Liegerad oder Trike - Entscheidungsverlauf und erste Erfahrungen

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DaMarcel

Hallo zusammen,

Zuerst mal vielen dank an die vielen Leute die hier ihre Erfahrungen teilen und Neulingen wie mir geholfen haben sich über verschiedene Themen zu informieren und verschiedene Seiten von Themen zu betrachten.

Ich habe mir vor ca. Ein ein halb Jahren angefangen mir Gedanken zu machen was ich mir für ein neues Fahrrad kaufe.

Jetzt ist der Kauf mittlerweile ein knappes halbes Jahr und 3500 km her.

Im nachfolgenden beschreibe ich welche Gedanken ich mir vor dem Kauf gemacht habe. Meine Eindrücke von Probefahrten, meine Entscheidung und die Eindrücke aus den ersten 3500 Km fahren.



Was ist meine Ausgangsituation

Ich bin im Alter von 15-20 Jahren viel "Softdownhill" gefahren, also hab mit dem damals vorhanden Budget mein Rad hierfür optimiert.

Während den darauffolgenden 10 Jahren bin ich mal mehr weniger oft mit dem Fahrad gependelt und seltenst mal Wege, für die ein Treckingrad/Cityrad nicht auch gereicht hätte. Dann bin ich 5 Jahre gar nicht mehr gefahren und durch den letzten Jobwechsel vor 2 Jahren hatte ich wieder eine Distanz die man mit dem Rad fahren kann.

Mein Fahrrad verwende ich hauptsächlich zum Pendeln in die Arbeit. Das ist von Baldham (Münchner Osten) zum Hirschgarten nach München - also ca. 24 km einfach mit grob 79 Höhenmetern.

Mein altes Fahrrad wippt (bedingt durch die Rahmengeometrie) stark, viele Komponenten müssten verschleißbedingt erneuert werden. Weiter habe ich öfter Rücken-/Schulterprobleme die durch die Geometrie des Rades nicht besser wurden.

Warum ein Liegerad?

Daher war für mich klar ich brauche ein Treckingrad auf dem ich sehr aufrecht sitze. Doch dann kam mir das Thema Liegerad ins Gedächtnis und ich fing an zu recherchieren - viel auch hier im Forum.

Somit war relativ schnell der Entschluss gefasst dass es wahrscheinlich ein Liegerad wird, da mein Rücken erblich bedingt voraussichtlich nicht besser werden wird.

Auswahl des Rades

Eine Frage die mich sehr lange beschäftigt hat, war die hier viel diskutierte Frage nach dem Gewicht.

Folgende Gewichte habe ich dabei mehr in Augenschein genommen:

  1. Das 'Systemgewicht' also Fahrrad samt aller Anbauteile + Fahrer mit Klamotte + ggf. Gepäck
  2. Das Fahrradgewicht
  3. Gewicht der Laufräder, besser eigentlich der Drehmoment der nötig ist um ein ein Laufrad in Bewegung zu versetzten. Das heißt je weiter das Gewicht von der Achse entfernt ist desto schlechter.
Mein Fazit ist, dass beim Liegerad das Fahrradgewicht nur als Bestandteil des Systemgewichtes relevant ist. Auch, da der Fahrer (mit Ausnahme der Beine) sich, relativ zum Fahrrad nicht bewegt.

Das Thema des Laufradgewichts und der Masseverteilung innerhalb des Laufrades habe ich nicht weiter betrachtet. Die Daten im Internet sind nur für ganz spezielle Laufräder zu finden, was einen Vergleich oder gar eine Berechnung sehr schwer macht.

Das Systemgewicht hat Einfluss auf die nötige Energie beim bergauf Fahren und beim Beschleunigen.

Um das ganze mehr in Zahlen zufassen habe ich mir eine Exceltabelle gebaut in der ich die Fahrzeiten meiner Täglichen Pendelstrecke bei konstanter Leistung (100 Watt) zwischen verschiedenen Fahrrädern vergleichen kann.

Dazu hab ich mir meine tägliche Route in X, Y und Z Koordinaten aus entsprechenden GPS daten aus einem Routenplaner extrahiert. Somit hatte ich Länge und Steigung der entsprechenden Streckenabschnitte.

Weiter habe ich gezählt wie oft ich auf meiner Stecke stehen bleibe oder auf unter die Hälfte meines std. Tempos bremsen muss (z.b. an unübersichtlichen Kreuzungen).

Auf zwei Webseiten habe ich Berechnungen gefunden die den Luftwiederstand, diverse Gewichte und die verwendeten Reifen abfragen um die benötigte Leistung zum Fahren einer bestimmten Geschwindigkeit (oder umgekehrt) berechnen.

Auf einer davon konnte man auch berechnen wie lange man benötigt um von tempo x auf tempo y zu beschleunigen.

Mit diesen Daten hab ich beschlossen, dass das Gewicht schon relevant ist, ob das Fahrrad 19 oder 32 kg wiegt macht bei mir beim Systemgewicht 12% und bei der Fahrzeit 11% mehr. (76kg Fahrer + Fahrrad = 95 -> 108 kg => ca. 12% unterschied). Aber ein Kilo hin oder her macht nicht viel Unterschied, da sind andere Faktoren relevanter.

Als Nebenergebnis dieser Zahlenspielereien hat sich ergeben, dass ich ein Rad mit Rennradreifen auf Grund des Rollwiederstands bevorzugen würde. Um es gemütlicher zu haben und den Vorteil des Rollwiederstandes nicht auf unebenen Untergrund wieder zu verlieren, habe ich eine vollständige Federung des Fahrrades vermehrt ins Auge gefasst.

