Die Anmeldung zur SuperHexe war eher so ein Bauchentscheidung von mir. Ein Langstreckenevent in unmittelbarer Velomobilentfernung von mir zu Hause. Das wäre doch sicherlich ein klasse Test im PBP Jahr. Das kurz nach dem Brelinger Berg ist, war mir bis vor ein paar Wochen gar nicht bewusst gewesen. Zum Glück, ansonsten hätte ich mich wahrscheinlich nich getraut. Vorab wurde die Schaltung im Milan auf 11-52 umgebaut und vorne wurden vorsichthalber 70er Trommeln mit Kühltürmchen eingebaut.
Die Schwinge des Milans hatte sich von der Karrosserie weggedrückt, die beiden Schrauben mit denen Schwinge und Karrosserie miteinander verbunden sind, sind nicht gleich lang und sie wurden falsch herum eingebaut. Erfreulicherweise konnte ich den Milan nach nur einer Woche am Mittwochvormittag aus Siedenburg wieder abholen. Auf dem Weg nach Willebadessen war dann auch gleich mal der Akku der Schaltung leer. Also gab es eine zeitige Mittagspause auf der Anreise. Kurz nach Ankunft bei Fritz und Biggi habe ich mir einen Ersatzschlauch und Mantel fürs Hinterrad geliehen, beides hatte ich nicht dabei. Wie gehabt, optimale Vorbereitung meinerseits... Da muss ich mich definitiv bessern.
Am Abend noch das Dreirad startklar gemacht und gemütlich beisammen gesessen und gegrillt. Aber früh ins Bettchen, die Nacht würde sowieso schon kurz genug werden und in so ein Event muss ich nicht mit Schlafdefizit starten.
Nach Aufstehen fix eine Schüssel Müsli rein und schon ging es los. Mein Plan war es, zuerst mit den anderen zusammen zu fahren. Alleine Velomobil fahre ich sonst schon genug. Die Strecke rollte ganz gut bis nach Bad Lauterberg. Jockel mussten wir wegen des Defekts leider zurück lassen. Stefan fuhr mal etwas vor und mal etwas nach Firtz und mir. Nach Bad Lauterberg begann dann die Plackerei. Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass man sich beim velomobilfahren nicht vernünftig unterhalten kann. Beim bergauffahren geht das aber ganz wunderbar. Der Berg muss nur steil genug sein und man darf sich nicht zu sehr verausgaben. So ging es dann quatschend bis zum Brocken hoch. Vor der Abfahrt hatte ich ziemlichen Respekt, weil ich noch nie eine ernsthafte Abfahrt in einem Mittelgebirge mit dem Dreirad gefahren bin. Hat aber wirklich gut geklappt, auch wenn es nicht wirklich spaßig war. Die Höhenmeter zerstört man bei der Brockenabfahrt einfach zu schnell, sodass man alles wegbremsen muss. Mit dem Rennrad fahre ich schneller runter, bin aber im Velomobil auch wirklich ein Schisser...
Auf dem Weg nach Braunlage habe ich leider den Fritz aus dem Rückspiegel verloren. Schade, aber dann fährt halt jeder in seinem Tempo den Wurmberg hoch. Hat soweit auch ganz gut geklappt. Nur bin ich da mit 60-52 wirklich unterhalb einer meiner Meinung nach für mich vernünftigen Kadenz, sodass mal behaupten würde, dass mit den aktuellen 12-fach Schaltungen die SuperHexe nicht sinnvoll fahrbar ist. An den Rampen bin ich teilweise mit unter 35 rpm gefahren. Und wenn es mal länger leicht bergab gin, fehlten mir oben die Gänge...
In Braunlage holte ich mir, mit Weitblick auf den Track ein paar Kugeln Eis, in der Hoffnung, dass ich die Runde mit Fritz und Stefan zu Ende fahren könnte. Die beiden ließen sich aber nicht blicken, sodass ich mich entschloss alleine weiter zu gondeln. Bis nach Dassel ging es schön bergab. In Einbeck nochmal kurz 3l Flüssigkeit nachgefüllt. Der Anstieg in den Solling war gut zu fahren, alles schön flach, dafür brauchte man etwas Geduld. Der Köterberg war da schon anspruchsvoller, vorallem die Rampen am Ende. Eine Rentnerreisetruppe wollte mir oben nicht glauben, dass der Milan keinen Motor hat, war mir dann auch egal. Den Rest der Runde kannte ich schon von der Anreise, sodass ich wusste, dass bis zur Basis nichts wesentliches mehr kommen würde. Also gemütlich die Beine kreiseln lassen...
