Berechnung von Rahmen

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Hallo, es gab in einem anderen Thema eine Diskussion zu verschiedenen Werkstoffen. Jedenfalls muss ich um einen Werkstoff auswählen zu können die Belastungen und eine Berechnung durchführen. Falls man wie ich mit Finite Elemente (FE oder FEM) rechnet, muss man auch noc ein 3D Modell des Fahrrades im Computer haben und daraus ein FEM-Modell erstellen.

Da ich aktuell einen neuen Rahmen (Brevet) baue, habe ich den Rahmen des Vorgängerrades (Retro-Racer) mit dem neuen Rahmen verglichen. Dazu habe ich allerdings den Rahmen des Retro-Racers nicht exakt nachgebildet, damit ich die Eigenschaften besser vergleichen kann. Der Retro-Racer ist ja auch schon ausgemustert, da bringt die Berechnung nicht mehr viel. Auch war er 7 Jahre im Einsatz und der Rahmen hatte gehalten.

Aus Stahl wurden beide gebaut. Unterschiedlich sind hauptsächlich die Rohre 40x30x1,5 Rechteckrohr aus dem Baumarkt mit 1" Steuerrohr beim Retroracer und 60x0,8mm Tischbein mit unbekannter Festigkeit und 1 1/8" Steuerrohr.

Im Modell wurde der Hinterbau weggelassen, da ich davon ausgehe dass der Hinterbau eines Rades mit Diamantrahmen ausreichend stabil ist.


IMG_3903.JPG
Bild vom Retro-Racer.

Für die Berechnung konzentriere ich mich auf die beiden Schnitte des Z-Rahmens, weil Erfahrungsgemäß gehen Rahmen an oder neben der Verbindung (hier geschweißt) kaputt. Ein Rohr ohne Verbindungsstelle würde sich nur verbiegen.

Kurz zur Modellbildung:
- wo der Hinterbau hinten wäre wurde in der FE ein Festlager (alle 6 Freiheitsgrade gesperrt) modelliert
- die Verlängerung des Steuerrohrs als Gabelersatz mit 0,5mm Wandstärke modelliert und unten auf der Stirnfläche ein Lager eben auf der Fläche modelliert
- Es wurden Tetraeder mit Zwschenknoten verwendet
- Netzabstand 3mm und in den Schweißnächten 0,5mm, ergeben ca. 500.000 bzw. 700.000 Knoten

Fortsetzung folgt
 
Angenommen wurde ein 100kg Fahrer, von dem 50kg direkt in den Hinterbau einleitet werden und daher wegfallen und 50kg werden in der Mitte des waagerechten Rohres eingeleitet. Ferner werden 100kg an einer 140mm Kurbel am Tretlager eingeleitet.

Auswertung: Die Spitzenspannungen treten nur einzelnen Knoten auf und werden vernachlässigt, allerdings geben sie schon einen Hinweis das am Rechteckrohr die Spannungen fast doppelt so hoch sind (Farben sind abhängig von der Scala und nur begrenzt vergleichbar). Die Erläuterungen stehen unter den Bildern.

RR-Spannungen.PNG
Retro-Racer, Spannungen in den Ecken der Schweißnähte des Rechteckrohres

B-Spannungen.PNG
Brevet, wenig Spanungen an Schweißnähten des Rundrohres

RR-groesser45Mpa.PNG
RR: Nur Spannungen größer als 45 MPa

B-groesser45Mpa.PNG
B: Nur Spannungen größer 45 MPa, dies ist schon fast die maximale Beanspruchung der Schweißnaht

RR-obererSchnitt100Mpa.PNG
RR: Detailaufnahme vom oberen Schnitt, nur Spannungen oberhalb 100 MPa werden angezeigt, deutliche Konzentration in den Ecken

B-obererSchnitt100Mpa.PNG
B: Detailaufnahme vom oberen Schnitt, nur Spannungen oberhalb vom 100 MPa werden angezeigt, aber gibt fast keine

Fortsetzung mit Verformungen folgt
 
Zuletzt bearbeitet:
RR-Verformungen.PNG
RR: Verformung von 7,2mm. Blick von oben. Die Verformung wird mit Faktor 20 überhöht dagestellt. Die Vormung ist in die falsche Richtung, weil die Kette nicht mitmodelliert wird. Der Rahmen aus Rechteckrohr war mich auch zu weich.

