Sachen gibts. Aber auch bei mir haben gerade die Leute im Gesundheitsbereich massiv Ansehen verloren. In dieser Abfolge:
Schulterbeschwerden rechts
Immer wenn ich den Oberarm höher anhob, gabs Schmerzen. Gang zum Orthopäde, der röngte, und stellte fest, es sei eine Sehnenverkürzung, das könnte mit dem Alter schon mal vorkommen. Ich fragte mich gedanklich: mit unter 40? Sein Rat: den Arm mit einem Gewicht belasten, und pendelartig hin- und herbewegen, um die Sehnen zu dehnen.
Burn-out - Hausarzt:
Mitte 2015 gings nicht mehr. Ich konnte absolut nichts mehr behalten, und war auch nervlich durch den fordernden und unsensiblen AG und seine Teamleiter absolut runter. Plötzlich war es nun so weit.
Mit Beginn der nächsten Woche bin ich zum Hausarzt, der wollte mich erst mal eine Woche krankschreiben. Ich hab ihm gesagt, dass das niemals mit einer Woche getan wäre, das würde mir mein Gefühl sagen. Trotzdem nur erst einmal eine Woche, dann sehen wir weiter. Nächste Woche das gleiche Spiel: wieder nur eine Krankschreibung über eine Woche (die 2.), und die Ansage, mich mit der Chefin in Verbindung zu setzen und danach erst einmal Urlaub einzureichen, und wenn der nicht genehmigt werden würde, dann würde ich weiter krankgeschrieben. Anschließend wegen Urlaubseinreichung Unterhaltung mit der Chefin, die mich rundgemacht hat, vermutlich um zu sehen, ob ich von selbst umkippe. Trotzdem wurde Urlaub gewährt. Am Donnerstag in der 2. Woche des "Urlaubs" ("insgesamt" die 4.) teilt mir die Ärztin mit, dass meine Chefin bei ihr angerufen habe, wo ich bleiben würde. Am gleichen Tag ebenfalls eine Abmahnung erhalten wegen unerlaubten Fernbleibens von der Arbeit. Am Tag darauf - den Freitag - nur mit größter Mühe eine weitere Krankschreibung bekommen. So weit ich das noch weiß, hatte ich die Kündigung am Donnerstag darauf schon im Kasten. Ab da brauchte ich natürlich auch keine Krankschreibungen mehr.
Burn-out - Psychotherapeutin:
Für jemanden, der zum 1. Mal zum Psychodoc geht, waren die Infos über den Ablauf, wie man an Termine kommt, nicht unbedingt hilfreich, vor allem in Verbindung mit einem Burnout. Aber es hat dann nach einiger Verzögerung doch noch geklappt. Die ersten (geschätzt) Dutzend Termine liefen so ab, das ich weiß noch genau, dass die mit mir quasi gar nichts anfangen konnte, weil ich nur völlig zusammenhaltloses Zeugs völlig durcheinander erzählen konnte, meinen Gedanken folgen war also quasi unmöglich. Trotzdem war sie lange der Meinung, ich hätte noch keinen echten Burn-out gehabt. Nach mehreren Jahren Therapie nahm sie dann selbst das Wort Burn-out in den Mund, im Zusammenhang mit einer Warnung, auf mich aufzupassen.
Schulterbeschwerden rechts, die 2.
Weil es nicht besser wurde, bin ich in meiner neu gewonnenen "Freizeit" noch mal los, allerdings mit dem Ziel, einen anderen Doc zu konsultieren. Der Allgemeinarzt gibt mir eine Überweisung für den nächsten Knochendoc und eine MRT. Mit den Bildern der MRT zum anderen Knochendoc kommt der sofort zu dem Ergebnis Fersensporn, eine Engstelle, an der die Sehne gereizt wird. Abhilfe laut ihm: Krankengymnastik, aber wahrscheinlicher eine OP. Sein Rat: den Arm nicht zu oft bewegen, besonders schädlich ist hohes Anheben, und auch nicht schwer heben. Also ziemlich genau das Gegenteil von dem, was ich machen soll. Krankschreibung gabs obendrein, weil mittlerweile der Gang zur Arbeitsagentur angestanden hatte, die mich dann auch zur Fortzahlung während der Krankzeit zur Krankenkasse weitergeschickt haben.
