Moin,
gestern konnte er endlich stattfinden, der Genuß! Am späten Vormittag das schwere Teil durch das Treppenhaus hinters Haus gewuchtet und erstmal die Dose Hohlraumwachs gezückt, die ich großzügig im Rahmen verteilt habe. Das Schaltwerk läuft nun wie Butter, nachdem ich diese Schwachstelle mit einem anderen Schaltauge ausgemerzt bekam. Am Umwerfer hat sich der Fehlerteufel noch nicht ganz (Feintuning muss noch erfolgen) verkrümelt, aber die Hauptsache wäre erledigt: ich wunderte mich immer wieder, warum der Umwerferkäfig nach gewisser Standzeit versuchte, die Zähne des größten Kettenblatts zu kupieren und auch die Parallelität zu den Kettenblättern immer wieder leicht vom Ideal abwich. Es war die Lackschutzfolie, die ich unter der Schelle angebracht hatte. Der Kleber darunter sorgte für einen leichten, aber vorhandenen Gleiteffekt, der die Schelle immer wieder um ein paar Zehntelmillimeter aus der Idealposition brachte. Also Folie weg und lackstrapazierend dem Umwerfer ans Rohr geschraubt.
Nun konnten die Ausfahrt angegangen werden. Eigentlich waren es gestern gleich drei, denn ich wollte mal testen, wie sich der Commodore auf meinen typischen Strecken fahren lässt. Die Stammstrecke zu meinem Garten konnte ich wegen Baustellen nicht nutzen und musste daher einen anderen Weg nehmen, großteils asphaltiert aber genauso hügelig wie die Stammstrecke, die ich bestimmt über 100 mal im Jahr fahre. Noch ein bisschen an der Zugspannung gefeilt, Fingerprobe am Reifen ergaben geschätzte 2,5-3 bar, also konnte ich es wagen. Das Mehrgewicht im Vergleich zum Up ist spürbar. Allerdings ist es durchaus erträglich, wenn ich bedenke, dass ich bis vor kurzem weit mehr Gewicht auf dem Gepäckträger mitschleppte, als das Mehrgewicht zum Up ausmacht. Fahre ich normal auf halbwegs ebenem Gelände und nicht dauernd mit maximaler Beschleunigung, dann komme ich mit dem Commodore genausogut vorwärts wie mit dem Up. Die Umleitung führte über ein starkes Gefälle, dass auf dem Up mit Rollenlassen und ohne Mittreten knappe 50 km/h ermöglicht, flachgemacht reichts für 50 Sachen, macht dann aber keinen Spaß. Mit dem Trike waren 55 Sachen drin, also auch hier kein Nachteil.
Auf guten Straßen vermisse ich auch keine Federung, das Fahrverhalten ist direkt und ehrlich und gibt Rückmeldung. Abgekürzt über einen Feldweg mit leichter Steigung zeigte sich dann der Nachteil des Mehrspurers. Im für diese Steigung größtmöglichen Gang kam ich gut voran, runtergeschaltet zeigte sich deutlich die Neigung zum durchdrehenden Hinterrad.
Die zweite Ausfahrt am Nachmittag führte mich in die andere Richtung. Hier hätte ich die längere Strecke wählen können, die mit moderater Steigung sich auszeichnet oder aber die kürzere Strecke, die aber über eine kurze aber heftige Steigung führt. Da ich testfahre, nahm ich die zweite Option in Angriff. Ein Verschalter führte dazu, dass ich die Steigung nicht ganz gepackt habe und die letzten 20 Meter schieben musste. Hier wäre vorne ein kleineres Kettenblatt als 28 oder hinten ein 34er statt des 32er von Vorteil. Im weiteren Verlauf kam ich an einem Spielplatz vorbei, wo gerade ein paar Kinder spielten, die mir gleich erstaunt entgegenriefen: "Hey, was ist das für ein cooles Rad?" und "Ich will auch so eins haben!"