B-Verformungen.PNG
B: Verformung von 5mm. Blick von oben. Die Verformung wird mit Faktor 25 überhöht dagestellt. Die Vormung ist in die falsche Richtung, weil die Kette nicht mitmodelliert wird.
 
Wieso hast Du beim Rechteckrahmen die Schweißstellen nicht auch auf Gehrung angelegt, die Lastenverteilung sollte dann günstiger sein.
Zudem müsste jeweils eines der Rohre noch verschlossen werden, also Extraarbeit.
 
Die Rohre sind gedreht aufeinander geschweißt und sind nicht quadratisch (40x30x1,5). War auch einfacher zu schweißen und der Deckel ist fix mit Silberlot draufgelötet. Ich baue mal ein Modell mit Quadratrohr und Gehrung und rechne das.
 
Noch mal was zum weiter rechnen; wir haben nicht nur statische belastung. Wenn mann in bewegung ist und mal mit 30 km/h eine bordsteinkamnte trifft. Jeh nach vorgang kann es ein aufprall von 2-3 g sein. Also sollte mann nicht mit 50kg sondern mit 150 kg rechnen.

Die andere sehr grosse belastung ist die zugkraft auf die kette. Die kette verlauft nicht mittig sondern etwa 50mm aussermittig rechts am rahmen vorbei. Diese 50 mm bilden schon ein kleinen hebel. Weiter ist der kurbel ein hebel. Die kette sitzt nicht am ende neben das pedal, sondern weiter richtung tretlager. Deswegen entsteht auch hier ein hebel verhaltniss. Je nach kettenblatt grosse andert sich das, bei kleine blatter wird der hebel grosser, und die krafte auf die kette hoher. Mit 1:2 oder 1:3 ( bei 22er blatt) rechnen wahre hier geschatzt mal nicht falsch. Mit ein bein kann mann sich hoch drucken, also bringt man mit ein bein mindestens das eigene körpergewicht aufs pedal. Mit die 100 kilo weiter rechnend also etwa 300 kg zugkraft auf der kette, daraus entsteht dann auch noch ein moment das die kettenrollenachse in eine bestimmte richtung wegdruckt. Wie man das ausrechnet geht mir uber denn kopf.

Grusse, Jeroen
 
Ist keine Freeware. Ich benutze SolidWorks Premium. Hat den Vorteil ich kann damit zeichnen und gleich ohne Export und Import simulieren. Ich bin damit einfach sehr schnell. Kostet allerdings ca. 8500€.

Solange man nur ein Bauteil hat, wie einen verschweißten Rahmen, kann man auch Z88 der Uni Bayreuth nehmen. Ist ziemlich leistungsfähig. Allerdings braucht man dann noch ein 3D CAD Programm zum zeichnen. Und da habe ich noch nichts gefunden, was sich ähnlich gut wie SW bedienen lässt.

Aussermittigkeit und Hebel der Kurbel wurden durch eine abgesetzte Kraft berücksichtigt.
 
Ich habe mal den Retro-Racer im Computer aus 40x40x1,5mm Quadratrohr gebaut. Wie beim Modell aus Rundrohr ist im Modell im Schnitt ein Blech mit einem 16mm Loch (Im Schiffbau hieße das Schott). Wurde etwas besser mit den Spannungen.

