LR Kurzlieger Eigenbau-Bericht

AW: Kurzlieger Eigenbau Bericht

Erstmal: ich find es gut, daß Du Deine Erfahrung beim Bau hier mit uns teilst. Das erste Tief-LR (à la Matt Weaver), welches ich zusammen mit einem Freund zusammengebraten hatte, war komplett aus Schrott und verzinkten Stahlrohren 50x3(!) aus einem alten Sofa, der Sitz war aus der Sperrholzunterbau-Schale eines alten Chefsessels... - und wog gut über 20 kg, und das in den südlichen Ausläufern der Hallertau... so gesehen bist du mit deinem (sogar ordentlich lackierten) Erstversuch sehr hoch eingestiegen.

Und ich bin froh daß das Ding keiner mehr kennt (und es kein Foto davon gibt) weil sonst wäre ich hier tiefer versenkt worden wie ein gewisser Hersteller von Mangohauben... ;) ! Aber gerade weil es Schrott war/ist, und auf Optik so gar kein Wert gelegt wurde war es auch praktisch zum Erfahrung sammeln: Fahrzeug ist unruhig, anderer Gabelwinkel gefällig? -> Winkelschleifer, anders wieder anbraten, fertig, ausprobieren! Eine "fahrbare Skizze" halt! Das bringt dann Erfahrung. Und die muß jeder für sich selbst machen.

Bevor ich mit dem Bau begann, habe ich nie ein LR live gesehen, geschweige denn drauf gesessen. Ich mag es, ins Blaue zu konstruieren, so Dinge wie Probemodelle zum Erfahrung sammeln o. Ä. finde ich schrecklich. Beim Bauen zu sehen, ob die Theorie funktioniert, ist bei mir die Motivation. Natürlich alles innerhalb vernünftiger Grenzen (Sicherheit).

Aha, Du stehst gerne in der Werkstatt... da bin ich mittlerweile eher der papierlastige... und mach 1017 Skizzen und geh ordentlich spicken. Rechne aber auch mal hier und da so eine gefundene Lösung nach, so formt sich bei mir in Gedanken nach und nach und nach ein Bild von dem was ich haben will. Allein das 1:1 Aufzeichnen auf einer Rolle Packpapier (oder Einweg-Tischdecke auf dem Tapeziertisch...) macht, daß ich viele Lösungen, die da im Kopf rumschwirren, wegen Bauraum, etc. einfach verwerfen kann. Spart einen Haufen Arbeit, wahrscheinlich auch Geld.

Aus welcher Ecke bist Du eigentlich (steht nicht in deinem Profil)? Und nach was hast Du dich benannt?
 
AW: Kurzlieger Eigenbau Bericht

Ich finds gut dass du die vorhandene Schwinge genommen hast, hätte ich auch gemacht. Statt Headshock würde ich mich bei deinen Fähigkeiten aber diesen Winter mal ganz unverbindlich an den Bau einer Gabel mit geschobener Schwinge geben. Da kannst du nen normalen Dämpfer verbauen und du hast ja ein funktionierendes Rad, Zeit spielt also eher ne Nebenrolle.

Felix
 
AW: Kurzlieger Eigenbau Bericht

leisetreter, bei den vorhandenen Komponenten, die ich verbrauchen wollte, hätte es für mich keinen Sinn gemacht, zu grob drumherum zu bauen. Deshalb musste ich relativ aufwendig einsteigen. Übrigens, wenn ich sage, ich finde Probemodelle schrecklich, dann eher, weil ich dafür keine Geduld habe, nicht weil ich sowas unsinnig fände. Ist also keine Kritik an anderen Eigenbauern. Mein 1:1 Plan hat aber auch ein paar Tage gebraucht und auch Spaß gemacht.
Jetzt offtopic:
Ich bin aus Bielefeld und habe mich gestern auch in die Mitgliederkarte eingetragen.
Der Name parodius ist von meiner ersten Registrierung irgendwo im Netz vor einigen Jahren übergeblieben, die 4 ist nur weil da 1,2 und 3 erstaunlicherweise schon vergeben waren. Parodius war mal ein Videospiel (SuperNintendo afaik) in dem nicht alles ganz ernst und etwas überzogen war; ich fand das damals ganz passend für eine Internetidentität.

Felix, danke erstmal, habe ich auch schon dran gedacht. Ich habe allerdings eine Idee für einen Headshok-Eigenbau. Das würde für mich am elegantesten aussehen, vor allem, da ich jetzt weiß, dass ich nicht viel Federweg brauche.

