So, seit einer Stunde wind wir wieder zuhause, nach 2047 km, 8800 Höhenmetern und 128 Stunden in Bewegung. Hier mein Fazit für meine erste große Reise mit dem VM.
1. DF XL 62: Die Krähe ist gestartet mit 200 km auf dem Grand Prix hinten und etwas über 1000 km Laufleistung auf den Duranos vorn. Null Platten, alle Reifen sehen noch immer tiptop aus, trotz des Fraßes durch die rauhen französischen Straßen. Auch sonst keine technischen Probleme, außer einem Kettenabwurf 35 km vor zuhause. Madame hat sich tapfer geschlagen, überhaupt keine Probleme gemacht und möchte jetzt nur gern mal etwas Öl auf die Kette.
2.Ausrüstung: Das Zelt von Big Agnes war ja nicht neu und bereits erprobt und tat exakt was es sollte, die eingebaute LED Beleuchtung war angenehm und wurde oft Abends noch zum lesen genutzt. Wir hatten nur einen Schlafsack als Decke mit, das war bei der Hitze mehr als genug, die Matten von Exped waren problemfrei und wir haben gut geschlafen. Unser Ablauf zum Auf- und Abbau unseres Lagers war schnell eingespielt und wir waren üblicherweise in 45 min zusammengepackt und aufbruchfertig.
Was uns allerdings fehlte, waren zwei Stühlchen, die hätten wir dann doch gern gehabt und diese stehen jetzt auf der Einkaufsliste. Mit 600 gr pro Stühlchen ein Luxus den man sich gönnen kann.
Unsere Elektrobox: Plastikkiste mit einer Dreifach Steckdose (5 m Zuleitung), darin drei 4 fach USB Ladegeräte und alle Ladekabel für das übliche Geraffel. Am CP angekommen, Box einstecken, Geräte dran, fertig. Falls nass, Deckel drauf. Diese Dose paßte prima unter den Sitz der Krähe. Jeder eine Powerbank, für das Nachtanken tagsüber.
Reifen und Mäntel hatten wir reichlich mit und haben wir auch reichlich wieder zurück gebracht (zwei Duranos gingen auf Christophs DF, geplante Abnutzung), trotzdem war es gut sie dabei zu haben, Nachkauf in Frankreich wäre schwierig geworden, da ist etwas Reserve dann doch kein Fehler.
Der Kreidebeutel aus dem Kletterbedarf der auf Tillerhöhe unter der Haube angebracht ist (Pilzband, Danke Detlef!) war super, denn da paßt die Powerbank rein und ein Putztuch, so das das Ladekabel zum Garmin gar ncht so lang ist das man es beim einsteigen abreißen kann (hatte ich schon!) und man ab und zu die Schmierfinger vom Bildschirm wischen kann.
Strecken: Gerouted mit BRouter Fastbike low traffic. Ohhhh jaaaaaa, hat schon was, aber man muß sich auch die Nachteile bewußt machen. Wir hatten großartige Strecken durch das französische Niemandsland, null Einkaufsmöglichkeiten, außer BRouter konnte es nun gar nicht vermeiden uns durch eine bewohnte Ortschaft zu bringen, die mehr als 5 Häuser hat. Der hat Straßen gefunden, da wußte sicherlich nicht mal die zuständige Behörde, dass es die noch gibt
. Dafür hatten wir tolle Landschaften und teilweise herrliche Ausblicke. Einen Orangina Dealer haben trotzdem irgendwie immer gefunden und einen CP auch, auch wenn die in einigen Gegenden nicht sonderlich breit gesäät waren.
Der Straßenbelag..... Schwamm drüber, habe ich bereits genug gemeckert und buche das unter Training ab. Wenn ich mal eine Flaschenfee finde, wünsche ich mir, dass sie alle Straßen neu machen läßt.