Krankenkasse:
Ich wurde zur Begutachtung durch einen Sachbearbeiter eingeladen. Dort verlief das Gespräch recht nett, er erfuhr von mir diverse Details meiner Schwierigkeiten wie den Burnout (allerdings natürlich nicht offiziell "festgestellt"), die Kündigung auf die "nette" Tour, dass ich mit den Nerven zur Zeit ziemlich runter wäre, und wusste natürlich auch von den Schwierigkeiten mit meiner Schulter und der Krankschreibung. Er sagte mir noch, dass ich wegen der Krankschreibung mit einer Vorstellung beim MDK rechnen müsste. MDK kannte ich bis dahin noch nicht. Kurz darauf erhielt ich dann auch das Schreiben zur Vorstellung, was ich nicht fürchtete, war doch ganz offenbar etwas nicht in Ordnung. Der MDK-Doc war dann auch sehr "gründlich", schaute sich noch nicht einmal meine mitgebrachten MRT-Bilder an, prüfte meine Beweglichkeit, die zwar möglich war, allerdings nur unter Schmerzen, und schrieb mich mit einem vorwurfsvollen Ton "Sie müssen sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen" einfach wieder gesund. Bei meiner Mutter war Ähnliches nicht lange davor ebenfalls passiert, Probleme mit der Sehne, die den Arm hebt, mit dem Ergebnis, dass sie wieder zur Arbeit geschickt wurde, und dann plötzlich die Sehne durchgerissen ist. Diese Sache noch im Kopf begebe ich mich auf den Weg nach Hause, und fahre unmittelbar bei der Krankenkasse vorbei, weil die quasi auf dem Weg liegt. So langsam realisiere ich, was mir passiert ist, und bekomme live vor dem gleichen Sachbearbeiter einen Nervenzusammenbruch. Der Sachbearbeiter weiss gar nicht, wie er mit mir umgehen soll, und sagt zum Abschied noch, dass ich ja auch gegen die Entscheidung des MDK Widerspruch einlegen könnte, was mir aber in meinem abgekämpften Zustand gar nicht möglich war. (Erst ein paar Jahre später realisiere ich, dass das quasi ein Tipp zwischen den Zeilen war. Allerdings zeigte es mir da auch, dass der Sachbearbeiter gar nicht verstanden hatte, dass ich das nicht geschafft hätte.) Wieder zu Hause bekomme ich von der Psychotherapeutin den sehr selbstsicheren Hinweis, ich hätte nur die falsche Krankschreibung, was mich aber nicht sonderlich beruhigt hat. Der Hausarzt erstellt eine neue Krankschreibung psychisch bedingt, und ich bekomme noch von der Therapeutin Bescheid, dass die Krankenkasse informiert wurde, dass sie mich in Ruhe lassen sollen.
"Beiwerk" - Psychotherapie:
Zirka zwei bis drei Wochen nach dem Gütetermin der Kündigungsschutzklage (habe nach acht Jahren als Maschinenbautechniker 7tsd brutto Abfindung erhalten, echt gerecht) lese ich einen Stern-Artikel, in dem es um einen Mann geht, der ebenfalls Schwierigkeiten im Beruf hatte, seine bevorzugte Arbeitsweise, eine Diagnose seiner "Persönlichkeit", und was er heute macht. Mir fällt sofort auf, dass es krasse Gemeinsamkeiten gibt. Ich recherchiere im Web weiter, und falle fast vom Glauben ab, als ich bei Wikipedia nachschlage. Noch eindeutiger wird es, als ich in der Bücherei in Fachbüchern nachschlage.
Beim nächsten Termin mit der Psychotherapeutin teile ich ihr meinen Verdacht mit, sie wiegelt rigoros ab, das könne gar nicht sein, und spricht u.a. meinen Blickkontakt an. Ich widerspreche eindeutig, und brauche keine zwei Minuten, bis sie sagt, dass sie es jetzt auch genauer wissen wolle, sie eine solche Diagnose aber nicht stellen könne, das müsse eine Fachkraft feststellen. Also begebe ich mich dahin, und habe ca. ein halbes Jahr später die Diagnose Asperger, mit großen Schwierigkeiten der Selbstsicherheit attestiert.
Kurzer Rückblick:
Ca. zweieinhalb Jahre nach dem ich raus war aus der Firma, ist mir ein Wiedereinstieg ins Berufsleben gelungen, allerdings auch verbunden mit ziemlichem Streß, weil ich immer noch ziemlich viel vergaß, und selbst da noch nicht in der Lage war, mir mehr als vier Ziffern im Kopf zu merken.
Heute, ziemlich genau fünf Jahre später, bin ich gerade erst weitere kognitive Einschränkungen losgeworden. Es war kein Burnout? Soso.
Ich denke, das reicht erst einmal für einen Eindruck. Für mich lassen sich diverse Entscheidungen im Bereich Gesundheit nur noch mit der Bilanz erklären.