Bei leichten Steigungen und Gefällen sehe ich das Trike sogar in leichtem Vorteil zum Up, da ich zweiteres eh so gut wie nie im Wiegetritt bediene. Das heißt, es gelang mir auf Anhieb, in der Ebene so im Schnitt 10% schneller zu sein als auf dem Up, ohne mich dabei kaputtzumachen. Das heißt auch, dass ich leichte Gefälle dahingehend nutzen konnte, um mit mehr Speed Schwung aufzubauen, um nachfolgende leichte Steigungen teils durch den mitgenommenen Schwung, teils auch durch weniger mittreten ein, zwei Gänge höher ohne große Probleme zu überwinden.
Der dritten Ausfahrt ging das Prüfen des Reifendruck voraus. Meine Schätzung war nicht ganz verkehrt, denn ich hatte rundum noch 3 bar auf den Schläuchen, die auf guter Fahrbahn sogar ein wenig Komfort zeigten und auch auf Schotter noch erträglich waren. Luftpumpe raus und auf 5,5 bar rundum aufgepumpt. Dann die gleiche Strecke vom späten Vormittag nochmal genommen mit Verlängerung zu meinen Eltern, denn auch hier steht eine etwas stärkere Steigung an, die ich mal austesten wollte. Zunächst wieder die Umleitung entlang mit dem knackigen Gefälle. Geschwindigkeitszuwachs mit den nunmehr harten Reifen? Nicht wirklich, auch nicht in der Ebene oder bergauf. Dafür aber ein Ritt auf der Kanonenkugel, der Commodore reagiert nun deutlich nervöser auf Umebenheiten in der Fahrbahn. Zwar gut zu parieren, aber da meine Trikeerfahrung bis dato bei weniger als 20 Kilometern lag, doch nicht ganz gewöhnt. Da die Bremsen auch noch nicht eingefahren sind, ist es noch nicht so gut möglich, diese gleichmäßig zu dosieren, im Ganzen kann ich aber sagen, dass die nicht gekoppelten Bremsen durchaus gut funktionieren und auch gut zu handhaben sind. Die Driftbremse an der Hinterhand, auf die ich verzichtet hatte, fehlt mir auch nicht wirklich. Wenn ich knackig ums Eck fliegen will, ziehe ich einfach stärker an der Bremse, in deren Richtung es gehen soll und das Human powered Go Cart geht ums Eck, dass es eine wahre Freude ist.
. Da können auch mal alle 3 Reifen kurz wegschmieren. Oder einer oder zwei, das habe ich im wahrsten Sinne des Wortes in der Hand.
Die Rapidfire macht Laune, fühlt sich an wie im Sportwagen mit Schaltwippen am Lenkrad. Auch die im Gegensatz zum Up seitenverkehrte Anordnung der Schalthebelei ist nicht wirklich verwirrend, ich finde sie sogar intuitiver zu bedienen.
Gestern war es leicht windig, ich schätze so maximal 40 km/h Windgeschwindigkeit. Und da zeigte sich ein weiterer bauartbedingter Nachteil. Nein, es ist nicht das breitere Fahrzeug, dass dem Wind frontal eine größere Angriffsfläche bietet, sondern die Radscheiben vorne. Schon bei diesen geringen Windgeschwindigkeiten merke ich seitliche Böen vor allem bei Kurvenfahrt doch recht deutlich in einem leichten Wegdrücken des "Vorderwagens". Ansonsten keine Nachteile, die Vorderräder laufen ruhig und auch die Geräusche des NaDys werden nur unwesentlich durch diese einseitigen Verkleidungen beeinflusst. Bei normaler Gangart höre ich von diesem gar nichts. Lediglich wenns mal steil berab geht und die Geschwindigkeit sich in Bereichen jenseits von 45 km/h bewegt, meine ich, ein leichtes Brummen zu hören, was aber teils auch Windgeräusche waren.
