alter Kurvenlegerbeitrag aus PRO VELO 43

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Schon länger hatte ich vor meinen alten Kurvenlegerbeitrag aus PRO VELO 43 mal Suchmaschinentauglich im Netz zu platzieren. Schön wäre es natürlich auch die anderen Beiträge zu dem Thema hier zu präsentieren...

hier ist er:

Der Kurvenleger II

Nachtrag zur Kurvenlegerthematik in PRO VELO 42

Dieser Artikel soll eine Ergänzung zum Artikel von Ingo Kollibay aus Nr. 42 sein und befasst sich hauptsächlich mit freien, betätigten Kurvenlegern.
Glücklicherweise unterscheiden sich meine Erfahrrungen mit Kurvenlegern von denen die Ingo Kollibay in seinem Artikel in PRO VELO 3/95 beschrieben hat. Meine derzeitigen Kenntnisse konnte ich durch den Umbau eines selbstgebauten kraftbetätigten Kurvenlegers zum manuellen Kurvenleger, sowie beim Bau und bei der Erprobung eines balancierten Kurvenlegersoziables mit vier Rädern sammeln.
Durch den Umbau entstand ein Kurvenleger mit einer Seitenansicht eines gewöhnlichen Kurzliegers mit untenliegendem Lenker. Statt der Gabel waren aber zwei an doppelten Dreieckslenkern montierte 20-Zoll-Räder im Prinzip des Parallelogrammschwenkers angebracht. Mit dieser von mir gefahrenen Version konnten einige positive Fahreindrücke gesammelt werden. Zu Beeinflussung von Lenkung und Kurvenneigung habe ich direkt über den beiden Rädern kurze Lenkgriffe montiert, die dadurch etwas weiter vorne sind als normalerweise.
Zur Erlernung der Fahrtechnik kann aber auch der gewöhnliche Lenker unter dem Sitz benutzt werden, wobei keine direkte Einflussnahme auf die Neigung möglich ist. Durch diese Möglichkeit kann jeder, der ein einspuriges Liegerad fahren kann, sofort auf dem Kurvenleger fahren. Wer noch dazu in der Lage ist, ein kurzes Liegerad mit einer Hand zu fahren (muss er wohl zum Handzeichen geben beim Abbiegen), legt die freigewordene Hand locker auf einen der Handgriffe über den Rädern. Nach wenigen Kurven hat er sich so die Einflussnahme auf die Kurvenneigung beigebracht. Der gleiche Vorgang wird dann noch mit der anderen Hand wiederholt. Jetzt kann mit dem alten Liegeradlenker angefahren werden und während der Fahrt wird nacheinander auf die Kurvenlegerlenker gewechselt. So wird die bei allen einspurigen Fahrzeugen und bei Kurvenlegern schwierige Anfahrphase vorerst umgangen. Mit den Fahrerfahrungen der mittleren Geschwindigkeiten ist das Erlernen der Anfahrphase deutlich leichter. Dieser Lehrmethode wurde von mir erst entdeckt, als ich mich schon mühsam mit den Kurvenlegerlenkern durch die Anfahrphase geübt hatte. Durch Fahrversuche anderer Liegerdfahrer mit der beschriebenen Methode wurde innerhalb einer Viertelstunde die Fahrfähigkeit auf diesem Kurvenlegertyp erlernt. Ein für diese Zwecke genutzter Kurvenleger sollte dafür entsprechend ausgerüstet sein und stabiler sein als im späteren Betrieb nötig.

Besondere Fahrsituationen
Bei einer Fahrt im Winter ergab sich folgender Situation: Beim Abbiegen vom geräumten Radweg fuhr ich über eine mit Schnee bedeckte Eispfütze. Dem Wegrutschen beider Vorderräder folgte aber nicht der erwartete Sturz, sonder durch die vorhandene Fahrzeuggeometrie reichte meine unverzüglich nach Verlust der fliehkraftfreien Fahrt einsetzende Haltearbeit an den Lenkgriffen aus, um auf Eis das Verhalten eines starren Dreirades zu bewirken. Weitere Versuche auf der Eisfläche ergaben, dass auch der Übergang vom Eis auf festen Untergrund unproblematisch verläuft und unmittelbar auf fliehkraftfreie Fahrt übergegangen wird.

