Noch ein technischer Appendix: Betrachtung von Kurvenfahrten meines 26/26-Trikes und Teil 3 meiner QGIS-Lernerei (Teile
1 und
2).
Kurven sind mit dem Neigetrike eigentlich recht einfach zu fahren, ohne bewusste Absicht neigt man das Rad einfach durch eine intuitive, leichte Verlagerung des Körpers, ich muss gestehen, ich weiss gar nicht genau wie ich das mache, wahrscheinlich ist es nur eine leichte Drehung im Rücken und schon neigt sich das Rad leicht in die gewünschte Richtung, ähnlich wie bei einem Upright (andere Hebellängen), und dann muss man nur noch hübsch pedalieren. Wenn man dabei zu langsam ist, kann es schon passieren, dass man auf und mit dem Neige-Trike-Rahmen umkippt, während gleichzeitig alle 3 Räder ständig den Boden berühren. Das sieht deppert aus und ist nicht ganz ungefährlich, weil man ja nicht auf dem Sitz festgebunden ist. Die fragilen 26-Zoll-Vorderräder sind indirekt im Achsschenkel gelenkt, im Vergleich zu einem Trike mit einer Panzerlenkung an 20-Zoll-Rädern kann man da kaum Kraft vom Lenker auf die Räder bringen (ist ja auch so nicht gedacht). An der Panzerlenkung kann ich einen Workout machen wie an einer Kraftmaschine im Fittness-Studio, ich radiere zwar ordentlich am Reifengummi, aber ich bekomme die engsten Kurven damit hin, was ordentlich Spaß macht, keine Frage. Diese Möglichkeit habe ich beim indirekten Neige-26er nicht, wenn ich das versuchen würde, würde ich wahrscheinlich etwas am Lenkgestänge verbiegen, oder den Vorbau verdrehen, oder Speichen brechen. Dies Trike ist ein freier Neiger (bis zu einer baulichen Begrenzung) mit einer optionalen Neigebremse. Im Wesentlich bin ich der Physik unterworfen, was das Fahren von Kurven angeht. Geschwindigkeit, Neigewinkel des Trikes, und Kurvenradius kann ich nicht nach belieben unabhängig voneinander wählen. Es fehlt der Puffer des abzuradierenden Gummis, wenn ich bei der Panzerlenkug schlecht fahre, verliere ich halt mehr Gummi und mehr Körner, überschlage mich aber nicht (sicher, das kommt auf die genaue Trike-Geometrie an, bei meinen ist es aber so, Gummi und Körner vs. Fahrphysik und Ideallinie). Ich stelle es mir mehr wie Surfen auf einer Welle vor, die Kurve ist meine Welle, auf der ich mit dem Trike surfe, ich kann die Welle nicht beeinflussen, nur mein Brett. Die Neigebremse kann ich nutzen, um ein Kippen bei sehr kleinen Geschwindigkeiten zu vermeiden, oder aber auch, wie ich letztens erst auf dem Hockenheimring lernte, um bei höheren Geschwindigkeiten die Neigung einzufrieren, um den aktuellen Kuvenradius nicht zu verlieren. Neigetrikes sollen die Eigenschaft haben, sich beim Beschleunigen aufrichten zu wollen, schneller pedalieren arbeitet gegen die Neigung (hatte ich vor Zeiten mal im Internet gelesen, muss ich aber noch besser durchdringen). Bei angezogener Neigebremse ist es natürlich kein freier Neiger mehr und ich muss hoffen, dass die Speichen das mitmachen. Dieses Aufrichten beim Beschleunigen nutze ich schon länger, wenn ich bei kleinen Geschwindigkeiten ins ungewollte Kippen geraten sollte, zwei schnelle Pedalumdrehungen und grade ist's. Und oben drauf kommt noch der bauliche Aspekt des Trike, Justage der Lenkung, der Spurstangen, Lagerspiel, etc. Auf dem Hockenheimring war mir aufgefallen, dass das Trike besser schnelle Linkskurven als schnelle Rechtskurven fahren kann. Ist das Trike Linksfahrer so wie ich Rechtshänder bin? Das wollte ich auf dem Airfield am letzten Tag seiner Öffnung nochmal austesten. Ich habe den Verdacht, dass ich in Rechtskurven die Ackermann-Bedingung weit früher verliere als in Linkskurven. Den Rädern ist dann der Lenkeinschlag nicht mehr so ganz wichtig und sie äugeln schon etwas mit der Richtung des Impuls des Trikes (geradewegs raus aus der Kurve). Ich nehme an, in der Kurve wird dann das Voderrad mit der geringeren Auflast anfangen zu flattern. Als Einstellmöglichkeiten habe ich eigentlich nur die Spurstangen, alle anderen Distanzen und Winkel sind fix mit den Rahmen- und Fahrwerksbauteilen realisiert. Die Rätselfrage ist: ist es die rechte oder die linke Spurstange?
