Funktionsmodellbau Mehrspurer

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Aus einer Laune heraus hatte ich hier mal versucht, ein Trike-Modell zu bauen. Das hatte ein gewisses Potential, fand ich. Also weiter.

Funktionsmodelle müssen keine klein geschrumpften Vollversionen sein, es sollte eigentlich ausreichen, nach eigenem Interesse bestimmte Aspekte auszuwählen und darzustellen, wie z.B. die Lenkung, oder die Neigung, oder den Nachlauf, den Sturz, die Spur, den Ackermann, eine Linienführung, etc. Mehrspurermodelle bieten sich im besonderen Maße an, dem Betrachter (um Worte wie "Spieler" oder "Bastler" zu vermeiden) diese interessanten Aspekte und Mechanismen im Sinnes des haptischen Lernens "begreifbar" zu machen. (Obwohl...)

Das Basteln an einem solchen Modell ist mehr als nur das Zusammenschrauben bestehender Teile. Zur eigentlichen Konstruktion des Modells kommt hinzu, dass einem die Wahl des Materials Einschränkungen auferlegt, um die man sich mit vorhandenen Mitteln herumbasteln muss. Das kann den Bau des Modells stark beeinflussen. Bei mir ist es jetzt zufällig eim Metallbaukasten geworden.

Das kennzeichnende Bauelement sind (wenig verwunderlich) die Laufräder, die man sich irgendwoher besorgen muss. Eine Internet-Suche nach "Fahrrad Funktionsmodell" (oder Variationen davon) liefert hauptsächlich Treffer für Upright-Modelle. Eine Suche nach "Miniatur Hochrad" liefert größere Laufräder. Je nachdem muss man die Nabe aus dem Modelllaufrad herausschrauben, -drücken oder -bohren. Die Modelllaufräder, die mir bislang untergekommen sind, haben ein Durchgangsloch für Achsen von ca. 4 mm Durchmesser, was perfekt zum von mir benutzen Metallbaukasten passt, der auf M4 basiert. Völlig zufrieden bin ich nicht mit der Beschaffung der Laufräder auf diese Art und Weise, aber ich weiss nichts besseres.

Eine einheitliche Maßstäblichkeit ist wegen des Mix der Bauteile aus verschiedenen Quellen nicht wirklich gegeben. Aber, je größer das verbaute Laufrad ist, desto größer die erreichbare "relative bauliche Auflösung" mittels des vorgegebenen Lochabstands vom Metallbaukastensystem. Je größer das Laufrad, desto feiner die Konstruktion.

Für Verbindungen zwischen Bauteilen wird man über das Angebot des Baukastensystems hinaus gehen wollen: Schrauben verschiedenster Längen, um die Anzahl überstehender Schraubenenden zu reduzieren (bei Mischung der Schrauben aus unterschiedlicher Quellen auf die Qualität der Galvanisieung achten, damit die Schrauben farblich einheitlich sind); Rändelschrauben und -muttern als Schnellverbindungen beim Ausprobieren oder späterem Justieren im Modell; Spreiznieten für verschiedene Materialdicken, je nachdem welche Reibung in der beweglichen Verbindung gewünscht ist; Neodym-Kugelmagnete für Kugelgelenkverbindungen.

Beweglichkeit und Spiel in den Verbindungen können auf der einen Seite ein Problem sein (Radachsen, geplant feste rechtwinklige Verbindungen) und können auf der anderen Seite notwendig für eine Funktion (Lenkung, Neigung). Öfter musste ich auf ein Bauteil zurückgreifen, das zwei Beuelemente im Winkel von 90° fixiert; aber selbst hierbei ergibt sich ein Spiel. Spreiznieten und Magnetkugeln zentrieren eine bewegliche Verbindung.

Distanzhülsen (günstigere Zwischenperlen tun's auch) für etwas mehr Stabilität durch Leiterkonstruktionen. Flachstäbe doppelt oder dreifach aneinander zu schrauben geht auch, kommt halt drauf an, wie es einem gefällt und was man bauen will.

Das ewige Klemmbausteineproblem: man hat nie genug, es fehlt immer das eine Teil, das man grad braucht. Es kann ins Geld gehen, wenn man alle Beuteile auf Lager haben will, um spontan drauf losbauen zu können. Vielleicht gelingt es auch, fehlende Bauteile durch eine Konstruktion mit vorhandenen Teilen zu ersetzen. Unvollständige und günstige Second-Hand-Metallbaukästen reichen aus. Im Internet gibt es auch kleine Shops mit einzelnen Bauteilen zum Nachkaufen (vorher auf Fakeshoppigkeit prüfen). Man kann auch ein Auge werfen auf Teile aus dem RC-Modellbau (Lenkungssysteme, Achsschenkel, Stossdämpfer, etc.), die abhängig vom Maßstab auch M4 unterstützen.

