Flèche Allemagne 2017
Nach 2012 und 2014 planten wir zum 25jährigen ARA Jubiläum erneut die Teilnahme am Flèche Allemagne von Drensteinfurt aus.
Die erste Flèche Teilnahme 2012 war mein Einstieg in die Welt der Randonneure und hatte mich damals dermaßen 'geflèched', dass ich seitdem immer mehr und weitere Brevets fahre. Mein Einstieg in die Langstreckensucht sozusagen.
Diese Jahr sind wir im 4-er Team gefahren, Andreas
@bike_slow und
@Lutz waren auch schon in 2012 und 2014 dabei, Michael
@Landradler haben wir zusätzlich gewinnen können.
Wie bisher haben wir unsere Flèche Tour mit Rückreise auf eigenen Rädern geplant.
Los geht es für mich am Samstag um 7:15, das Rad steht abfahrbereit in der Garage und mit der ersten Pedalumdrehung ist auch gleich die altbekannte kribbelige Nervosität weg. Die 26km nach Drensteinfurt gehen in mäßigem Tempo schnell vorbei, ich komme trotzdem ins Schwitzen, da ich mir noch eine Fleecejacke unter die Windstopperjacke gezogen habe. Ich habe mal wieder mit viel zu viel Bekleidung geplant und gepackt. Denke ich da noch.
Im Tankstellencafe in Drensteinfurt sitzen um kurz vor halb neun schon Lutz und Andreas beim Kaffeeklatsch. Michael taucht auch direkt auf, so dass wir in aller Ruhe die Startrituale (Brevetheftchen verteilen, unterschreiben, abstempeln lassen, Rahmenschilder anbringen, Fotos machen und natürlich Kaffe trinken) abwickeln können.
Punkt 9:00 Uhr wird gestartet. Der Westwind schiebt uns freundlicherweise bequem durch das Münsterland Richtung erster Kontrollstelle in Porta Westfalica. Routiniert spulen wir die Kilometer runter, die Strecke ist bekannt aus 2014. In Werther machen wir einen kurzen Bäckereistopp, nach längerer Pause ist uns noch nicht.
Zwischendurch meldet sich
@Martin D., er plant uns noch vor der Weser abzufangen. Er ist 2012 und 2014 bis Eisenach mitgefahren. 2014 sogar noch bis hinter Paderborn auf dem Rückweg.
Zwischen Herfort und Vlotho hinter Exter ist es dann so weit, wir biegen aus einem Kreiverkehr in eine Gefällstrecke ein und da steht Martin, den wir unter großem Hallo begrüßen. Mal sehen, wie weit er dieses Mal mitfährt.
Vor der ersten Kontrolle stoßen wir auf die Weser, der wir nun bis Hannoversch Münden folgen werden, danach soll es an der Werra weiter gehen. An Kontrolle 1 treffen wir Michaels Frau, er ist nun fast zu Hause.
Mit vielen guten Wünschen werden wir wieder auf die Strecke geschickt. Wir folgen der Weser auf der rechten Flußseite, 2012 waren hier an Himmelfahrt Heerscharen von Jugendlichen in allen Alkoholisierungszuständen unterwegs. Heute nichts davon, auch keine Scherben und auch keine sonstigen Radwanderer.
Hinter Rinteln werden wir noch hochoffiziell aus einem Bulli der Rennleitung per Lautsprecher darauf hingewiesen, dass Radweg fahren uncool (sic!) ist. Gut dass der nicht benutzte Radweg just in dem Moment zu Ende ist, da kommen wir gar nicht erst in Versuchung höhöhö...
Martin dabei zu haben erweist sich mal wieder als großer Vorteil, er kennt die Gegend wie seine Westentasche. Routiniert führt er uns zur zweiten Kontrolle in der Sumpfblume in Hameln. Eine Kaffee- und Kuchenpause muss nun sein, wir sind extrem gut in der Zeit. Draussen sitzen ist uns leider zu kalt, ansonsten ist das Wetter perfekt zum Radfahren. Frisch gestärkt rollen wir weiter die Weser hoch, der Wind ist weiterhin mit uns. Sonne und Wolken wechseln sich ab, es hersscht eine gelassene Atmosphäre.
10km vor Holzminden rufen wir in der Pizzeria an, um Essen vorzubestellen. Wir bringen den Wirt etwas aus dem Konzept, da Lutz gleich noch eine Pizza zum Mitnehmen bestellen will. 'Wollen Sie jetzt hier essen oder Mitnehmen?'. Unter Gelächter fahren wir weiter. Es hat dann aber alles geklappt, wir sitzen keine 5 Minuten, dann steht das vorbestellte Essen auf dem Tisch. Weiterhin sind wir sehr gut in der Zeit, die Pizzeria ist gleichzeitig Kontrolle 3. Da geht noch ein Nachtisch + Cappuccino.