Seitenwindempfindlichkeit
Eigene Erfahrungen mit Seitenwind konnten bei meinen Fahrten bisher nicht gemacht werden, jedoch unterscheiden sich meine Prognosen von denen in Ingos Artikel. Im Vergleich zum Einspurer ergibt sich meiner Ansicht nach ein deutlicher Vorteil, da der Fahrer die Entscheidung hat, ob er dem Seitenwind ausweicht analog zum Einspurer , durch zusätzliche Haltearbeit während der Böe in der Spur bleibt, oder eine Mischform wählt.
Eine Verriegelung des ansonsten fliehkraftfreien Kurvenlegers halte ich für mindestens unnötig, da sie nach Aneignen der Fahrtechnik nicht mehr benötigt wird. Das Erlernen der Fahrtechnik wird dadurch wie bei Kinderstützrädern nur heraus geschoben und erschwert. Weiterhin müssten alle Baueile auf diesen starren Fahrbetrieb ausgelegt werden (stabiler, schwieriger mit normaler Fahrradtechnik).
Als für mich anfänglich überraschenden Nebeneffekt stellte sich heraus, dass die gewählte Achsaufhängung einseitige Fahrbahnunebenheiten halbiert. Ein Hin- und Her- Werfen wie beim starren Mehrspurer findet ohnehin nicht statt. Dieser Effekt trat auch auf, wenn beidseitige Schläge durch schräges Überfahren in zwei einseitige Schläge aufgeteilt werden (die meisten Radwegeauffahrten in den Städten, oft „schlimme Schlaglöcher“, sind ohnehin schräg). Das Fahrverhalten er ungefederten Kurvenlegervorderachse erreicht den Standard heutiger Federgabeln, außer bei beidseitigen Schlägen, die nicht schräg angefahren werden. Nach der Eingewöhnungsphase kommt das aber, auch bei der heutigen Straßensituation, nicht vor. Diese Achsaufhängung gibt auch die Möglichkeit, den nicht abgesenkten Bordstein hochzufahren, allerdings in ungewohnt spitzen Winkel (unfreiwillig beim Beobachten des rückwärtigen Verkehrs ausprobiert). Durch diese Tatschen kann auf die beim Dreirad aufwendige Vorderradfederung verzichtet werden. Das Hinterrad kann wie beim Einspurer gefedert werden. Die sonst bei Dreirädern auftretenden Mehrbelastungen durch Fliehkräfte treten beim Kurvenleger nicht auf, so dass gewöhnliche Fahrradteile verwendet werden können. Auch das Dreiradproblem Nummer eins: schlechte Ausnutzung der Reifen, ist kein Thema mehr, da die Reifen wie beim Einspurer belastet werden.

Baufehler an Kurvenlegern
Um ein dem einspurigen HPV gleiches Fahrverhalten zu erreichen, muss der Punkt um den sich der Aufbau (das Fahrzeug) neigt, auf dem Niveau der Fahrbahnoberfläche liegen, evtl. auch tiefer durch entsprechende Fahrwerkgeometrie. Auch für Kurvenleger gilt: Je größer der Abstand zwischen Schwerpunkt und Fahrbahn (Kipppunkt), desto einfacher ist das Balancieren. Erspart euch deshalb alle Kurvenleger bei denen der Kipppunkt über der Fahrbahnoberfläche liegt. Wer sich an den Idealen der Kuvenleger orientiert, wird mit gekoppelten Kurvenlegern keine Freude haben, denn das Hin- und Her- Werfen bei Unebenheiten bleib ebenso erhalten wie die Sturzgefahr in Kurven. Sie könnten jedoch eine Berechtigung haben für Menschen mit gestörtem Gleichgewichtssinn, solange noch keine guten kraftbetätigten Kurvenleger verfügbar sind.

Herausragende Vorteile der vollen, freibeweglichen Kurvenleger:

- Kein Hin- und Her- Werfen bei Fahrbahnunebenheiten wie beim starren Dreirad oder gekoppelten Kurvenleger

- seitliches Wegrutschen auf glatter Fahrbahn tritt erst bei höheren Geschwindigkeiten auf und hat denn beherrschbare Folgen (Sturzgefahr geringer als bei allen anderen HPV`s.