Patric
 
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Räder, Bremsen und Schaltung
Das Hinterrad ist relativ unspektakulär, weil MTB-Standard. Beide Naben sind aus dem schon erwähnten Scott-Rad, weil ich die halt überhatte. 32Loch mit Bremscheibenaufnahme, sehr gute Verarbeitung und schön stabil, leider auch etwas schwerer, halt für Gelände/Freeride gemacht. Das gleiche gilt für die HR-Felge, Taurus DiscBrake. Die VR-Felge ist von Alex und die habe ich bei HP bestellt (ca.14€), ist die gleiche, wie z.B. bei der Speedmachine und eignet sich auch für Felgenbremsen. Ich brauchte halt eine mit 32-Loch, wegen der Nabe. Die Speichenlänge habe ich dann mit dem Online-Rechner von der Kreuzotter Website berechnet und bei einem lokalen Händler bestellt. Ich musste die Nabe wirklich ganz genau messen und auch den Lochkreisdurchmesser der Felge exakt kennen, damit die Speichenlänge passte. Außerdem konnte ich nicht bei allen Online-Rechnern alle Werte eingeben, z.B. bei ungleichen Nabenflanschen; ich habe jedenfalls bei drei verschiedenen Rechnern drei unterschiedliche Werte bekommen. Bei zu langen Speichen kann man diese aber kürzen und das Gewinde tiefer draufrollen (lassen).
Einspeichen hatte ich vorher schon zweimal gemacht und bei dem 20" Rad ging es vom Gefühl her schon ganz gut, aber einen Tag plane ich mindestens dafür ein.

Als Bremsen kamen eigtl. nur Scheibenbremsen in Frage, weil die Schwinge keine Cantisockel hat und die HR-Felge auch keine Flanke. Ursprünglich wollte ich eine Magura Julie nehmen, weil ich die auch noch habe, aber weil ich keine Leitungen anpassen wollte und viel Gutes darüber gehört habe, habe ich die Avid BB-7 (09er Modell) genommen, mit 160mm Scheibe (2 St. mit Scheibe ohne Hebel 110€). Die habe ich jetzt erst seit ca. 30km dran, aber ich kann nichts schlechtes darüber sagen. Mit dem Postmount-Adapter ist die schonmal viel leichter einzustellen als die ältere Julie mit IS2000, und man kann alle Beläge ganz leicht mit einem Drehknopf nachstellen. Die Optik ist sehr gut und der Druckpunkt für einen durchgängigen Bowdenzug knallhart. Schon nach einer Fahrt hatte ich bis jetzt keine Schleifgeräusche mehr, was die Julie bei mir immer mal wieder macht. Bremsleistung ist ok, aber unterhalb der Julie. Mal schauen, wie das mit eingefahrenen Belägen ist. Die Bremshebel sind einfache Deore V-Brake Hebel. Es gibt die Bremse übrigens auch für Rennradhebel.

Obwohl alles Standardkomponenten, erwähne ich die Schaltung hier, weil ich da etwas dran geändert habe. Ich benutze nämlich einen 8-fach Gripshifthebel mit einer 9-fach Kasette und einem Shimano LX Schaltwerk. Der Hebel hat natürlich nur 8 Stufen, um ihn dennoch benutzen zu können, habe ich innen einfach ein zusätzliche Rasterstufe gefräst, was bei diesem Hebel mit z.B. einem Dremel ziemlich leicht war. Das war zuerst nur ein Versuch, wiederum weil ich die Gripshift noch über hatte, die Funktion ist aber 100% und daher plane ich nicht, andere zu kaufen.
Die zweite Änderung war nötig, weil die "Entfaltung" des Hebels nicht mit den Hebelverhältnissen des Schaltwerks übereinstimmte. Mit anderen Worten: die Abstufung der einzelnen Gänge wäre im Prinzip richtig, wenn nicht der Hebel den Bowdenzug so schnell einzöge, dass schon in der 7. oder 8. Schaltstufe das Schaltwerk komplett über die Kassette geschwenkt ist. Das kann man aber leicht ändern, indem man am Schaltwerk eine kleine Aluvorrichtung anbringt, die den Angriffspunkt des Bowdenzugs etwas weiter nach außen legt. Hört sich wahrscheinlich etwas kompliziert an, ist aber nur ein ganz kleines Stück Winkelalu mit einer Klemmschraube und einem Langloch. Die Funktion ist 100%, einziger kleiner Nachteil ist, dass der Bowdenzug dann im kleinsten Gang schräger als normal aus dem Gegenhalter am Schaltwerk läuft. Aber wie gesagt, die Funktion ist bei mir dadurch nicht beeinträchtigt und es könnte, wenn überhaupt, nur dem Bowdenzug schaden, also werde ich da nichts dran ändern.
Das hätte ich mir extra hierfür wahrscheinlich nicht ausgedacht, ich hatte das aber schon früher mal gemacht, um Campagnolo Ergoshifter (Rennrad) mit einem Ultegra Schaltwerk zu kombinieren, ist vllt. für andere Rennradfahrer ganz interessant. Wenn da jemand eine Nahaufnahme möchte, einfach schreiben.

Als nächstes Lenkung und Kettenführung
 
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AW: Kurzlieger Eigenbau Bericht

Hallo parodius4, hallo Forum,

die Verlegung des Angriffspunkts des Bowdenzugs klingt interessant. Du schreibst, dass es maximal dem Bowdenzug schaden könnte. Auf Dauer könnte es aber auch dem Schaltwerk zusetzen. Ich hatte schon ohne Modifikationen an einem älteren 3x7-Schaltwerk das Problem, dass der Bowdenzug sich in die Einstellschraube eingeschliffen hatte. Der Bowdenzug ist dabei allerdings nie gerissen. Vielleicht ist es sinnvoll, von Zeit zu Zeit da mal drauf zu schauen.

