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Neulich - mitten in Europa, die kleine Straße ist links bis auf die Bereiche der Einmündungen komplett mit "Steh"-zeugen zugestellt, da kommt mir im Dunkeln auf der einzig verbleibenden Fahrspur von vorne doch tatsächlich noch ein "Fahr"-zeug entgegen. (Ist sie nicht wunderschön - NEIN, nicht die Nachbarin! Ich meinte blos die deutsche Sprache, diese zeug-Wörter ... zu blöd aber auch ... )
Zurück zum Erlebten. Dieser Hirni, was glaubt der eigentlich? Das ist schließlich meine Fahrpur. Der soll gefälligst da fahren, wo seine Kollegen alles zuparken. Es folgt eine Bremsung nach Miami Vice Art. Da stehen wir also voreinander und können offensichtlich nicht mehr anders. Gut ausgeleuchtet blicke ich auf den scheinwerferbewehrten Kühlergrill und war ansonsten gerade damit beschäftigt, mich zusammenzureißen, sonst wäre mir wohl der Hals geplatzt. Nicht mal die Füße ausklinken werde ich ... doch oh Wunder, nach einer Weile bewegte sich "ES" ganz langsam zurück. Ha! Ein Sieg des Schwächeren über das heilige Blech! Errungen einzig durch die wilde Entschlossenheit und dem unbeugsamen Willen eines Velomobil-Fahrers ...
Aber eigentlich hätte ich da jetzt noch ganz gerne eine Frage ... da sehe ich schon mit Vorfreude, dass das Fahrerfenster bereits runtergelassen ist. Aus der Parklücke blinzelt mich verstört ein älterer Herr an und noch bevor ich meinem Unmut eine donnernde Stimme verschaffen kann, ergreift er das Wort und versucht mir geduldig klar zu machen, dass ich wirklich sehr, sehr schwer zu erkennen sei. So ein Bullshit! Und was ist mit der zu hoch eingestellten IQ Speed? Er bleibt dabei, selbst mit Blick auf mein 2,85 Meter langes, quietschgelbes Gefährt redet er hingebungsvoll weiter auf mich ein, die Quintessenz war in etwa: ich sei im Grunde sogar völlig unsichtbar.
Mir verschlägts echt die Sprache, was will man da auch antworten? Sein zerfurchtes Gesicht und sein freundliches Wesen vor Augen empfinde ich situationsbedingt sogar fast so etwas wie Mitleid ... nein jetzt reichts, es ist so sinnlos, die reine Zeitvergeudung. Bevor der jetzt noch sehenden Auges meine gesamte physische Existenz leugnet und mich zu einem spukenden Geist erklärt ... radle ich lieber weiter. Zunächst verärgert dann immer nachdenklicher. Sag mal, bin ich eigentlich "echt", also authentisch im Sinne von "aktivem" Teilnehmer in dem Film, der meine Wahrnehmung ständig zu umgarnen scheint ... ? Nein, ich laß mich heute nicht mehr kirre machen ... nicht kirre – nicht ich – genau, die können mich alle mal.
Aber wie in aller Welt kann es nur zu solch absurden Begegnungen kommen? Vielerorts treffe ich doch auf so viele freudig-erstaunte Zeitgenossen, wildfremde Menschen winken mir zu, rufen mir nach, Daumen hoch, so manches Lächeln huscht über die Gesichter (was ich übrigens eher dem Quest denn meiner Person zuschreiben möchte ... ohne Quest könnte die Begeisterung über mein Erscheinen jedoch ruhig auch öfter mal dieses Niveau einnehmen ... )
Und im Gegensatz dazu dann diese "ätsch - ich kann dich gar nicht sehen" -Fraktion! Leute, die dir bei vollem Verstand (?) tief in die Augen blicken und dir dabei mitten ins Gesicht hauchen: "Ich sehe es genau, Du bist gar nicht da!"
Ist dieses Negieren Deiner eigenen Existens nicht die schlimmste aller vorstellbaren Beleidigungen ... ey, darauf bin ich noch gar nicht gekommen, wenn mir demnächst einer was sagt, was MIR nicht in den Kram paßt ... ... dem geb ich hinterher sogar noch 50 Cent für die nächste Parkuhr mit, vielleicht "sieht" und versteht die ihn ja besser. (Ok ok - München Innenstadt halt nen ganzen Euro.)