-Abstützen im Stillstand ist kein Problem

-gleichmäßiges abfahren der Bereifung, dadurch können normale Fahrradreifen verwendet werden.

Heiko Stebbe
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: alter Kurvenlegerbeitrag aus PRO VELO 42, 3.Quartal 1995

Hallo,

etwas länger hat es gedauert, aber nun habe ich auch den Kurvenlegerbeitrag aus pro velo 42 von Ingo abgeschrieben. Da er mehr als 15.000 Zeichen hat verteile ich den auf zwei Beiträge.


Der Kurvenleger

Ein seltenes, aber interessantes Konstruktionsprinzip

Außer Zwei- und Dreirädern mit ihren bekannten und spezifischen Vor- und Nachteilen gibt es noch eine dritte, relativ unbekannte Gruppe von Fahrzeugen, bei denen versucht wird, die jeweiligen Eigenschaften von Zwei- und Dreirädern sinnvoll zu kombinieren: die Kurvenleger.

Es handelt sich grundsätzlich um Dreiräder (evtl. Vierräder), die beim Kurvenfahren ihren Schwerpunkt zur Kurveninnenseite verlagern, um nicht so schnell wie ein normales Dreirad nach außen umzukippen. Die Schwerpunktverlagerung geschieht sinnvollerweise nicht durch ein Verschieben, sondern durch ein Neigen des Fahrzeug wie beim Zweirad.
(Natürlich sind auch alle Zweiräder zwangsläufig Kurvenleger, da sie durch Balancieren so geneigt werden, dass die Fliehkraftresultierende in der Rahmenmittelebene verläuft, doch man will durch den Namen Kurvenleger eher gegenüber nicht neigenden Dreirädern abgrenzen, da beide auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden sind).

Der theoretische Ursprung des Kurvenlegers gründet in folgender Idee: Ein Dreirad hat für den Einsatzbereich als alltagstaugliches Ökomobil etliche Vorteile, wie z.B. eine große Ladefläche, große Zuladung, Standsicherheit beim Beladen, auch beim Langsamfahren am steilen Berg, und die Anbringungsmöglichkeit von großflächigem Wetterschutz bzw. aerodynamischen Verkleidungen, wobei es im Gegensatz zu Zweirädern nicht seitenempfindlich wird (der Unterschied von einem unverkleideten zu einem vollverkleideten Zweirad bezüglich der Fahreigenschaften bei böigem Seitenwind kann katastrophal sein!). Jedoch erlaubt erst ein möglichst weitgehender Wetterschutz für Fahrer und Ladung/Gepäck eine konstante Nutzung möglicht das ganze Jahr über.

Das eigentliche Ziel muß sein, Autofahrern eine Alternative zum Auto anzubieten, mit nur unwesentlich geringerem Komfort, und vor allen Dingen mit dem Versprechen, beim HPV-Fahren genauso trocken zu bleiben wie im Auto. Nur so kann man Menschen, die Auto fahren, aber schon „auf der Kippe stehen“, dazu bewegen, ihren stinkenden Blechhaufen in der Garage stehen zu lassen oder ihn gar zu verkaufen. Jemanden, der sowieso schon Fahrrad fährt, zum Umsteigen auf ein HPV oder Ökomobil zu bringen ist zwar schön, hat aber, gesamtökologisch betrachtet, fast keinen weiteren Nutzen.

Ein solches oben beschriebenes Dreirad, vollverkleidet oder nicht , hat jedoch einen für den Alltagsbetrieb sehr störenden Nachteil: Um möglichst kippsicher zu sein, muß der Schwerpunkt möglichst tief liegen. So entstehen Sitzhöhen von 50cm bis herunter zu 15cm. In dieser niedrigen Position ist die Straßenlage zwar wieder gut, aber die Sichtbarkeit und der eigene Überblick im Verkehr sind schlecht, so das es höchst gefährlich ist, mit so einem flachen Vehikel im normalen Stadtverkehr mitzumischen.