Ansonsten muss ich sagen: Hut ab! Das Rad sieht gerade für einen absoluten Liegeradneuling richtig gut aus und ist wahrscheinlich auch recht flott unterwegs.

Gruß,
R.
 
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Ich würd' gerne mal 'ne Nahaufnahme von Deinem Winkelblech sehen. Mein Lieger hat Campa-Schaltwerk und -Kassette mit Shimano-Schalthebeln und das passt auch nicht wirklich zusammen. Ich hab mir 'n Shiftmate bestellt, aber noch keine Zeit gehabt, ihn dazwischen zu klemmen.

Gruß,
Bernd
 
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Hallo Racertje, wie du schon sagst, bei älteren Schaltwerken kann es auch ohne Adapter verschleißen. Bei meinem LX läft der Zug aber aus einer harten Buchse mit so einer trompetenförmigen Öffnung (wie bei Kettenleitrohren), dadurch erwarte ich kaum Verschleiß, auch weil man ja nicht so oft auf das größte Ritzel schaltet.

Bernd, die Bilder kommen morgen.
Einen technisch ähnlichen Adapter wie unter deinem Link hatte ich übrigens auch mal, um Rennbremshebel mit V-Brakes zu kombinieren. Aus irgendeinem Grund hat mich das damals aber nicht überzeugt, ich glaube, weil das Übersetzungsverhältnis nicht ganz passte. Das soll aber nichts heißen. Ich denke schon, dass dieser Rollenadapter gut funktionieren kann. Wenn du den hast, würde mich ein kleiner Funktionsbericht schon interessieren.
Meine Adapter waren übrigens beide für den Fall gemacht, wenn der Schalthebel zu schnell den Zug einholt, also das Schaltwerk schon komplett rübergeschwenkt ist, wenn noch gar nicht alle Gänge geschaltet sind. Ob es andersrum auch machbar wäre, müsste ich mir nochmal anschauen.
 
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Lenkung
Mir war von Anfang an klar, dass ich auf jeden Fall die Möglichkeit für einen Untenlenker wollte. Ich finde, es ist eine Konsequenz aus dem Wunsch nach einer optimalen Sitzposition und sieht cool aus. Einen UmDieKnie oder Tiller kann ich ja trotzdem immer noch anbringen.
Also habe ich ziemlich genau unter der Sitzfläche (das habe ich mir mangels Erfahrung abgeguckt) ein Lenklager eingeschweißt, ähnlich dem Schwingenlager, aber etwas kleiner. Da ich mir dachte, dass der Lenker nie so stark belastet wird wie beim Normalrad, sollte er hauptsächlich wartungsfrei und leichtgängig gelagert sein. Die Lenklagerbuchse ist ein Stück 1" Rohr mit zwei Lagern für einen M8 Gewindebolzen. Ich konnte die Buchse (wie das Steuerrohr) senkrecht in das Rahmenrohr schweißen, um sie genau parallel zum Steuerrohr zu bekommen. Das ist so, weil die betreffenden Rahmenrohrstücke auch parallel sind, was mir wiedermal das Bohren erleichtert hat. Buchse und Steuerrohr sollten parallel sein, damit die Lenkkräfte möglichst neutral übertragen werden können.
In der Buchse sitzt ein fester M8 Gewindebolzen, auf den unten ein Stück Rundalu (hohlgebohrt) mit Gabelschaftdurchmesser aufgeschraubt ist, darauf kann ich dann einen Standardvorbau klemmen. Das Alu zentriert sich selbst im unteren Kugellager und wird oben mit einer Sicherheitsmutter gegen das obere Lager festgezogen. Das Ganze kann durch ein Loch im Sitz einfach nachgestellt werden.
An dem Rundalu befindet sich außerdem ein Stück Alublech als Hebel, um die Lenkräfte in die Lenkstange, und darüber in die Gabel zu leiten. Die Stange ist ein Stück 10mm Alu Vollmaterial, dünner würde ich da nicht nehmen. Sie ist durch zwei M6 Kugelgelenke auf einer Seite mit dem Hebel, auf der anderen mit dem linken Standrohr der Gabel voll beweglich verbunden. Auf das Standrohr musste ich dafür natürlich noch eine Art Manschette aus Alu klemmen, aber ich hatte die Gabel ja wegen der Federn sowieso zerlegt. Für eine neutrale 1:1 Lenkung müssen beide Gelenke von Mitte Steuerrohr und Mitte Lenklager gleich weit entfernt sein, und die Lenkstange muss so lang sein, dass beide Gelenke immer im gleichen Winkel zum Rahmen stehen. Für eine gewollte Unter- oder Übersetzung der Lenkung ließe sich der Gelenkabstand zu den Lagern ändern.
Nach meiner Erfahrung darf man bei der Lenkübertragung absolut keine Kompromisse machen. Sie sollte null spürbares Spiel aufweisen, sonst verschlechtert sich die Fahrstabilität erheblich. Ich hatte zuerst ganz einfache M5 Kugelgelenke (Conrad 2,50€ St.), welche nach einigen Kilometern ganz leichtes Spiel entwickelt haben, und ich begann schon, an meiner Fahrwerksgeometrie zu zweifeln; so jedenfalls hätte ich nie Spaß am Fahren bekommen. Jetzt benutze ich wie gesagt größere von Recumbentparts, die glaube ich eigtl. für ein Trike gedacht sind. Sie sind im Prinzip nur größer, scheinen aber auch präziser gefertigt zu sein, jedenfalls hatte ich nach dem Einbau praktisch ein neues Rad. Allerdings habe ich noch zu wenige Kilometer für endgültige Aussagen. Zur Sicherheit hatte ich aber noch spielfreie Teflongelenke mitbestellt, die wirklich für Liegeräder gedacht sind. Die sind aber auch teurer und die jetzigen gefallen mir optisch besser. Aber wie gesagt, sollten sie Spiel entwickeln, baue ich sofort die anderen ein.
Der eigentliche Lenker ist übrigens ein ganz normaler Alu-Fahrradlenker (ca. 14€), dessen Form und Größe schon halbwegs passten. Um ihn völlig passend zu machen, habe ich ihn mit Sand gefüllt, die Enden zugelötet und warm gebogen. Das schreibe ich hier hauptsächlich als Information und muss unbedingt dazu sagen, dass man niemals sicherheitswichtige Fahrradteile (Lenker, Vorbau, Gabel usw.) aus Alu erhitzen oder warm oder kalt verformen sollte. Auch einen Stahllenker würde ich lieber ersetzen als geradebiegen, aber Aluminium kann unter Umständen schlagartig komplett abreißen. Ich habe es nur gemacht, weil die Belastung dieses Lenkers sehr gering ist und die Biegung nicht sehr stark sein musste. Durch die Erwärmung geht es leichter und es schont das Material, obwohl es natürlich eine mögliche, frühere Wärmebehandlung des Alus aufhebt. Der Sand verhindert ein Einknicken des Rohres. Wer sowas nachmachen möchte, muss aufpassen, dem Alu sieht man die Temperatur nicht an und ein paar °C zuviel und es sackt wie in einer Blase weg.
 
