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Steintrikes Nomad

(Jörg S.)

Der Liegeradvirus hatte mich schon vor einigen Jahren „befallen“! Ein Freund hatte sich eine Hornet von Radius zugelegt und schon nach den ersten Versuchsfahrten, die ich damit absolvieren durfte, war mir klar: „ Sowas brauchst Du auch!“. Ein halbes Jahr später hatte ich dann mein erstes Liegerad: Ein SL4 von Nöll. Etwas Überzeugungsarbeit später war auch meine Freundin „bekehrt“. Nach langen Versuchsfahrten und ausgiebigem Literaturstudium entschied sie sich für ein Harig Aeroproject L1. Allerdings stießen wir bei einem Besuch in einem Liegeradladen auf ein Trike. Leider habe ich keine Ahnung mehr, um welches Modell es sich damals handelte. Allerdings war ich sofort begeistert, wieviel Spaß es bereitete! Seitdem spukte der Gedanke in meinem Kopf herum, daß ich mir irgendwann auch so etwas zulegen wollte. Allerdings fand dieser Wunsch Ernüchterung darin, daß Trikes nochmal ein ganzes Stück teurer waren (und immer noch sind) als „normale“ Liegeräder. Im Laufe der Zeit befiel mich der Gedanke an ein Trike immer mal wieder. Und immer mal wieder suchte ich eine erschwingliche Möglichkeit diesen Wunsch zu erfüllen. Ich besorgte mir z.B. Baupläne und entsprechende Quellen für das benötigte Material. Allerdings scheiterte dies an meinem nicht vorhandenen Schweißkünsten und an der mangelnden Zeit diese zu erwerben. Bis ich im Herbst 2002 mich wieder mal auf die Suche im Internet machte und da auf die Seiten von Robert Stein mit seinen Steintrikes stieß.

Die Entdeckung

Als ich die Seiten von Robert Stein im Netz entdeckte, befand ich mich bereits seit längerem auf der Suche nach einem Trike. Ich hatte schon verschiedene andere Herstellerseiten besucht. Unter anderem die Seiten von Thorax, Aiolos und Optima. Allerdings waren deren Produkte auf der einen Seite nicht meine Preisklasse und auf der anderen Seite boten sie nicht 100%ig das, was ich suchte. Als ich dann die Steintrikes genauer besah, fand ich nicht nur, daß sie sehr preiswert sind, sondern, daß Robert Stein auch einen sehr große Modellvielfalt anbietet. Nicht nur das „konventionelle“ RoadShark? mit zwei 20“-Vorderrädern und 26“-Hinterrad, sondern auch das Viper , welches drei 20“-Räder besitzt, das Nomad, welches drei 20“-Rädern und eine Hinterradfederung aufweist, und zuletzt das Alien mit zwei 16“-Vorderrädern und einem 20“- Hinterrad. Sehr beeindruckt von der Modellvielfalt und letztendlich auch dem Design der einzelnen Modelle blieb aber ein letzter Zweifel, als ich mir die Herkunft des Herstellers ansah: Serbien! Leicht arrogant und nicht weniger ignorant dachte ich im ersten Moment, was da schon tolles herkommen könnte. Schließlich ist Serbien bzw. früher Yugoslawien nicht gerade für seinen hochwertigen Produkte berühmt. Man denke nur an die früheren Autos Marke Yugo! Allerdings war ich dann doch wenigstens so schlau, etwas Recherche über Robert Stein und seine Produkte zu betreiben. Ich fand eine schwedische Seite, die sich mit zwei Vipern beschäftigte, und auch ein paar kleinere Berichte aus den USA bzw. Kanada. Diese Quellen äußerten sich in den lobendsten Tönen über ihre Steintrikes. Also wühlte ich weiter in den Tiefen des Netzes und fand einige Beiträge von Robert Stein selbst in den einschlägigen HPV-Foren. Diese fand ich auch sehr kompetent und fundiert geschrieben. Dies alles ermutigte mich dann doch so sehr diesen Hersteller näher in Augenschein zu nehmen. Der nächste Schritt sollte also der „persönliche“ Kontakt sein.