Q-Spannungen.PNG

Q-Verformungen.PNG
Die Verformungen sind beim 40x40x1,5 Rohr fast die gleichen wie beim 40x30x1,5 Rohr

Q-groesser45Mpa.PNG
Die Spannungen im oberen Schnitt mit mehr als 45MPa. Gut zu sehen, wie das Schottblech Spannungen aufnimmt und verteilt

Q-obererSchnitt100Mpa.PNG
Nur sichtbar sind die Spannungen größer als 100Mpa. Fast keine im oberen Schnitt vorhanden
 
Dann habe ich noch mal den unteren Schnitt betrachtet. Es folgen drei Bilder der drei Modelle mit 40x30x1,5 und 40x40x1,5 und 60x0,8 Rohr. Bei allen Bildern werden nur Spannungen oberhalb 100MPa angezeigt. Spannungspeaks mit einigen wenigen Knoten interessieren mich nicht, die hat man immer in Simulationen und man könnte gar keine Bauteile auslegen, wenn die berücksichtigt werden. Es geht mir ja auch eher um das Vergleichen der Rohrtypen.

RR-untererSchnitt100Mpa.PNG
RR mit 40x30x1,5 Rohr: Ziemliche Spannungskonzentration bis ca. 500MPa in der den Ecken. Die Anbindung mit dem gedrehten Rohr ist wohl suboptimal. Das Rad hat 7 Jahre gehalten, keine Risse sind aufgetreten. Allerdings bin ich nur ca. 5000km damit gefahren.

Q-untererSchnitt100Mpa.PNG
RR mit 40x40x1,5 Rohr. Spannungen bis ca. 250MPa. Ungefähr die Hälfte von dem 40x30x1,5 Rohr mit der suboptimalen Anbindung.

B-untererSchnitt100Mpa.PNG
B mit 60x0,8 Rohr, Spannungen um 100MPa. Etwas weniger als die Hälfte von dem 40x40x1,5mm Rohr
 
Moin Jens,
spannende Bilder... Könntest Du damit Schwachstellen in einem B2B-Tandemrahmen darstellen? Ich plane sowas, mit Bleistift auf Papier, Maße gibt es noch nicht, außer 60x1 CrMo4 ;). Wieviel Arbeit steckt in so einer Darstellung?
Und zu Deinen Rahmen: Verteilt das Loch im Schott die Spannung?
Gruß Krischan
 
Hallo Krischan,

den Rahmen so zu modellieren ist ne ziemlich schnelle angelegenheit.
ich hab auch SolisWorks allerdings "nur" rofesionell. Ich kann solche Simulatonen nicht so im Detail wie JensNBG ausführen.

In Grunde zeichnet mann die Profilachsen und legt die gewünschte Profile auf die Achsen...... Fertig
Mann kann sich jedes Profil selbst erstellen ist ach kein großer Akt.

Kleine Handskizze dann kann ich´s dir machen.

Gruß Stefan
 

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Moin Jens,
spannende Bilder... Könntest Du damit Schwachstellen in einem B2B-Tandemrahmen darstellen? Ich plane sowas, mit Bleistift auf Papier, Maße gibt es noch nicht, außer 60x1 CrMo4 ;). Wieviel Arbeit steckt in so einer Darstellung?
Und zu Deinen Rahmen: Verteilt das Loch im Schott die Spannung?
Gruß Krischan

Grundsätzlich kann kann man bei jedem Rahmen so die Schwachstellen rausfinden. Vor allem kann man bereits virtuell prüfen welche Auswirkungen Veränderungen wie z.B. zusätzliche Aussteifungen haben. Die Verformungen werden ziemlich genau gerechnet. Spannungen kann man auch genau bestimmen, macht aber Arbeit. Vor allem kann man so etwas wie Schweißnähte nicht perfekt nachmodellieren, es handelt sich also um eine Modellbildung.

Das Loch habe ich von einem Freund übernommen, der vor mir angefangen hatte Z-Rahmen zu bauen. Der meinte, es müsste ein Loch rein, damit beim bzw. nach dem Schweißen die Spannungen abgebaut werden können. Das Rohr dehnt sich beim Schweißen im Umfang aus und zieht an dem Blech und nach dem abkühlen zieht sich das Rohr wieder zusammen. Ein 16er Loch ist ziemlich groß, meist habe ich nur ein 10mm Loch reingebohrt.

In Grunde zeichnet mann die Profilachsen und legt die gewünschte Profile auf die Achsen...... Fertig
Mann kann sich jedes Profil selbst erstellen ist ach kein großer Akt.

