Welche effektiven Möglichkeiten hat der Stadtrat, Ladenmieten so zu begrenzen, dass inhabergeführte Geschäfte wirtschaftlich zu betreiben sind
Tja Klaus, diese Frage kommt etwas spät. Nicht von Dir, sondern von den Stadtverwaltungen.
Wir dürfen nicht vergessen: fast alle inhabergeführten Geschäfte befanden sich vor nicht allzu langer Zeit in eben den Häusern der Inhaber. Es war also am Anfang kein Mietenproblem. Erst die Inhaber selbst machten diesen Schritt mit oftmals völlig falschen Behauptungen und der wahren Motivation entgegengesetzten Begründungen, indem sie begannen, Ihre Geschäftsräume an Ketten zu vermieten oder ihre Häuser gleich ganz zu verkaufen.
Wenn wir heute betrachten, wie viele der noch bestehenden Inhabergeschäfte jeden Zug der Erneuerung und Veränderung verschlafen haben, muss man sich schon wundern, wenn gerade diese über die Schuld der anderen jammern. Ich mag mich noch daran erinnern, wie ich in einem Elektrogeschäft um ein Ersatzteil für meine bei ihm gekaufte Kaffeemaschine an der Theke stand und nur Schulterzucken als Antwort bekam. Tags darauf fand ich im Internet heraus, dass just genau bei dieser Maschine fast alles auch als Ersatzteile zu haben ist. Hätte der Elektrohändler nur einmal in seine Liste geblickt, wäre das Ganze kein Thema gewesen, diesen Umsatz hätte er gemacht. Auch Waschmaschine und Trockner wären mit Sicherheit ein Jahr später über seine Theke gelaufen. Wenn Du nun sagst, von mir alleine und Ersatzteilverkauf könne dieser Händler nicht leben, dann kann ich nur nicken und entgegnen, dass dieses Verhalten allen seinen Kunden gegenüber nicht anders gewesen sein wird. Selber schuld, kann ich da nur sagen. Schade aber für die Stadt und ihre Vielfalt. Das Haus übrigens, gehört ihm noch heute, seine ehemaligen Geschäftsräume sind teuer vermietet.
Ja, es hat zu allen Zeiten Veränderungen der Ströme und Anforderungen gegeben. Noch nie aber sind Menschen mit ihrem Umfeld so maßlos gleichgültig und ideenlos umgegangen. Diejenigen, welche alternative Wege beschreiten, werden als Spinner abgetan.
Bei der Frage der Wirtschaftlichkeit habe ich auch zwei herausragende Beispiele vor Augen, die ich mir nur vage erklären kann: da macht ein inhabergeführtes Café zu, weil es dem Inhaber und gleichzeitigen Hausbesitzer finanziell nicht mehr anders möglich war. Dafür ist einen Monat später ein anderes Café drin, das prächtigen Umsatz macht und darüber hinaus noch dem ehemaligen Inhaber eine teure Miete abdrücken muss. Wirtschaftlich nicht zu betreiben? Ein Kinobesitzer hat aus seinen nicht mehr wirtschaftlichen großen Kinosälen viele kleine (leider nicht im gleichen Haus) gemacht und scheint finanziell besser dazustehen als je zuvor. Zumindest ist das mein Eindruck. Mut zur Veränderung, eine Nase für den Markt. Das waren für Händler schon immer die wichtigste Voraussetzung erfolgreicher Geschäfte. Mangelt es daran, wird sich das zwangsläufig wirtschaftlich negativ auswirken. Trotz hervorragender Basis.
Bei der Stadtratsfrage kann ich mich nur wiederholen: Es sind und waren schon immer die Vereinbarungen der Brüder im Geiste, die über Wohl und Wehe der Zivilisation entschieden haben. Ob im Kleinen oder im Großen. Selbstverständlich gibt es keinen Hebel, an dem man von Rechts wegen ziehen kann, um an der Schraube von Ladenmieten zu drehen. Es gibt aber so viele Dinge, die auf der Wunschliste der Vermieter stehen. Schnelles Glasfaserkabel, Sondergenehmigungen für Parkflächen, Renovierung der Fußgängerzone, Schankgenehmigung im Freien für den Mieter, Ladenschlusszeiten und so weiter. Ein Geben und ein Nehmen Tag für Tag. Da liegen die Hebel zuhauf. Wenn aber im Stadtrat als Genehmiger die gleichen Leute sitzen, die diese Genehmigung haben möchten, ist es mit dem Hebel selbstverständlich nichts.
Das ist wie mit den Siedlungsprojekten: Die Handwerker im Stadtrat haben mitnichten ein Interesse an großen Gebäuden. Da müssen sie viel zu große Kalkulationsabstriche machen. Deshalb wird bei der Stockwerksbeschränkung sehr schnell genickt. In solchen Verflechtungen liegt die Bewegungslosigkeit einer Gesellschaft zu einem nicht unerheblichen Teil begründet. Nicht im Schicksal. Das haben schon die alten Griechen erkannt.
Sei mir bitte nicht böse Klaus. Damit ist für mich erst einmal das Thema abgehakt, da ich momentan auch privat mit einer städteplanerischen Ungereimtheit einigen Ärger habe.
Gruß
Martin