AW: Selbstbaureifen
Hallo Patrick,
Nein die "Latexmilch" die man zum giessen von Gummiteilen, Luftbalons u.Ae. hernimmt geht da nicht, das Zeug waehre dann wie Kaugummi und muesste vulkanisiert werden, das macht man heute bei den "vulkanisierten Reifen", nimmt aber statt Naturlatex, Butyl(Buna) ... um diesen Kaugummi zwischen die Faeden zu bekommen muss der Cord verwebt werden, zwar nur lose, aber die Kreuzungstellen scheuern trotzdem spaeter bei jeder Walkbewegung und die Lebensdauer der Karkasse ist darum begrenzt. Um den Gummi in den vorkonfelktionierten Reifencord zu bekommen benoetigt man gewaltige Maschienen sogenannte "Kalander" das sind beheitzte Walzenstühle mehrfach mannshoch und zig Meter lang ....
In der Handfertigung nimmt man klare Gummiloesung, man kann aber auch "Amonikalische Gummiloesung" nehmen die ist im Gegensatz zum Latex keine teigigen Masse sondern weiss und duennfluessig wie Milch, ich selber nehme sie fuer Karkassenreperaturen oder Umbauten wenn ich ausreichend Zeit habe, weil die "Nitroverduennung" in der Klaren (schnelleres arbeiten erlaubende) Gummiloesung mitunter Syrol und Tuolol enthaelt, und man besser damit unter Abluft arbeitet, oder einen Atenschutz tragt ...
[2]: das ist ja noch kein Cord, Cord ist ein Gewebe. Hier geht es um den Zwirn zum Wickeln. Ich würde es gern mit einem Mischzwirn aus Baumwolle und Seide versuchen - so ich denn soetwas bekomme - Seide allein soll schlecht "kleben" - Der Zwirn sollte nicht beschichtet sein (Paraffin o.ä.), entstaubt, gesengt ("entfusselt") wieviele TPI Du schaffst ist abhängig von der Stärke des Zwirns, der sollte möglichst dünn sein, also TEX möglichst klein
Cord ist ein Gespinnst, da sind Garnen nocheinmal miteinander verseilt, Zwirn hat einen sogenannten "Z-Schlag" Cord hat einen sogenannten "S-Schlag"
Beim Zwirn drehen sich die Garne und die Verseilspindel in die gleiche Richtung und der Faden ist Weich hat einen gewissen Reck, beim Cord drehensich Garne und Verseilspindel Gegeneinander und das Produkt ist hartes Reckarmes drahtaehnliches Gespinnst. So ist z.B. Kloeppelgarn ein Zwirn, und der sperrige steife Stern-Zwirn eigendlich kein Zwirn, sondern ein Cord.
Der Stern-Zwirn, hat auch etwa das richtige Mass fuer 200Tpi in einer Lage ... Paul verarbeitete in etwa soetwas ...
Nein Mischfasergarne bringen keine Punkte.
Man kann auch recht brauchbare Reifen aus reinem Baumwollcord machen, bis in die 50er Jahre nahm nan aber, besonders fuer die Rennreifen, die wesendlich robusteren Leinengarne. Die sind auch von der Festigkeit und Daempfung ganz optimal, und brauchen gar keine Beimischungen, und erlauben auch mehr Tpi als reine Baumwolle.
Baumwolle war eher ein Ersatz, sehr preiswert, und spaeter uieberhaupt, da einfach niemand mehr die nowendigen Mengen davon aunbauen oder herstellen wollte.
Baumwolle ist nicht ganz so fest, und die Daempfung ist etwas groesser als unbedingt notwendig aber fuer Strassenreifen hat man das auch ganz gern.
