@smallwheels
Warum haben wir in D so wenige Tote (nicht das ich das wollen würde)?
Ist das ein Fehler in der Statistik?
Kein Fehler, das liegt daran, dass wir hier sehr unterschiedliche Dinge kombinieren:
1. Anzahl der Einwohner eines Landes
2. bekannte (!) Anzahl der Infizierten (die wiederum neben der tatsächlichen Infektionsquote vollständig von der Anzahl der durchgeführten Tests abhängt und natürlich von der Qualität der Tests und der Dauer der Testauswertung)
3. Anzahl der Toten (die ein wenig mitbeeinflußt wird davon, was als Corona-Toter gezählt wird und was nicht, z.B. wenn Corona nur der letzte Tropfen war bei vorhandener Vorerkrankung oder umgekehrt Corona vlt. gar nicht erkannt wurde)
4. Aktualität und Vollständigkeit der Zahlen (Delay bei melden)
5. Wo im Eskalationszyklus der Pandemie wir sind.
6. Wie gut ist das medizinische System (sprich wie gut organisiert, wie ausgelastet)
7. Wie ist die Bevölkerungsstruktur (Altersverteilung, Krankheitsstand, soziale Kontakte/Interaktionen im Normalzustand, städtisch vs. zersiedelt ländlich, etc.)
All das kann und wird sich von Land zu Land mehr oder weniger deutlich unterscheiden, wodurch die Vergleichbarkeit deutlich limitiert ist. Was man liest ist, dass wir in Deutschland sehr viele Tests durchführen würden im Vergleich zu anderen Ländern und auch vergleichsweise gut sind im Nachverfolgen der Kontaktpersonen. Nicht so gut wie Taiwan, aber besser als die meisten. D.h. die Sterblichkeitsquote ist bei uns so niedrig, weil wir viel mehr Infizierte erkennen als andere Länder, was wiederum auch ermöglicht die Ifnekitonswege einzuschränken durch Isolation Infizierter. Es ist also ein doppelter Effekt: Die Dunkelziffer an Infizierten ist bei uns niedriger, dadurch erscheint die Quote an Todesfällen niedriger (ist sie aber mögicherweise gar nicht oder zumindest nicht so stark), gleichzeitig tun wir uns leichter, Infizierte zu isolieren. Was noch besser ginge mit mehr und schnelleren Tests.
In dem Fakenews-Facebookgrafikdings von neulich war zum Beispiel Japan als vorbildlich geschildert. Angeblicher Grund für die nierigen Infektionszahlen: Mundschutz. In einem
Artikel des Spiegel von vor ein paar Tagen, in dem der Status und die Maßnahmen in verschiedenen Ländern geschildert werden, liest sich das anders: Die Japaner müssen...
"ihren Alltag bislang nicht durch eine Ausgangssperre einschränken. In den Parks bewundern sie die Kirschblüten, sie gehen weiter essen, shoppen, trinken. Doch das tägliche Leben könnte sich bald ändern. (...)
Zwar wurden Schulen bereits geschlossen, und Firmen forderten ihre Mitarbeiter auf, von zu Hause aus zu arbeiten. Aber von der geringen Zahl an Infektionen und Todesfällen beruhigt, ging das normale Leben eben weitgehend weiter. Dabei achten viele Japaner allerdings schon lange darauf, Gesichtsmasken zu tragen und Hygiene-Standards einzuhalten.
Im Gegensatz zu anderen Staaten beschloss die Regierung von Premierminister Shinzo Abe keine harten Maßnahmen, die die Freiheit der Menschen einschränkten oder der Wirtschaft schadeten. Es wurde auch nicht massenhaft getestet. Nur etwa 25.000 Menschen mussten sich Tests unterziehen. Experten streiten darüber, ob die tatsächliche Zahl der Infektionen deutlich über der offiziellen liegt - weil schlicht nicht genug Fälle erkannt wurden. So schreibt die Deutsche Botschaft in Japan: Das Infektionsrisiko in dem Land sei "nicht seriös einzuschätzen. Von einer hohen Dunkelziffer von Infektionen, bedingt durch die geringe Zahl durchgeführter Tests, ist auszugehen".
Was wir wissen ist, dass das RKI die Zahlen teilweise mit Delay veröffentlicht, dass das medizinische System hierzulande mehr Kapazität hat und besser organisiert ist als vielerorts, allein schon der Zugang zum System ist sehr niedrigschwellig. In falscher Sicherheit wiegen sollten wir uns hier nicht, andere sind bisher aber schlimmer dran.