Anschließend mußt Du aber noch bei Profilen mit Gehrungsschnitt eine Ebene erzeugen und in den Schnitt legen und dann in der Ebene Dein Schottblech zeichnen. Dann noch das FE Modell erzeugen, vernetzen und rechnen lassen. Wenn man sich für die Spannungen und nicht nur für die Verformung interessiert, muss man auf Konvergenz prüfen, d.h. neu und feiner vernetzen und sehen ob die Werte sich noch mal ändern und das so lange wiederholen bis die Werte sich fast nicht mehr ändern oder interpolieren. Aufwand ungefähr eine Stunde, können aber auch schnell mehr werden.
 
Klar wenn man ins Detail geht kommt noch einiges an feinarbeit. Bei meinen Stahlbau und Gestellkonstruktionen is auch mehr.

Denk Krischan ging es mal ums grundsätzliche und um Profollängen zu ermitteln?
 
Es gibt schon einen Faden, ich werde mich bei Euch melden. Dann wird es mit Eurer Hilfe ein opensource B2B :)
Gruß Krischan
 
Werden die Eigenspannungen nach dem Schweißen nicht durch die darauffolgende Wärmebehandlung eh abgebaut? Oder macht man das bei Fahrrädern nicht?
 
Spannungsarmglühen wäre eine Möglichkeit, macht man aber nicht, weil wer hat schon einen Ofen wo ein ganzer Rahmen reinpasst? Mir persönlich ist auch noch kein Rahmen an den Schnitten mit Schottblech kaputt gegangen.
 
Hallo Jens,

anbei ist mein geplanter Holzrahmen. Magst du ihn dir mal anschauen? Die ins Holz geleimten Ösen sind allesamt Laserbleche aus AlMgSi1.
 

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  • 2021-02-14 Nemberch.zip
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Hallo Jens,

anbei ist mein geplanter Holzrahmen. Magst du ihn dir mal anschauen? Die ins Holz geleimten Ösen sind allesamt Laserbleche aus AlMgSi1.

Hallo Nemberch,

ich habe mir den Rahmen mal angesehen. Zuerst die gute Nachricht, ich kann ihn öffnen. Jetzt die schlechte Nachricht, ich werde ihn so nicht berechnen können. Problem sind Step Baugruppen-Files immer, da gibt es oft Probleme mit Flächen und Durchdringungen, weil Step ist ein Oberflächenmodell. IGES ist ein Volumenmodell und funktioniert oft besser.

Grundsätzlich zu FE Berechnungen: Komplexe Modelle in eine FE Rechnung umwandeln ist schwierig und zeitraubend. Besser ist das Modell möglichst stark zu vereinfachen und nur die Teile zu modellieren, die man benötigt. Beispiel: Wenn ich mich für die geschraubten Ausfallenden an einer HR-Schwinge interesse, brauche ich nur die Schwinge modellieren, den Rest vom Rahmen kann ich weglassen.

Zurück zum Holzrahmen, erstmal den Fokus auf die wichtigste Stelle legen. Welche Stelle ist das? Dann benötige ich die Einzelteile als IGES Datei, dann importiere ich die Teile in SW und versuche sie über FeatureWorks in native Teile umzuwandeln. Evtl. zeichne ich sie einfach nach. Aus den Einzelteile baue ich die Baugruppe zusammen. Dann braucht man die Kräfte, deren Einleitung und Richtung. Man muss sich Gedanken über die Lagerung machen (ohne ein Festlager bewegt sich ein FE Modell frei im Raum und der Solver findet keine Lösung). Ein Lager sollte immer weit genug entfernt vom zu untersuchenden Teil sein, damit das Ergebnis nicht verfälscht wird. Dann das Ergebnis auf Plausibilität prüfen, z.B. ob die Verformungen realistisch sind. Bei Spannungen auf Konvergenz prüfen.

Am besten setzen wir uns mal an einem Nachmittag zusammen hin und versuchen das zusammen hinzubekommen.

Grüße

Jens
 
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