Die erste, sehr gemütlich wirkende Gaststätte (keine Ironie) direkt an der Bundesstraße weist uns ab. Zu spät. In der Innenstadt von Zella-Mehlis landen wir im wilden Kurdistan. Der Imbiss hieß anders, aber ihr Netz trug den Namen. Sie boten alles was schnell geht. Meine fetten Tortellini bekam ich fast nicht auf. Meine Erinnerung an
@tomacino, der keinen Appetit hat und anschließend nicht mehr konnte, warnte mich. Das Essen muss rein. Meine Matte hatte ich mit reingenommen, damit sie trocknet. Ebenso die Schuhe. Als wir wieder rauskamen wirkte das Kondenswasser auf dem Visier ziemlich abschreckend auf mich. Es fühlte sich insgesamt auch sehr feucht kühl an.
@norfiets freute sich bereits darauf mit uns die Nacht zu verbringen auf dem Weg zum nächsten Gipfel in Hessen. Schnell noch einmal alle Visiere mit Glasreiniger geputzt. Lohnt sich m.E. sehr.
Und los. Geschrei. Da will eine Frau uns fotografieren. "Könnte ihr nicht mal dichter zusammenrücken?" Ich sollte wohl noch einmal zurück schieben. Sonst hatte sie keine Sorgen. Ich steige doch jetzt nicht aus und schiebe zurück, wenn ich nicht muss.
Also weiter. Mit einmal geht es hinter dem Ort in Serpentinen durch einen Wald über einen Hügel. Ich erinnere mich. Unsere Scheinwerfer suchen für uns den Weg. Stockduster bis Viernau. Da kam doch Kati Wihelm her. Nachts ist es merkwürdig zu fahren. Die Kurven sind nicht immer voll ausgeleuchtet. Das Wahoo im Auge behalten. Das verrät mir Kurven schon vorher. Visier immer wieder trocken wischen. Kurbeln. Bergauf Haube wieder mal vorne ablegen. Im Rückspiegel immer wieder nach den beiden anderen schauen. So habe ich doch die ganze Nacht zu tun. Es wird nicht langweilig. Ob Norbert schon eingeschlafen ist und auf welchem Level Manni wohl gerade spielt?
Dann kommen wir in eine Gegend, wo die Leute nicht so die Phantasie hatten bzgl. Ortsnamen. Stille, Mittelstille, Schmalkalden, MIttelschmalkalden, Niederschmalkalden. Manche Dinge fallen mir bei solchen Fahrten auf. In Schmalkalden ist die Navigation unübersichtlich. Mal wieder verfahren. Dabei verliere ich die Haube mit einmal als ich einen übersehenen Bürgersteig herunterfahre auf dem Weg in den Kreisel. Zurückrollen und wieder aufsammeln.
@norfiets blockiert dankenswerter Weise die Fahrbahn. Weiter. Dann höre ich etwas klappern auf der Straße. Oh meine Spiegelverkleidung war wohl heruntergefallen und ein Auto drüber oder daran vorbei. Um den Kreisel herum und aufsammeln. Alles in Ordnung. Das ganze Schauspiel hat sich eine Gruppe Halbstarker angeschaut, die zufällig zur Stelle waren. Jeder kann sich die Kommentare vorstelle, wie ich da ein paar mal um die Kurve komme und um den Kreisel kreisel.
Danach fahren wir in Ruhe weiter bis Dermbach auf dem Weg zur verborgenen Hexe. Eine überraschende Steigung (>12%) zu einer Kirche, die dich morgens wieder so richtig wach macht.
Uns entgegen kommt eine Gruppe Halbstarker grölend und teilweise mit freiem Oberkörper. Was es damit auf sich hat? Die Sonne scheint nicht. Es ist kalt. Es gibt gerade kein Fußballspiel.
Oben angekommen, sagte Manni ganz trocken "ich kann einen weiteren Schaden vermelden. Die linke Kurbel wackelt." Anhalten. Stirnlampen heraus, Werkzeug klar machen. Wir sind vorbereitet und Profis. Schei... da hat jemand die Schraube so fest angeknallt, dass ohne Hebel nichts zu machen ist. Die Schraube, um das Spiel einzustellen sitzt auch ziemlich bombig. Muss eigentlich gar nicht. Ich sage schon
@Stokerin Bescheid, dass sie eventuell Manni abholen muss. Vorerst will er die Kurbel noch weiter beobachten. Er will die Wasserkuppe unbedingt mitfahren. Wir melden uns dann, wenn Bedarf besteht.
