Verlustleistung im Leertrum - Rohr vs Rolle - am Beispiel Mango

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Daß Kettenschutzrohre Reibungsverluste erzeugen, liegt auf der Hand. Am Beispiel Mango wurden verschiedentlich erhebliche Verbesserungen berichtet, die nach ersatzloser Entfernung von Kettenschutzrohren im Zugtrum, aber auch im Leertrumm durch drastische Kürzung des Rohres und anschließender Kettenführung über eine zusätzliche Rolle, erreicht wurden. Das Ausmaß der Verbesserungen wurde mit dem Popometer bzw. durch höhere Schnittgeschwindigkeiten auf bekannten Strecken ermittelt.

Da ich wegen eines Infektes Radpause habe, was gerade gestern und vorgestern sehr schade war, denn wir hatten Traumwetter, habe ich mich daran gemacht, mal was Objektives dazu zu ermitteln.


Methode:

Ich habe versucht, die Kraft zu ermitteln, die benötigt wird, um die Kurbel unbeschleunigt zu drehen. Dabei sollte die Kurbel ausschließlich den Kettenlauf , nicht aber das Hinterrad antreiben. Da es hier nur um den Leertrum geht, sollte eine Betrachtung ohne Last ausreichen.

Man kann das sehr einfach machen, indem man mit der Kurbel das freilaufende Hinterrad ordentlich in Schwung bringt, dann hat man etwas Zeit, ein an der Pedale bei waagerechtem Kurbelarm hängendes Gewicht so auszutarieren, dass die Gewichtskraft gerade eben ausreicht in etwa eine unbeschleunigte Drehung aufrecht zu erhalten. Das ganze etwas ober- und unterhalb der waagerechten Kurbelstellung, in einem Bereich von etwa 30°. Die reine Losbrechkraft liegt etwas höher.


Messaufbau:

Mein Mango steht zur Zeit sowieso auf dem OP-Tisch und ist sediert, aufgebockt und die Räder sind frei.

Mittels Luftstrom habe ich das Hinterrad in zügiger Drehung gehalten (Foto 1) und konnte so in aller Ruhe austarieren. Alles auf dem großen Kettenblatt (50) und einzeln in allen Gängen 11-32. Kurbellänge 155mm.

Ich habe einen Metallbecher (Bohrkrone) mit einem Haken ans Pedal gehängt und mit 9-10g schweren Metallklötzchen gefüllt und austariert (Foto 2).

Gewogen mit einer Küchenwaage.

Foto 1
1Druckluftantrieb.JPG

Foto 2
2Gewicht_an_Pedal.JPG


Messung:


Ich habe zwei Zustände gemessen:

Zum Einen: Original, wie ich seit längerem fahre (Kein Kettenschutzrohr im Zugtrum, mit Terracycle Rolle. Leertrum geht vorne vor dem Tunnel ins Rohr, das verläuft hinter der Rolle/dem Leitblech verlegt und endet dann freischwingend ca. 30cm nach der Umlenkrolle, Gesamtlänge Kettenschutzrohr: ca. 80cm (Foto 3)

Zum Anderen: Zustand nach Umbau auf Rolle. Kürzung des Rohres auf ca. 23cm, ohne Rohr durch den Tunnel schien mir nicht sinnvoll. Der Leertrum läuft jetzt unter einer Kunststoffkettenrolle. Die Kettenspannung ist ausreichend, um die Kette frei laufen zu lassen, bei Rumpelfahrt wird sie vermutlich auch mal durchschlagen (Fotos 4+5).

Ich habe vor und nach dem Umbau jeweils jeden/s Gang/Ritzel von eins bis neun einzeln austariert, und das ganze zweimal hintereinander.

Foto 3
3Leertrum_Rohr.JPG

Foto 4+5
4Leertrum_Rolle_I.JPG
5Leertrum_Rolle_II.JPG


Messwerte:


In der Tabelle habe ich die Messwerte und die daraus abgeleiteten Werte aufgelistet
Messwerte.jpg


Ergebnisse:

Die Ergebnisse sind eindeutig.
  • Die Verlustleistung im Leertrum ist insgesamt eher gering
  • Durch den Umbau auf Rolle sind sie nochmals deutlich verringert worden
  • Die Verluste sind unterschiedlich, je nachdem welches Ritzel hinten geschaltet ist
  • Dieser Unterschied zwischen größtem und kleinstem Ritzel ist in der gleichen Größenordnung wie der zwischen Rohr und Rolle

Bewertung:

Ich kann nun also ca. 1,5 Watt sparen bei 90 U/min. Mehr ist es nicht, aber auch nicht weniger. Ich werde das nicht spüren können und auch niemand sonst hier kann so etwas erspüren. Jedenfalls nicht im Blindtest. Wenn man eine Erwartung hat erspürt man vieles.
Die Ergebnisse gelten zunächst natürlich nur für mein Mango. Wenn man stark verschmutzte Kettenrohre entfernt, kann man sicherlich größere Unterschiede ermitteln. Mein Rohre hatte ich nie gereinigt. Ich öle die Kette aber auch sparsam.
Die Unterschiede zwischen den Ritzeln gehen auf das Konto der Kettenspannung (Foto 7+8). Im sechsten Gang habe ich einmal gemessen und dabei den Kettenspanner mit der Hand entspannt. Dann reichten 110g.

Das alles war jetzt ohne Antriebslast. Ich sehe keinen Grund, warum das unter Last im Leertrum anders sein sollte.

Im Zugtrum sind unter Last die Verluste sicherlich erheblich größer, aber nicht so leicht zu messen.

Spanner_großes_Ritzel.JPG
Spanner_kleines_Ritzel.JPG


Ich werde den Umbau jetzt erstmal so lassen und testen.
Weiterhin werde ich versuchen dem Mango auf dem OP-Tisch noch das eine oder andere Watt hier und da zu entlocken, denn @Harry hatte bei Tempo 40 auf unserer Rennbahn immer so 10 bis 15 Watt Vorsprung. Und das muss doch mit dem Teufel zugehen, wenn ich das nicht irgendwie aufholen kann.
Im Oktober bei HH-B soll dann alles passen.


Vielleicht interessiert das ja irgendjemand.

Rainer
 
..................Vielleicht interessiert das ja irgendjemand..........
Hallo Rainer,

das interessiert uns schon und danke für Deine mühevolle Arbeit.

Wenn ich aber die Ergebnisse betrachte, ist ein Unterschied von 1N (ca. 100 g) an der Kurbel schon viel. (Vergleich mit und ohne Rohr)
Das wären an der Kette direkt gemessen etwa 170 g, wenn das ca. 60 cm lange Rohr entfernt ist.

Das würde im ersten Augenblick bedeuten, dass eine Kette, die 60 cm lang ist und ca. 110 g wiegt, eine größere Reibung hat, als sie schwer ist!?
Das wäre eine Reibungszahl von 1,7! Normal wäre ca. 0,1.
Oder habe ich da einen Knoten im Denkprozeß?
Oder ist Dein Kettenrohr so stark eingelaufen, dass die Kette darin eingeklemmt wurde?
 
Oder habe ich da einen Knoten im Denkprozeß?
Oder ist Dein Kettenrohr so stark eingelaufen, dass die Kette darin eingeklemmt wurde?
Es reibt ja nicht nur die im Rohr(-rest) aufligende Kette, sondern mindestens ein komplettes Zwischengetriebe.


Viele Grüße,
Stefan
 
Hallo Horst,
eingeklemmt wurde da eher nichts. Das Rohr ist innen recht sauber und zeigt Schleifspuren.
Ich denke, daß die simple Betrachtung über Gewichtskraft und Reibungszahl hier nicht ausreicht. Durch die Verlegung des Leertrums hinter der Rolle im Zugtrum findet zusätzlich ein seitliches Verschwenken der Kette statt, das wird erheblich zum Verlust beitragen.

Die Tatsache, daß die Kettenspannung soviel ausmacht, führt zu dem Gedanken, die Spannung zu verringern, dann braucht man vermutlich wieder ein Rohr (damit die Kette nicht durch den Staub läuft), dieses Rohr dann aber frei neben der Rolle zu verlegen. Oder das Rohr an der Rolle an einem Punkt etwas aufgehängt. Das gibt dann aber vielleicht Probleme beim rückwärts Kurbeln.

Rainer
 
Hallo Reiner

Die Rolle im Leertrum, die ist sicher ein Harte Rolle oder? Wenn ja dann hast du durch die Härte noch Verluste und es müsste eigentlich recht laut sein.
Versuch doch mal das auch durch ein Rizel zu ersetzen was dann passiert.
Dann wär es noch ein versuch wert alle Leertrumrollen auf Vollkeramiklager zu tauschen und nochmal messen.
Hab ich bei mir gemacht und bin bei 330g inclusive Losbrechkraft und bei stehenden Hinterrades. Heisst es muss mit angedreht werden.
 