Aber noch mal die Frage, was ist da bei einigen blos los? Wird - quasi als Laune der Evolution - bereits auf der Signalleitung zwischen Auge und Großhirnrinde alles ausgeblendet, was wie ein Velomobil oder Liegerad aussieht? Oder vielleicht geht das Velomobil erst bei nachgeordneten Verarbeitungsprozessen flöten? Ist da vielleicht irgendwo ein böser Dämon im Kopf, der selbstgefällig seinen Unfug treibt? Frei nach dem Motto: ... und da schließe ich sogleich messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf ... ? Oder frei nach Otto Waalkes: Auge an Großhirn: ich sehe es genau, es ist kein Automobil, also hör endlich auf zu bremsen und gib schon Gaaaaaas!
Einfach zu gerne erinnere ich mich an dieser Stelle an die folgende Szene: ein höchstens 3 Jahre altes Mädchen hängt fast schon mit dem einen Arm an der Hand der Mutter, der andere Arm zeigt ausgestreckt auf mich und mein Gefährt, gleichzeitig wippt die Kleine wild erregt in den Knien, sodaß der Mutti ihre Schulter im Takt mitschwingt, bis sie dem ausgestreckten Arm der Tochter folgt und da ist es wieder: ein Lächeln über ihr Gesicht huscht.
Meine Fresse, noch so jung und schon so technikbegeistert! Uns nannte man früher die „no future“ und die Null-Bock Generation, und heute fahre ich ein Teil, wo ein Bekannter letztens bemerkte, ich solle mich ruhig mal um Kondom-Werbung bemühen, dass würde halt bestens passen ...
Eine letzte Begegnung noch, dann hör ich auf – versprochen. Eines Morgens war ich spät dran. Das war offensichtlich der Tag der Einschulung nach den Sommerferien. Die Bürgersteige wimmelten vor lauter bunten Schultüten und ihren kleinen Trägern, die vielen jungen Eltern sollen dabei nicht unerwähnt bleiben. Schicksalshaft wurde eine der Ampeln rot. Ich schwörs, alle haben sich gefreut, ich wußte gar nicht, wohin ich noch blicken und mit wem ich mich am meisten freuen sollte.
Später, wenn diese Schulkinder mal alt sind, werden sie ihren Enkeln noch erzählen: ja und damals, am Tage meiner Einschulung kam da schon so ein Teil vorbei ...
Aber das Bemerkenswerte bei diesen Kindern ist doch: die sehen mich nicht nur, denen ist obendrein auch noch sofort klar, daß ich wirklich da bin!! Manche Autofahrer hingegen, kaum dass sie mich erblicken, behaupten da glatt das Gegenteil ... !
Aha! Vielleicht gibt man bereits beim Einsteigen in ein Kfz gewisse Fähigkeiten ab, etwa “Dinge” zu erkennen, welche keinen Motor in sich tragen? Vielleicht macht Autofahren ja blöd? Man sollte ruhig mal die Stärke der Altersdemenz in Relation zu den zuvor gefahrenen Kilometer setzen, vielleicht korrelliert da was?
OK, ihr ahnt es ja eh schon: ja ich habe da so eine Erklärung, die ich mit Euch teilen möchte. Zumindest ein erster Versuch einer Erklärung, mehr ist es wirklich nicht. Und seid bitte mit mir gnädig beim Kritisieren.
Stellt Euch mal vor, ein Autofahrer "übersieht" gerade einen unübersehbaren Radler und angenommen, Ihr könntet ihm dabei tief in die Augen blicken. Was würdet Ihr dabei feststellen? In etwa das Folgende: Ja, die Lichter sind an - aber es ist gerade keiner zu Hause!
Lichter sind an = das Wesen lebt und ist in einem wach-ähnlichen Zustand
es ist gerade keiner zu Hause = das Denk-Ich ist gerade inaktiv oder gaaanz wo anders ...
