider mit Versatile Dach und Kask Helm mit Vollvisier und Brille darunter. Beschlagsprobleme bei langsamer Fahrt mit Motorunterstützung sind nicht gegeben. Der Sunrider ist für mich aber auch Sportgerät. Auf der Heimfahrt bin ich grossteils mit über 30 km/h und damit ohne Motorunterstützung unterwegs. Da komme ich bei dem schweren Fahrzeug richtig ins Schwitzen. Gerade bei feuchter Witterung muss ich dann 1-2 mal stehen bleiben und mit Brillenputztuch das Wasser von Brille und Helmvisier entfernen und das Gesicht trocknen.

Leichter Schneefall ist ebenfalls problemlos. Die Wintermischung der Reifen in Kombination mit den Spikes greifen gut. Das Fahrzeug zieht (meist schwarze) Spuren durch den Schnee. Ausserdem kann ich meinen Motor über einen Regler beliebig in der Leistung begrenzen. Das ist sehr hilfreich, um auch bei schwierigen Bedingungen nicht mit zu hohem Drehmoment anfahren zu müssen. Wenn das Fahrzeug dann mal rollt geht es gut. Ich musste noch nie schieben obwohl ich im Winter extra hohe wasserfeste MTB-Schuhe fahre und sogar ein paar Schuhschneeketten zum überziehen mitführe. Mein weiss ja nie.:unsure:

Die wenigen Tage, wo heftiger Schnefall angesagt ist bleibt der Sunrider zuhause und ich fahre Zug. Hier in der Schweiz geht das sehr gut. Bei mehr als ein paar Zentimetern Schneehöhe und den teilweise ausgeprägten Steigungen auf meiner Strecke kann ich mir nicht vorstellen, die nötige Traktion hinzubekommen. Ausserdem schieben die Schneepflüge die Auffahrten zu den Radwegen zu und auf der Strasse mit den Spurrillen der Autos wird es wohl auch nicht lustig. Aber das sind maximal 5-10 Tage im Jahr von denen wir hier sprechen. In meiner Gegegend werden die Radwege zügig geräumt. Manchmal gibt es auch Bereiche, die nicht gut geräumt sind und wo die Reste vom Schnee am Radweg vereisen. Für Einspurer eine echte Herausforderung. Im Velomobil mit Spikereifen ein wenig "Gerumpel". (Mein Sunrider ist vollgefedert und hinten fahre ich einen hochklassigen DT Swiss Öl-Luftdämpfer der für ausgezeichnete Bodenhaftung sorgt.)

Bei unter -10 Grad bin ich bisher auch zu hause geblieben. Vom Fahren her ginge es gut, aber wie es bei einer Reifenpanne wäre, möchte ich nicht ausprobieren. Ach ja: Eine zusätzliche leichte Winterjacke führe ich immer im Gepäck mit. Bei Pannen im Winter ist die eher dünne Kleidung im Velomobil alleine nicht ausreichend. Und einen Liter heissen Tee im Trinkbeutel kann ich auch empfehlen.;)

Soweit meine Erfahrungen im Winter. Mit den Besonderheiten eines motorisierten Velomobils und den Herausforderungen einer nicht flachen Strecke in der Schweiz gegebenenfalls nicht einfach auf andere Verhältnisse übertragbar.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben Unten