Die Idee ist nun einfach Auswärtsspiralen zu fahren, während ich kontinuierlich beschleunige. Die Lenkung sollte dabei möglichst nicht aktiv benutzt werden, sondern sie soll nur gehalten werden, so dass sich der Kurvenradius in erster Linie aus der Geschwindigkeit bei gegebener Neigung ergibt. Dieses Lenken ist dann natürlich sehr subjektiv und man kann so nicht objektiv den minimal möglichen Kurvenradius ermitteln, sondern nur den Kurvenradius, den man sich subjektiv gerade noch traut bei der Geschwindigkeit zu fahren. Das ist dann so ähnlich richtig oder falsch wie es Läufer beim
Conconi-Test machen. Die einfachste Variante eines solches Tests ist es natürlich, das Trike bei voller Einlenkung links bzw. rechts herum zu schieben, und zu beobachten, welcher Radius da möglich ist.
QGIS: Mir war aufgefallen, dass meine bisher aus QGIS exportierten Bilder alle irgendwie verzerrt waren, was wohl an dem für GPS standardmäßig benutzem Koordinatensytem WGS 84 liegt. Ich habe dann gemäß dieses
Videos einfach mal das KBS eines Layers auf UTM 32N umgestellt und das dann auf das gesamte Projekt übertragen (alles über den Punkt "Layer-KBS" aus dem Kontextmenü eines Layers) und schon sah die Auswärtsspirale nicht mehr ganz so eiförmig aus. Linksherum (blau) und rechtsherum (grün):

GPX: Um mehr GPS-Punkte aufzeichnen zu können, wechselte ich auf die kontinuierliche Aufzeichnung von OsmAnd, die auch einige Optionen zum Glätten des Tracks bietet, die ich aber hier nicht nutzen will. Ich denke, dass Komoot ebenfalls so eine Gättung macht, was erklären würden, dass es keine x-fache Aufzeichnung gibt, wenn man eine Pause macht und stehen bleibt. Die GPX-Datei von Osmand offenbart die zusätzliche Aufzeichnung von Geschwindigkeit und Kurs in
Extension-Tags. Diese Tags ignorierte GPSBabel jedoch und berechnete die gleichen Größen aus den Koordination, und das auch noch mit anderen Werten. Einzig im Falle kleiner
horizontaler Abweichungen (das HDOP-Tag) konnte ich eine Übereinstimmung der beiden Geschwindigkeitsangaben (OsmAnd vs. GPSBabel) sehen, innerhalb eines Fehlers von ca. 0,5 m/s. Der Kurs wich grob um ca. 70° ab, man muss nicht alles verstehen. Ich nahm dann wieder die Geschwindigekeiten, wie sie GPSBabel brechnet. Hier die leicht angepasste Style-Datei für eine OsmAnd-Aufzeichnung:
#
# GPSBabel command: gpsbabel -t -i gpx -f <input file>.gpx -x track,speed,course -o xcsv,style=GPSBabel.style -F <output file>.csv
# ( GPSBabel.style = this style file: )
ENCODING UTF-8
EXTENSION csv
DATATYPE TRACK
#
# File Layout:
#
FIELD_DELIMITER COMMA
RECORD_DELIMITER NEWLINE
BADCHARS ,"
PROLOGUE Index, Latitude, Longitude, Elevation, Timestamp, Coordinates, Horizontal Dilution, Course, Speed (km/h), Speed (m/s), Distance (km), Distance (m)
#
# Fields
#
OFIELD INDEX,"1","%04d"
OFIELD LAT_DECIMAL,"","%.7f"
OFIELD LON_DECIMAL,"","%.7f"
OFIELD ALT_METERS,"","%.1f"
OFIELD ISO_TIME_MS,"","%s"
OFIELD LATLON_HUMAN_READABLE,"","%c %d %.6f"
OFIELD GPS_HDOP,"","%f"
OFIELD PATH_COURSE,"","%.1f"
OFIELD PATH_SPEED_KPH,"","%.1f"
OFIELD PATH_SPEED,"","%f"
OFIELD PATH_DISTANCE_KM,"","%8.3f"
OFIELD PATH_DISTANCE_METERS,"","%.2f" |
So sind die Geschwindigkeiten (km/h):
Linksherum (Beginn bei Markierung "15.1", Ende bei "20.8") traue ich mich locker bis ca. 30 km/h zu fahren, mit noch mehr Platz wäre vielleicht noch mehr gegangen. Rechtsherum (von "23.1" nach "20.9") komme ich nicht mal recht an die 25 km/h heran, es fühlte sich auf dem Trike einfach zu riskant an, noch schneller zu fahren, es fühlte sich an, wie kurz vorm Lenkungsflattern oder Umkippen.
Die Spitzkehre auf dem Hockenheimring konnte ich nur so fahren, wie es das Trike zugelassen hat. Geschwindigkeiten und Kurvenradien bei den Rechtskurven hier und dort ergeben ein plausibles Bild. Falls ich das Trike für Rechtskurven so justiert bekommen könnte wie es für Linkskurven schon ist, dann sollten in der Spitzkehre doch wohl auch 30 km/h möglich sein. Dank des Airfields kann sich die Spitzkehre auf dem Hockeheimring nächstes Jahr mal sowas von warm anziehen!