Gerade weil die Geübten Auto fahren können, ohne ihren Bewußtseinsfokus auf das Geschehen außerhalb ihrer Kiste zu legen, kann es für den Rest gefährlich werden. Dazu ein Beispiel, das fast jeder so kennt:
Nach dem Ausüben eines Hobbies fahre ich nach Hause (35 min). Gleich zu Beginn rufe ich einen Kumpel an und teile ihm die neusten Neuigkeiten mit. Es entwickelt sich ein sehr interessantes, emotionales Gespräch. Zu Hause angekommen, beenden wir den Tratsch, ich parke den Wagen, steige aus und versuche mich an Einzelheiten der Fahrt zu erinnern. Negativ. War da nicht die Ampel in Grünwald rot ... ja aber sonst? Keine Ahnung! Entsetzt rufe ich nach innen: Hallo, wer ist da gerade gefahren, wer hat uns nach Hause gebracht? Keine Sau antwortet, kein Muckser wahrnehmbar. So isses immer, hinterher wills keiner gewesen sein.
(Wenn Du in Dich hineinrufst: "Ich bin schizophren" und die ganze Meute antwortet: "ich auch", dann und nur dann hast Du ein Problem. Denn Du wirst nie alleine sein )
Sorry Leute, ich bleibe jetzt hartnäckig: WER ODER WAS IST DA GEFAHREN? Wer hat den Wagen gelenkt, Blinker gesetzt, Kupplung getreten ... ? Die Ampel war die einzige Situation, wo "ich" mich kurz einschalten mußte, aber sonst ist "ER" einigermaßen durchschnittlich unterwegs gewesen. Erstaunlich – nicht wahr?
Ich habe die Lösung dieser Frage in den Tiefen des world wide web gefunden, ein Aufsatz von Dieter M. Schulz-Hoos aus München: "Verstand, Denken und Bewusstsein", die URL gebe ich unten noch an.
Erinnert Euch mal an die ersten Fahrstunden. Au backe, war das anstregend. Bewußt einsteigen, anschnallen, ähm - Rückspiegel einstellen, Kupplung treten, Motor anlassen ... man kam nicht mal aus der Parklücke raus, ohne sich den Tadel des Fahrlehrers anhören zu müssen. Gut wurde man erst später, nach viel mehr Übung gelingen die einfachen Sachen "automatisch", ohne nachzudenken, der "Verstand" wurde nur noch bei kniffligen Situationen abgerufen. Im Laufe der Jahre übernimmt immer mehr der "Autonome Urverstand", wie Dieter Schulz diesen Teil unserer Intelligenz nennt, das Ruder beim Fahren. Mit der Folge, dass unser Denk-Ich, also jener kleine Teil der Denkabläufe, die uns bewußt sind, immer mehr abschaltet oder über andere Dinge sinniert, z.B. sich mit dem Mobiltelefon beschäftigt (egal ob da noch eine Freisprecheinrichtung ist oder nicht, die Aufmerksamkeit geht dabei in jedem Fall flöten!).
Meine These: es ist nun mal anstrengend, ständig seinen Bewußtseinsfokus genau auf die Dinge vor der Blechbüchse zu lenken. Tagträumen oder gar nicht bewußt Denken ist viel angenehmer, in diesen Zustand fallen wir automatisch zurück, wenn die Aufmerksamkeit nachläßt. Für über 99% der Begegnungen im Straßenverkehr reicht der Autonome Urverstand aus, diese antrainierten Fähigkeiten und Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Verkehrsteilnehmern. Aber Liegeräder und so ein Zeugs ist da noch nicht auf der Festplatte eingraviert. Da muß "Papi" (also unser Denk-Ich) noch mal selbst ran ans Steuer. Hat unser Denk-Ich aber gerade keinen Bock drauf, die Tagtraumsphären zu verlassen, dann kommen hinterher die Sprüche wie: "ICH habe sie überhaupt nicht gesehen".
In dieser Situatuion den Besuch eines Augenarztes zu empfehlen halte ich für verfehlt. Vielmehr muß man den Leuten mal kräftig in den Arsch treten und mit einem lauten Schrei daran erinnern, daß sie gefälligst aufpassen sollen, beim verantwortlichen Lenken eines Kraftfahrzeugs!