Preiswerte Leichtlaufreifen erhalten eine Beimischung von frueher war es Acezat-Seide, heute ist es Nylon, oder bei besonders hochwertigen hochdruckfesten Reifen Aramid(kevlar)garn. Je mehr Nylon, um so billiger wird der Reifen, und um so weniger gut daempft er. Mehr Aramid, oder (Natur(Roh))Seide, bringt mehr Druckfestigkeit und besseren Leichtlauf ohne die Daempfung zu stark zu verringern, der Reifen wird auch leichter, aber eben auch erheblich teurer.
Unbeschwerte Rohseide klebt sich sehr gut, frueher wurden die Gasbalone aus gummiertem Seidentaft gefertigt, erst wenn die Seide mit Metallsalzen und einer besonderen Schlichte kuestlich aufgequollen wird .. wird sie schwer benetzbar. Nylon(multifil Mikrofaser) laesst sich dagegen recht brauchbar mit Gummiloesung benetzen. Aber da nur wenige Faeden beigelegt werden bleibt die Ueberwiegende Klebeflaeche eh bei der Baumwolle.
Paul Rinkowski wickelte seine Reifen nicht mit einem einzelnen Faden, sondern verwendete, wie die Profis, ein sogenanntes Spulengatter ... in dem sich 4Faeden Baumwolle neben 1 Faden Dederon(Nylon), 4Faeden Baumwolle und 1Faden Kunstseide, und 1 Faden Baumwolle nebeneinander wickelten, so kam er auf eine sehr gut laufende Fadenmischung, allerdings zogen sich die Faeden Zikzack durch seine Garage, es war ein Monstroeses Gebilde, in seinem Nachlass gibt es auch noch Bilder davon ... Er hat auch mit anderen Mischungen gearbeitet aber da muesstest Du in seinem Nachlass forschen.
Fuer "DIY-Reifen sollte ein reiner Baumwollcord wohl das Mittel der Wahl sein, wichtig ist das er gewaschen und gesengt ist, also die Schlichte raus, und die Fusseln wegen der Gesundheitsgefahr durch lungengaengige Fasern, die von den ungeschlichteten Garnen ausgehen koennen .... weggebrannt sind.
Wenn man unbehandelten Cord nimmt, was sehr gut geht, ist Atemschutz sehr zu empfehlen. Besonders wenn man Kevlar mit verarbeiten will ist das ein Muss, wie bei Carbonfasern, ist das Zeug ungeschlichtet gefaehrlich wie Asbest.
zu [3]: probieren wie es vom Zwirn aufgenommen wird, evtl den Zwirn über röllchen durch die Milch tauchen und abstreifen lassen, vor dem Wickeln
Bei Handgespulten Reifen macht das ein den Faden begleitender Pinsel in einer geschickten Frauenhand und hauchzahrt und nur dort wo sich die Faeden spaeter auf dem Wickel beruehren, diese Arbeit erfordert, wenn im Akkord mit hohem Tempo gewickelt wird, hoechste Konzentration und allergrosste Fingerfertigkeit.
Bei den weniger aufwendigen (Trainings)Reifen wird "trocken" gewickelt und der Wickel ja sowieso spaeter 3x duenn mit Gummiloesung eingepinselt(gesprueht)wird. Der Faden sollte vorher nicht getraenkt werden. Da spaeter beim Umschlagen die "gumierten" Seiten aufeinander liegen(kleben), (man kann italienisch 1x umschlagen, oder Deutsch 2x, oder Continental, d.h. 2x aber nur bis knapp ueber die Mitte; Italienisch ergibt die besten Reifen) verkleben die Faeden nur an den Kreuzungspunkten. woanders wird die Gummiloesung ja nicht benoetigt, und sie wuerde auch nur den Walkwiderstand und das Gewicht der Karkasse vergroessern.
Je sparsamer mit der Gummiloesung gearbeitet wir, um so leichter laeuft spaeter der Reifen, je sorgfaeltiger und gleichmaessiger die Oberflaeche der Garne benetzt wurde, um so haltbarer wird der Reifen ... es gilt das richtige Mass zu finden.