Tach Manfred,
...Wenn ja dann hast du durch die Härte noch Verluste...
Warum sollte das so sein? Kannst Du das begründen? Der Polygoneffekt ist bei beiden Rollenarten gegeben und wegen der sehr geringen Last spielt die zusätzliche Reibung der Laschenenden an der Rolle kaum eine solche. Ich glaube nicht, daß da was zu holen ist.
...es müsste eigentlich recht laut sein...
Ist mir im OP nicht aufgefallen.
...alle Leertrumrollen auf Vollkeramiklager zu tauschen...
Da sind wir aber vermutlich eher im Milliwattbereich, oder?
...und bin bei 330g inclusive Losbrechkraft und bei stehenden Hinterrades. Heisst es muss mit angedreht werden.
Das habe ich gerade probiert, es sind 300g. Was für eine Kurbellänge hast Du?
Ich halte Vergleiche einer "Losbrechkraft" nach meinen Versuchen aber für wenig aussagekräftig.

Rainer
 
Hallo,

Das Ritzel sollte keinen so großen Einfluss auf die Reibung im Kettenrohr haben. Da spiegelt sich wohl eher das übertragene Drehmoment auf die Radachse wieder. Aber die Differenzwerte mit und ohne Rohr sind ja in etwa unabhängig vom Ritzel und können eine Größenordnung für die Verluste im Kettenrohr angeben. Da sollten neben Verschmutzung auch die Geometrie (Krümmung des Kettenrohres) einen großen Einfluß haben.


mfg


Günter
 
Es gibt Rohre die genauso gut sind wie eine Rolle oder sogar besser.
Es liegt also auf der Hand das ein Kettenschutzrohr besser sein kann also eine Verlustbehaftete Umlenkrolle
Ein Rohr das Zur Umlenkung einläuft mag leise sein frisst aber auch mal über das 10fache an Leistung von einem guten Rohr.

Die Aussage das ein Kettenleitrohr schlechter sein muss ist grundlegend falsch , es liegt also nicht auf der Hand
 
Welche Rohre sprichst du hier an, die dann weniger Leistung kosten als eine Rolle?

Harte Teflonrohre, die möglicht gerade (von oben gesehen in Längsachse des Fahrzeugs ) verlegt sind.

Die sind aber auch lauter als PE Rohre, weshalb ich lieber PE Rohre verwende.
Gerade verlegen schadet aber nie.

Insgesamt sind die Verluste bei sauberen Rohren im Leertrum aber eher gering, weshalb Ich da keinen großen Aufwand treibe.
 
Man kann das sehr einfach machen, indem man mit der Kurbel das freilaufende Hinterrad ordentlich in Schwung bringt,

Mittels Luftstrom habe ich das Hinterrad in zügiger Drehung gehalten (Foto 1) und konnte so in aller Ruhe austarieren.
So ganz richtig ist das m.E. nicht, denn der Freilauf übt ja ebenfalls eine unterstützende Kraft auf die Kette aus, welche halt nicht ausreicht deren Reibung zu überwinden um diese samt Kurbel in Bewegung zu setzen.
Wenn man ein Laufrad ohne Ritzel an der Achse hält und in Fahrtrichtung in Bewegung setzt, dann merkt man beim Abstoppen des Freilaufkörpers, dass da schon eine Kraft wirkt - welche wohl mit der Laufradgeschwindigkeit zunimmt.
Die Einzelwattwerte werden also etwas höher liegen als von dir gemessen, die als Endergebnis gebildete Differenz hingegen müsste stimmen.
 
Ich vermute, Daniel meint LKW-Druckluftleitungen; die sind aus Polyamid. Hatte er mir zumindest vor eineinhalb Jahren mal gesagt.

Harte Teflonrohre, die möglicht gerade (von oben gesehen in Längsachse des Fahrzeugs ) verlegt sind.

Ich hatte einmal etwas recherchiert, mit dem Ergebnis, dass PE, PA und PTFE in Frage kommen.

Daniel hatte mir einmal gezeigt, dass diese PA-Rohre weniger Reibung haben, wenn man die Kette mit viel Kraft daran reibt. Aber das ist ja nicht der Normalfall. Ich stelle mir vor, dass ein Rohr aus hartem Plastik dann im Vorteil ist, wenn die Kette sehr stark reibt, weil sie sich dann weniger in das Material eindrücken kann => weniger Kontaktfläche. Aber im Zugtrum wird die Kette von der Umlenkrolle geführt, das Kettenrohr folgt der Kette; und im Leertrum kann umgekehrt die Kette dem Rohr folgen, drückt sich also nicht in das Rohr ein. Und dann sind IMHO PE und PA gleichwertig.

Auf jeden Fall hält ein gut verlegtes PE-Rohr etliche tausend km; d.h. da kann die Reibung gar nicht so groß sein, sonst würde sich die Kette viel schneller einschneiden.
 
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