Dieses "ich hab sie gar nicht kommen sehen" ist die dümmlichste und gefährlichste aller Ausreden, die Wahrheit ist: das inzwischen wiedererwachte Denk-Ich will die nicht wahrgenommene Verantwortung nicht eingestehen und sie am liebsten abschieben. "Habe sie nicht gesehen" - klar, "DU" hast ja auch gar nicht hingesehen, "DU" warst ja bis vor wenigen Sekunden noch nicht einmal mit im Auto, hast ja den "anderen" (Autonomer Urverstand) unbeaufsichtigt fahren lassen. Ei wo warst "DU" denn gewesen?
Auf diese letzte Frage wirst Du von einem Erwachsenen nie eine ehrliche Antwort erhalten. Ehrlich wäre z.B. "Ich war gerade auf Hasenjagd" oder "ich habe mir versucht vorzustellen, wie es wäre, wenn ich zusammen mit der Blonden da drüben ein Kind ... " und so weiter und so fort. Auto ist von diesen "Ichs" jedenfalls keiner gefahren. Vielleicht früher mal, als Fahranfänger, ja da war die Begeisterung im bewußten Umgang dieser Materie noch groß. Kann es sein, daß im Laufe des Lebens deshalb die Zeit gefühlt immer schneller verstreicht? Früher waren wir alle noch mehr im "Hier und Jetzt" gefangen, heute scheint das "ICH" ja immer unterwegs zu sein und von den gerade, aktuellen Begebenheiten um uns herum nicht mehr viel mitzubekommen! Ich glaube, ich möchte jetzt Meditieren lernen ... auf der Suche nach meinem "Ich"
Hier noch der Link:
http://www.gute-schreibe.de/Verstand, Denken und Bewusstsein 2008.pdf
Für alle, die gerade Bock auf dieses Thema haben, reicht es auch, die ersten 4 oder 5 Seiten zu lesen.
Wer was ähnliches anzubieten hat, bitte hier mal posten. Ich bin da immer neugierig und einige weitere garantiert auch. Wir sollten wenigstens einigermaßen verstehen, warum wir "unsichtbar" sind, der große Traum so vieler Militärs und kleiner Kinder.
Liebe Freunde des komfortablen und schnellen Radfahrens, ich lasse Euch jetzt alleine und wünsche Euch viel Spaß beim Vermehren Eurer Einsichten. Frage: war Euch das ganze zu wirr oder konntet Ihr in etwa folgen? Ich wünsche Euch auf jeden Fall noch viele, schöne Tagträume.
Grüße - Andreas (der diese Woche noch kein Quest gefahren ist ... ich lasse mir jetzt lieber einen Ranzen wachsen)
Zurück zum Erlebten. Dieser Hirni, was glaubt der eigentlich? Das ist schließlich meine Fahrpur. Der soll gefälligst da fahren, wo seine Kollegen alles zuparken. Es folgt eine Bremsung nach Miami Vice Art. Da stehen wir also voreinander und können offensichtlich nicht mehr anders. Gut ausgeleuchtet blicke ich auf den scheinwerferbewehrten Kühlergrill und war ansonsten gerade damit beschäftigt, mich zusammenzureißen, sonst wäre mir wohl der Hals geplatzt. Nicht mal die Füße ausklinken werde ich ... doch oh Wunder, nach einer Weile bewegte sich "ES" ganz langsam zurück. Ha! Ein Sieg des Schwächeren über das heilige Blech! Errungen einzig durch die wilde Entschlossenheit und dem unbeugsamen Willen eines Velomobil-Fahrers ...
Aber eigentlich hätte ich da jetzt noch ganz gerne eine Frage ... da sehe ich schon mit Vorfreude, dass das Fahrerfenster bereits runtergelassen ist. Aus der Parklücke blinzelt mich verstört ein älterer Herr an und noch bevor ich meinem Unmut eine donnernde Stimme verschaffen kann, ergreift er das Wort und versucht mir geduldig klar zu machen, dass ich wirklich sehr, sehr schwer zu erkennen sei. So ein Bullshit! Und was ist mit der zu hoch eingestellten IQ Speed? Er bleibt dabei, selbst mit Blick auf mein 2,85 Meter langes, quietschgelbes Gefährt redet er hingebungsvoll weiter auf mich ein, die Quintessenz war in etwa: ich sei im Grunde sogar völlig unsichtbar.
