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Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, als die Physiotherapeutin ankündigte, bei meinem Fahrradergometer die Leistung von 15 Watt auf 25 Watt zu erhöhen, während ich quasi schon auf dem letzten Loch pfiff und keuchte.
Dies war mein erster „richtiger“ Rehatag in der Fachklinik für Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen in Königsfeld. Man hatte mich im Herzzentrum Freiburg nach meiner Bypass-Operation vor 9 Tagen zu einer Anschlussheilbehandlung in dieser Klinik „verdonnert“ und da strampelte ich nun als Neuankömmling, nach allen Kräften bemüht, diese kommenden 3 Wochen für mich und meine Gesundheit möglichst optimal zu nutzen.
Vielleicht sollte ich aber die Geschichte von Anfang an beginnen und nicht so von mittendrin, wobei ich mich bemühen werde, nicht um Mitleid oder gar Bewunderung zu heischen(sic), da ich immerhin bekennender Spritzenphobiker bin.
Es begann eigentlich mit einer gemütlichen Trainingsrunde auf meiner Hausstrecke an einem herrlichen Sommermorgen ein paar Tage nach unserem Familienurlaub in Kroatien. Alles lief bestens, bis mir der kleine Anstieg an einer Bahnbrücke plötzlich Probleme bereitete. Mein Brustbein tat plötzlich weh, mein Zwerchfell drückte nach oben und ich sah auf dem navi2coach, dass mein Puls auf über 150 bpm gestiegen war, während ich sonst hier so mit 120bpm fuhr. Auch kamen mir Gedanken zum plötzlichen Herztod von Christian (CAS) hoch und ich entschloss mich, heute mal faul zu sein, einfach umzukehren und gemütlich den kurzen Weg nach Hause zurück zu fahren. Dort angekommen war ich wieder völlig in Ordnung und erzählte so nebenbei von dem sonderbaren Zustand auf der Eisenbahnbrücke. Die Reaktion war anders als erwartet und ich musste hoch und heilig versprechen, nun doch einmal zum Arzt zu gehen.
Das tat ich dann auch (allerdings ein paar Tage später), zumal mir auch bewusst war, dass meine Leistungsfähigkeit seit dem Urlaub irgendwie etwas gelitten hatte. So kam ich beispielsweise schon bei den kleinsten Steigungen beim Hundeausführen ins Schnaufen.
Nach Blutentnahme und EKG wies mich dann mein Hausarzt mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Kreiskrankenhaus ein. Dort kam ich sofort (als eigentlich ja Gesunder ) auf die Intensivstation und am nächsten Morgen wurde dann eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass alle meine 3 Koronar(haupt)gefäße verschlossen bzw. fast verschlossen sind. Eine sofortige Bypassoperation sei zwingend notwendig. Dabei werden passende Venen meist aus den Beinen entfernt und dann zweckentfremdet am Herzen „eingebaut“, damit der Herzmuskel über die Koronargefäße wieder mit Blut versorgt werden kann.
Von nun an jedenfalls wurde ich vollends als Schwerstkranker behandelt und förmlich in Watte gehüllt. Mit dem Rettungshubschrauber ging es schließlich am Nachmittag vom Kreiskrankenhaus Tuttlingen in das Herzzentrum Freiburg (nach Rücksprache mit einem befreundeten Kardiologen von mir so ausgesucht). Leider konnte ich als liegender Patient herzlich wenig vom Flug sehen, außerdem war es ausgesprochen laut und wegen des Wetters war der kurze Flug etwas schüttelig.
In Freiburg war zunächst Warten auf einen OP-Termin angesagt. Dies geschah auf deren normalen Herzstation und nicht auf der dortigen Intensivstation. Offensichtlich rechtfertigte mein Zustand keine Notoperation und man überwachte lediglich einige Parameter, um mich im Zweifelsfall doch noch sofort operieren zu können. Mir war das sehr recht, denn als wacher und sich eigentlich gesund fühlender Patient ist das Dasein auf der Intensivstation nicht sehr angenehm. Schon die kleinsten „Geschäfte des Alltags“ sind ein Graus.
Der OP-Termin wurde für den 07. Juli gleich morgens festgelegt. Ich war recht gespannt wie deren OP jetzt aussieht, denn es ist sind bei mir schon gut 10 Jahre her, dass ich bei der Planung eines Herz-OPs beteiligt war. Die OP selbst interessierte mich nicht sonderlich, zumal ich sie bereits einige Male vorher beruflich als Zuschauer erleben durfte und ich wusste, dass ich in Freiburg in guten Händen war. Außerdem hatte ich ja bereits meinen ZVK (Zentralen Venenkatheter) liegen, es brauchte ja nicht mehr neu „gepiekst“ werden und was später unter Vollnarkose geschieht - auch mit dem Anschluss der Herz-Lungen-Maschine – konnte mich nicht aufregen.
Leider hieß es bei Ankunft im OP-Trakt: Sorry, wir haben ein kleines Kind als Notfall einschieben müssen, kommen sie so ab Mittag wieder. Offensichtlich hat man angesichts des geballten HighTech im OP so simple Dinge wie den Gebrauch von Telefonen völlig verlernt.