Vater war von dem Fahrzeug begeistert, ich glaube, er wäre am Liebsten aufgesessen und hätte eine Runde gedreht. Meine Mutter meinte, ob das nicht - nein, kein "dich sieht man doch gar nicht, das ist so tief
", unbequem und anstrengend wäre so im Liegen. Ich konnte ihre Bedenken zerstreuen indem ich sagte, am Berg wirds je nach Steigung und Untergrund etwas haarig, ansonsten aber wesentlich besser zu fahren als ein Up. Keine Schulterschmerzen, keine Taubheitsgefühle in den Händen und auch der Hintern bleibt davon verschont.
Der Sitz, den ich ja etwas breiter gehalten habe, als unbedingt nötig, ist durchaus komfortabel. Wie lange der Hartschaum hält, wird sich zeigen. Geht es schneller um die Ecke, muss ich als Fahrer halt etwas "arbeiten", und da macht sich die Breite des Sitzes durchaus positiv bemerkbar, denn ich habe ja keine Seitenwangen! Seitenwangen sind, wie ich gestern erfahren konnte, bei einem Trike durchaus sinnvoll bei schneller Kurvenhatz. Aber es geht auch ohne, ich bin nicht unfreiwillig seitlich abgestiegen. Hätte ich meine günstige Bezugsquelle für Trikesitze schon gehabt, als ich das Fahrzeug gebaut hätte, dann wäre ein solcher zum Einsatz gekommen. Jetzt bleibt halt meine Aluschale drauf und darf bis auf weiteres ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen. Es klappt auch vorzüglich, den Kopf an die Kopfstütze zu lehnen während der Fahrt, Vibrationen halten sich auf guter Piste in Grenzen, die Sitzschale federt im oberen Bereich mit und die Polsterung der Kopfstütze ebenso.
Dann kam zufällig noch die Oma hinzu, die den Commodore bis dato nur als unlackierten Versuchsesel im Oktober letzten Jahres zu sehen bekam. Sie staunte auch nicht schlecht, wie gut das Fahrzeug mir letztlich gelungen ist. Der "Markenname" erregte natürlich gleich ihre Aufmerksamkeit, stammt sie doch aus "Silesia" und gab es in ihrer Heimatstadt auch ein Kaufhaus, das diesen Namen trug.
Langsam wurde Abend und ich bekam langsam Hunger. Also hieß es, sich wieder auf dem Heimweg zu machen und die nächste Steigung auszutesten. Auch diese habe ich geschafft, wenngleich sie langgezogen ist - im kleinsten Gang. Außer Puste oben angekommen, rennt das nächste erstaunte Kind zu seiner Mutter und schreit: Mama, guck mal. Das ist ja voll chillig!" Sooo chillig war es dann aber nicht, weil die Steigung lang und das letzte Stück das steilste war. Aber ich wollte nicht wieder schieben! Entgegenkommende Autos wurden ganz handzahm, indem ihre Fahrer ihre Kutschen ganz weit nach rechts zogen - dabei ist mein Fahrzeug doch gar nicht so breit, sondern nur flach. Das dachte sicher auch der Porschefahrer, der schreckhaft, aber mit freundlichem Lächeln nach rechts zog. Dabei bin ich doch gar nicht breit. Nur flach - und man sieht mich nicht.*duckunwech*
Ein anderer Pkw hinter mir hat gar nicht erst versucht mich zu überholen kurz vor meiner Ankunft zuhause. Lag vielleicht auch daran, dass ich auf ebener Strecke die Geschwindigkeitsbegrenzung der 30er-Zone durchaus ein wenig überschreiten konnte und so standen dann nach dem ersten Tag mit dem Commodore 21 km auf der Uhr. Macht Laune das Teil.
Ach so: wenn ich mal überholt wurde auf dem kurzen Stück innerorts, dann überraschenderweise mit deutlich mehr seitlichem Abstand als wenn ich mit dem Up unterwegs bin. Von dieser Warte aus betrachtet dürfen Trikes ruhig die Blaue Mauritius im Straßenverkehr bleiben. Ich bin zwar nicht breit, aber wie ihr wisst, sieht man mich nicht.
MfG