Im Sog der Optimierung

In einer auf Wachstum basierten Denkweise wundert es mich nicht, dass Optimierung angestrebt und verherrlicht wird. Die Erkenntnis, dass wir uns in einem endlichen System befinden und deswegen lieber Suffizienz fördern sollten hat sich noch nicht weit verbreitet. Da bedarf es noch der Optimierung ;-)

In der Psychologie spricht man von maximizer vs satisficer ... als generelles Persönlichkeitsmodell. @wolfram würde ich in zweitere Schublade stecken, wo ich mich auch oft wohl fühle. Willkommen.

Es gibt meiner Meinung nach oft nur sehr kleine Sprünge/Optimierungen. Von der 9er Kassette zur 10er. Hätte man gleich die 12er eingeführt, wäre es ein Quantensprung gewesen, der sich durchaus bemerkbar machen würde. War für mich auch der Grund das A7 zu überspringen/ignorieren.

Heute noch mit Kollegen gesprochen, dass sich KPIs für mein Betätigungsfeld nicht wirklich lohnen und falls jene denn wirklich sein müssen die Forderung erstellt, diese zumindest mit realistischen Zielen zu versehen. Dies wird jedoch dazu führen, dass wir entweder die Ziele verfehlen und uns nicht verbessern, da wir teilweise am Ende der Messlatte angekommen sind. (Wie kann ich "keine Unfälle im Jahr" noch steigern?)
 
Für mich bedeutet "optimieren" in Bezug auf Fahrräder: Das betreffende Fahrzeug so an meine Bedürfnisse anzupassen, daß ich damit zufrieden bin, wenn ich es entsprechend dem von mir festgelegten Einsatzbereich benutze.
Das kann beinhalten:
- Wo etwas unbequem zu fahren ist, es bequemer zu machen.
- Wo die Schaltung für den vorgesehenen Zweck nicht ausreicht, diese ändern/anpassen/austauschen.
- Wo etwas für mich nicht gut genug funktioniert, es ändern/verbessern (z.B. Bremsen; Licht; Bedienelemente).
- Wo sich die Effizienz spürbar und mit relativ geringem Aufwand verbessern läßt, das entsprechende veröndern (das kann auch nur der Reifendruck sein, oder ein anderer Reifen (der nicht mal teurer sein muß als der vorherige); oder mal ein Kettenleitrohr entfernen, das ich nicht unbedingt brauche... usw. usf.)
- Wo mir etwas fehlt, um es so einsetzen zu können, wie ich möchte, es nachrüsten (z,B. Gepäckträger oder Schutzbleche, mal ein Nabendynamo usw.) - halt je nach Bedarf.
(Aufzählung mit Sicherheit unvollständig!)
Das schöne an Fahrrädern (jeder Art) ist doch, daß man fast alles individuell auf die eigenen Bedürfnisse (die sich natürlich im Laufe des Lebens auch ändern!) "maßschneidern" kann [Das fängt schon beim Kauf an: "Wofür kaufe ich dieses Fahrrad, und warum ausgerechnet dieses?" Genau deshalb sind ja die meisten hier auch erst zum Liegeradeln gekommen.] Und daß man das meiste davon selber machen kann, und oft für verhältnismäßig wenig Geld. Ich bin so froh, daß ich nicht Auto- oder Motorradtuning als Hobby habe - da wäre ich ja ständig abgebrannt! :eek:
Optimierung am Fahrrad heißt für mich auch immer, mit möglichst wenig Aufwand (finanziell/zeitlich/arbeitsmäßig) das damit bestmögliche zu erreichen. Daß man mit viel mehr Geld/Zeit/Aufwand auch noch bessere Resultate erzielen kann, mag sein... aber da hab ich eine gewisse Grenze, bis zu der ich bereit bin zu gehen. Es muß halt in einem für mich vernünftigen Verhältnis stehen - aber dieses ist natürlich auch individuell verschieden.

Um auf die Eingangsfrage von @wolfram zurückzukommen: Wenn ich optimiere, dann deshalb, weil ich es möchte und weil es mir Befriedigung bereitet - nicht weil irgendjemand ("die Gesellschaft"?) es von mir verlangt.

--edit--

Und nie vergessen - das Leben ist zu kurz, um sich mit Fahrrädern rumzuärgern, mit denen man nicht glücklich wird.... optimieren oder abstoßen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da waren ja ein paar schöne Antworten dabei. Wahrscheinlich ist Optmieren durchaus sinnvoll ,wenn es nicht zu dominant wird. Wie jemand der vor lauter Gartenarbeit seinen Garten nicht genießen
kann.
 
Das Optimieren und Verbessern ist des Menschens Ding.

Auch dieser Faden wurde eröffnet um etwas zu verbessern, das noch nicht als optimal empfunden wird.

Wer das Optimieren und verbessern in Frage stellt, stellt das Menschsein in Frage, denke ich.

