Polska rowerem - august 2023

Ein sehr schöner Bericht mit wenig TamTam. Vielen Dank fürs Teilhabenlassen! Weiterhin eine pannenfreie und sichere Reise dir!
 
Tag 7

Via Gortz und Butzow fahre ich zu Brandenburg an der Havel wo ich rund acht Uhr kurz im Zentrum herum schaue. Es liegen große Seen um diese Stadt herum, mit schöne Aussichten von die Brücken die man über fahrt. Mit etwas gefummel auf das kleine Schirm meines Mobils lass ich brouter eine Route kalkulieren die zum Süden an Wolfsburg, Hannover und Osnabrück entlang führt, und mich via Winterswijk und Arnhem zurück nach Hause bringt.

Es weht heute starke Westwind, geschätzt 4 bis 5 Beaufort, und es reduziert meine Geschwindigkeit merklich. Die Route führt mich ab Gerzow über einen aus zwei Spuren Betonplatten bestehende Landweg zu den Deich an die Elbe entlang. Ich radle fast eine Stunde über den Deich mit Aussicht über die Elbe und einen riesigen industriellen Berg in die Ferne. Dann überquere ich die Elbe mit der Fähre bei Rogätz. Die Überquerung teile ich mit einem anderen Radreisende und einem Motorradfahrer. Der Motorradfahrer stellt mich eine Frage über meinen ungewöhnlichen Modell Fahrrad, und ich erzähle etwas von meinen Fahrrad und die Strecken die ich momentan damit zurück lege. Bevor er an die andere Seite abfahrt gibt er mir den Daumen hoch.

Ich fahre weiter über meistens ruhige Straßen mit starkem Gegenwind. Die Bewölkung nimmt zu und dunkelt, und es gibt einen kurzen Schauer wofür ich meine Regenjacke anziehe. Um halb sechs bin ich in Braunschweig, ich drehe eine Runde durch das Zentrum, finde einen Platz mit einem Trinkwasserbrunnen, fülle meine Wasserbeutel, und entscheide mich in diese Stadt eine Stelle zu suchen wo ich etwas essen kann. So kann ich dann am Abend noch ein bisschen weiter fahren, mit all dem Gegenwind habe ich heute noch nicht so viel Fortschritt gemacht. Im Zentrum sehe ich viele Pizza- und Shoarmalokalen und so, dieses Typ von Futter gefällt mir nicht, und es ist auf Stellen wo ich meinen Fahrrad nicht gut hinstellen und beobachten kann. Am Rand des Zentrums sehe ich ein Chinesisches Lokal, hier bekomme ich für 7,50 flott einen großen Teller vegetarischen Thai Curry mit Reis, und ich kann es essen während ich meinen Fahrrad im Auge halte.

Um sieben Uhr fahre ich ab aus Braunschweig. Üblicherweise habe ich um diese Zeit einen Biwakplatz gesucht, jetzt fange ich an noch ein Bisschen zu radeln. Ich habe in Braunschweig ziemlich viel Radfahrer gesehen, und in die Orten um die Stadt herum sehe ich viele Fahrradladen. Ich fahre weiter und der Abend senkt sich. Ich komme voran bis in der Nähe von Hannover. Zwischen die Dörfer Gleidingen und Koldingen liegt ein Naturgebiet mit Gewässer. Ich fahre in das Gebiet herein und finde auf einer schmale Landzunge einen schönen hölzerne Aussichtsturm zum übernachten. Meine Kette hat nach mehrere Fahrten durch Regen in den letzten Tagen angefangen einigermaßen zu tschilpen. Beim Licht meiner Kopflampe gebe ich die Kette eine Versorgung mit Wachs, diese Nacht wird mein Fahrrad trocken unter dem Turm stehen. Oben im Turm lege ich meine Matte und Schlafsack aus, mein Zelt behalte ich eingepackt. Ich trinke noch eine Tasse Tee beim Vollmondlicht, und lege mich zu schlafen. Nahe zum Turm stehen Hochspannungsmasten und ich höre die Kabel weich zischeln, in die Ferne das Rasen der Autobahn um Hannover.

Brandenburg an der Havel
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Bei der Elbe
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Hallo Martin,
bewundernswert, wie Du in Deutschland Wasserstellen und Wildcampingplätze findest...
Wie schaffst Du das?
Gruß Krischan
 
Die Wasserstellen gibt es generell in größere Städte im historische Zentrum, meistens auf einem Platz. Das suchen von Wasserstellen war einer der Gründe für mich in Altstädte eine Runde zu machen und herum zu schauen.

Die Wasserstellen sind generell auch angezeigt in openstreetmap (Hahn mit Glas Symbol). Das habe ich aber nicht benutzt um sie zu finden. In OsmAnd gibt es die Wasserstellen nicht, oder ich habe nicht herausgefunden wie man das konfiguriert.

Für Niederland gibt es online Karten mit Wasserstellen:
https://kraanwatertappunten.nl/
https://drinkwaterkaart.nl/waar-kan-ik-gratis-water-tappen/
So etwas hätte ich auch suchen wollen für Deutschland und Polen, aber das hatte ich vergessen.