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Bernd, hier sind die Bilder von beiden Adaptern und dem verwendeten Schalthebel.

Die sichtbare Inbusschraube im Langloch ist im Originalgewinde der Klemmschraube, der Bowdenzug wird von hinten separat geklemmt.
Wie gesagt, um den zu großen Zug vom Schalthebel auszugleichen, liegt der Angriffspunkt des Bowdenzugs jetzt weiter vom Drehpunkt entfernt, bei zu wenig Zug müsste er näher heran.
 

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Hier noch einige Detailbilder
 

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Kettenführung/Antrieb
Die Kette ist aus drei der günstigsten 9-fach Ketten zusammengenietet (3x14€), was für mich nicht teurer oder schlechter war, als Meterware zu bestellen. Ich hatte noch nie Probleme mit günstigen Markenketten und bei so einer Länge reduziert sich der Verschleiß glaube ich auch noch mal erheblich.
Bei der Kettenführung konnte ich nur die hintere große Zugrolle planen, den Rest musste ich nach und nach anpassen, was mit am längsten gedauert hat. Damit der Antrieb keinen Einfluss auf die Schwinge nehmen kann, habe ich diese Rolle so angebracht, dass die Kette möglichst nah am Schwingenlager herläuft. Der Zugtrum (der belastete Teil der Kette, der von hinten nach vorne läuft) wird sonst noch einmal zwischen Gabel und Tretlager umgelenkt, um nicht mit der Gabel in Kontakt zu kommen. Der Leertrum (der lockere Teil der Kette) ist mit drei kleineren Rollen unter dem Sitz her und ebenfalls über die Gabel herüber geführt, da mir eine freie Lenkung wichtig war.
Alle Rollen habe ich aus Kunststoff (POM) gedreht und kugelgelagert. Bei den hohen Preisen für gute Rollen habe ich hier wahrscheinlich am meisten gespart, denn Kunststoff und Lager haben nur ein paar € gekostet. Die Rollen haben alle in der Führungsrinne eine kleine Erhöhung, damit die Kette nur auf ihren Röllchen aufliegt. Die Lasttrumrollen haben für weniger Verlust etwa 80-90mm effektiven Durchmesser, die Leertrumrollen 30-40mm.
Beim Leertrum habe ich übrigens zu erst alte Shimano XT Schaltungsröllchen genommen, die eigtl. sehr gut funktionierten. Mich störte aber bei ersten Probefahrten gleich, dass das Rad beim Treten viel lauter wirkte, als mein Normalrad, weswegen ich probehalber noch die aus Kunststoff machte. Das brachte allerdings nicht viel, jedoch kann ich auf diese kleine Gummireifen aus alten Fahrradschläuchen ziehen, was das Problem zu 90% beseitigte. Großes, weil nerviges Problem mit kleiner, spottbilliger Lösung.
Das Ganze habe ich auch bei den Zugrollen probiert, aber hier bestätigte sich etwas, dass ich schon vorher schmerzhaft lernen musste: niemals die Zugkraft der Kette unterschätzen. Diese hat bei mir die erste Befestigung der hinteren Zugrolle verbogen, die angelötete alte Befestigung (s. Bild1) der vorderen Rolle abgerissen (wobei ich die Rolle samt Lager verloren habe) und eben die erwähnten Gummireifen nach 3min. Fahrt komplett durchgearbeitet. So ist der Antrieb aber leise genug und wirkt auf mich ziemlich verlustarm. Die Zugrollen sitzen jetzt auf groß bemessenen Aluträgern, die ich mittels eingenieteter Gewindehülsen im Rahmen fest damit verschraubt habe.
Bei der Geräuschentwicklung war ich übrigens anfangs zu kritisch; ich habe nämlich Fahrräder, die mir beim Treten völlig lautlos erscheinen, abgesehen vom Surren der Reifen. Mittlerweile glaube ich aber, dass auch viel von der Lage des Antriebs abhängt. Beim Normalrad ist er weit unter und hinter den Ohren, man fährt praktisch vom Geräusch weg. Etwas, dass ich beim LR niemals erreichen kann.
Das kurze Stück Kettenrohr unter dem Sitz ist da, um meine Hose zu schonen und lenkt nicht die Kette um. Es ist Gartenbewässerungsrohr aus dem Baumarkt (10m für 10€). Das Rohr lässt sich warm in Form bringen, z.B. die Enden aufweiten oder geradebiegen, es ist ziemlich reibungsarm und nicht sehr laut. Danke an den, der es zuerst dafür entdeckt hat.