Hier setzt die Idee des Kurvenlegers an: Sollte es durch-in-die-Kurve-neigen möglich sein die Kippgefahr zu verringern, kann man ein Dreirad wesentlich höher bauen, was der Sicherheit zu Gute kommt. Ebenfalls ist eine schmalere Spurbreite möglich. So kann man plötzlich wieder Engstellen passieren, um die normale Dreiräder sonst einen Umweg fahren müssen. Je nach Bauart kann sogar das beim Dreiradfahren störende Hin-und-Herwerfen, hervorgerufen durch Überfahren einer Unebenheit mit einem seitlichen Rad, und überhaupt Seitenkräfte auf den Körper mehr oder weniger vermieden werden. Die Fahrt wird ruhiger und eleganter. So weit die Theorie.

Die Praxis sieht jedoch ganz anders aus: Es ist eine erschreckende Vielzahl von Bedingungen, Zusammenhängen und gegenseitigen Rückkoppelungen zu beachten, abgesehen von der Kompliziertheit der Konstruktion und unerwarteten Erschwernissen bei der Bedienung. Die meisten Kurvenleger sind schwer zu beherrschen für Anfänger, auch wenn sie schon ein normales Liegerad fahren können. Wenn man also nicht ganz genau aufpasst, hat man zwar das eine Problem gelöst, sich aber zehn andere dafür eingehandelt. All dies erklärt, warum Kurvenleger noch so selten sind.

Im folgenden eine Systematik (siehe Kasten) der verschiedenen möglichen Bauarten. So verschieden die einzelnen Ausführungen auch sein mögen, lassen sie sich doch gemeinsam definieren: Ein Kurvenleger ist ein mindestens dreirädriges Fahrzeug, das beim Kurvenfahren seinen Schwerpunkt zur Kurveninnenseite hin verlagert, um der Tendenz, nach außen umzukippen, entgegenzuwirken. Diese geschieht meist nicht durch horizontales Verschieben, sondern durch Neigen. Der spezifische Vorteil des Kurvenlegers, seine Neigbarkeit, ist jedoch genauso Ansatzpunkt für seine schwerwiegenden Nachteile.
 

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AW: alter Kurvenlegerbeitrag aus PRO VELO 42, 3.Quartal 1995

Teil 2

Seitenwindempfindlichkeit

Obwohl der Kurvenleger ein Dreirad ist, kann er sich nicht gegen Windböen starr seitlich abstützen wie ein festes Dreirad. Statt dessen neigt er sich mit dem Wind und muß unter Kraftaufwand des Fahrers wieder geradegestellt werden bzw. genau wie bei jedem Zweirad muß die Störung ausgesteuert werden. Am besten ist es, wenn man es schafft, den Kurvenleger „gegen den Wind zu lehnen“.Man findet plötzlich die spezifischen Nachteile von Dreirad und Zweirad in einer Konstruktion vereinigt, was natürlich sehr ärgerlich ist. Das Problem der Seitenwindempfindlichkeit verschärft sich noch dramatisch bei einer Vollverkleidug, da die dem Wind sich bietende Angriffsfläche das Vielfache eines unverkleideten Rades ausmacht und ein solcher Kurvenleger noch viel schwerer auf Kurs zu halten ist. Einen freien Kurvenleger sollte man bei konstantem Seitenwind, z.B. auf einer Landstraße, gegen den Wind lehnen bis er kräftefrei ist. Dann heben sich sein seitlicher aerodynamischer Widerstand und sein Gewichtsüberhang durch die Schräglage genau auf, und es ist ein ermüdungsfreies Fahren möglich. Bei Böen, besonders in Ortschaften mit Lücken zwischen den Häusern, oder bei Seitenstraßen kann man die Störung durch eine entsprechende Lenkbewegung ausgleichen, die kurzzeitig eine stärker Schräglage erzeugt, die der Bö entgegenwirkt. Dies ist bei unverkleideten und besonders verkleideten Zweirädern typisch, und jeder kennt von dorther die Problematik. Tatsächlich bietet sich vom Fahrverhalten her überhaupt kein Unterschied vom Zweirad zum freien Kurveneger, so dass man mit Recht sagen kann, dass der Kurvenleger bei Seitenwind überhaupt keinen Vorteil vor einem Zweirad bietet, obwohl er ein Dreirad ist, und sich deshalb hier überhaupt nicht lohnt.