Kontakt

Nachdem also genug Informationen gesammelt und erste Vorurteile ausgeräumt waren, machte ich mich daran Robert Stein direkt zu kontaktieren. Ich sandte ihm eine erste e-Mail, indem ich ihm meine erste Wunschvorstellung von einem Trike mitteilte. Prompt bekam ich auch eine freundliche und aussagekräftige Antwort. Davon ermutigt machte ich mir noch einige Gedanken zu dem Thema und teilte sie Robert Stein mit. Auch hierauf wurde mir sehr freundlich und kompetent geantwortet. Es entwickelte sich ein reger Gedankenaustausch per e-Mail. Im Zuge dessen änderte ich mein erstes Wunschmodell von Viper in Nomad; das Roadshark gefiel mir wegen des großen Hinterrades von Anfang an nicht. Im Zuge der Gespräche äußerte ich mehrere Sonderwünsche, welche von Robert Stein entsprechend ihrer Machbarkeit hin beantwortet wurden. Das Gute daran war, daß alles machbar war! So wollte ich als Hinterradbremse unbedingt eine Scheibenbremse, was Robert Stein zwar als überflüssig kommentierte, aber da der Kunde König ist, bekam ich sie doch. Ich konnte mich auch nicht zwischen dem serienmäßigen Spannsitz und einer Sitzschale entscheiden und bestellte kurzerhand beides. Positiv zu bermerken ist hierbei, daß beide Optionen möglich sind, was bei keinem anderen Hersteller so ist. Auch nicht, daß beide Sitztypen nachher zu verwenden sind, d.h. je nach gusto kann man entweder den Span- oder den Schalensitz montieren. Aber dazu später mehr. Ich war im großen und ganzen sehr positiv überrascht, mit welcher Freundlichkeit und Zuvorkommenheit ich als Kunde behandelt wurde. Meine Anfragen wurden prompt beantwortet und ich als Kunde ernst genommen. Das ist etwas, was mir hierzulande eher selten widerfährt. Irgendwann war selbst ich dann zufrieden gestellt und meine Bestellung nahm konkrete Gestalt. Stellte sich nur die Frage nach der Bezahlung und dem Transport. Erstes löste ich, indem ich die Gesamtsumme per Western Union nach Serbien überwies. Letzteres lies sich zum Glück dahingehend lösen, daß sich ein Freund Robert Steins anbot, das Trike mit nach Deutschland zu nehmen. Dadurch lies sich eine Menge Porto sparen, wogegen ich natürlich nicht abgeneigt war. Jetzt mußte ich mich nur noch in Geduld üben bis die Lieferzeit überwunden war. Als Lieferzeit wurden mir 90 Tage ab Zahlungseingang genannt. Leider konnte diese nicht eingehalten werden , da ich im Oktober bestellt hatte und dann der Winter kam. Dieser war in Serbien bestimmt nicht viel milder als hierzulande. Außerdem gab es Probleme mit der Pulverung. Der Lackierer hatte nicht so ordentlich gearbeitet, wie es sich Robert Stein vorgestellt hatte, und die Teile gingen nochmal zurück zum Pulvern. Insofern zog sich die Lieferung bis Ende März hin. Allerdings war diese Tatsache auch nicht sehr tragisch, da ich im Winter eh noch nicht gedachte mein Trike zu testen. Aber irgendwann ist selbst die längste Wartezeit vorbei und irgendwann kam der Tag, an dem ich die frohe Nachricht bekam, daß mein Trike fertig und getestet sei und nur noch auf seinen Transport nach Deutschland warte. Leider konnte der Überbringer meinen Heimatort nicht direkt ansteuern, sondern fuhr erst nach Holland und nahm von da Kurs auf Kassel. Dadurch verzögerte sich die Wartezeit nochmals um eine Woche. Aber dann hielt ich endlich mein Trike bzw. das, was es mal werden sollte in meinen Händen!