Da mein Urlaub vorbei ist, kann ich erst am WE weiter berichten, dann kommt der Sitz.
 

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Hallo Patric,

wenn ich so viel Fähigkeiten hätte wie Du, würde ich die Schwinge und die Gabel gleich mitbauen. An der MTB-Schwinge gefällt mir das schmale Schwingenlager nicht. Die Federgabel ist nicht gerade die beste Wahl und verbaut eine sinnvolle Kettenführung ohne 2. Umlenkrolle im Zugtrum. Mein Favorit wäre eine einseitig geführte Federgabel mit geschobener Schwinge. Ich kann aber nicht einschätzen, ob man sowas in eigner Regie bauen kann. Ist bestimmt schwieriger zu bewerkstelligen wie der Rest vom Rad.
Ich bevorzuge UDK-Lenker. Untenlenker machen alles nur komplizierter, teurer und schwerer. Bequemer sind sie auch nicht (ganz persönliche Meinung).

Häns
 
AW: Kurzlieger Eigenbau Bericht

Der Sitz
Da ich relativ viele Radkomponenten herumliegen habe, war mein ursprünglicher Plan, für den Bau des LR bis auf Materialkosten und Kleinigkeiten kein Geld auszugeben. Da ein guter Sitz ziemlich teuer und außer für ein LR eigtl. nicht zu gebrauchen ist, war mir schnell klar, dass ich a: einen selber bauen muss, und b: davon die ganze Machbarkeit eines Eigenbaus abhängt. Deshalb und weil der Bau des Sitzes zudem sehr billig zu probieren war, war er praktisch das erste Teil, welches ich für das LR gemacht habe.
Die Sitzschale besteht aus 3 Lagen Absperrfurnier aus Buche, jede Schicht hat 3mm. Das Furnier hat mich 9€ gekostet. Um die charakteristische, geschwungene Form zu bekommen, habe ich zuerst eine Querschnittansicht, also praktisch eine Sitzschale genau von der Seite gesehen, am PC auf meine vermutete Größe umgewandelt und ausgedruckt. Den Querschnitt habe ich im Netz bei irgendeiner Bauanleitung für einen anderen Sitz gefunden. Mit dieser Schablone habe ich die Form der Sitzfläche auf mehrere dicke Holzplatten übertragen, welche ausgesägt und übereinander gelegt dann praktisch schon eine Positivform des Sitzes ergeben, in der ich schon probesitzen konnte. Die negative Form aus den abgesägten Stücken habe ich ebenfalls zusammengeschraubt, sie ergibt praktisch eine Abbildung des Rückens eines LR-Fahrers.
Ursprünglich hatte ich vor, das Furnier zwischen beiden Formen wie in einer Presse zu laminieren, weil ich aber mit dem gleichmäßigen Anpressdruck nicht ganz sicher war, habe ich die Furnierschichten einzeln über der mit Filz bezogenen Negativform zusammengeleimt. Dazu brauchte ich ca. 30-35 Schraubzwingen und ich musste mich wirklich beeilen, alles zusammen zu haben, bevor der Leim nicht mehr bindet. Die Form sah aus wie ein riesiger Monsterigel.
Um das Furnier überhaupt ohne Risse über die Form zu bekommen, musste ich es vorher einweichen und zwischen beide Formen gelegt trocknen lassen, wodurch es schon mal vorgeformt wurde.
Die viele Arbeit hat sich aber gelohnt, denn die Schichten sind über die ganze Fläche sauber verleimt und behalten so ziemlich genau die erzwungene Form. Außerdem wird das Holz dadurch sehr stabil und trotzdem flexibel. Allerdings beim nächsten Mal würde ich noch eine dünne Schicht einlaminieren, bei der die Fasern in Querrichtung verlaufen, was bei meinem Furnier wegen der Größe nicht möglich war.