Mir verschlägts echt die Sprache, was will man da auch antworten? Sein zerfurchtes Gesicht und sein freundliches Wesen vor Augen empfinde ich situationsbedingt sogar fast so etwas wie Mitleid ... nein jetzt reichts, es ist so sinnlos, die reine Zeitvergeudung. Bevor der jetzt noch sehenden Auges meine gesamte physische Existenz leugnet und mich zu einem spukenden Geist erklärt ... radle ich lieber weiter. Zunächst verärgert dann immer nachdenklicher. Sag mal, bin ich eigentlich "echt", also authentisch im Sinne von "aktivem" Teilnehmer in dem Film, der meine Wahrnehmung ständig zu umgarnen scheint ... ? Nein, ich laß mich heute nicht mehr kirre machen ... nicht kirre – nicht ich – genau, die können mich alle mal.
Aber wie in aller Welt kann es nur zu solch absurden Begegnungen kommen? Vielerorts treffe ich doch auf so viele freudig-erstaunte Zeitgenossen, wildfremde Menschen winken mir zu, rufen mir nach, Daumen hoch, so manches Lächeln huscht über die Gesichter (was ich übrigens eher dem Quest denn meiner Person zuschreiben möchte ... ohne Quest könnte die Begeisterung über mein Erscheinen jedoch ruhig auch öfter mal dieses Niveau einnehmen ... )
Und im Gegensatz dazu dann diese "ätsch - ich kann dich gar nicht sehen" -Fraktion! Leute, die dir bei vollem Verstand (?) tief in die Augen blicken und dir dabei mitten ins Gesicht hauchen: "Ich sehe es genau, Du bist gar nicht da!"
Ist dieses Negieren Deiner eigenen Existens nicht die schlimmste aller vorstellbaren Beleidigungen ... ey, darauf bin ich noch gar nicht gekommen, wenn mir demnächst einer was sagt, was MIR nicht in den Kram paßt ... ... dem geb ich hinterher sogar noch 50 Cent für die nächste Parkuhr mit, vielleicht "sieht" und versteht die ihn ja besser. (Ok ok - München Innenstadt halt nen ganzen Euro.)
Aber noch mal die Frage, was ist da bei einigen blos los? Wird - quasi als Laune der Evolution - bereits auf der Signalleitung zwischen Auge und Großhirnrinde alles ausgeblendet, was wie ein Velomobil oder Liegerad aussieht? Oder vielleicht geht das Velomobil erst bei nachgeordneten Verarbeitungsprozessen flöten? Ist da vielleicht irgendwo ein böser Dämon im Kopf, der selbstgefällig seinen Unfug treibt? Frei nach dem Motto: ... und da schließe ich sogleich messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf ... ? Oder frei nach Otto Waalkes: Auge an Großhirn: ich sehe es genau, es ist kein Automobil, also hör endlich auf zu bremsen und gib schon Gaaaaaas!
Einfach zu gerne erinnere ich mich an dieser Stelle an die folgende Szene: ein höchstens 3 Jahre altes Mädchen hängt fast schon mit dem einen Arm an der Hand der Mutter, der andere Arm zeigt ausgestreckt auf mich und mein Gefährt, gleichzeitig wippt die Kleine wild erregt in den Knien, sodaß der Mutti ihre Schulter im Takt mitschwingt, bis sie dem ausgestreckten Arm der Tochter folgt und da ist es wieder: ein Lächeln über ihr Gesicht huscht.
Meine Fresse, noch so jung und schon so technikbegeistert! Uns nannte man früher die „no future“ und die Null-Bock Generation, und heute fahre ich ein Teil, wo ein Bekannter letztens bemerkte, ich solle mich ruhig mal um Kondom-Werbung bemühen, dass würde halt bestens passen ...
Eine letzte Begegnung noch, dann hör ich auf – versprochen. Eines Morgens war ich spät dran. Das war offensichtlich der Tag der Einschulung nach den Sommerferien. Die Bürgersteige wimmelten vor lauter bunten Schultüten und ihren kleinen Trägern, die vielen jungen Eltern sollen dabei nicht unerwähnt bleiben. Schicksalshaft wurde eine der Ampeln rot. Ich schwörs, alle haben sich gefreut, ich wußte gar nicht, wohin ich noch blicken und mit wem ich mich am meisten freuen sollte.
Später, wenn diese Schulkinder mal alt sind, werden sie ihren Enkeln noch erzählen: ja und damals, am Tage meiner Einschulung kam da schon so ein Teil vorbei ...