Der Aufbau

Als ich das, was mal mein Nomad werden sollte, zuerst sah, rutschte mir mein Herz etwas in die Hose. Das sollte alles sein? Es war nur ein mittleres Paket, ein kleineres Päckchen und ein Karton mit Einzelteilen. Bestimmt wurde da was vergessen, schoß es mir durch den Kopf. Ich hatte mir das alles doch etwas voluminöser vorgestellt. Zwar sollte das Rad durch die drei 20“-Räder sehr kompakt wirken, aber letztendlich war es doch fast zwei Meter lang! Also machte ich mich ersteinmal an das Auspacken des ersten Paketes. Und siehe da, es enthielt mehr als ich zuerst vermutete. Sehr schön verpackt, befanden sich beide Sitze, der Hauptrahmen inklusive Lenkung und alle drei Räder darin. Das kleinere Päckchen wiederum enthielt den Tretlagerausleger und die Hinterradaufhängung samt Federung. In dem Karton befanden sich dann noch diverse Kleinteile; unter anderem zwei mechanische Scheibenbremse von Bitex für die beiden Vorderräder, eine mechanische Scheibenbremse Marke Shimano Deore und zwei kurze Rohrstücke als Spiegelhalter inklusive zwei Spiegeln. Eigentlich enthielt die Lieferung genug, um gleich loszulegen. Es fehlte prinzipiell nur die Schaltung - also Ritzel Kette, Kurbeln, Umwerfer, Kettenwechsler und Shifter - Mäntel und Schläuche. Allerdings wollte ich mich ja mit der serienmäßigen Ausführung nicht zufrieden geben. Leider! Ich fand die mechanischen Scheibenbremsen zu „unwürdig“. Außerdem störte es mich, mit jeweils einer Hand ein Vorderrad zu bremsen. Ich wollte ganz geschickt sein und hatte mir zwei hydraulische Scheibenbremse Marke Magura Clara besorgt und überlegte jetzt, wie ich die mit einem Griffstück ansteuern könnte. Gleich vorneweg: Es ging nicht! Ich hatte schlicht übersehen, daß ein Griff zu wenig Hub bot, um zwei Bremszangen, respektive vier Bremskolben, anzusteuern. Ganz abgesehen davon, daß es gar nicht möglich war, die Leitungen dementsprechend zu verbinden. Ich setzte mich daraufhin mit Magura selbst in Verbindung und bekam von dort die Mitteilung, daß eine meinen Vorstellungen entsprechende Bremse in der Entwicklung sei. Leider wäre sie erst Ende Mai lieferbar. Ich entschloß mich, nicht bis dahin zu warten, sondern das Trike aufzubauen und nur die Bremsen dahingehend provisorisch zu lassen, daß ich die hydraulischen Bremszangen zwar montierte, aber halt für jede Bremse einen Bremsgriff vorsah. Der eigentliche Aufbau des Trikes war dann auch innerhalb eines Nachmittages erledigt. Dies war nicht zuletzt Robert Stein zu verdanken, der seine Modelle vor der Auslieferung schon einmal probeweise aufbaut und dann zum Versand demontiert. Ich konnte mir dadurch den schwierigsten Teil, nämlich das Einstellen der Lenkung, komplett sparen. Ich mußte nur die einzelnen Rahmenteile zusammenstecken und festklemmen, die Lenkstangen an den Achsstummeln festschrauben, mich für eine Lehnenneigung des Sitzes entschließen und ihn festschrauben, was sehr einfach geht, da er nur mit vier Rohrschellen an den entsprechenden Aufnahmepunkten befestigt wird. Als letztes montierte ich die beiden Vorderräder und ,provisorisch, da hier eine andere Lösung auf ihre Umsetzung wartete, das Hinterrad. Hier seien noch zwei Punkte anzumerken: Zum einen die Teilbarkeit des Rahmens und zum anderen die Verstellbarkeit der Lehnenneigung. Beides wird über die hintere Verbindung im Hauptrahmen ermöglicht. Löst man die beiden Klemmschrauben im