Anhand der Gewichte mit denen ich oben rechne sieht man schon, dass nach viel Lesen im Forum mir gedanklich auf ein Trike eingestellt hatte.

Ich hab dann einen Händler aufgesucht und mich beraten lassen ohne dem Händler zu sagen was ich mir selbst schon gedacht habe ...

Er hat auf jeden fall meine Idee bestätigt, ein Trike ist besser, also hab ich diverse Trikes probe gefahren.

Im nach hinein gesehen war das wenig aussagekräftig, da ich primär auf dem Komfort und ein bisschen auf das Lenkverhalten geachtet hab. Der Komfort hängt jedoch stark davon ab auf welches Fahrergewicht die Dämpfer eingestellt sind. Die wurden jedoch nicht angepasst vor der Fahrt, deshalb treffe ich dazu keine Aussagen. Was ich jedoch etwas unangenehm empfunden habe war das Kippverhalten bei schnellen Kurvenfahrten bzw. schnellen Lenkbewegungen.

Gefahren bin ich trikes von ICE, HP-Velotech, Steintike, und noch eins. Später dann noch das velomo pi mit nose in der Münchner Innenstadt. Hier ist mir negativ aufgefallen, dass man im Trike allgemein bei neben parkenden Autos absolut keine Chance hat zu sehen was hinter den Autos ist. Man muss, wenn das Auto doof parkt, erstmal mit der schnauze vom Trike nen halbem Meter am Auto vorbei um was sehen zu können.

Mehr oder weniger durch Zufall bin ich dann noch bei einem andren Händler vorbei gekommen, eigentlich mit dem fokus auf Trikes, aber der hat mich gefragt ob ich nicht mal ein Liegezweirad fahren will.

Ich dachte an die vielen Aussagen, hier aus dem Forum wie schwer das ist, hab mir aber gedacht - warum nicht mal probieren.

Und es war ein echter WOW Effekt, schwer zu Fahren fand ich es gar nicht. Ich bin auf Anhieb halbwegs klargekommen nur unter Schrittgeschwindigkeit und um enge kurven fahren braucht etwas Übung. Aber ich kann nur sagen dass sich auch ein größerer Zeitaufwand für mich auf jedenfall gelohnt hätte. Liegezweirad fühlt sich einfach an wie Radfahren nur sau bequem und entspannt. Während die Trikes eher an ein Kettcar erinnern - vielleicht weil sich nix oder fast nix in die kurve legt.

Ich hab dann bei dem zweiten Händler noch hin und her gewechselt zwischen Liegezweirädern und -dreirädern und war mir 100% sicher das ich auf nem Trike nicht so viel Spass haben würde wie auf dem Liegezweirad.

Final ist es ein Flux S900, Vollgefedert mit dem großen Gepäckträger und Oberlenker geworden. Ich hab zwei Laufradsätze einen 26" mit Rennradreifen (559-28) und einen 24"Satz mit Spikereifen für kalte Tage mit Schnee und Eis.

Erste Erfahrungen

Ich bin nach ca. 5 Monaten und gut 3800km immer noch voll zufrieden mit meiner Entscheidung.

Bis man das leicht andere Fahrverhalten jedoch im schlaf beherrscht und auch beim abbiegen im engen Radius durch einen direkt angrenzenden Gehweg in eine Gasse die mit Pollern begrenzt ist nicht mehr ins schwitzen kommt (oder absteigt), hat es bei mir schon so zwei bis drei Monate gedauert.

Die Kombination aus harten schmalen reifen (7bar, 1,1") und der Vollfederung hat sich in Praxis bewährt. Auch holprige Wege sind so vernünftig, aber nicht schön zu fahren. Was ggf. Auch an dem sehr einfachen Federelement hinten liegt - sollte ich das mal tauschen geb ich Bescheid.

Einzig loser Kieß ist der tot, da man hier mit den schm
alen reifen versinkt, bzw. schneller wegrutscht.

Was mich dann leider sehr bald erwischt hat waren Knieprobleme, also Knieschmerzen.

Da habe ich erst viel mit der Stellung der cleats herumgespielt, was eine Verbesserung gebracht hat aber keine Abhilfe.

Dann habe ich das "rund" treten ins Auge gefasst. Hierbei ist mir aufgefallen, dass ich auf dem Pedal das sich zum Körper bewegt immer auch noch etwas druck hatte, also immer "gegen" mich selbst getreten habe. Nach dem ich das halbwegs abgestellt hatte, war es zeitweise besser aber die schmerzen kamen wieder.

Also ab um Orthopäden, der hat mir Einlagen verschrieben (senkspreizfuss) und seit 4 Wochen fahre ich damit und es läuft super. Ich hoffe das bleibt das bleibt so.

In zwei Wochen mache ich zwei Kollegen eine sanfte Transalp (wir nehmen also den Weg mit wenig Höhenmeter) und hoffe dass es meinen Knien gut geht.


Ich möchte mit dem oft genannten Tipp aus Kaufberatungen abschließen - Fahrt vor einem Umstieg auf ein Liegerad/Trike/Quad Probe und nehmt euch daführ zeit und fahrt vor allem auch in der bzw. den Umgebungen in denen ihr Später mehr fahren werdet.
Ich hatte es gelesen und nicht ernst genommen .... macht nicht den gleichen Fehler :D
 
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