Das Modellbauen ist vielleicht eher nur interessant für Kinder- und Jugendbastelbauer (im Sinne dieses Threads) und Trike-Enthusiasten, die ihr Modell vielleicht auch schon in echt gefahren sind und daher gut beurteilen können, ob eine bestimmte Funktion im Modell gut getroffen ist oder nicht. Eine große Hand wird beim M4-Modellschrauben eher unter Verspannungen und Krämpfen leiden als eine kleinere Hand. Der Modellbau geht für Große einher mit einer Mobilisierung unerwarteter Art: Handgymnastik. Bei mir war es der linke Daumenballen.

Interessant beim Modellbau ist auch eine voll integrierte Vorgehensweise, wie bereits hier gezeigt: Modell + CAD. Auf der Suche noch einer CAD-Bibliothek mit Bauteilen aus Metallbaukästen gab es einige wenige Treffer, aber nichts, das mich sofort überzeugte, auf Verdacht den Aufwand zu betreiben. Ein Anbieter aus der Schweiz offeriert eine Online-Mietlösung, die auch 3D-Druck von Bauteilen integriert. Wenn man das Entwickeln neuer Modelle zum Ziel hat, ist das vielleicht einen Vesuch wert, man könnte kaufbare Bauteile mit selbst entworfenen und gedruckten kombinieren. Für den Moment bastle ich aber lieber offline und spare mir die Jahresmiete; wenn ich einen 3D-Drucker hätte, dann sähe meine Entscheidung vielleicht anders aus.

Rein virtuelle Funktionsmodelle finde ich auch sehr interessant. Allerdings ändern sich alle paar Jahre die am besten geeigneten Programme dafür. Software halt. Anwendungen, die man auf älteren Internet-Seiten zum Thema beschrieben findet, gibt es oft micht mehr für aktuelle Computer. Im Moment scheint eine Kombination aus CADyn, Maxima und Eigen3 eine Möglichkeit zu sein. Da muss man sich da erstmal reinfuchsen und eine Modellbeschreibung "programmieren". Noch habe ich die Hoffnung, dass eine solche Modellbeschreibung dann etwas einfacher wäre als bei einem CAD.
 
Als erstes Modell mit größeren Laufrädern wählte ich das AR3 von Dave Ashenbrener. Vielleicht dachte ich mir, dass fürs erste eine Drehschemellenkung einfacher zu bauen sei als eine Achsschenkellenkung. Es hat aber durchaus einige Wochen des Tüftelns gebraucht (abends immer mal eine gemütliche Stunde vorm Schlafen). Manche Verschraubung ist sicher zwei Dutzend mal neu gemacht worden, bis ich soweit zufrieden war, dass ich nichts mehr verändern wollte. Bei sowas ist eher der Weg das Ziel als das fertige Produkt, das kann ich wohl jetzt sagen.
 

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Rein optisch weniger starke Neigung als in echt, kommt halt auf die relativen Abstände und Längen an, denke ich.
 

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Für den Sturz gibt es zwei Einstellmöglichkeiten: die einstellbare Länge der Spurstange und die Rasterung ihrer Montagepunkte durch die Lochplatte wie im Original. Diese Einstellung wirk sich auch auf den kleinstmöglichen Kurvenradius aus.
 

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Die Einstellbarkeit von Vor- oder Nachspur war nicht geplant, sie ergibt sich aus dem Spiel der 90-Grad-Schablonenbauteils (ok, man muss schon ziemlich fest drehen an der Schraubverbindung, aber es geht).
 

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Man könnte das Modell auch vermessen: Spur und Sturz ausmessen oder die Neigung im Vergleich zum Original bestimmen.
Auch wären Rolltests durch Anschubsen an den Griffen oder durch Katapultieren mit einem Gummiband möglich.
Wendekreis bestimmen durch Nachziehen wie in Kindertagen. :) Ich meine, wem bringt der Nikolaus schon ein Nachziehtrike?
Alles nicht wirklich gemacht, nur angedacht.
Und bei Spielende? Aufräumen? Zerlegen oder Vitrine? Oder doch ein Nachbau in groß wie hier?
 

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Die "zufälligen Medien" auf der Einstiegseite zeigten mir heute ein Bild aus diesem Album:


Und das erinnerte mich an etwas ...

Die Funktionsmodelltüchtigkeit meines oben vorgestellten Metallmodells ging viel weiter als ich zunächst dachte. Vor Monaten bereits transportierte ich es mal lose im Rucksack und wunderte mich dann beim Vorzeigen kurz, dass die Lenkung etwas hakelig ging, dachte mir aber nichts weiter dabei. Wieder daheim sah ich dann, dass das Model auch für eine astreine FEM-Simulation taugt. Das gute Stück!, verbogen an den schwächsten, weil nur einfachen Verbindungen. Facepalm. So nah an der Realität sollte das Modell gar nicht sein. Also: Statik wo immer möglich lieber über zwei Wege abbilden, ein verallgemeinertes Leitersprossenprinzip. Eine teilweise Neukonstruktion war geboten und die Verwendung von Schablonen, wie im Rahmenbau üblich für die exakte Ausrichtung aller Teile beim Zusammenbau.
 

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