Wie auf der Seitenansicht zu sehen, hat das sich das Laminat beim Aushärten im Taillenbereich leicht nach innen gewölbt, wodurch der Sitz etwas schalenartiger wird. Das war gar nicht beabsichtigt, weil mit einer geraden Form eigtl. nicht möglich, da es aber sehr gleichmäßig auf beiden Seiten und zudem vorteilhaft ist, habe ich es gerne so gelassen.

Zuletzt brauchte ich nur noch die Form aussägen und etwas schleifen und bohren, danach alles versiegeln und fertig. Als Befestigungsmöglichkeit und für zusätzliche Steifigkeit im unteren Rücken habe ich eine Aluschiene angenietet (s. Bild).

Als Material für die Sitzmatte habe ich wirklich nirgendwo eine Selbstbau-Alternative gefunden; alles war entweder zu dick, dünn, weich, hart, schwer oder, wenn sonst alles passte, nicht atmungsaktiv. Daher habe ich so ein Stück Material zum Selberausschneiden bestellt (12€). Das Material wird ja auf der Website des Händlers schon mehr oder weniger als günstige Lösung mit optischen Mängeln beschrieben, und die Bilder sehen auch ungeschönt so aus, ich dachte aber, irgendwie geht das schon fürs erste. Als ich dann das Paket aufmachte, musste ich aber gleich lachen und hätte es zuerst am liebsten wieder zurück geschickt. Das Ding ist irgendein Stück Bau- oder Dämmstoff o.Ä. und sieht wirklich unter aller Kanone aus. Man kann es auch nicht wirklich rundbiegen, es knickt nur an wenigen Stellen mit ganz hässlichen Falten ein und es lässt sich auch nicht so zurechtschneiden, dass der Rand irgendwie sauber aussehen würde.
Allerdings, ich konnte wirklich gut darauf sitzen, nicht zu weich oder hart und augenscheinlich äußerst atmungsaktiv, da musste was daraus zu machen sein. Um es also kurz zu machen: zurecht gesägt (Brotmesser), 3D-Netzstoff aufgenäht, Klettband zur Befestigung hinten aufgenäht und, Überraschung, eine perfekte Sitzmatte.
Der Netzstoff ist relativ dick, aber leicht, atmungsaktiv und abriebfest; wird glaube ich auch bei Rucksäcken verwendet (extremtextil, ca.10€/m). Durch die Struktur und die feste Vernähung passt sich die Matte jetzt auch faltenfrei an den Sitz an und sieht wirklich sehr gut aus. Mit maschinellen Nähten wäre das imo eine absolut professionelle Sitzauflage.
Weil der Unterschied zwischen meiner Erwartung und dem fertigen Teil hierbei am überraschendsten war, ist die Sitzmatte mein Lieblingsteil am Rad geworden.
 

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AW: Kurzlieger Eigenbau-Bericht

Hallo Patric,

also zunächst mal Hut ab.
Nicht nur, daß du quasi aus dem Nichts (ohne Liegeraderfahrung) einen völlig eigenständigen Entwurf hingelegt hast, nein, das Ding hat auch noch Hand und Fuß. Es sind ein paar Elemente von Flux drin (das Rohr und der Sitz), die Geometrie von der Speedmachine ein bisserl abgekuckt, aber ansonsten alles sehr eigene und gute Sachen. Und dann auch nur 16 kg, die Kommerziellen landen da in der Regel bei 18-20kg bei der Ausstattung.

Und dann ist die Dokumentation hier für das Forum ausgezeichnet, einiges könnte man direkt nachvollziehen und auch so versuchen (entsprechende Werkstatt und Fertigkeiten vorausgesetzt).
Eigentlich würde ich an diesem Entwurf nur noch versuchen, die 2. Rolle im Zugtrum wegzukriegen, alles andere ist 1A.
Willst Du nicht vielleicht Liegeradhersteller werden?

Grüße

Michael
 
AW: Kurzlieger Eigenbau-Bericht

. Und dann auch nur 16 kg, die Kommerziellen landen da in der Regel bei 18-20kg bei der Ausstattung.
Michael

Hallo Michael,

ich finde auch, dass Patrics Arbeit und seine Dokumentation hier im Forum großes Lob verdienen. Ein bischen Unrecht tust Du den Kommerziellen schon, ganz so fettleibig sind die nicht.

Häns
 
AW: Kurzlieger Eigenbau-Bericht

Hallo Parodius4,

lass Dir den Untenlenker nicht ausreden! Auch wenn der Großteil des (schreibenden) Forums auf UDK und Konsorten schwört (und diese auch durchaus sehr gute Lösungen sein können), finde den indirekten Untenlenker auch super genial. Ich habe an meinem Tieflieger (Sitzhöhe ~30cm) auch einen verbaut (Eigenkonstruktion aus Carbon) und bin sehr zufrieden mit der Konstruktion.