Die Auswirkungen vom Seitenwind steigern sich geradezu katastrophal bei den gekoppelten Kurvenlegern: Dort hat jede Neigung durch den Wind unausweichlich und sofort eine Lenkbewegung zur Folge, da ja Lenkung und Neigung miteinander gekoppelt sind! Auch hier steigert sich die Empfindlichkeit auf Wind mit einer Verkleidung drastisch. Leider kann man gekoppelte Kurvenleger nicht, wie bei den freien Kurvenlegern beschrieben, in den Wind legen, da sie dann sofort eine Kurve fahren würden. So hat man die ganze Zeit die volle Haltekraft gegen den Wind auf der Lenkung, was sehr anstrengend und ermüdend ist.

Der Drehschemel-Kurvenleger erscheint (in dieser Hinsicht) noch einigermaßen beherrschbar, besonders wenn es durch Verstellung der Neigung der Lenkachse bis hin zur senkrechten Stellung möglich ist, den Neigungsmechanismus totzulegen. Mann hat dann ein ganz normales Dreirad ganz ohne Seitenwindempfindlichkeit, auch dann wenn es vollverkleidet ist.

Der Knicklenker-Kurvenleger dagegen wird besonders mit Teil- oder Vollverkleidung ein lebensgefährliches Vehikel für den Fahrer: Der vordere, schwenkende Teil der Verkleidung bietet eine extrem große Anfälligkeit für Seitenwind, einerseits durch seine Größe, vor allem aber durch die Tatsache, dass der seitliche Druckpunkt der Verkleidung (entsprechend ungefähr ihrem geometrischen Schwerpunkt) 30 bis 60cm vor und über der Lenkachse liegt. D.h., die Kraft des Windes findet außer einer großen Fläche auch noch einen großen Hebelarm vor, mit dem er gleichzeitig auf Lenkung und Neigung einwirkt!

Man stelle sich eine abendliche Heimfahrt auf einer Landstraße vor, mit starkem Seitenwind von rechts und womöglich Nieselregen, so dass man kaum noch etwas sehen kann, und jede Windbö kann einen umbringen, indem sie versucht , das Rad über die Lenkung in den links vorbeibrausenden Verkehr zu drücken! Nicht auszudenken!!

Kraftbetätigte Kurvenleger

Ein verlockender Gedanke ist es, für die Neigungseinstellung eine „Automatik“ einzubauen, eine Servo-Lenkung für die Neigung, die eventuelle akrobatische oder athletische Fähigkeiten des Fahrers überflüssig macht (z.B. Koordinationsarbeit beim freien K. oder das Aufrichten eines ungekoppelten Kurvenlegers).

Die naheliegendste Version ist die Betätigung der Neigung selbst über einen Stellmotor, der über ein mechanisches Pendel oder einen Quecksilbertropfenschalter gesteuert wird. Der Motor verstellt die Neigung so lange, bis das Pendel wieder Null-Lage hat (senkrecht oder eben die Fliehkraft-Resultierende in der Kurve). Nachteil: es werden sehr hohe Stellkräfte benötigt, die Nachstellgeschwindigkeit muß sehr hoch sein, um hinter den Lenkbewegungen „herzusteuern“, der Energieverbrauch ist deswegen gewaltig und die Energiespeichereinheit dafür ist entsprechend sehr schwer. Falls man also nicht noch einen Energiespeicher mit sehr hoher Energiedichte und dabei geringem Gewicht finde, scheidet diese Form aus praktischen Gründen aus.

Eine andere, viel realistischere Möglichkeit ist es, bei einem gekoppelten Kurvenleger mit verstellbarer Lenkachse die Anpassung der Lenkachsen-Neigung an die jeweilige Geschwindigkeit zu automatisieren. Der Kraftbedarf hierfür ist minimal, da nicht bei jeder Kurve nachgestellt werden muß, sondern nur bei einer Geschwindigkeitsänderung. Diese erfolgt jedoch viel seltener (selbst im Stadtbetrieb) und viel allmählicher las das Einleiten von Kurven (selbst bei einer Vollbremsung!). Der Energiebedarf hierfür , die Stabilität der Betätigungsmechanik und das Gewicht der Energiespeicherung beträgt also nur einen Bruchteil der oben beschrieben Version.