Für den, der seine Optimierungsgelüste als Sog oder Sucht empfindet, wäre das lösen davon, eine Optimierung seines Lebens.(y)

Ich hoffe das mein Beitrag jetzt nicht zu einer Verschlechterung führt. :whistle:
:)
 
Es geht mir um den Sog des Optimierens, das bedeutet ,dass man sich mitziehen lässt, andernfalls zufriedener wäre.
 
Wenn's dich positiv antreibt: Lass dich vom Optimierungs-trend mitziehen.
Wenn du dich getrieben fühlst: Entwickle deine eigenen Maßstäbe, damit weißt, was du willst und das, was du anstrebst, auch (mit Spass) erreichst.
Ist zwar irgendwie auch eine Art von Optimierung , aber wird dir und deinen Bedürfnissen (hoffentlich) gerecht.
 
Optimierung ist die Definition von und das Streben zu einem Ideal.
Wäre schlimm, wenn das in mehr als neurotischen Ausnahmefällen nicht glücklich macht. Da säßen wir noch in den Bäumen.
Ich könnte mir schon vorstellen, einfach glücklich in den Bäumen zu hocken. :unsure:
 
optimieren kann man auch nach dem pareto prinzip mit 20% des aufwandes erreichst du ca. 80% des nutzens willst du die restlichen 20% musst du den aufwand um 80% steigern.
zurücklegen der wege zu fuss optimiert -20% aufwand =fahrrad, 80% mehr aufwand pkw
irgendwo dazwischen liegerad und VM
es kommt also auch darauf an was du optimierst das zurücklegen des weges oder den aufwand
das leichtlaufen optimieren wir nur weil wir von natur aus faul sind und daher den geringsten aufwand wollen und um das zu erreichen treiben wir oft riesigen aufwand ist doch nett oder?
 
mir machen Optimierungen Spaß die Sinn machen,

wie z.B. die 190mm Kurbeln und die ovalen Kettenblätter am RR....

die geben mir sogar ein gutes Gefühl, wenn ich im Wohnzimmer nur auf mein Rennrad schaue,
falls der Blick mal vom Flachbildschirm abrutscht....

:whistle:

Bei meinem Quest hat es bis jetzt nur zum Aludreieck gereicht, was den Antriebsstrang stabiler macht.
Zu anderen Optimierungen konnte ich mich noch nicht motivieren,
weil es ja trotz allem weiteren Tuning nur ein 3Rad bleiben würde.
Wenn ich es gegen ein QV eintausche, dann würde ein Tuning wieder Sinn machen,
weil dann die Basis stimmt, wie bei meinem RR.
 
mir machen Optimierungen Spaß die Sinn machen,
Genau, ein oder zwei Bier mehr auf dem Liegerad oder Trike bilden einen Bauch der prima ne Windhutze für die Nase bildet so das diese möglichts einen geringen Windwiderstand hat. Dadurch wir das Trike-Liegerad viele schneller.
Jeder Tankstop in der Pinte ein Gewinn :)
 
Ich schwafele dann mal ein paar Seiten vor mich hin. Einfach weiter scrollen. :ROFLMAO: A


Perfektion ist der volkommene, absolut makellose Zustand. Dieser ist in der Regel nicht erreichbar und dient hochstens als Orientierung der Richtung.

Optimum ist der bestmögliche Zustand. Wie schon erwähnt wurde, ist dies in der Regel ein Kompromiss und Kompromisse sind meist sehr individuell und verschieben sich ständig. Wenn es um das schnellste Fahrzeug geht, will man dann nur lange Geraden betrachten oder auch hügelige Landschaften bis Berge oder gar Kurven, Abbiegungen, Ampeln etc.? Und ist man nicht vielleicht mit einem Faltrad in der Bahn tatsächlich schneller am Ziel? Rechnet man die Zeit, die man ins Basteln steckt mut auf die Fahrzeit? Geschweige die Zeit, die man arbeiten musste, um sich das schnellere Material leisten zu können.

Man muss selbstbwissen, was man will und das vor Augen behalten. Möchte man zum Spaß möglichst schnell fahren und das als Selbstzweck zum Hobby machen, wird einen die Optimierung der Geschwindigkeit glücklich machen, wenn man denn erfolgreich ist. Will man sich mit der Materie auseinander setzen und Erfahrung sammeln, ist das Ziel gut erreichbar. Will man moglichst schnell und einfach ohne Auto ans Ziel kommen, muss man seine Investitionen schon etwas bedachter tätigen, eben weil dann die Investition selbst schon wieder vom Ziel abbringt.
Wenn man sich jetzt am Enthusiasmus der Anderen anzustecken droht, muss man sich also bewusst werden, was dieser Enthusiasmus ist und ob der sich mit dem eigenen Wesen und Zielen deckt.
Ich selbst habe ein Velomobil aus praktischen Grunden gekauft, um Entfernungen im Bereich 10-100km zu überwinden. Spaß an der Technik und der Effizienz spielt auch eine Rolle, ich habe aber nicht die Energie, da ständig viel Arbeit reinzustecken, wenn ich irgendwelche Spielereien ausprobieren will oder sehe es dem Nutzen abträglich, wenn ich bei einer Panne komplett strande und das Fahrzeug nicht einfach per Taxi und Tug nach Haise bekomme. Ich überlege also, ob der komplette Umstieg auf offene Zweiräder für mich nicht eher in Richtung Optimum geht.