Hauptrahmenrohr und die eine Klemmschraube im hinteren Sitzrohr, dann läßt sich der Rahmen zusammenschieben, was eine aufrechtere Sitzposition bewirkt, oder auseinanderziehen, was wiederum eine flachere Sitzposition zur Folge hat. Der Rahmen läßt sich an der Stelle natürlich auch ganz auseinandernehmen, wodurch das Trike in zwei handlichere Teile zerfällt. Perfektioniert man dies mit teilbaren Zügen für die Schaltung und einer schnell teilbaren Kette (z.B. SRAM mit Kettenschloß), so kann man das Trike auch problemlos transportieren und am Bestimmungsort schnell zusammenfügen. Jetzt blieb nur die Montage der Schaltung und das Aufziehen der Mäntel und Schläuche. Die Schaltung meiner Wahl hatte ich schon, ich mußte mir nur noch diverse Kleinteile und Mäntel und Schläuche besorgen. Da ich mich für eine SRAM DualDrive 3×9 entschieden hatte, blieb mir jetzt die Wahl, entweder das mitgelieferte Hinterrad zu demontieren, oder eine neue Felge inklusive Speichen zu besorgen. Die serienmäßige Felge entsprach eh nicht meinen Vorstellungen, weswegen letzteres zur Anwendung kam. Da ich mir dachte, daß dies schwer zu besorgen sei, bestellte ich Felge und Speichen bei pedalkraft.de. Andere Kleinteile wollte ich mir bei lokalen Händlern besorgen. Dies bescherte mir eine stundenlange Odyssee durch fast alle Fahrradgeschäfte Kassels! Selbst der örtliche Liegeradladen hatte nur einen 20“-Mantel in der geforderten Qualität (Schwalbe Marathon) vorrätig. Letztendlich wurde ich dann aber doch fündig! Hätte ich dies doch auch bloß bei pedalkraft.de geordert! Die lieferten nämlich prompt den nächsten Tag. Das kommt davon, wenn man schlauer oder schneller sein will. Ein ähnliches Problem hatte ich mit den Schaltzügen. Da das Trike eine gewisse Länge hat, waren die längsten „normalen“ Schaltzüge mit ca. 2 Meter Länge zu kurz. Also mußte ich nochmals los und fand in einem Laden dann endlich Schaltzüge für Tandems, welche die entsprechende Länge hatten. Nachdem ich soweit gekommen war, blieb die Montage der Bremsen als krönender Abschluß. Als Hinterradbremse fungiert eine mechanische Shimano Deore Scheibenbremse als Parkbremse, damit einem das Rad am Berg bzw. beim Auf- und Absteigen nicht davonrollt. Diese war von Robert Stein schon fertig konfektioniert, d.h. an einem Ende des Zuges war die Bremszange und am anderen Ende ein alter Schalthebel montiert. Der Zug war gerade so lang, daß man den Hebel derart an der Heckschwinge befestigen konnte, daß er bequem vom Sitz aus zu erreichen ist. Einfach genial! Die Montage der vorderen Bremsen gestaltete sich weitaus schwieriger, da ich dort unbedingt hydraulische Bremsen haben wollte. Das Befüllen und Entlüften dieser Bremsen stellte sich komplizierter dar, als ich anfangs dachte. Aber auch diese Hürde wurde endlich von mir genommen. Insgesamt brauchte ich durch all diese Widrigkeiten ungefähr eine Woche für den Aufbau des Trikes. Ich möchte aber an dieser Stelle betonen, daß hierfür einzig und alleine ich verantwortlich war! Hätte ich die entsprechenden Teile rechtzeitig besorgt, Zeit war ja genug, und hätte ich die von Robert Stein vorgesehene und mitgelieferte Lösung mit mechanischen Scheibenbremsen genutzt, so wäre der Aufbau bestimmt innerhalb eines Tages beendet gewesen. So wurde durch meine eigenes Verschulden bzw. fast schon Dummheit meine sehnlichst erwartete Jungfernfahrt mit meinen Nomad unnötigerweise verzögert.