Beim Thema Spielfreiheit kann ich Dir allerdings nur zustimmen: Ich habe recht hochwertige, von außen abschmierbare Gelenkköpfe mit Bronzeflächen verwendet: die sind zwar wirklich schön, haben aber leider ein sehr geringes Spiel. Beim normalen Fahren ist das kein Problem, lediglich in kritischen Kurven fühlt man sich manchmal sehr unsicher, weil die Lenkpräzision irgendwie fehlt. Auf Dauer kommen da aber auch die Teflon-Gelenkköpfe rein, dann sollte da Ruhe sein.
Dennoch halte ich die Variante mit Stange und Gelenkköpfen für die einig wahre, alle Versionen über Seilzüge, Kardane, etc haben das Spielproblem systemimmanent.

Ich habe mich gewundert, daß Du bei Deinem Untenlenker einen so langen Vorbau verwendest. Wenn man wie Du und ich eine indirekte Untenlenkung baut und nicht wie bei kommerziellen Herstellern auf die Verwendung von Standardkomponenten schielen muß, sollte man IMHO komplett ohne Vorbauhebel bauen. Der Grund: der Lenker kann viel schmäler werden, da man nicht diese riesigen Schwenkwege braucht. Wer das riesige Gehörn der Streetmachine fährt, weiß, wovon ich spreche. Mein Lenkereigenbau ist im Prinzip ein senkrecht stehendes U, welches meine Hände noch neben/über den Oberschenkel bringt. Durch die eine Vorbau-lose Konstruktion konnte ich den Freiraum zwischen den beiden Schenkeln des Lenker-Us auf 40 cm reduzieren. Schmal und ergonomisch - sehr empfehlenswert aus meiner Sicht.

Die Nutzung einer Lenkungsübersetzung ist ebenfalls eine zusätzliche Möglichkeit, hier für bessere Lenkerergonomie zu sorgen. Meist wird bei indirekter Untenlenkung eine Übersetzung genutzt, einfach um mit brauchbaren Lenkeinschlägen einen sinnvollen Wendekreis zu erreichen. Das machte an den alten Langliegern einfach viel Sinn, kann aber auch am Kurzlieger ein Interessanter Ansatz sein. Vielleicht hast Du ja mal die Muße, nach einiger Zeit des Probefahrens mittels einer Verstellvorrichtung hier noch etwas zu Optimierungspotential auszuloten.

Viel Spaß noch beim Bauen und vielen Dank für diesen sehr schönen, weil aus dem Forumseinerlei herausragenden Perle von Thread.


thomas
 
AW: Kurzlieger Eigenbau-Bericht

Hallo Häns,

Ein bischen Unrecht tust Du den Kommerziellen schon, ganz so fettleibig sind die nicht.

Häns

Natürlich gibt es da große Spannbreite, je nachdem welche Komponenten verbaut sind. Geh mal von einer "Standardausstattung" mit Schutzblechen, Vollfederung, Untenlenkung bei einem Reise-Lieger aus:
Meine SMGT hatte vollgefedert 20kg, ok, ist noch ein Gepäckträger mit 1 kg dran.
Die Speed-Machine wiegt nicht weniger.
Von den Flux-Modellen sind nur einige darunter.
Meine Stinger (hinten gefedert) wiegt ohne nennenswerten Gepäckträger 20 kg, davon 10kg allein der Rahmen.
Patric fehlt nur Lichtanlage (400g) und Gepäckträger.
Die Challenge-Modelle sind ein bißchen leichter, so 18kg vollausgestattet.
M5 SP559: auch fast 20 kg.

Mehr hab ich noch nicht gewogen, aber die ganzen Rainbow- und Nazca-Schlachtschiffe liegen da bestimmt nicht nennenswert drunter.
Zox wird ein bisserl besser sein, hat ja auch keine Federung und VR-Antrieb.

Grüße

Michael
 
AW: Kurzlieger Eigenbau-Bericht

Michael, danke für die Sache mit dem Untenlenker.
Ich hatte den Vorbau genommen, weil er fast 0° hat und weil ich einen Adapter für den Lenker brauchte. Ich habe mich damals auch gefragt, warum der Lenker nicht näher am Lager ist, aber weil das bei z.B. der Speedmachine genauso ist, hätte ich vermutlich nicht so schnell wieder darüber nachgedacht.
Ich habe 53cm zwischen den Lenkerenden, was zu ca. 45° Einschlag pro Seite führt. 40cm hört sich sehr gut an, und ich werde jetzt auf jeden Fall demnächst noch einen neuen, kurzen Vorbau aus Alu machen.