Die beiden ziehen schon mal weiter, während ich mein Werkzeug wieder einpacke. Als ich sie an der Steigung nach Andenhausen wieder einhole, sehe ich sie als zwei Lichter über mir die Straße hinauffahren. Ein irres Bild. Die Fotos wurden leider nichts.
@ManniF deutlich höher.
@norfiets auf halber Höhe darunter. Sonst war so gut wie nichts zu sehen. Nur Dunkelheit.
Ich bleibe dann bei
@norfiets in der Nähe. Wir fahren und fahren und sehen Manni nicht mehr. Hm wo ist er denn. Er hatte es anscheinend nicht so verstanden, dass er irgendwo wartet. Hinunter nach Tann i.d.Rhön. Ich rufe Manni an. Er ist irgendwo weiter vorne. Ok. Vor Hilders kommt uns ein Motorrad entgegen, was mich voll blendet. So ein Idiot. Jetzt bleibt er auch noch stehen. Wer hätte es gedacht. Manni. Er will jetzt doch abkürzen und nicht über die Wasserkuppe fahren. Um die Uhrzeit nimmt es
@norfiets anscheinend nur noch zur Kenntnis. Dann dreht Manni wieder um. Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Er fährt doch jetzt in Richtung Wasserkuppe, will aber nach Hause. Das wäre entgegengesetzt.
Wir setzen unseren Weg wie geplant fort.
Hilders. Wüstensachsen. Danach kommt kein Ort mehr. Oberhalb zieht immer dichterer Nebel auf. Was für eine Suppe. Egal wir bleiben zusammen und Kurbel langsam nach oben. Wie schon oben mal geschrieben. Ich fand es romantisch mit stellenweise scheinendem Mond im dichten, tropfendem Buchenwald. Ich mampfe derweil meine in Eisenach gekauften Sandwiches. Da sie so schön matschig sind, geht es ganz gut. 600 m, 700 m, 800 m, 900 m. Die Steigung ist sehr mäßig. Ganz am Ende zieht noch einmal etwas mehr an. Aber nichts dramatisches. Oben ist es so kalt und ungemütlich, dass wir nicht einmal aussteigen. Sehen können wir vielleicht 20 m weit. Gut dass es Navigation gibt.
Wir rollen vorsichtig wieder herunter. Langsam wird der Nebel lichter, um ab ca. 600 m wieder weg zu sein. Zurück bis Tann. Bergab. Weiter im Tal der Geisa. Der erste offene Bäcker soll unser Frühstück ergeben. In Heringen ist es soweit. Frühstück ist etwas eingeschränkt. Wir nehmen beiden eine Käse-Schinken-Matsche-Stange. Voll eklig. Die Hälfte bleibt übrig. Noch ein bisschen Kuchen. Das ist bekömmlicher.
Gestärkt geht rüber ins Tal der Fulda. Dafür müssen wir ein bisschen klettern. Danach rasen.
Hinter Bebra, mit seinen schlechten Straßen endet für uns plötzlich der Weg. BRouter hat wieder mal nichts gewusst.
Meine Bremsen sind mittlerweile so schlapp, dass ich abwärts nicht parken kann. Aber Norbert steigt immer gerne aus und hält mich.
Die Fahrt im Fuldatal ist im Mittel ziemlich rasant. Es geht abwärts. Kurz vor Melsungen überqueren wir die Fulda und es beginnt eine üble Kletterei um Malsfeld herum. Manchmal habe ich das Gefühl wir fahren im Kreis.
Dann Ostheim - nein ein anderes. (Aber so hat jede Hexe ein Ostheim)
Kurz vor Fritzlar holen wir uns in Wabern etwas zu essen. Da ruft wieder unsere Reporterin vom MDR an und hat noch mehr Fragen. Jetzt mal langsam gut denke ich.
Ab Fritzlar sind wir in meinem Einzugsbereich. Heimat und das Pferd riecht den Stall. Mich kann nichts mehr bremsen. Auch hier gibt es noch ein paar schöne Anstiege. Dafür auch lange Abfahrten.
Nur noch 70 km.
14:30 h zu Hause angekommen ist Manni sogar noch da. Hat sich schlafen gelegt. Ach nee. Da kommt er schon aus der Tür.