Gegen 14:00 Uhr (nach einem entsprechendem Telefonanruf) erfolgte der nächste Versuch. Während ich den vorbereitenden Anaesthesisten im Vorbereitungsraum noch erklärte, warum ich den eigentlichen OP ganz gerne noch in wachem Zustand einmal sehen möchte, muss ich wohl bereits weggetreten sein, denn ich kann mich nur noch daran erinnern, w e s e n t l i c h später mit meiner Frau zu telefonieren und da befand ich mich bereits auf dem Weg von der Intensivstation zur normalen Herzstation. Schade.
Der Rest ist schnell erzählt. Nach einer guten Woche in Freiburg kam ich zur Anschlussheilbehandlung in die Reha-Klinik nach Königsfeld im Schwarzwald und saß dann dort auf dem besagten Fahrradergometer und strampelte mit 15 Watt bzw. die letzten Minuten mit 25 Watt. Eigentlich möchte ich auch gar nicht wirklich wissen, wie schnell oder wie langsam mein Velayo wirklich bei dieser Antriebsleistung ist. Auch wurde nach ein paar Tagen die Leistung in kleinen Schritten heraufgesetzt und kurz vor Ende der Kur lag die Leistung bei 95 Watt bei einem Puls von knapp über 100bpm.
Beim Abschlussgespräch wurde mir sehr angeraten, auch künftig Fahrrad (Velomobil) zu fahren, allerdings sehr sehr vorsichtig und zumindest Anfangs nicht mit einem höheren Puls als 120bpm bzw. nur so schnell, dass ich noch während der Fahrt genug Luft hätte, um mit meinen Nachbarfahrern zu plauschen. Weitere Einzelheiten zur Bedeutung des Begriffs „Anfangs“ waren nicht herauszukitzeln. Das muss ich mir wohl wirklich erst erfahren.
Viele Grüße
Jürgen
PS
Warum ich das eigentlich hier so ausführlich beschreibe, obwohl das Thema schon etwas OT ist? Weil ich finde, dass andere Liegeradfahrer meine Fehler nicht wiederholen sollten, mehr auf ihren Körper hören und vielleicht sogar ab einem bestimmten Alter ihre körperlichen Aktivitäten ärztlich begleiten lassen sollten. Man hat mir recht deutlich gesagt, dass bei einem Nichtabbruch meiner Trainingsrunde es sehr wahrscheinlich wäre, dass ich keine Gelegenheit mehr gehabt hätte, diesen kleinen Bericht zu schreiben.....
Dies war mein erster „richtiger“ Rehatag in der Fachklinik für Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen in Königsfeld. Man hatte mich im Herzzentrum Freiburg nach meiner Bypass-Operation vor 9 Tagen zu einer Anschlussheilbehandlung in dieser Klinik „verdonnert“ und da strampelte ich nun als Neuankömmling, nach allen Kräften bemüht, diese kommenden 3 Wochen für mich und meine Gesundheit möglichst optimal zu nutzen.
Vielleicht sollte ich aber die Geschichte von Anfang an beginnen und nicht so von mittendrin, wobei ich mich bemühen werde, nicht um Mitleid oder gar Bewunderung zu heischen(sic), da ich immerhin bekennender Spritzenphobiker bin.
Es begann eigentlich mit einer gemütlichen Trainingsrunde auf meiner Hausstrecke an einem herrlichen Sommermorgen ein paar Tage nach unserem Familienurlaub in Kroatien. Alles lief bestens, bis mir der kleine Anstieg an einer Bahnbrücke plötzlich Probleme bereitete. Mein Brustbein tat plötzlich weh, mein Zwerchfell drückte nach oben und ich sah auf dem navi2coach, dass mein Puls auf über 150 bpm gestiegen war, während ich sonst hier so mit 120bpm fuhr. Auch kamen mir Gedanken zum plötzlichen Herztod von Christian (CAS) hoch und ich entschloss mich, heute mal faul zu sein, einfach umzukehren und gemütlich den kurzen Weg nach Hause zurück zu fahren. Dort angekommen war ich wieder völlig in Ordnung und erzählte so nebenbei von dem sonderbaren Zustand auf der Eisenbahnbrücke. Die Reaktion war anders als erwartet und ich musste hoch und heilig versprechen, nun doch einmal zum Arzt zu gehen.
Das tat ich dann auch (allerdings ein paar Tage später), zumal mir auch bewusst war, dass meine Leistungsfähigkeit seit dem Urlaub irgendwie etwas gelitten hatte. So kam ich beispielsweise schon bei den kleinsten Steigungen beim Hundeausführen ins Schnaufen.