Aber das Bemerkenswerte bei diesen Kindern ist doch: die sehen mich nicht nur, denen ist obendrein auch noch sofort klar, daß ich wirklich da bin!! Manche Autofahrer hingegen, kaum dass sie mich erblicken, behaupten da glatt das Gegenteil ... !
Aha! Vielleicht gibt man bereits beim Einsteigen in ein Kfz gewisse Fähigkeiten ab, etwa “Dinge” zu erkennen, welche keinen Motor in sich tragen? Vielleicht macht Autofahren ja blöd? Man sollte ruhig mal die Stärke der Altersdemenz in Relation zu den zuvor gefahrenen Kilometer setzen, vielleicht korrelliert da was?
OK, ihr ahnt es ja eh schon: ja ich habe da so eine Erklärung, die ich mit Euch teilen möchte. Zumindest ein erster Versuch einer Erklärung, mehr ist es wirklich nicht. Und seid bitte mit mir gnädig beim Kritisieren.
Stellt Euch mal vor, ein Autofahrer "übersieht" gerade einen unübersehbaren Radler und angenommen, Ihr könntet ihm dabei tief in die Augen blicken. Was würdet Ihr dabei feststellen? In etwa das Folgende: Ja, die Lichter sind an - aber es ist gerade keiner zu Hause!
Lichter sind an = das Wesen lebt und ist in einem wach-ähnlichen Zustand
es ist gerade keiner zu Hause = das Denk-Ich ist gerade inaktiv oder gaaanz wo anders ...
Gerade weil die Geübten Auto fahren können, ohne ihren Bewußtseinsfokus auf das Geschehen außerhalb ihrer Kiste zu legen, kann es für den Rest gefährlich werden. Dazu ein Beispiel, das fast jeder so kennt:
Nach dem Ausüben eines Hobbies fahre ich nach Hause (35 min). Gleich zu Beginn rufe ich einen Kumpel an und teile ihm die neusten Neuigkeiten mit. Es entwickelt sich ein sehr interessantes, emotionales Gespräch. Zu Hause angekommen, beenden wir den Tratsch, ich parke den Wagen, steige aus und versuche mich an Einzelheiten der Fahrt zu erinnern. Negativ. War da nicht die Ampel in Grünwald rot ... ja aber sonst? Keine Ahnung! Entsetzt rufe ich nach innen: Hallo, wer ist da gerade gefahren, wer hat uns nach Hause gebracht? Keine Sau antwortet, kein Muckser wahrnehmbar. So isses immer, hinterher wills keiner gewesen sein.
(Wenn Du in Dich hineinrufst: "Ich bin schizophren" und die ganze Meute antwortet: "ich auch", dann und nur dann hast Du ein Problem. Denn Du wirst nie alleine sein )
Sorry Leute, ich bleibe jetzt hartnäckig: WER ODER WAS IST DA GEFAHREN? Wer hat den Wagen gelenkt, Blinker gesetzt, Kupplung getreten ... ? Die Ampel war die einzige Situation, wo "ich" mich kurz einschalten mußte, aber sonst ist "ER" einigermaßen durchschnittlich unterwegs gewesen. Erstaunlich – nicht wahr?
Ich habe die Lösung dieser Frage in den Tiefen des world wide web gefunden, ein Aufsatz von Dieter M. Schulz-Hoos aus München: "Verstand, Denken und Bewusstsein", die URL gebe ich unten noch an.
Erinnert Euch mal an die ersten Fahrstunden. Au backe, war das anstregend. Bewußt einsteigen, anschnallen, ähm - Rückspiegel einstellen, Kupplung treten, Motor anlassen ... man kam nicht mal aus der Parklücke raus, ohne sich den Tadel des Fahrlehrers anhören zu müssen. Gut wurde man erst später, nach viel mehr Übung gelingen die einfachen Sachen "automatisch", ohne nachzudenken, der "Verstand" wurde nur noch bei kniffligen Situationen abgerufen. Im Laufe der Jahre übernimmt immer mehr der "Autonome Urverstand", wie Dieter Schulz diesen Teil unserer Intelligenz nennt, das Ruder beim Fahren. Mit der Folge, dass unser Denk-Ich, also jener kleine Teil der Denkabläufe, die uns bewußt sind, immer mehr abschaltet oder über andere Dinge sinniert, z.B. sich mit dem Mobiltelefon beschäftigt (egal ob da noch eine Freisprecheinrichtung ist oder nicht, die Aufmerksamkeit geht dabei in jedem Fall flöten!).