Die Jungfernfahrt

Endlich konnte ich auf meinem Nomad Platz nehmen und weiter fahren als nur einmal die Terrasse rauf und runter. Also brachte ich es endlich auf das Terrain, wo es hingehört: Auf die Straße! Als erstes ging es darum den optimalen Weg zu finden, Platz zu nehmen, ohne sich zu blamieren oder gar noch schlimmeres. Dazu muß ich noch sagen, daß unsere Straße sehr abschüssig ist, d.h. das Rad hinstellen und sich dann langsam und vorsichtig hinsetzen geht nicht, da das Rad dann mittlerweile weg gerollt wäre. Hier kommt jetzt die mechanische Hinterradbremse ins Spiel. Diese wird ja über einen alten Schalthebel festgestellt bzw. gelöst. Dies stellt eine sehr gute Lösung für eine Parkbremse dar. Diese ist bei einem Dreirad eigentlich unverzichtbar, da es ja beim Wegrollen nicht umkippen und einfach liegenbleiben, sondern einfach weiterrollen würde. Also zog ich die Parkbremse an und ließ mich auf dem Spannsitz nieder. Dies geht besser als man es sich beim ersten Blick auf die niedrige Sitzhöhe vorstellt. Sitzt man dann ersteinmal, ist man überrascht über die Bequemlichkeit und die gute Übersicht. Es gilt jetzt noch die Spiegel korrekt einzustellen. Diese benötigt man zwar nicht zwingend, aber sie dienen durchaus der Bequemlichkeit und Sicherheit. Beim Einstellen der Spiegel fällt auf, daß ein Vorteil der Spiegelhalter gleichzeitig auch ein Nachteil ist. Da sie nur in die obere Öffnung der Lenkköpfe gesteckt werden, sind sie beweglich bzw. drehbar. Dies ist von Vorteil, wenn man durch enge Türen o.ä. will, allerdings ist es etwas hinderlich für eine optimale Spiegelposition. Hat man die Spiegel optimal eingestellt und kommt dann nur leicht gegen die Halter, verdrehen sich diese leicht und man muß sie wieder zurückdrehe, um wieder etwas im Spiegel zu sehen. Allerdings ist dies eher irritierend als ein echter Mangel. Nach dem Lösen der Parkbremse und den ersten paar Metern vergißt man eh solche Kleinigkeiten! Hat man sich in Bewegung gesetzt, läßt sich das ganze Gefährt fast spielerisch bewegen. Die Lenkung, die im Stand eher etwas schwergängig wirkt, reagiert spontan auf jede kleinste Lenkbewegung. Es ist eine wahre Freude mit dem Rad um die Ecken zu flitzen. Man möchte eigentlich die ganze Zeit nur Kurven fahren, so spontan wird Vorwärtsbewegung in Querbeschleunigung umgesetzt. Allerdings sollte man es dabei nicht übertreiben. Aufgrund der schmalen Spur der Vorderachse berührt sonst das eine oder andere Rad relativ schnell ein Bein. Außerdem sind Fahrradfelgen nicht unbedingt für hohe Querkräfte gebaut. Zwar sind 20“-Räder schön steif, allerdings will ich nicht testen bei welchen Geschwindigkeiten und Kurvenradien die Felgen versagen. Für den Alltag reicht sowieso ein relativ moderater Lenkeinschlag. Und wenn man entsprechend langsam und vorsichtig vorgeht, ist selbst eine komplette Wende auf normaler Straße kein Problem. Letztendlich war ich schon nach den ersten Kilometern sehr von der Handlichkeit und