Die Verstellung der Lenkachsenneigung kann hier auf mehrere Weisen erfolgen:
· In Rasterstufen, gekoppelt mit dem Gangsschaltungshebeln (wird nur ungenau wenn man beim schnellen Rollen früher wieder runterschaltet)

gekoppelt an den Tacho, exakt geschwindigkeitsabhängig, ein kleiner Rechner und Weiterleitung an einen kleinen Stellmotor.

ganz elementar und sauber und „low tech“: mit einem mechanischen Fliehkraftregler, wie bei der guten alten Dampfmaschine! Je schneller er übersetzt ist, desto kleiner und leichter kann er sein und benötigt überhaupt keine Kabel oder Bowdenzüge zum Lenker, sondern nur eine Stange zur Lenkachse. Fliehgewichte aerodynamisch verkleiden!!

Die Rückstellung der Lenkachse auf „senkrecht“ bei Langsamfahrt und im Stand ersetzt übrigens gleich noch die Verriegelung der Neigung, da es sich dann wieder um ein „normales“ Dreirad handelt!

Bei allen Betätigungsweisen muß der Zusammenhang von Fahrgeschwindigkeit und Empfindlichkeit der Neigungsverstellung natürlich auf die Fahrzeuggeometrie einzeln abgestimmt sein.

Der Vollständigkeit halber muß man noch darauf hinweisen, dass der Drehschmel-Kurvenleger mit schwenkbarer Lenkachse, mit dem all das oben erläuterte hervorragend funktioniert, den Nachteil hat, dass die Lenkung auf einseitige Schläge, wie von Schlaglöchern oder Steinen, sehr empfindlich ist und sich dann natürlich auch als Schlag in der Neigung bemerkbar macht.

Damit die Beschäftigung mit dem Thema Kurvenleger sich lohnt und im täglichen Fahrbetrieb ärgerliche oder gar gefährliche Eigenschaften vermieden werden können, sind an einen Kurvenleger folgende Anforderungen zu stellen:

· Breite nicht über 70cm (sonst könnte man gleich ein normales Liegedreirad nehmen).

Neigung verriegelbar, zum Abstellen, Beladen, Einsteigen, am Berg oder an der Ampel langsam fahren, und bei böigem Seitenwind. D.h. es kommen nur freie K. in Betracht oder gekoppelte K. mit verstellbarer Lenkachse.

Unempfindlichkeit der Lenkung gegenüber:
>Windböen, die auf die Verkleidung drücken
>Haltekraft gegenüber Seitenwind (anstrengend!)
>Einseitige Schläge durch Schlaglöcher, Steine u.ä.

· Anpaßbarkeit der Neigung an die verschiedenen Fliehkräfte bei verschiedenen Geschwindigkeiten.

Das Rad sollte auch aus ganz umgeklapptem Zustand wieder vom drinsitzenden Fahrer aufgerichtet werden können

Bei kraftbetätigten Kurvenlegern:
>einfache Mechanik
>automatisiert
>hohe Stellkraft
>geringe Masse der Energiespeicherung (Berge!)

Ingo Kollibay, Hildesheim
Ursprünglich geschrieben für Pro Velo 43. Einige Formulierungen überarbeitet 7.2.2011

Den gedruckten Text tapfer abgetippt und ins Forum eingestellt von Heiko Stebbe
 
AW: alter Kurvenlegerbeitrag aus PRO VELO 43

Hallo,

als Ergänzung zu den pro velo Beiträgen erscheint mir ein Definitionsproblem interessant.

In einem anderen Faden hat es das Problem gegeben zwischen Wanken und Neigen zu unterscheiden oder rauszufinden ob da überhaupt ein Unterschied besteht. Mir ist es dort nicht gelungen einen Unterschied nachvollziehbar zu machen, gehe aber weiterhin davon aus, das es diesen gibt.