Meine These: es ist nun mal anstrengend, ständig seinen Bewußtseinsfokus genau auf die Dinge vor der Blechbüchse zu lenken. Tagträumen oder gar nicht bewußt Denken ist viel angenehmer, in diesen Zustand fallen wir automatisch zurück, wenn die Aufmerksamkeit nachläßt. Für über 99% der Begegnungen im Straßenverkehr reicht der Autonome Urverstand aus, diese antrainierten Fähigkeiten und Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Verkehrsteilnehmern. Aber Liegeräder und so ein Zeugs ist da noch nicht auf der Festplatte eingraviert. Da muß "Papi" (also unser Denk-Ich) noch mal selbst ran ans Steuer. Hat unser Denk-Ich aber gerade keinen Bock drauf, die Tagtraumsphären zu verlassen, dann kommen hinterher die Sprüche wie: "ICH habe sie überhaupt nicht gesehen".
In dieser Situatuion den Besuch eines Augenarztes zu empfehlen halte ich für verfehlt. Vielmehr muß man den Leuten mal kräftig in den Arsch treten und mit einem lauten Schrei daran erinnern, daß sie gefälligst aufpassen sollen, beim verantwortlichen Lenken eines Kraftfahrzeugs!
Dieses "ich hab sie gar nicht kommen sehen" ist die dümmlichste und gefährlichste aller Ausreden, die Wahrheit ist: das inzwischen wiedererwachte Denk-Ich will die nicht wahrgenommene Verantwortung nicht eingestehen und sie am liebsten abschieben. "Habe sie nicht gesehen" - klar, "DU" hast ja auch gar nicht hingesehen, "DU" warst ja bis vor wenigen Sekunden noch nicht einmal mit im Auto, hast ja den "anderen" (Autonomer Urverstand) unbeaufsichtigt fahren lassen. Ei wo warst "DU" denn gewesen?
Auf diese letzte Frage wirst Du von einem Erwachsenen nie eine ehrliche Antwort erhalten. Ehrlich wäre z.B. "Ich war gerade auf Hasenjagd" oder "ich habe mir versucht vorzustellen, wie es wäre, wenn ich zusammen mit der Blonden da drüben ein Kind ... " und so weiter und so fort. Auto ist von diesen "Ichs" jedenfalls keiner gefahren. Vielleicht früher mal, als Fahranfänger, ja da war die Begeisterung im bewußten Umgang dieser Materie noch groß. Kann es sein, daß im Laufe des Lebens deshalb die Zeit gefühlt immer schneller verstreicht? Früher waren wir alle noch mehr im "Hier und Jetzt" gefangen, heute scheint das "ICH" ja immer unterwegs zu sein und von den gerade, aktuellen Begebenheiten um uns herum nicht mehr viel mitzubekommen! Ich glaube, ich möchte jetzt Meditieren lernen ... auf der Suche nach meinem "Ich"
Hier noch der Link:
http://www.gute-schreibe.de/Verstand, Denken und Bewusstsein 2008.pdf
Für alle, die gerade Bock auf dieses Thema haben, reicht es auch, die ersten 4 oder 5 Seiten zu lesen.
Wer was ähnliches anzubieten hat, bitte hier mal posten. Ich bin da immer neugierig und einige weitere garantiert auch. Wir sollten wenigstens einigermaßen verstehen, warum wir "unsichtbar" sind, der große Traum so vieler Militärs und kleiner Kinder.
Liebe Freunde des komfortablen und schnellen Radfahrens, ich lasse Euch jetzt alleine und wünsche Euch viel Spaß beim Vermehren Eurer Einsichten. Frage: war Euch das ganze zu wirr oder konntet Ihr in etwa folgen? Ich wünsche Euch auf jeden Fall noch viele, schöne Tagträume.
Grüße - Andreas (der diese Woche noch kein Quest gefahren ist ... ich lasse mir jetzt lieber einen Ranzen wachsen)