Wendigkeit des Nomad begeistert. Also ging es weiter. Leider habe ich nur zwei Möglichkeiten meinen Wohnort in Richtung Stadt zu verlassen. Entweder über eine stark befahrenen Landstraße, auf der sich etwa alle sechs Monate ein Autofahrer zu Tode fährt, oder ein als Fahrradweg ausgewiesener Waldwirtschaftsweg. Da mir die Landstraße zu gefährlich erscheint, nutze ich normalerweise den Waldweg. Dieser ist auch im allgemeinen auch sehr gut befahrbar. Zwar ist er nicht asphaltiert, aber ausreichend eben und glatt. Der einzige Verkehr, der einem dort begegnet, sind für gewöhnlich andere Radfahrer oder Jogger. Als ich dort entlang fuhr, um sozusagen meine normale Strecke mit dem neuen Rad zu testen, fiel mir unangenehmerweise auf, daß ein Teil des Weges mit sehr grobem Schotter neu geschottert worden ist. Dabei fiel mir der größte Nachteil des Dreirades sofort auf. Es ist für richtig unebene Wege absolut nicht geeignet. Während man selbst auf schlechtem Asphalt noch recht gut und fast ohne Einschränkungen fahren kann, bewahrheitete sich auf diesem groben Schotter das Wort vom „Schlaglochsuchgerät“. Eine Überquerung dieses Streckenteils war nur mit Schrittgeschwindigkeit möglich. Auf dem Rest des Weges, der wieder nur aus Erde und feinerem Schotter besteht, lies sich wunderbar komfortabel und schnell fahren. Die einzige Regel, die man hierbei beachten sollte, ist, größere Unebenheiten und Schlaglöcher entweder zu umfahren oder zu versuchen, diese mit dem gefederten Hinterrad zu nehmen. Dies federt trotz des einfachen Federelements sehr viele Unebenheiten weg. Inwiefern dies auch dem Spannsitz zu verdanken ist, müssen weitere Testfahrten mit dem Schalensitz zeigen. Ein Nachteil des Spannsitzes soll aber nicht verschwiegen werden. Bei sehr flachem Sitzwinkel fällt es einem schwer, über längere Zeit den Kopf aufrecht zu halten. Dies resultiert in Nackenschmerzen. Hier wäre also auch eine Kopfstütze nötig. Allerdings kann man ja erfreulicherweise sehr schnell einen anderen Sitz montieren. Man muß dazu nur vier Schlauchschellen lösen, den momentanen Sitz entfernen, den neuen Sitz montieren und die vier Schellen wieder anziehen. Der als Option erhältliche Schalensitz ist dabei auch sehr viel leichter, und auch relativ bequem. Naturgemäß ist er nicht so gut belüftet wie der Spannsitz, aber für einen Schalensitz immer noch recht gut. Dafür bleibt der Rücken bei dem Schalensitz immer schön warm. Als verbesserungswürdig kann man auch die Kurbeln bezeichnen. Aufgrund der niedrigen Höhe an sich und der geringen Tretlagerüberhöhung, bin ich bei extrem unebener Fahrbahn öfters mit den Hacken aufgesetzt. Im Prinzip recht unspektakulär, aber doch sehr störend. Hier sind wohl kürzere Kurbeln als die momentan benutzen 175er anzuraten. Nach der ersten Testfahrt läßt sich aber sagen, daß sowohl Wendigkeit und auch Komfort in den meisten Fällen sehr gut sind, bzw. auf keinen Fall schlechter als auf einem ähnlich konfigurierten normalen Liegerad.

