was daran sportlich sein soll, wenn sich der Sport auf den Druck aufs Gaspedal beschränkt, erschließt sich mir nach wie vor nicht
"Sportlich" ist ein völlig unzureichendes Adjektiv, um die ganzen Implikationen zu beschreiben, die da mitschwingen. Was folgt, ist natürlich nur meine Meinung, aber so ganz abwegig ist das nicht, denke ich. Ist ein wenig lang geworden, aber ich verspreche, ich stelle am Ende den Bezug zumindest zu Velomobilen her, vielleicht sogar zu Fahrrädern im Allgemeinen.
Ein sportliches Auto involviert einen und bietet Informationen und Reize, die einen auf vielen unterschiedlichen sensorischen Wegen erreichen. Das Lenkrad kommuniziert die Straßenbeschaffenheit, durch das Bremspedal kann man fühlen, ob und wie stark die Reifen blockieren, Aufhängung und Motor liefern akustische Rückmeldungen und schalten muß man auch selbst. Bekommt man all diesen Input, muß man gar nicht schnell fahren, um gesättigt zu sein. Und mit alten Autos, speziell starken, ohne Fahrhilfen, ist man sich auch bewußt, daß man sich umbringt, sowie man das Auto nicht respektiert. Das Fahren an sich ist ein Erlebnis. Man nimmt die Geschwindigkeit nicht anders wahr, sondern intensiver. Man ist schneller gesättigt.
In modernen Autos ist die Lenkung dank der elektrischen Unterstützung tot. Überall ist Schalldämmung drin, so daß man keine akustischen Rückmeldungen bekommt, das Motorgeräusch ist vom Gaspedal entkoppelt (moderne Autos reißen auch bei geringer Bewegung des Gaspedals die Drosselklappen kurz ganz auf, um das Turboloch zu verringern), dank Stabilitäts- und Traktionskontrolle (oder gar Launch-Control) kann man das Gaspedal fast gedankenlos binär bedienen und die meisten Bremsen sind nicht vernünftig zu dosieren. Geschaltet wird zugkraftunterbrechungsfrei mit neun Gängen per Schaltwippen, und dank Computerunterstützung wann man will. Dazu noch ein computergesteuerter Allradantrieb und das Autofahren ist wie Playstation spielen.
Das einzige, was modernen Autos geblieben ist, ist die brachiale Beschleunigung durch 600, 800 oder 1000 PS, und selbst die ist nach drei, vielleicht vier Sekunden vorbei. Ja, die ganzen Helferlein machen es ungeübten wesentlich einfacher, schnell zu fahren und durch die ganze Entkoppelung des Fahrers werden auch alle möglichen Käufer angesprochen. Aber die Erlebnisse, die die Werbung suggeriert, gibt es schon lange nicht mehr. Alles was zählt, sind Rundenzeiten. Nur noch das Ziel, nicht mehr der Weg. Und alles verkrampft und verbissen, weil sich das erhoffte Erlebnis nicht einstellen mag.
Mein Milan ist wesentlich involvierender als ein modernes Auto mit 500 PS. Im Milan bin ich mittendrin statt nur dabei. Der bringt mir vom "sportlichen" Gesichtspunkt aus wesentlich mehr Fahrfreude als fast jedes Auto der letzten 30 Jahre, weil das Erlebnis viel intensiver ist. In bin in Kontrolle und spüre, was passiert.
Ein sportliches Fahrzeug ist viel mehr als bloße Geschwindigkeit. Die Einsicht ist jedoch irgendwie verloren gegangen.
...Mike