Grüße von
Patric
 
AW: Kurzlieger Eigenbau-Bericht

Schlussbemerkungen
So, bis auf Kleinigkeiten sind damit alle meine Selbstbauteile beschrieben. Bleibt mir noch die Möglichkeit, etwas über das Rad im Allgemeinen zu sagen.
Über das eigtl. wichtigste, die Fahreigenschaften, kann ich nur sehr subjektiv etwas sagen, da ich kaum Vergleiche habe. Ich habe einmal kurz bei einem Händler, der zufällig eine Streetmachine mit Windschild und Untenlenker im Laden hatte, auf dieser draufgesessen, und er hat mich ein paar Meter damit geschoben. Vom Gefühl her wäre ich damit alleine sofort umgekippt, was ganz gut war, denn so brauchte ich mich nicht beunruhigen, als das mit meinem Eigenbau genauso war.
Dass mein Fahrwerk im Prinzip in Ordnung ist, wusste ich, als ich das LR am Sitz schieben und lenken konnte, wie ich das beim MTB am Sattel auch mache. Für die erste Probefahrt noch ohne Antrieb habe ich mich ca. 1km sanft bergab rollen lassen, wobei ich relativ schnell die Füße hochnehmen konnte und trotz noch wackeliger Lenkung schon halbwegs um die Kurven kam. Das Rollenlassen erscheint mir zum Fahrenlernen sehr geeignet, da ich keine Störungen durch den Antrieb hatte und mich voll auf die ungewohnte Balance und Lenkung konzentrieren konnte.
Mittlerweile klappt das Fahren schon sehr gut, neutrale Kurvenlage und sauberer Geradeauslauf, je schneller desto besser, auch das anfangs wackelige Anfahren ist - richtiger Gang vorausgesetzt - mit einer spielfreien Lenkung jetzt kein Problem mehr. Trotzdem benötige ich auf der Straße mehr Platz und habe einen größeren Wendekreis als mit dem Normalrad.
Die Sitzposition fühlt sich äußerst bequem an, mit einer gefühlt guten Mischung aus starkem Gegenhalt im Sitz und Aerodynamik. Überrascht hat mich, wie gut die Sicht nach vorne trotz der ordentlichen Tretlagerüberhöhung (min. 25cm) ist, nämlich völlig uneingeschränkt. Ist wahrscheinlich erst bei sehr flachen Sitzwinkeln ein Problem.
Hoffentlich treffe ich irgendwann mal ein anderes LR, um die Fahreigenschaften vergleichen zu können.

Die Federung funktioniert ausgezeichnet, jedenfalls bei den normalen Straßen, die ich so fahre. Der Dämpfer und die Gabel sacken beim Draufsetzen ca. zu einem Drittel ein, so hatte ich es auch ungefähr eingeplant. Mit der zu weichen Gabel wurde der Lenkwinkel steiler und das Rad etwas zappeliger.
Die hintere Federung scheint völlig frei von Antriebseinflüssen zu sein, ich spüre beim Treten jedenfalls kein Pumpen oder Ähnliches; die Kette nah am Schwingenlager langzuführen ist also eine wirklich gute und einfache Lösung am LR, beim MTB ist das ja nicht so einfach.
Der Antrieb scheint auch ok zu sein, denn obwohl ich noch keine LR-Gewöhnung habe, bin ich in der Ebene mit normaler MTB Übersetzung fast immer in den größten 3 Gängen unterwegs, also gefühlt etwas schneller als mit dem Normalrad (ändert sich natürlich an Anstiegen). Da ich aber gemerkt habe, dass ich vorne nicht viel Federweg brauche, wird die nächste Verbesserung wohl eine andere Gabel werden, wahrscheinlich eine Headshok, vllt. mit Eigenbaufederung. Dadurch könnte ich dann die vordere Umlenkrolle im Zugtrum weglassen wodurch der Antrieb noch direkter würde und einiges an Gewicht wegfiele.
Zum Gewicht überhaupt, ich kann das Rad im Moment nur mit einer Personenwaage wiegen, deren absolute Werte wahrscheinlich nicht 100%ig genau sind. Relativ gesehen ist das Rad aber mit Scheibenbremsen und Schutzblechen noch ca. 0,5kg schwerer geworden. Ich würde es ganz vorsichtig auf 17-17,5kg schätzen, so ausgestattet wie auf dem Bild unten.
Anfangs hatte ich 15kg angestrebt, auch weil viele LR-Hersteller sehr niedrige Gewichtsangaben auf ihren Seiten haben. Viele echte Werte von LR-Besitzern mit Vollfederung scheinen aber ziemlich ähnlich zu meinen zu sein, einige sogar höher, weshalb ich mit dem Gewicht zufrieden bin. Wie beschrieben, ich habe ein paar relativ schwere Teile wie Gabel, Naben und Felge und einige leichte wie Schwinge und Dämpfer. Durch eine andere Gabel könnte ich min. 0,5kg, durch eine teure Sitzschale womöglich 0,8kg einsparen. Wenn ich den Tretlagerausleger noch kürzen und einige Kleinigkeiten anpassen würde, fielen so ca. 1,5kg weg. Mit dem vollen Programm könnte man das Rad wahrscheinlich auf 15kg herunterbringen, ohne einen anderen Rahmen verwenden zu müssen. Aber das nur als Theorie für andere Rahmenbauer. Natürlich ist es immer noch möglich, dass der Rahmen irgendwann irgendwo reißt, wenn dann wahrscheinlich im Bereich einer Schweißnaht; bis jetzt aber ist alles problemlos.

Insgesamt kann ich nur sagen, dass bei dem gesamten Bau überraschend wenig größere Schwierigkeiten aufgetreten sind und überhaupt keine unlösbaren Probleme, was mit Sicherheit auch an den vielen Informationen liegt, die ich im Netz zum LR und auch zum Thema Eigenbau gefunden habe.
Daher hoffe ich, dass auch dieser Bericht seinen Zweck erfüllt, bedanke mich für das Interesse und beende den Bericht mit einem aktuellen Bild.

parodius
 

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