Erste Verbesserungen

Auch wenn die erste Probefahrt sehr erfreulich verlief, so blieb noch viel zu tun. Zum einen weiß ich gerne wie schnell und mit welcher Trittfrequenz ich fahre, d.h. ein Fahrradcomputer, hier mein guter alter Sigma BC 1100, mußte montiert werden. Was aber noch wichtiger und für jeden Dreiradfahrer, der nicht nur bei schönstem Wetter fahren will, ein Muß ist, sind Schutzbleche. Diese Erfahrung machte ich auch auf der ersten Testfahrt, als ich durch eine kleine Pfütze fuhr. Ich war plötzlich von vorne und von hinten, von rechts und von links, von oben und von unten eingeschmuddelt! Also besorgte ich mir gleich als erstes nach den ersten Ausfahrten einen Satz, d.h. hier drei Schutzbleche. Als Modelle wählte ich Schutzbleche mit je einer Befestigungsklammer für Einzelstreben vorne und hinten und einer beweglichen Lasche für die Befestigung an der Gabel selbst. Letzteres fällt hier natürlich aus. Die Montage erwies sich wieder als etwas anspruchsvoll. Wenn man also nichts zu basteln hat, sollte man sich ein Dreirad besorgen und selber aufbauen. Außen an der Vorderrrädern befestigte ich die zwei Schutzblechstreben einfach an der Inbusschraube, die auch das Rad auf der Achse hält. Eine entsprechend lange Schraube und passende Unterlegscheiben an den richtigen Stellen vorausgesetzt, ist dies kein Problem. Problematisch ist hingegen die Befestigung an der Innenseite der Vorderrräder. An der Achse selbst läßt sich nichts befestigen und hinzu kommt noch die Bremsscheibe, die ständig im Weg ist. Die Lösung war die Befestigung der Streben an den Haltepunkten der Bremszangen. Dazu waren dann zwar einige künstlerische Biegearbeiten an den Streben nötig, damit sie nicht mit der Bremsscheibe kollidieren, allerdings funktionierte dies fast perfekt. Nur fast, da zwei Befestigungspunkte auftretende Vibrationen nicht erfolgreich unterbanden. Als Zwischenlösung versuchte ich eine Befestigung an den Spiegelhaltern. Dies erwies sich aber als weder zweckmäßig noch elegant. Also montierte ich noch selbst eine dritte Befestigungsklammer an den vorderen Schutzblechen. Dahingegen ist die Montage des hinteren Schutzbleches relativ einfach. Einziges Problem ist hier die Bremsscheibe und die Kette. Aber dies ist alles einfach lösbar. Blieb jetzt nur noch der Fahrradcomputer. Am günstigsten erschien mir die Montage des Tachos an einem der Spiegelhalter und die Montage des Signalgebers am Hinterrad. Dazu mußte ich wegen der Länge des Trikes das Kabel verlängern, was aber nur eine kleinere Lötarbeit war. Nach der letztendlichen Montage einer Kopfstütze scheint das Trike erstmal fertig zu sein.