[4]: Das Pannenschutzband liegt auf der gegenseite der Lauffläche, es sollte ein möglichst dichtes, reiß- und schnittfestes gewebe sein -> Seide, Nylon, Kevlar (Achtung, keine scharfen Kanten durch z.B. Heißschneiden des Nylons
Einfach nuer rundrum ausfranzen, und in der Mitte mit einem duennen (getrichelten) Strich Gummiloesung anheften und spaeter direkt vor dem zunaehen gut talkumieren.
[5]: inneres Nahtschutzband würde ich aus Baumwolle machen. Etwas das nicht ausfranst, also keinen Schnipsel aus einem Tuch. Bei den Kurzwaren gibt es solche Baumwollbänder in verschiedenen Breiten
Eigendlich ist es nicht unbedingt notwendig, wenn man hochqualifiziertesualifiziertes Personal an der Naehmaschine hat oder von Hand zunaehen kann.
Wenn vorhanden, ist es einfaches "Hosen-Naht-Band" aus Baumwolle. Die Juniores haben in der preiswertesten 220Tpi Cotton-Version keins, die besseren mit Kevlar haben eins ...
zu [6]: Quasi mit zwei Fäden die Naht gegenläufig umwickeln, wobei die Fäden innen (beim Schlauch) quer zur Fortschrittsrichtung liegen und sich außen kreuzen
Hmmm .... nein ... es sind 2Stiche ... wie beim zunaehen der Fussbaelle in der letzten (Hand)Naht nach dem umkrempeln ...
Einmal Kreuz da liegen die Faeden innen quer, und dann mit der 2.Nadel da liegen die Faeden innen laengs und aussen quer ... und immer mit 2Faeden(2Faden-Naehmaschienenstich).
zu [7]: ? ich machs wohl von Hand
Da gibt fuer sowas zwar Spezialmaschinen, mit liegenden Doppelnadeln ... aber ich mache das auch mit der Hand und einem gewoehnlichem Naeh-Ort.
Fuers Fahrradflickzeug habe ich mir aus einem 10mm Hartholzduebel, mit einen 1mm Loch fuer den Faden, und einer eingesetzten Sattlernaehmaschinen-Nadel., eine Miniversion davon gebastelt, aber in der Werkstatt, nehme ich das "Handliche" aus dem Segelmacher-bedarf.
zu [9]: Protektor von einem vulkanisierten Gummiband, wenn ich Matthias richtg verstanden habe.
Ja Paul verwendete Foerderbandgummi, den gibt es in verschiedensten Breiten und Staerken, als (kilo)Meterware, der ist in der Gummimischung abriebarm und reibungsoptimiert und hat, wenn man das will, schon ein feines Diamant-Profil ....
Der wird spaeter mit Gummikleber, auf die fertige Karkasse geklebt.
Allerdings, bevor das geschieht, erhaelt der Reifen aussen, sein Finnisch ... dafuer wird mit Keide, manchmal auch mit Russ "Gefuellte Gummiloesung", die Mit Keide gefuellte ist die Zaehfluessige, Gelbe, aus dem Schuhmacherbedarf ... es gibt sie aber auch in Schwarz.
Natuerlich kann man auch klare oder amoniakalische Gummiloesung dafuer hernehmen, es ist halt eher eine Frage des Preises.
Da wird vorsichtig, ohne die komplette Karkasse zu traenken, 3x Gummiloesung aufgestrichen(gesprueht) bis sich ein dichter geschlossener Film, sozusagen eine Gummihaut gebildet hat.
mfG
Matthias
PS.
spannender wird's, das Richtige Maß zu treffen
Man sollte von einem "Reck" von 3-4% ausgehen, aber das aendert sich bei jeder Reifengroesse, und je nach verwendeter Fadenmischung, und ist bei den Herstellern ein hartnaeckig gehuetetes Geheimniss .... d.s.h. es muss halt experimentell ermittelt werden.