Campingplätze: Sehr gemischt von der Qualität. Gerade an den heißen Tagen hätte ich mir gewünscht, dass man die Wassertemperatur der Dusche selbst bestimmen darf.
Garmin Edge 1000: hat wie gewohnt zuverlässig getan was er sollte, aber brauchte dann doch nachmittags immer mal etwas Strom extra.
Klamotten: Wir hatten ja extrem sparsam gepackt, zwei mal Radklamotten und einen Satz Zeugs für Abends. Das Radzeugs mußte dann halt Abends mal gewaschen werden und an der mitgeführten Wäscheleine getrocknet werden. Wir haben unterwegs bei Decathlon noch in eine längere Leine investiert, das war sinnvoll. Regenjacke wurde unbenutzt wieder heim gebracht, Trikot das ich mitgenommen hatte auch, die T-shirts waren schon zu warm. Vergessen wurde das Badezeug, das wurde dann ebenfalls bei Decathlon für ein paar kleine Taler nachgekauft. Ein Kleidchen zum Abends überwerfen hätte mir Freude gemacht, das kommt fürs nächste mal auf die Packliste. Sehr sinnvoll waren die Five-Fingers als alternatives Fußwerk wenn man nicht radelt, superleicht und für alle Fußläufigkeiten gut geignet. Die waren exakt die richtige Wahl.
Alles in allem hatten wir eher zu viel mit als zu wenig. Das mitgeführte Schloß haben wir auch nicht gebraucht, die DFs haben wir nirgendwo angeschlossen, sie standen immer brav da wenn wir wiederkamen.
Ja, wie wars sonst so....... großartig!!!!! Ich bin eigentlich total fertig losgefahren, erschöpft von viel Hektik bei der Arbeit und erschlagen von der Wärme, mit der ich noch nie gut umgehen konnte. Ich hatte keine Ahnung wie ich mit den geplanten Etappen fertig werden würde, meine einzige “Langstrecke” davor war die Reise zur Spezi und die machte mir klar, ich kann 200 km am Tag auch mit reichlich Höhenmetern fahren, aber nicht mehrere Tage hintereinander! Also, einfach losfahren und gucken was geht, ggfs muß Christoph halt warten, umplanen, Mitleid haben, nasse Tücher auflegen.... whatever. Es ging deutlich besser als gedacht, nur meine Füße bereiten mir nachhaltig Probleme, das wurde streckenweise schon bitter schmerzhaft. An den Schuhen liegt es nicht, ein bei Decathlon gekauftes Paar Shimanos brachte keine Linderung, im Gegenteil, es wurde eher schlimmer und bestätigte, das meine brettharten Schuhe weniger Sorgen bereiten als die eher weichen Schuhe, so habe ich diese neu erworbenen Treter dann nach 3 Tagen ganz hinten ins DF gefeuert und habe sie spazieren gefahren, das Thema Füße werden wir mal untersuchen und mit der Sitzposition im DF anfangen, mal schauen was Abhilfe schafft. Allein das Gewicht der herumgekurvten Schuhe hätte man prima mit zwei leichtgewichtigen Stühlchen ersetzen können. Das Fußproblem wurde mit steigenden Temperaturen heftiger, also brauche es an den heißen (Untertreibung der Woche!) Tagen deutlich mehr Pausen (in den letzten 3 Tagen auch um die Kernschmelze zu verhindern, da traten schon Aussetzer ein und einmal hat mich Christoph für zwei Stunden an die Kette gelegt, ich hätte schon verschwommen gesprochen), nicht zu ändern. So waren wir nicht viele Stunden in Bewegung pro Tag, aber immer ziemlich lange unterwegs, was aber auch an unseren Besichtigungen lag, ich wollte ja auch was von Frankreich sehen außer Landschaft.