Mit vollen Bäuchen und Lutz nun als Pizzataxi steuern wir die letzte Kontrolle (Nummer 4) für diesen Tag in Beverungen an. Hier füllen wir nur kurz Proviant auf und weiter. Wir sind vor 22:00 Uhr da, so dass die Tankstelle noch geöffnet hat, so brauchen wir nicht die Ersatzkontrolle in einer Nachtbar wahrzunehmen.
Auf dem Weg dorthin verlässt uns Martin in Höxter, schade. Vielen Dank für die kurzweilige Begleitung und das lotsen durch die Baustellenumfahrung.
Nun wird es dunkel und mit dem Verschwinden der Sonne wird es sofort kalt. Sehr sehr kalt, erstmal reichen aber die Winterhandschuhe. Ab jetzt fahren wir nur noch Bundesstraße, es herrscht so gut wie kein Verkehr. Wir haben aber alle einen guten Rhythmus und fahren sehr gleichmäßig und gut zusammen, die Gruppengeschwindigkeit passt.
Eine Pause machen wir noch in Hannoversch Münden an einer Tankstelle. Bald haben alle alle vorhandenen Kleidungsstücke an, es wird frostig. Ich bin froh, Neoprengamaschen und die Fleecejacke dabei zu haben. Zwei Mützen sitzen auf dem Kopf (Windstopper + Merinobeanie).
Die Füße werden trotzdem kalt. Wir halten nur noch, wenn dringende körperliche Bedürfnisse dies erfordern. Die Geschwindigkeit sinkt, es gilt die Balance zwischen Auskühlung und Muskelerwärmung zu finden.
Es herrscht eine einsame Stimmung, die Gespräche verstummen, jeder fährt für sich, aber trotzdem zusammen. Ein herrliches Gefühl. Die Sterne funkeln, der Mond zeigt nur eine schmale Sichel, der Atem dampft.
An eine Panne denken wir lieber nicht...
Irgendwann erwähnt Andreas oder Lutz, dass in Eschwege ja der 24h McDonalds sei. Ups, den hatte ich ganz vergessen... 2012 hatte der im Morgengrauen geschlossen zwecks Reinigung. Dieses Mal sind wir viel früher, da sollten wir nicht vor verschlossenen Türen stehen. Das neue (warme!) Pausenziel macht die kalte Nacht erträglicher.
Am McDonalds angekommen treffen wir auf erstaunte Nachtschwärmer und einen Haufen Fahrräder vor der Burgerbräterei. Drinnen ist alles voller Randonneure, die meisten liegen auf den Bänken und pennen. Das Personal tut völlig unbeeindruckt, die Nachschwärmer schauen komisch, aber nicht unfreundlich.
Wir ordern was zu Essen, am Tisch werden erstmal die kalten Schuhe ausgezogen. Ah, ist das schön warm hier, draußen wird Lutz Extraproviant zur Tiefkühlpizza.
Wir beschliessen mindestens eine Stunde zu bleiben, es ist noch weit vor 4 Uhr und die 7-Uhr Kontrolle in Treffurt ist nur etwas über 20km entfernt.
Kurz vor 5 Uhr machen wir uns wieder startklar.
Ein lustiger Kerl will jedem von uns Kuchen spendieren (Erdbeerschnitten? Ich weiss es nicht mehr), seine Freundin weiss nicht was sie davon halten soll. Wir lehnen ab, wir sind im Aufbruch und nehmen noch einen Einzelfahrer ausserhalb der Konkurrenz mit, Chapeau! Leider verlieren wir ihn später auf der Abfahrt nach Creuzburg aus den Augen, mit den Liegen sind wir zu schnell für ihn.
Die Fahrräder sind von Eis überzogen, es hat nochmal angezogen. Es kostet Überwindung loszufahren. Erstmal den Kreislauf wieder in Schwung bringen. Zum Glück sind die Füße wieder schön warm, das wird sich auch nicht mehr ändern.
An der 7-Uhr Kontrolle sind wir viel zu früh, es ist 6 Uhr, die Sonne noch nicht aufgegangen. Also eine Stunde in der Tanke totschlagen, laut Regelement dürfen wir erst um 7 weiter. Nebenan ist eine Bäckerei, offiziell macht die aber erst um 7 Uhr auf, ein Haufen Randonneure hat aber wohl dafür gesorgt, dass sie früher aufmacht. Wir bleiben dennoch in der Tanke und vertreiben den örtlichen Frühaufstehern die Langeweile.
Endlich ist es 7 Uhr, die Sonne ist aufgegangen (was erstmal nicht heisst, dass es wärmer wird), pünktlich fahren wir ab.
Jetzt warten noch ein paar Höhenmeter auf uns, wir kürzen die Werraschleife nach Creuzburg über die B250 ab.