Nach der ersten Runde war ich gefühlt noch einigermaßen bei Kräften. Also Essen reinschaufeln (bei langen Fahrten brauche ich relativ viel Nahrung, wenn ich zu wenig esse, rächt es sich ein paar Stunden später, weil ich dann keinen Druck mehr aufs Pedal kriege, wenn der Hunger beim Fahren kommt, ist es schon lange zu spät und es wird ganz schwierig wieder in einen Rhythmus zu kommen). Deswegen solange noch Appettit da ist, immer rein, vebrannt wird es bei so einer Tour sowieso... Voll aufgetankt ging es dann in den Abend hinein. Die ersten gut 100km der zweiten Runde sind exzellentes Velomobilterrain. Lange Straßen an der Weser entlang. Der hohe Meissner hat es dann aber auch wirklich in sich. In der Abfahrt gab es dann Kopfsteinpflaster, ist aber früh zu sehen, also nicht gefährlich. Bis Eisenach geht es vorwiegend bergab und ich war froh, in Eisenach eine offene Tankstelle vorzufinden, es war inzwischen schon nach zwölf. Danach fing es an sich zu ziehen. Gefühlt kam ich kaum voran, obwohl die Leistung noch passte. Zwischenzeitlich mal kurz eine Baustelle umfahren, beschleunigt das ganze dann auch nicht. Ab und zu fing es an zu stippern, Regen blieb mir zum Glück aber erspart. Es ging i.d.R. leicht bergauf, unterbrochen vom grossen Beerberg, der aber auch nur etwas Geduld brauchte. Die Abfahrt war schön fahrbar. Angekommen in der Rhön fing das Kurbeln wieder an. Die Sonne ging wieder auf und war auch herzlich willkommen, da es auch morgens noch ordentlich kalt war, vorallem wenns bergab ging. Die Fahrt bis zum Beginn des Anstiegs zur Wasserkuppe zog sich hin, die Wasserkuppe selber ist gut fahrbar. In folgenden langen Abfahrt ging dann der Puls gut runter. Leider wollte er danach nicht mehr wirklich in Gange kommen, die Leistung sank zunehmend. Bis ca. 100km vor Ende der zweiten Runde geht es vorwiegend runter, entsprechend gut kommt man voran. Dann fängt das ewige hoch und runter wieder an. Das Problem ist, wenn man nicht mehr wirklich Kraft hat und jede Welle in Schleichfahrt nehmen muss, wird man unheimlich langsam, ohne das die gefühlte Anstrengung weniger wird. Zu allem Überfluss hab ich mich auch noch verrechnet, sodass ich dachte, dasss ich nach ca. 900km wieder an der Basis sein müsste, Pustekuchen. Als ich es realisierte war es auch nicht gerade eine Motivationsspritze. Gab dann erstmal vier Kugeln Eis, danach hatte ich trotzdem keine Lust weiter zu fahren. Aber es half ja alles nichts, also in Schleichfahrt weiter. Zu allem Überfluss löste sich die Verschraubung von Schwinge zu Karrosserie. Mein Multitool war zu klobig um die Schraube wieder rein zu drehen. Fritz war schon fast auf dem Weg zu mir, als ein Bauer nettwerweise seine passende Ratsche zur Verfügung stellte. Schlussendlich konnte ich so die letzten 30km der zweiten Runde dann doch noch auf eigener Achse zurücklegen. Lust weiterzufahren hatte ich aber gar keine mehr. Ich war sehr deutlich angeschlagen und hatte auch nicht mehr wirklich viel Kraft in den Beinchen. Natürlich kann man in so einer Situation ein Päuschen machen, wieder auffüllen und langsam weiterkurbeln. Aber wozu sollte man sich das antun. Es wäre zwangsweise die 2,5 Nacht in Folge gewesen. Irgendwann ist es auch mal mit dem schönsten Hobby genug. Denn genau das ist es halt. Also gabs noch ein paar Nudeln und dann ab ins Bettchen
Im Nachhinein war es genau die richtige Entscheidung. Denn so konnten wir die dritte Runde noch gemütlich zusammen rollern. Zeit zum reden gab es auch wieder genug. So haben wir eine schöne Kaffeefahrt gemacht, bei der wir nach noch nicht mal der Hälfte der Strecke realisierten, dass es ja schon halb drei war. Es war klar, fürh würden wir heute nicht mehr ankommen. Jockel zauberte noch einen Bahntrassenradweg aus dem Hut, der uns ein paar flache Kilometer bescherte. Auch mal eine nette Abwechslung
Abends gabs dann noch lecker Nudeln.
In Summe ein absolut tolles Wochenende. Schöne Tour, die trotz des Profils und wegen des Zeitfensters von 92h für Fahrer vieler Leistungsklassen machbar ist. Es sind jetzt 2x 600km Ostfalen Brevet, aber das wäre ja auch zu einfach. Soll ja eine Herausforderung sein
Ich würde nur empfehlen sich vorab eine entsprechend kleine Übersetzung einzubauen. Einziges Manko ist die geringe Teilnehmerzahl. Mit mehr Leuten finden sich bestimmt noch mehr Gruppen. Zusammen fahren finde ich definitiv attraktiver, die Strecke ist dafür perfekt geeignet und man kann sich gegenseitig motivieren, vielleicht doch noch ein Stückchen weiter zu fahren
Vielen Dank, dass ich weitere Velomobilisten kennenlernen durfte, hat mich sehr gefreut. Viele scheinen ja Biggi und Fritz zu kennen, Gastfreundschaft ist meiner Meinung nach halt kein Ausdruck mehr. Alleine das man schon fast genötigt wird sein Wäsche zu waschen, es lecker essen gibt oder einem sogar noch die Tracks für ab- und anreise vorbereitet werden... Die Liste könnte man noch lange weiter führen, aber es sind so schon zu viele Worte. Respekt wer alles durchgelesen hat
P.S. Wann ist nochmal die SuperHexe 2024? Würde mir das Wochenende schonmal markieren wollen