Ich schreibe mal noch ein paar zusätzliche Details zu den legendären Radialreifen.
Beim Shell-Eco-Marathon gibt es zwei Fahrzeugklassen. Michelin hat für beide Fahrzeugklassen Rekordreifen entwickelt.
Das sind für die Prototype-Klasse (Velomobilgröße) die beiden blauen Reifen "Blue Flange" 44-406 und 35-406 und der Radialreifen 45/75R16.
Für die größeren Fahrzeuge der Urban-Concept-Klasse wurde der 95/80R16 Radialreifen entwickelt.
Der große 95/80R16 ist nicht so empfindlich. Der kleine Radialreifen hat, wie schon geschrieben, eine extrem dünne Lauffläche aus sehr weichem Gummi. Schon eine stärkere Bremsung ohne Blockieren des Rades beschädigt den Reifen. Unter der Lauffläche liegen direkt die sehr dünnen Fäden der Gürtellage. Sind diese beschädigt, z.B. durch Steinchen oder Bremsplatten, kann der Reifen platzen. Außerdem steigt dadurch der Rollwiderstand. Auch das Gummi der Seitenwand ist sehr weich.
Zum Bleistift: Sehr geringe Seitenführung und ein erhöhtes Gewicht
. Die Michelin Radial-Reifen wogen über 700gr.
und hatten eine Lebensdauer für ein bis zwei Rennen
. Für den Straßenalltag nicht zu gebrauchen. Baut man wieder einen entsprechenden Pannenschutz ein, sieht es in Hinblick auf den Rollwiderstand zappenduster aus
.
[...]
Von den Michelins gab es zwei Versionen. Die neuere wiegt ca. 600 g. Die ältere wiegt nur ca. 400 g.
Die ältere Version wird von mindestens einem Top-Team beim Eco-Marathon immer noch gefahren. Gerüchteweise soll sie besser rollen.
Die ältere Version stammt aus einer anderen Form. Sie hat keinerlei Beschriftung, nur einen weißen Aufdruck "michelin radial".
Die neuere Version hat umfangreiche eingeprägte Beschriftungen (Marke, Reifendimension, "for competition purpose only", Datumscode), aber keinen Aufdruck.
Die neuere Version enthält allein ca 130 g (berechnet) Stahlseil in den beiden Drahtwülsten. Eventuell ist das wegen des sehr hohen Nenndrucks nötig. Die Stahlseile sind aus verdrilltem Draht (ein zentraler Draht mit Durchmesser 1,5 mm, darum herum sechs dünnere Drähte mit 1,0 mm).
Wir hatten vor einigen Jahren noch die Radial Reifen von Michelin für Rekordfahrten vertrieben. Die waren schon sehr gut, aber mit 38mm auch sehr breit und schwerer als vergleichbar breite Reifen. Zudem waren sie sehr teuer. Die Produktion wurde 2010 eingestellt, glaube ich. Sie waren dann noch bis ca. 2014 verfügbar.
Radialreifen haben auch ihre Nachteile. Es ist sicher keine Weltverschwörung, dass reine Radialreifen fürs Fahrrad bis heute nicht in großen Stückzahlen gefertigt werden.
Die neuere Version des Reifens ist nicht nur mit 45/75 R16 beschriftet, sondern auch tatsächlich ca 45 mm breit. Im Unterschied zu Fahrradreifen ändert sich die Reifenbreite auf unterschiedlichen Felgen kaum. Um ihn auf 38 mm runterzukriegen, müsste man ihn auf eine viel zu schmale Felge zwingen (Rennradfelge?). Dann erhöht sich der Rollwiderstand vermutlich stark. Die Nennfelge ist eine Mopedfelge mit 34mm Innenbreite. Auf der 406x25C Alienation-Felge ("Ginkgo Disc") läuft der Reifen schon messbar schlechter als auf breiten Lastenradfelgen, ist aber kaum schmaler.
Die 38 mm beziehen sich vielleicht auf die ältere Version.
[...] Man muss ja auch sagen, dass der Michelin Radialreifen um 2003/2004 in einer Charge gebaut wurde. [...]
Laut dem Buch "The world's most fuel efficient vehicle" wurde der Reifen 1997 entwickelt und wiegt 400g. Dort wird auch der vielzitierte Rollwiderstandsbeiwert von 0,00081 erwähnt. Er stammt angeblich von Michelin und wurde mit 6 bar (vermutlich tubeless) auf einer Trommel mit 8,5 m Umfang bei 35 km/h und 500 N Auflast gemessen.
Die neuere Version wurde mindestens 2009, 2010, 2011 (zwei Chargen mit unterschiedlichem Datumscode), 2013, 2015, 2016 und 2017 produziert.
Danke für das Foto. Das ist für mich sehr aufschlussreich.
Sieht erst mal aus wie ein Autoreifen.
Das Entscheidende, was ich aus dem Bild ablesen kann, ist dass er einen Gürtel hat, erkennbar an der abgeplatteten Außenseite. Und zwar keinen 0° Gürtel wie beim Formel 1 Wagen, sonst wäre der Reifen außen zylindrisch. Etwa 10-20° im Bezug zur Fahrtrichtung. Also eigentlich einen Ringkowski!
[...]
Die Lauffläche ist aufgepumpt tatsächlich nicht exakt zylindrisch. Im werde nochmal nachschauen, in welchem Winkel die Gürtellage eingebaut ist, ich gehe von 0° aus.