Nach Blutentnahme und EKG wies mich dann mein Hausarzt mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Kreiskrankenhaus ein. Dort kam ich sofort (als eigentlich ja Gesunder ) auf die Intensivstation und am nächsten Morgen wurde dann eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass alle meine 3 Koronar(haupt)gefäße verschlossen bzw. fast verschlossen sind. Eine sofortige Bypassoperation sei zwingend notwendig. Dabei werden passende Venen meist aus den Beinen entfernt und dann zweckentfremdet am Herzen „eingebaut“, damit der Herzmuskel über die Koronargefäße wieder mit Blut versorgt werden kann.
Von nun an jedenfalls wurde ich vollends als Schwerstkranker behandelt und förmlich in Watte gehüllt. Mit dem Rettungshubschrauber ging es schließlich am Nachmittag vom Kreiskrankenhaus Tuttlingen in das Herzzentrum Freiburg (nach Rücksprache mit einem befreundeten Kardiologen von mir so ausgesucht). Leider konnte ich als liegender Patient herzlich wenig vom Flug sehen, außerdem war es ausgesprochen laut und wegen des Wetters war der kurze Flug etwas schüttelig.
In Freiburg war zunächst Warten auf einen OP-Termin angesagt. Dies geschah auf deren normalen Herzstation und nicht auf der dortigen Intensivstation. Offensichtlich rechtfertigte mein Zustand keine Notoperation und man überwachte lediglich einige Parameter, um mich im Zweifelsfall doch noch sofort operieren zu können. Mir war das sehr recht, denn als wacher und sich eigentlich gesund fühlender Patient ist das Dasein auf der Intensivstation nicht sehr angenehm. Schon die kleinsten „Geschäfte des Alltags“ sind ein Graus.
Der OP-Termin wurde für den 07. Juli gleich morgens festgelegt. Ich war recht gespannt wie deren OP jetzt aussieht, denn es ist sind bei mir schon gut 10 Jahre her, dass ich bei der Planung eines Herz-OPs beteiligt war. Die OP selbst interessierte mich nicht sonderlich, zumal ich sie bereits einige Male vorher beruflich als Zuschauer erleben durfte und ich wusste, dass ich in Freiburg in guten Händen war. Außerdem hatte ich ja bereits meinen ZVK (Zentralen Venenkatheter) liegen, es brauchte ja nicht mehr neu „gepiekst“ werden und was später unter Vollnarkose geschieht - auch mit dem Anschluss der Herz-Lungen-Maschine – konnte mich nicht aufregen.
Leider hieß es bei Ankunft im OP-Trakt: Sorry, wir haben ein kleines Kind als Notfall einschieben müssen, kommen sie so ab Mittag wieder. Offensichtlich hat man angesichts des geballten HighTech im OP so simple Dinge wie den Gebrauch von Telefonen völlig verlernt.
Gegen 14:00 Uhr (nach einem entsprechendem Telefonanruf) erfolgte der nächste Versuch. Während ich den vorbereitenden Anaesthesisten im Vorbereitungsraum noch erklärte, warum ich den eigentlichen OP ganz gerne noch in wachem Zustand einmal sehen möchte, muss ich wohl bereits weggetreten sein, denn ich kann mich nur noch daran erinnern, w e s e n t l i c h später mit meiner Frau zu telefonieren und da befand ich mich bereits auf dem Weg von der Intensivstation zur normalen Herzstation. Schade.
Der Rest ist schnell erzählt. Nach einer guten Woche in Freiburg kam ich zur Anschlussheilbehandlung in die Reha-Klinik nach Königsfeld im Schwarzwald und saß dann dort auf dem besagten Fahrradergometer und strampelte mit 15 Watt bzw. die letzten Minuten mit 25 Watt. Eigentlich möchte ich auch gar nicht wirklich wissen, wie schnell oder wie langsam mein Velayo wirklich bei dieser Antriebsleistung ist. Auch wurde nach ein paar Tagen die Leistung in kleinen Schritten heraufgesetzt und kurz vor Ende der Kur lag die Leistung bei 95 Watt bei einem Puls von knapp über 100bpm.
Beim Abschlussgespräch wurde mir sehr angeraten, auch künftig Fahrrad (Velomobil) zu fahren, allerdings sehr sehr vorsichtig und zumindest Anfangs nicht mit einem höheren Puls als 120bpm bzw. nur so schnell, dass ich noch während der Fahrt genug Luft hätte, um mit meinen Nachbarfahrern zu plauschen. Weitere Einzelheiten zur Bedeutung des Begriffs „Anfangs“ waren nicht herauszukitzeln. Das muss ich mir wohl wirklich erst erfahren.
Viele Grüße
Jürgen
PS
Warum ich das eigentlich hier so ausführlich beschreibe, obwohl das Thema schon etwas OT ist? Weil ich finde, dass andere Liegeradfahrer meine Fehler nicht wiederholen sollten, mehr auf ihren Körper hören und vielleicht sogar ab einem bestimmten Alter ihre körperlichen Aktivitäten ärztlich begleiten lassen sollten. Man hat mir recht deutlich gesagt, dass bei einem Nichtabbruch meiner Trainingsrunde es sehr wahrscheinlich wäre, dass ich keine Gelegenheit mehr gehabt hätte, diesen kleinen Bericht zu schreiben.....