Wir essen gemeinsam. Ich schlafe beim Essen ein paar Mal fast ein. Wir uns danach selbst schlafen. Nach zwei Stunden will ich geweckt werden. Ich habe Schwierigkeiten wieder auf die Welt zu kommen. Doofes Timing. Jetzt zur Westlichen Runde auf den Kahlen Asten zu fahren würde für mich bedeuten, wieder nachts da oben zu stehen. Wir waren zu lange auf der zweiten Runde unterwegs. Die Müdigkeit bzw. Zeitdauer hat mich ausgeknipst. Körperlich fühle ich mich noch ganz gut bzw. gut genug. Andererseits wollte ich den 1200 km beim ersten Mal einfach nur schaffen. Also A7 waschen, ob bekloppt oder nicht. Danach stelle ich die Bremszüge nach. Super. Jetzt packen sie sofort und ich habe noch die Rändelschrauben zum nachstellen. Gemütlich essen, quatschen, schlafen gehen. Am nächsten Morgen gemütlich aufstehen. Aufbruch um 09:00 h. Mein Wahoo streikt, also starte ich verzögert. Kurz vor Korbach habe ich Norbert erreicht. Mittlerweile haben wir wieder Niesel. Sauerländer Wetter eben. Wir zuckeln langsam nach oben. Es ist wirklich eine schöne Tour zum ausklingen der Hexe. Oft in Ruhe und Einsamkeit fahren, meistens gemütliche Steigungen, kleine beschauliche Fachwerkdörfer. Der Anstieg geht von aus ca. 98 km. Manchmal vernichtet man wieder ein paar Höhenmeter, mal geht es dafür etwas steiler hoch. Aber alles harmlos.
Oben kehren wir noch ausführlich ein und lassen die SuperHexe ausklingen.
Anschließen fuhr jeder nach hause und konnte noch einige Kilometer das Sauerland herunter fetzen.
Mir fehlte am Ende noch etwas. Es regnete zum einen nicht mehr und zum anderen wollte ich einen echten 1.200er fahren. Also ein paar Schleifen im Kreis Höxter. Leider musste ich
@Stokerin enttäuschen die mir schon entgegenkam und etwas verwirrt war, weil ich die Route verließ. Dann fing es auch wieder an zu regnen. Zum Abschluss bekam ich noch den Lorbeerkranz auf mein schütteres Haupt gesetzt. Sehr lieb.
Danke allen die mich aufgemuntert haben und mich begleitet haben.
Besonders
@ManniF,
@norfiets,
@Martin D.,
@Matthias. und meine
@Stokerin und allen hier, die uns Mut zugesprochen haben.
Duschen, Essen, Sauna, Fernsehen. Ich fühlte mich gar nicht so angestrengt --- wenn ich auf dem Sofa lag. Wenn ich aufstand, war es schon anders. Meine linke Kniescheibe fühlte sich komisch an, wenn ich sie bewegte. So ein Knarzen. Und dieser komische Muskelkater beim Treppen herunter gehen. Auch die Sehnen auf der Rückseite der Beine freuten sich über jede Dehnung. Dann konnte ich wieder runder treten.
Die Kraft jedoch war bis zum Ende gut da.
So eine Tour in dieser Zeit ist irgendwie irre. Wo ich überall war, wie viele Leute uns angesprochen haben, tausend Eindrücke zu verarbeiten. Der Kopf platzt vor lauter Eindrücken. Über was ich alles nachgedacht habe bzw. was für Gedanken von alleine hochkamen.
Und dann diese ständigen Hügel rauf und runter. Merkwürdigerweise geht es einfach immer weiter. Runterschalten, kurbeln, hoch schalten und rollen. Immer wieder von vorne.
Damit möchte ich allen anderen Mut machen. Ihr könnt das auch. Es kommt einem nur so riesig vor. Ist es aber nicht. Wer 300-400 km fahren kann oder die Alte Hexe, kann die SuperHexe wahrscheinlich auch. Wenn ich
@ManniF richtig verstanden habe, hatte er noch keinen Langstreckenerfahrungen. Aber eine gute Grundlage und die richtige mentale Einstellung. Ein echter harter Knochen.
Nicht drüber nachdenken, einfach immer weiter machen.
Was braucht frau/man dafür?
- Ein gepflegtes Fahrzeug,
- eine vernünftige Übersetzung - lieber zu klein als zu groß
- eine gute Grundlagenausdauer und keine größeren gesundheitlichen Probleme
- viel mehr Essen und trinken.
- ab und zu schlafen
- die Einstellung - es geht immer weiter
Ich behaupte die Einstellung ist sogar wichtiger als die Kraft. Man fährt es mit dem Kopf. Dann machen auch die Beine mit.