Ich habe auch einfach mal Glück gehabt, mit der Wasserstelle bei Landschaftspark Herzberge in Berlin war es Zufall als ich daran vorbei kam.

Stellen zum Wildzelten suchen fand ich schon spannend, ich hatte keine Erfahrung damit. Die wichtigste Tips die ich gesehen habe in Videos und Blogs sind:
  • Suche eine Stelle die nicht erreichbar ist für Kraftverkehr
  • Suche eine Stelle möglichst weit entfernt von Häuser
  • Suche eine Stelle wo du aus der Sicht bist
  • Das Zelt spät aufstellen, aber nicht so spät dass du dafür die Taschenlampe brauchst
  • Früh einpacken und wieder losfahren
 
Tag 8

Beim aufstehen sehe ich vom Turm die Sonne über das Wasser aufgehen. Wanderer mit Hund kommen vorbei und ich wünsche sie guten morgen. Meine Kette lauft wieder etwas reibungsloser und ohne quetschen. Das Wetter hat sich geändert, der Tag fangt sonnig an mit schwacher Ostwind. Ich fahre zu auf Porta Westfalica und sehe eine Weile links von mir eine langgezogene Rücke in der Landschaft liegen mit einen Spalt wo die Weser durch fließt. Um elf Uhr fahre ich durch diesen Spalt, und steige ab richtung Bad Oeynhausen.

Ich fahre durch die Stadt und erkenne das Werre Park, das große Geschäftsgebiet entlang der Mindener Straße wo vorher alle Autobahnverkehr durchgeführt wurde. Ich laufe Fahrrad schiebend eine Runde durch das Kurpark, das zentrale Park mit mehrere Kurhäuser.

Von Bad Oeynhausen bis Bad Rothenfelde ist die Landschaft ziemlich wellig mit viele aneinandergereihte Städte und Dörfer. Es ist viel ansteigen und absteigen hier, und ich verpasse ein paar Mal eine Abzweigung. Alles in allem ist meine Fortschritt etwas langsam.

In Bad Rothenfelde staune ich über eine riesige Wand mit über Holzbündeln triefendes Wasser. Es erinnert mich an etwas ähnliches dass ich irgendwann gesehen habe im Polnische Kurort Ciechocinek. Im nachhinein erweist sich dass der Vergleich stimmt. Es ist ein Gradierwerk (de.wikipedia.org/wiki/Gradierwerk), eine Anlage des achtzehntes Jahrhunderts für Salzgewinnung aus Sole. In unter anderen Bad Rothenfelde und Ciechocinek sind die erhalten geblieben.

Ab Bad Rothenfelde ist das Land flacher, sind die Straßen ruhiger und geht es wieder etwas zügiger. Zum Osten vom Dorf Brock fahre ich zehn Minuten über Feldwegen die alle auch die Name Brock tragen. Plötzlich muss ich mich ganz dringend erleichtern, ich kann noch gerade rechtzeitig mein Fahrrad zur Seite legen auf dem Bankett und in eine Wallhecke springen. Ruhig eine Stelle weit aus der Sicht suchen und einen Loch graben ist auch nicht mehr dabei. Dieses Mal begrabe ich dann nur das Klopapier, wovon ich mangels Moos, Gras oder Farnpflanze viel benutze.

Das Ort Altenberge liegt tatsächlich auf einen kleinen Berg. Um die Knien nicht zu überlasten auf dem relativ steilen Anstieg lege ich die Kette um zum kleinen Kettenblatt. Gleich wie im Frühling in l'Ardenne Bleue hakt der Umwerfer sich fest im Hinterrad. Ich höre und fühle es passieren und halte sofort an, lege das Fahrrad auf der Seite auf den Gehweg, stehe eine Weile schimpfend dabei, und fange dann an mit der Reparatur. Alle Gepäck vom Fahrrad ab, Fahrrad umgekehrt über der Leitplanke an der gegenüberliegende Seite der Straße, Hinterrad draus, Kettenschutz ab, Umwerfer gerade biegen. Wahrend ich damit tätig bin bekomme ich mehrmals nette Hilfsangebote, die ich alle freundlich verweigere. Dann alles wieder an seinen Platz bringen und eine Probefahrt machen, es funktioniert. Letztendlich geht alle Gepäck wieder aufs Rad und ich kann weiter, der ganze Ärger hat mich eine Stunde gekostet. Ich schiebe meinen Fahrrad den Anstieg hoch, schaue mal herum im Zentrum, sehe keinen Supermarkt und sehe keinen Lokal das gut aussieht um schnell etwas zu essen zu bekommen. Im nächsten Ort, Laer, bin ich der letzte Kunde im Supermarkt und darauf der letzte Kunde bei der Pizzastube. Pizza mag ich gar nicht, schade das man in Deutschland nicht einfach Snackbars wie in Niederland oder Frietkotten wie in Belgien hat, wo man schnell eine große Portion leckere Fritten (Pommes) bekommt. Wie hätte ich dass jetzt genossen. Aber gut, es gibt hervorragende Apfelschorle womit ich die Pizza wegspüle. Apfelschorle gibt es dann bei Niederländische Snackbars nicht, das ist auch schade.