Ob mich das Glucklich macht, kann ich kaum sagen. Ich glaube, glücklich sein liegt mir einfach nicht, es ist vielleicht eher die Suche nach dem Zustand mit dem geringsten Leidensdruck ;). Aber jede Verbesserung bringt erstmal eine kleine, temporäre Freude - Bis die damit einhergegangenen Verschlechterungen auffallen. Wenn ich vor der Fahrt eine Stunde am Tretlagerschlitten rumfluche, weil ich für mehr Bequemheit andere Pedalen eingebaut habe, bin ich unzufrieden, wenn ich meine Durchschnittsgeschwindigkeit von lächerlichen 30-35km/h im Alpha7 ohne Haube und Hosen auf gegebener Strecke mit den von trainierten Sortlern gefahrenen Milanen mit Rennhaube am Deich vergleiche, muss ich mir stark bewusst machen, dass die Vorraussetzungen einfach anders sind. Wenn ich die 60km aber hin und zurück gefahren bin und den Grund für die Fahrt erledigt habe, bin ich zufrieden. Ich bin mir jedenfalls bewusst, dass der aktuelle Zustand schon gut ist und kann trotzdem auch gleichzeitig Veränderungen anstreben. Bin ich dann jetzt zufrieden oder unzufrieden? Ich bin auf jeden Fall zufriedener als ich es mit einem Rennrad geworden wäre, also ist die Optimierung der Fahrzeuggattung schonmal gut ausgegangen. (Das sind dann die erwähnten 80/20. Überhaupt auf's Liegerad/Velomobil zu kommen ist 20% des Aufwandes zum optimalen Fahrzeug und der erreichte Vorteil sind 80% des möglichen Vorteils. Die Kosten/Nutzen-Rechnung siieht hier also sehr gut aus. Will man auf 90% Vorteil kommen, muss man es schon mit Ehrgeiz angehen und 95% sind Passion.)


Ach, kurz gesagt: Alles kann glücklich machen, wenn es das Richtige für dich ist. Was willst du und was bist du bereit dafür zu investieren / aufzugeben? Insbesondere: Willst du streben oder willst du erreichen?
 
Ist Wolfram noch recht jung? uh, ich schreib ja wie n 120 jähriger... : )
Jedenfalls kann Lebenserfahrung helfen, ruhiger zu werden und das Wichtige vom unwichtigeren zu unterscheiden. Was zwischen den Zeilen m.E. schon anklang ist die persönliche Bewertung von Optimierung... ich kann völlig einem Optimierungs-wahn verfallen und ergo ständig unzufrieden sein oder ich habe einen Zustand der Optimierung erreicht, der mich zufriedenstellt. Die Optimierung und weiterentwicklung per se ist weder gut noch schlecht, aber immanent menschlich. Ohne dies gäbe es alle unsere technischen Errungenschaften nicht...
 
Hey ich bin 54 , das ist nicht mehr jung, vor 2 Wochen lag ich Bewusstlos im Wald, ich bin wieder heile, doch vielleicht nachdenklicher
 
Wie andere schon geschrieben haben: Es liegt in der Natur des Radfahrens und besonders des Spezialradfahrens, dass man versucht, seine Körperkraft möglichst effizient einzusetzen. Diese Suche nach Effizienz macht einen Teil der Faszination aus.

Und das empfinde ich gar nicht als Belastung, sondern oft sind es wertvolle Denkanstöße: nicht alles, was schon immer so gemacht wurde, ist unbedingt der beste Weg. Man lernt viel, wenn man sich fragt, worauf es eigentlich ankommt, was man eigentlich erreichen will, und welche Kompromisse sich dafür lohnen.
Es geht mir um den Sog des Optimierens, das bedeutet ,dass man sich mitziehen lässt, andernfalls zufriedener wäre.
Ich spüre da eigentlich keinen nennenswerten Sog. Wenn da wieder einmal ein Hype durchzieht, den ich nicht verstehe, dann ignoriere ich ihn. Ich muss nicht jeden Schmarrn mitmachen. Vielleicht ist das auch nur meine inhärente Faulheit. Um diese zu überwinden, braucht es schon etwas mehr Motivation als dass es alle anderen gerade machen.
 
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