Alltag

Wie bewährt sich jetzt das Nomad im normalen Betrieb? Nun, eigentlich bleibt mir nur, die vorherigen Kommentare zu wiederholen. Das Kurvenverhalten ist ausgezeichnet. Selbst schnellste Kurven lassen sich schnell und ohne eine Kippneigung durchfahren. Man sollte nur beachten, sich entsprechend in die Kurve hineinzulehnen. Aber das macht man nach einiger Zeit ganz automatisch. Der Komfort ist auch mehr als befriedigend. Zwar hat man prinzipbedingt auf schlechteren Straßen mehr Probleme den Schlaglöchern auszuweichen als mit einem einspurigen Rad, aber wenn man die gröbsten Unebenheiten mit dem Hinterrad nimmt, so ist auch dies akzeptabel. Nur auf sehr schlechten und unebenen Wegen, wie zum Beispiel gröbster Schotter oder ähnliches, hat man echte Probleme und muß seine Geschwindigkeit stark reduzieren. Allerdings ist dies eh nicht das Haupteinsatzfeld eines Trikes. Das ist schon eher die Straße! Und hier macht es richtig Spaß, ist komfortabel und schnell. Wobei wir bei dem nächsten Punkt wären: Der Geschwindigkeit. Ein direkter Vergleich fällt mir hier schwer, da ich naturgemäß kein Geschwindigkeitsprofil bestimmter Strecken mit bestimmten Fahrrädern aufweisen kann. Also fällt ein Urteil hier sehr subjektiv aus. Unter diesem Gesichtspunkt muß ich sagen, daß das Trike auf jeden Fall nicht langsamer als mein ungefederter Kurzlieger ist. In den meisten Fällen erscheint es mir eher schneller. Jedenfalls habe ich meine bisherige Höchstgeschwindigkeit mit dem Trike locker überboten. Auch bergauf, eigentlich ein traditioneller Nachteil eines Trikes wegen des höheren Gewichtes, ist das Trike nicht wesentlich langsamer. Und wenn das Trike doch mal langsamer ist, dann nur deswegen, weil man mit einem Trike auch so wunderbar langsam fahren kann. Man kann jeden Berg so langsam man will nehmen, jede schwierige Situation wird dadurch vereinfacht, daß man langsam genug werden kann, ohne daß man anfängt, mit dem Gleichgeweicht zu kämpfen. Und selbst anhalten ohne die Füße von den Pedalen nehmen zu müssen eröffnet einem eine ganz neue Komfortdimension. Mit einem Trike entdeckt man also nicht nur höhere Geschwindigkeiten als mit einem konventionellen Liegerad, entsprechende Tieflieger bilden hier eine Ausnahme, sondern auch niedrigere Geschwindigkeiten. Diese absolute Beherrschbarkeit bei jeder Geschwindigkeit gibt einem natürlich auch ein gewisses Maß an Sicherheit. Mit dazu bei tragen weiterhin die sehr guten Bremswerte, die aus zwei gebremsten Vorderrädern resultieren. Diese Verzögerungswerte lassen sich zudem in jeder Lage nutzen, da man ja keine Angst zu haben braucht, daß einem ein Rad wegrutscht und man stürzt. Auch die niedrige Sitzposition ist keineswegs von Nachteil. Selbst im normalen Straßenverkehr mit Autos zusammen hatte ich bis jetzt keine Probleme. Anscheinend ist das Nomad so ungewöhnlich, daß man alleine schon dadurch besser wahrgenommen wird. Ähnliches läßt sich ja auch von normalen Liegerädern sagen. Allerdings ist es bei einem Trike noch extremer. Die einzige Gefahr besteht hierbei meiner Meinung nach eher für andere Verkehrsteilnehmer. Bei fast jeder bisherigen Ausfahrt konnte ich einen Beinahe-Unfall beobachten, der daraus resultierte, daß der betreffende Autofahrer mehr auf mich als auf den Rest des Verkehrsgeschehens achtete. Für sich genommen wirkt das Trike auch nicht so tief. Dies fällt einem erst auf, wenn man sich im Vergleich zu etwas sieht. Das heißt, wenn man anderen Radlern oder Liegeradlern begegnet, oder wenn man neben einem Auto zum Stehen kommt. Ein Vorteil der niedrigen Sitzposition ist aber auch, daß diese typischen Drängelgitter kein Problem mehr darstellen, da man einfach drunter durch fahren kann. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Fahren auf geneigten Straßen. Gewöhnliche einspurige Fahrzeuge stehen ja per se immer senkrecht egal wie sehr der Untergrund zur einen oder anderen Seite geneigt ist. Ist der Untergrund aber bei einem mehrspurigen Fahrzeug, hier das Trike, geneigt, so steht das Fahrzeug immer parallel zum Untergrund bzw. auch eben horizontal geneigt. Mir ist aber bis jetzt nur eine Straße untegekommen, bei der mir das wirklich unangenehm auffiel. Dafür gibt es wiederum keine kritischen Situationen auf Sand oder feinem Kies. Hier fängt ein normales Rad ja schon an unangenehm zu „schwimmen“, während ein normales Liegerad mit kleinem 20„-Vorderrad schon fast unfahrbar wird. Mit dem Trike schwimmt man zwar auch etwas, dies ist aber eher unspektakulär, da ein rutschendes Rad die Fahrstabilität ja gar nicht beeinflußt. Abschließend kann ich sagen, daß mir ein Trike in fast allen Fällen besser zu sein scheint als ein konventionelles Liegerad und als ein herkömmliches Fahrrad mit Diamantrahmen sowieso. Als Nachteil sehe ich hier nur die eingeschränkte Nützlichkeit auf wirklich schlechten Straßen und die schlechtere Handlichkeit beim Transport. Demgegenüber stehen aber ein höherer Spaßfaktor, mehr Fahrstabilität, ein insgesamt höherer Komfort und wahrscheinlich ein gewisser Geschwindigkeitsgewinn. Wobei für mich persönlich Komfort und Spaß vor Geschwindigkeit gehen. Eine weitere positive Eigenschaft ist hierbei, daß man seinen persönlichen Liegestuhl immer dabei hat. Man hält einfach an, zieht die „Handbremse“ an und kann sich gemütlich zurücklehnen, eine Stulle essen oder ein kleines Nickerchen machen. Danach klickt man die Pedale wieder ein, löst die Bremse und fährt einfach weiter.

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