Zu sehen gab es richtig viel, wir haben nur einen Bruchteil tatsächlich angeschaut, sonst wären wir gar nicht mehr von der Stelle gekommen. Wir hatten Touristenattraktionen die total überlaufen waren, Chateau Chombord, aber auch viele kleinere chateaus die wir teilweise auch zu besucherarmen Tageszeiten angetroffen haben und wirklich genießen konnten. Außerdem haben wir viel Viechzeugs gesehen (sogar einen Eisvogel), haben die Landschaft betrachtet, die Städte........ aber vor allem waren wir begeistert unterwegs zu sein. Unsere Tageskilometerleistung war daher abhängig von der Anzahl Sehenswürdigkeiten, der Temperatur und den Höhenmetern. Es war entspannend, nicht einen bestimmten CP erreichen zu müssen, sonst wäre manche Tage seeeehr lang geworden, so haben wir aufgehört wenn es uns reichte und es Zeit war das Zelt aufzubauen und etwas zu essen.
Was habe ich gelernt in Frankreich? Steigungen fahren
, ehrlich! Irgendwann machte es “klick” und es ging. Langsam aber stetig habe ich mich überall hochgearbeitet. Steigungen über 7% finde ich immer noch furchtbar, aber die laaaaaangen Steigungen mit bis zu 5% die ich immer grauenvoll fand sind jetzt gut machbar. Einen Col de irgendwas brauche ich immer noch nicht, aber alles andere fahre ich sehr stetig rauf und manchmal hat es sogar Spaß gemacht. Der Schwarzwaldaufstieg war diesmal deutlich einfacher, da war es auch noch merklich kühler. Mein Trainingszustand hat sich sicherlich stark verbessert, aber die Ruhewoche in Chinon hat auch sehr geholfen, das sie alles regenerieren konnte und die Muskeln wieder ins Gleichgewicht kamen, bevor es auf die Rückreise ging.
Ich hatte wirklich Angst in den letzten Tage bevor es los ging das ich mich maßlos überfordere, überschätze, was auch immer. Ich wollte die beiden Jungs schon allein fahren lassen, mir erschien das doch als Herausforderung eine Nummer zu groß, vor allem wenn man ohnehin schon auf dem Zahnfleisch latscht in den Wochen vor der Abreise. Auch gab es ja keinen easy way home per Bahn oder so, wenn ich losfahre muß ich auch durchhalten....... leichte Panik setzte ein. Trotzdem bin ich gefahren und verdammt froh es getan zu haben. Man wächst über sich hinaus, findet manchmal unverhofft einen Sack Körner wenn man eigentlich keinen Schritt weiter will, erlebt euphorische Momente wenn es plötzlich noch mal richtig rennt und 40 km im Nu weg sind, wenn Streckenstücke dir nochmal deutlich machen warum du ein VM fährst! Toll!! Das geht aber nur mit einem verständnisvollen Mitfahrerteam die dann auch mal damit leben können das Pausen länger werden, oder das Tempo mal zeitweilig stark sinkt. Daher ein dickes Danke an Christoph und Markus (der uns ja leider unverhofft verlassen mußte) für deren Geduld und die Fähigkeit mich immer irgendwie motiviert zu kriegen weiter zu machen. Christoph hat mich bei der Hitze dann einfach mal gründlich mit Wasser begossen, mit der Wäscheleine Lappen an steilen Ufern eingetaucht um Kühlung zu beschaffen, hat mich sanft wieder in Bewegung geschupst wenn ich nicht mehr wollte. Irgendwie geht es immer weiter und das ist gut zu wissen, ich habe viel über mich gelernt ich diesen drei Wochen.
Hui, das war jetzt lang, sorry dafür, vielleichts hilfts ja jemand der sich fragt ob man sich sowas antun kann, darf, muß. Die Antwort: Unbedingt!! Wer nicht losfährt wird nie wissen wie weit er kommt und was er tatsächlich kann
. Nach der Reise ist vor der Reise und jetzt denken wir mal nach, wohin es als nächstes geht, diesmal aber mit Stühlchen
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