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Näherung zu Porta Westfalica
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Porta Westfalica
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Kurpark Bad Oeynhausen
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Gradierwerk in Bad Rothenfelde
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Panne in Altenberge
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Im Dunkel fahre ich weiter, die Straßen sind sehr ruhig. Mein Basismodell 30 lux E-Bike Frontlicht macht seine Arbeit hervorragend. Ich negiere alle obligatorische Radwege und fahre bequem auf der Fahrbahn, so dass ich ständig eine klare Spur von aufhellende Streifen und Reflektoren folgen kann. Um zwölf nach zwölf überquere ich bei Oeding die Grenze, und etwas später bin ich in Winterswijk. Zwischen Winterswijk und Lichtenvoorde stehe ich eine Weile am fummeln mit meinem Gepäck weil etwas schleift beim Hinterrad, dabei werde ich beobachtet von einigen Zehner neugierige Kälber.

Zwischen Lichtenvoorde und Doetinchem gibt es Landstraßen mit gute Fahrbahndecken, aber ohne Streifen oder Reflektoren. Das ergibt nur wenig visuelle Reize und ich bemerke das mein müdes Gehirn ab und zu etwas dazu erfindet, ich bin froh wieder zwischen Laternen zu radeln wenn ich Doetinchem erreiche. Im Zentrum halte ich an um die Batterien für das Frontlicht zu tauschen. Ein schwer benebeltes junges Paar kommt vorbei wackeln und schaut sich erstaunt mein komisches Fahrrad an, ob das bequem zu fahren ist fragen sie. Ich erzähle das es gut ist zum zurück legen von lange Strecken, und dass ich gerade aus der Nähe von Hannover geradelt bin, und noch eine Weile durchmachen werde zu den Utrechtse Heuvelrug. Sie geben mir den High Five und gehen ruhig weiter.

Via die Brug bij Westervoort erreiche ich um fünf Uhr Arnhem, und ich überquere den Nederrijn über die John Frostbrug, sodass ich ohne Höhenunterschiede über den Deich kann fahren bis zu die Brücke bei Rhenen. Normalerweise finde ich das eine angenehme Strecke, aber jetzt ist es schrecklich. Über dem Deich liegt dicker Nebel und die Sichtweite ist beschränkt auf nur einigen Zehner Meter, dadurch fahre ich ständig in einen monotonen Schleier. Mein ermüdetes Gehirn bekommt wieder die Neigung leicht zu halluzinieren. Das Gleichgewicht und die Reaktionsgeschwindigkeit sind am abfallen und ich gehe Zickzack über den Deich. Mein Zeitgefühl ist auch nicht mehr hundert Prozent. Ich quäle mich fort und es ist sehr unangenehm. Letztendlich erreiche ich in der Morgendämmerung die Brücke bei Rhenen, und überquere sie langsam. Die letzte Strecke mache ich wieder Tempo und geht es wieder zügig voran. Der Weg von Rhenen zu Doorn bietet viel mehr Reize und mein Gehirn macht wieder normal mit. In die Dorfskerne benutze ich oft Strecken Fahrbahn und weiche rechtzeitig aus zum Holprigen Radweg wenn es von hinten kommendes Kraftverkehr gibt. Ich fahre die Strecke in drei Viertelstunden, eine normale Zeit für mich. Um viertel vor acht bin ich schließlich zu hause, Stunden später als ich erwartete als ich diese Nachtfahrt anfing, ich habe ab die Koldinger Seen 24,5 Stunden gebraucht.

Brug bij Westervoort
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John Frostbrug - Arnhem
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Rijnbrug - Rhenen
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Bijna thuis | fast zuhause
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Heel hartelijk bedankt voor het meenemen op jouw reis! Und danke, dass Du Dir den Aufwand gemacht hast, das alles in Deutsch niederzuschreiben (ich hab für Ligfiets& vor einer Weile die Gegenrichtung versucht). Dein Bericht erinnern mich daran, wie ich vor vielen Jahren in vier Tagen von Zittau nach Apeldoorn gefahren bin oder ein paar Jahre später in drei Tagen wieder von Zittau nach Köln, oder mal von Rügen nach Niesky an einem Tag oder von Hodonín einmal Tschechien von Süd nach Nord in einem Tag und einer Nacht - so viele gute und lange Fahrten.
Wenn Du wieder mal losfahren solltest, dann nimm uns bitte wieder mit! :)

Viele Grüße,
Martin, der sich heutzutage für so Touren von der Familie freistellen lassen müsste...
 
schade das man in Deutschland nicht einfach Snackbars wie in Niederland oder Frietkotten wie in Belgien hat, wo man schnell eine große Portion leckere Fritten (Pommes) bekommt.
Ist halt nicht einheitlich, aber in allen Currywurst-, Burger-, Döner- oder Gyros - Buden bekommt man auch Pommes, und irgendeine Bude ist in jedem größeren Nest, wie gut die sind, ist natürlich auch Glückssache...
 
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