Aus den Erfahrungen der letzten Flèche Teilnahmen habe ich die Einfahrt nach Eisenach ab Creuzburg abseits der Bundesstraßen ins Flusstal und dann am Opel-Werk entlang gelegt. Das fährt sich wunderbar, auch wenn der geringe Verkehr das nicht unbedingt notwendig macht. Nach Himmelfahrt an einem Freitag morgen im Berufsverkehr sähe das anders aus.
In Eisenach ist noch etwas Kopfsteinpflaster (Asche auf mein Haupt) zwecks unnötiger Haupstraßenumgehung zu bewältigen, bevor wir zur Rampe zur Wartburg gelangen.
Ich kurbele die 13% erstaunlich locker hoch und überhole im flacheren Stück einige Randonneure, die deutlich geschafft aussehen. An der Parkplatzeinfahrt warte ich auf mein Team, es ist 8:40 Uhr, wir haben es innerhalb der 24 Stunden geschafft!
Ich treffe ein paar bekannte Gesichter, Ben aus Münster haut mich an, hab ihn erst gar nicht erkannt so vermummt ist er noch von der Kälte.
Nach 10 Minuten kommt auch mein Team an, die Brevetheftchen hatte ich in Treffurt schon eingesammelt, wir geben sie gemeinsam ab. Nach ein paar Teamfotos machen wir uns auf zum Essen im Automobilmuseum. Hier treffen wir weitere Bekannte. Norbert
@norfiets liegt auf einer Bierbank in der Sonne und ruht sich aus. Der Rest der Velonauten (Marita, Thomas, Heiner, Holger) ist auch da.
Im Esssaal holen wir uns erstmal ein Zielbier, das Essen dauert noch ein bisschen.
Essen und quatschen nehmen dann noch einige Zeit in Anspruch, wir sitzen noch mit den Jungs vom Troytec Geschwader zusammen.
Da wir noch mit den Rädern den ersten Teil des Heimwegs hinter uns bringen wollen, können wir das Ende der Veranstalung leider nicht abwarten und machen uns alsbald auf den Weg. Warm ist es draussen geworden, die Sonne scheint, die kalte Nacht ist vergessen.
Nach ein paar lästerlichen Flüchen von mir (Kette vom Zox abgeworfen beim rückwärts schieben) brechen wir zum Heimweg auf.
Aber das ist eine andere schöne Geschichte...
Dazu nur kurz:
Sonntag Fahrt bis Malsfeld an der Fulda ins Hotel.
Montag 1. Mai der 'Rest' vom Heimweg auf der sehr schönen Strecke von 2014.
Diese drei Tage waren ein tolles (Team-)Erlebnis. Es stimmte einfach alles. Vielen Dank an mein Team!
Sehr zufrieden bin ich auch mit den kleineren und größeren Anpassungen, welche ich für diese Tour vorgenommen habe.
Größte Anpassung sind die neuen breiteren Reifen (Primo Comet), welche einen enormen Komfortgewinn bedeuten.
Bei 5,5bar schlucken sie viele Fahrbahnunebenheiten weg, was sich auf der Langstrecke sehr bewährt. Es fährt sich viel entspannter, ich werde nicht mehr durchgeschüttelt. Der ganze Körper dankt es. Der Sitz kommt mir viel bequemer vor, was aber an den Reifen liegt.
Weiterhin habe ich mir endlich mal wasserdichte (Kompressions)packsäcke gekauft. Keine Ahnung, warum ich das nicht schon vorher gemacht habe.
Bisher habe ich die Sachen mehr oder weniger lose in die Radical Seitentaschen gesteckt. Wasserempfindliche Sachen und Bekleidung in Plastik(müll)tüten.
Im Vergleich zu den Packsäcken extrem nervig, nicht nur wenn man müde ist.
Mein neues Cockpit hat sich bewährt, das Navi sitzt nun auf dem UdK statt auf dem Rahmenrohr zwischen den Oberschenkeln. Finde ich viel besser so.
Essenstechnisch habe ich auch etwas verändert. Keinen Süßkram und auch keine Sachen mit Fleisch mehr im Proviant.
Käsebrötchen, Obst Banane, Apfel), Obstriegel in allen Variationen, dazu lose Feigen, Cranberries und eine Nussmischung bekommen mir sehr gut. Die Notfallcola habe ich aber immer noch dabei.
Zwischendurch wird weiterhin gekauft/bestellt wo Lust nach besteht. Das Tankstellen-Bockwurst-Frikadellenexperiment vom 600er letztes Jahr werde ich dennoch in der Form nicht wiederholen
Die Bilder vom Flèche und der Rückfahrt gibts im
Album.
Für die Strava Junkies:
Flèche Allemagne
Rückweg Sonntag
Rückweg Montag
Grüße,
Thomas