Mit guten Argumenten kannst Du den Leuten nicht die Angst vor tödlicher Gewalt nehmen, deswegen ist Deutschland ein Radweg-Land - auch, wenn die Radwege objektiv sogar unsicherer sein mögen.
Da stimme ich zu. Und darin liegt das Dilemma, in das sich der ADFC mit seinen Leitlinien hineinmanövriert hat. Es gibt einen nicht überbrückbaren Gegensatz zwischen gefühlter und tatsächlicher Sicherheit. Das ist der Kernpunkt in drei Worten zusammengefaßt (vielleicht etwas verkürzt).
Als Außenstehender habe ich beim Lesen der Leitlinien sogar den Eindruck, diese Problematik wäre im ADFC gar nicht bekannt. Sie wird nicht explizit angesprochen. Stattdessen wird zuvorderst noch mehr "Radverkehrsinfrastruktur" (ADFC-Deutsch für Radwege und -streifen) gefordert.
Durch die Diskussionen hier und anderswo weiß ich natürlich, dass der ADFC diese Dinge kennt und im Bewußtsein hat. Mit diesem Wissen im Hinterkopf kann ich z.B. die Leitlinie Nr. 2 oder Schlagworte wie "Straßen für alle" deuten.
Mir reicht es aber nicht, dass ich diese Problematik nur ganz versteckt zwischen den Zeilen finde. Ich hätte mir gewünscht, dass die Fakten offen genannt werden.
Nicht, daß ich eine Lösung dafür habe, aber ich glaube, solange auf den Straßen das Recht des Stärkeren herrscht, ist ziemlich egal, wie man den Mangel an Verkehrsraum für Radfahrer ausgestaltet. Schaff Radwege ab, und die Sicherheitsgefühlleute fahren auf dem Gehweg ... sie weichen eben der Gewalt.
Auch dieser Feststellung wage ich nicht zu widersprechen
Es scheint mir ein soziales Problem auf beiden Seiten (Radfahrer und Autofahrer) zu sein. Der ADFC wird dafür auch keine Lösung finden, denn er bringt diesen Umstand gar nicht in die öffentliche Diskussion. Er fordert ja "Radverkehrsinfrastruktur", also räumliche Trennung, in der etwas blauäugigen Hoffnung, das Aufeinandertreffen von Rad- und Autoverkehr umgehen zu können.
Umgekehrt werden sich Diskussionen wie diese hier immer wieder an der Streifchen- und Wegelchenproblematik festfressen, solange die Sicherheitsdefizite nicht eingeräumt werden. Das ist ganz zwangsläufig. Erst müssen alle Fakten auf dem Tisch liegen, dann diskutiert man weiter.
Den Verkehrsraum, der Autos zur Verfügung steht, zu verkleinern, ist aus meiner Sicht die einzige Möglichkeit, diesem Teufelskreis zu entkommen. Natürlich stehen die Radfahrer da als kleine gesellschaftliche Minderheit gegen die große und einflußreiche Mehrheit ... >:-(
Noch dazu sind "die Radfahrer" ein sehr inhomegenes Gemenge. Radfahrer, die bisher ohne die "Radverkehrsinfrastruktur" gut zurecht gekommen sind, sind natürlich ziemlich irritiert. Das sind gerade viele Alltagsradfahrer.
bergauf