Hier versuche ich mal möglichst einfach zu beschreiben worin ich den Unterschied sehe. Gerne lasse ich mich hier verbessern wie ich diese Meinung noch nachvollziehbarer machen könnte. Die Frage ob Wanken und Neigen das gleiche ist möchte ich hier allerdings nicht behandeln. Dafür ist in dem Faden des faltbaren Kurvenneigers genug geschrieben worden bzw. noch ausreichend Platz vorhanden.




Was ist Wanken, was ist Neigen?

Bei einem mehrspurigen Fahrzeug das um eine Kurve fährt wird, durch die Fliehkraft, eine Neigung zur Kurvenaußenseite stattfinden. Diese seitliche Neigung wird Wanken genannt. Die Stärke des Wankens hängt auch von der Fahrwerkskinematik ab. Eine Ente wankt stärker als ein Golf GTI.

Dieses Wanken ist nicht mit dem Neigen eines einpurigen Fahrzeugs, oder Kurvenneigers, zu verwechseln.

Bei Kurvenneigern findet die hauptsächliche Seitenneigung zur Kurveninnenseite statt um die Fliehkraft möglicht vollständig zu neutralisieren. Bei Kurvenneigern, die von ihrer Auslegung stärker an Autos orientiert sind, ist es Absicht die Fliehkräfte nur teilweise zu neutralisieren. Bei Fahrzeugen, die näher am einspurigem Fahrzeug orientiert sind, ist eine vollständige Neutralisierung erwünscht.





Beispiel eines Kurvenneigers mit autoähnlicher Neigungsverhalten: Nissan Land Glider. http://www.youtube.com/watch?v=i7rl5LrrLOQ

Beispiel eines Kurvenneigers mit dem Neigungsverhalten eines einspurigen Fahrzeugs: FN-Trike http://fn-trike.de/Reinhold/HTM/seite1.html

Gruß Heiko
 
AW: alter Kurvenlegerbeitrag aus PRO VELO 43

Sorry Heiko, aber das geht nicht.
Du kannst in einem Forum nicht postularisch Behauptungen in den Raum stellen und dir verbitten, sie in Frage zu stellen.
Dass geht bei einer Homepage.

... auch wenn ich das im Grundsatz genauso sehe.
 
AW: alter Kurvenlegerbeitrag aus PRO VELO 43

Heiko, warum muß das in einem neuen Thema noch mal durchgekaut werden. Tintin hat es erklärt. Und Physik ist Physik, Mechanik ist Mechanik. Glaubensfragen ändern daran nichts. Es geht um Kräftegleichgewichte, Stabilität, um was sonst?

Das Deine Konstruktionen funktionieren muß doch nicht heißen, dass Du eine neue Physik gefunden hast. Oder?

*grübel*

Jörg
 
:confused: ... :whistle: ich lese mich da irgendwann mal mal rein in diesen Textberg ... , er bedarf wahrscheinlich auch des Lektorats, Neigetechnik ist sehr interessant, und der Artikel sollte - gut verlinkt und suchmaschinenfreundlich - im Internet stehen. Vielleicht innerhalb irgendeiner Wiki-Struktur, dieses Forums maybe ...

Vllt. ähnlich - ich werde den Link vllt. mal nachtragen - wie die Kapitelstruktur meines Vorschlags zu einer Kapitelstruktur in meinem Thread, am Ende dort: "Frox: 1m über NN". Ca. 2 Jahre her ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo zusammen! Hallo @Heiko !

Nachtrag zum letzten Post #9:

Zur ggf. weiteren Diskussion des Themas verweist der im "Forums-Wiki-Projekt" verlinkte Artikel wieder hierhin zurück ... :D, es kann also weiterdiskutiert werden hier ....

... und vom Wiki aus bleiben die jeweils aktuellsten Ergebnisse dieses Threads weiterhin auffindbar ... :D

Freundliche Grüsse!

Frox
 
Moin!

Wie würdet Ihr den Jetrike-Kurvenleger einordnen?

http://www.jetrike.com

Es ist ein freier Kurvenleger, aber er ist fahr- und standstabil (ohne Verriegelung).

In gewisser Weise ist er selbstbalancierend...

Tschüs!

Hein
 
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