Mit dem Wohnanhänger von Midu ins tibetische Hochland Qinghai's

Sooo, es folgen nun, endlich, die vorerst letzten Bilder, alle aus Zhiduo, da ich nun noch immer und schon seit einer Woche in dieser Stadt in einer preiswerten Unterkunft (man könnte es auch als Absteige bezeichnen :D) verweile und hier einige Dinge erledigt habe und leider auch noch immer etwas vor mir habe.

Zum einen war es mir wichtig, gegenüber künftigen etwaigen Hagelschlag besser gewappnet zu sein, obwohl jetzt gar nicht die Saison dafür ist. Es könnte also gut sein, dass der ganze Aufwand umsonst war, aber besser so als Eis und Wasser im Anhänger. Dafür habe ich diese Alu-Dachreling aufgeklebt. Der Kleber hält bombenfest, aber natürlich sitzt das ganze auf den Isomatten auf, nicht gerade ideal. Aber was sollte ich machen, ist halt nicht ganz einfach das im Nachhinein hinzuzufügen. In der Praxis sollte es wohl recht egal sein, mehr Dachneigung wäre da deutllich wichtiger, aber auch dafür ists zu spät.
Darüber kann ich nun also, mehr oder weniger gut, zum Schutz ein Tuch spannen. Das ist das vorne befestigte.
Zum anderen ist hier in der Höhe und rund um den 33. Breitengrad die Sonneneinstrahlung, wenn sie denn scheint, wirklich extrem, so dass ich mir schon lange ein Sonnenvordach wünschte. Das ist das längs befestigte lange Tuch, welches sich mit zwei Bambusstangen nun wahlweise zu einer der Seiten aufstellen lässt.
Das dritte Tuch, in der Dachmitte mit eingerollten Bambusstangen, hat mit dem Anhänger an sich nichts zu tun und stellt meinen neuen Windschutz insbesondere zum Kochen dar.

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Ein weiteres Problem ist, dass die Türen, auch aus Isomatten, sich im Laufe der Zeit verkürzt haben, weswegen das Klettband unten nicht mehr richtig greift. Das führte schon dazu, das mir zweimal während der Fahrt, einmal schnell bergab, das andere mal bei extremen Gegenwind, eine der Türen aufging. Kein Drama, aber eben doch unschön. Auch beim Schlafen wünschte ich mir teils etwas mehr Widerstand. Daher diese mehr oder weniger gelungene Verstärkung mit je einer dünnen Aluschiene und diesem auch von innen drehbaren Haken:
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Ärgerlich war zudem, dass sich mein Solarpanel verabschiedet hat. Wahrscheinlich schon vor dem kräftigen Hagel, was ja ansonsten wohl ein guter Grund gewesen wäre. Nach Kontakt mit dem Händler meint dieser es läge nicht an Microrissen sondern nur an der Steuerung und ich sollte es ihm zur Reperatur einschicken. Immerhin, in Zeiten von Wegwerfmentalität gar nicht schlecht. Hilft mir nur im Moment nat. herzlich wenig weiter o_O
Immerhin gibt es hier viele Solarpanels zu kaufen, da viele Tibeter diese auch in ihren Zelten verwenden oder sogar in abgelegenen Häusern ohne Stromanschluss.
Habe mich also dazu entschieden ein neues zu kaufen, was nicht ganz einfach war, da die meisten viel zu groß und schwer sind, andere gleich Akku und Beleuchtung eingebaut haben sowie seitliche USB-Buchsen aufweisen und somit nicht geeignet sind um diese auf das Anhängerdach zu kleben. Die Wahl fiel daher auf das kleinste überhaupt, in der Hoffnung, dass das gerade so ausreichen wird. Schade, um das "alte" Panel, die wasserdichte Verklebung und die Verkabelung:
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Das neue Panel, durch den massiven Rahmen hoffentlich zumindest recht robust, hat allerdings keinerlei Ladeelektronik und hatte anfangs nur ein USB-Kabel, jedoch keine Buchse, so dass es wohl nur eine Frage der Zeit gewesen wäre, bis dies zu Kabelbruch führt. Habe mich daher entschieden noch vor dem Verkleben auf dem Anhängerdach eine Buchse anzulöten. Immerhin habe ich so den Lötkolben nicht umsonst mitgenommen. (y)
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Und so habe ich nun, oh Wunder, doch noch das Perpetuum-Mobile erfunden: :cool::LOL:
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Leider musste ich feststellen, dass ich ohne Ladeelektronik weder mein Handy noch meine Powerbanks laden kann, da diese schon oberhalb einer Spannung von 5,5V bzw. 5,8V zwar eifrig leuchten bzw. blinken und damit suggerieren zu laden, jedoch keinen Ladestrom zulassen. Das Solarpanel hat bei voller Sonneneinstrahlug eine Leerlaufspannung von ca. 7,4V. Verdunkelt man das Panel, so dass die Spannung darunter sinkt fließt auch kein Strom, wohl weil die Leistung zu gering ist. Die beiden Datenleitungen habe ich kurzgeschlossen, daran liegt es also nicht, zumal ich mit meiner regelbaren Spannungsquelle auf diese Weise laden und oben genannte Grenzspannungen genau ermitteln konnte.
Es bleibt mir also vorerst nichts anderes übrig als auf diese im Set inkludierte Taschenlampe mit kleiner Powerbank und Ladeelektronik zurückzugreifen. Soweit kein Problem, die Frage ist nur, wie lange sie hält. Dass ich extra ein Stück Plastik aus dem Gehäuse brechen musste damit der Stecker überhaupt passt hat, mein Vertrauen in dieses Gerät nicht gerade gesteigert. :whistle:
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Desweiteren habe ich auch im Dach zahlreiche kleine Einschnitte zugeklebt und dafür eine ganze 110ml Tube Kleber verbraten. Allmählich geht mein Flüssigkleber zur Neige, aber ich bin ja ggü. Hagel jetzt besser gewappnet. (y)
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Soweit zum technischen.
Wie geht es nun weiter? Wahrscheinlich übermorgen werde ich endlich weiter fahren und habe mich in meiner Zeit hier schon ausführlich über den weiteren Streckenverlauf informiert. Wichtig ist mir, endlich eine gewisse Abgeschiedenheit zu erleben und somit eine Straße mit deutlich weniger Verkehr zu befahren.
Anfangs, d.h. die ersten guten 250km ist dies noch recht einfach und z.B. auf google maps oder einem chin. Online-Kartendienst nachvollziehbar. Es handelt sich hierbei um die Straße über Zhahe Xiang (扎河乡) nach Suojia Xiang (索加乡). Dort endet auf all diesen Karten die Straße. Nach einem alten Straßenatlas und mittlerweile mehrfach bestätigter Aussagen von Menschen vor Ort geht es aber eben doch noch weiter nach Tanggula Zhen (唐古拉镇).
Dort angekommen wird die Ruhe dann vorbei sein, dieses liegt an der großen Bundesstraße 109, welche parallel zur Tibetbahn verläuft und von Beijing nach Lhasa verläuft und die wohl recht stark befahren sein soll. Vor dort aus plane ich noch 0-2 Abstecher zu machen und dann über Golmud und am Qinghai-Lake vorbei nach Xining zu fahren und dort meine Reise zu beenden. Vlt sogar schon in Golmud, da mich der Abschnitt danach nicht sonderlich reizt.
Da es bis Tanggula Zhen ca. 500km unbefestigte Straße (wohl Schotter mit Sand) sein werden und es quasi keine Einkaufsmöglichkeiten geben wird, habe ich in den letzten Tagen schon einmal ordentlich mit Trockennahrungsmitteln vorgesorgt:
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Es bleibt die Frage, wie ich all das, zusammen mit einem Rest weiterer Vorräte und Obst und Gemüse, in den Anhänger kriege. :whistle:

Ganz nebenbei bemerkt werde ich somit also mind. einen Monat überwiegend offline sein und auch sicherlich nichts hier schreiben. Mir ist nat. sehr bewusst dass das ganz schlecht ist um hier viele "Klicks" zu bekommen, mit einem Mal so viel zu schreiben und dann abzutauchen, aber damit kann ich leben. :D

Hier noch für die Interessierten die wichtigsten Fahrdaten:
- 61. Reisetage
- davon 38. Fahrtage
- bislang zurückgelegte Strecke 1769km
- Höhenmeter hoch: 19.608
- Entfernungsschnitt pro Fahrtag 1769 / 38 = 46,6
- Höhenmeterschnitt pro Fahrtag 19.608 / 38 = 516

Und in diese Richtung soll es dann also weiter gehen :) Wird allmählich auch echt Zeit!
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Könnte das ein Kühlkörper sein um darunter liegenden Permafrotboden zu kühlen und damit das Fundament zu sichern, wie ich es von der Tibetbahn gesehen habe?
Das habe ich bisher auch nur von der Tibetbahn gehört, aber noch nie gesehen.
Es sieht aber sehr danach aus, dass das genau so ein Teil ist.

Auf der englischen Wikipedia Seite ist der Mechanismus dazu erklärt.
Die Röhre ist mit Ammoniak gefüllt und zur warmen Jahreszeit rein gasförmig.
Im kalten Winter kondensiert das NH3 am oberen Ende und rinnt zum unteren Ende, wo es wieder verdampft und so das Fundament kühlt.
So bringt man mit rein passiven Komponenten ohne Regelung im Winter ca. -30°C in den Boden ohne im Sommer Wärme runter zu bringen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Heat_pipe

Weiterhin eine gute Reise und herzliche Grüße,
Harald
 
Ahja, sehr aufschlussreich, danke!
Das Prinzip ist sehr einleuchtend, lediglich der Siedepunkt von NH3 mit -33°C erscheint mir doch etwas zu niedrig zu sein um da eine nennenswerte Zeit lang kondensieren zu können.
Für Zhiduo habe ich leider kein Klimadiagramm gefunden. Für Yushu sieht das laut https://en.wikipedia.org/wiki/Yushu_City,_Qinghai#Geography_and_climate so hier aus:

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Also average low im Januar gerade einmal -15,1°C.

Jetzt liegt liegt Yushu allerdings auch nur auf unter 3800m Höhe, der Mast also ca. 1000m höher und deutlich exponierter. Aber ob das wirklich so viel ausmacht?
Zhiduo liegt auf ca. 4100 Höhe und hat, als Anhaltspunkt, laut hier eine Jahresdurchschnittstemperatur von -0,3°C. In Yushu sinds laut Wikipedia 3,22°C, klingt jetzt nicht gerade nach dem riesen Unterschied.
 
Schweren Herzens habe ich den Anhänger übrigens soeben für den Zeitpunkt nach der Tour hier zum Verkauf eingestellt.
Nach der intensiven Planungs-, Bau-, und Nutzungszeit fiele mir das schon schwer ihn abzugeben. Da ich ihn aber explizit für diese Tour gebaut habe und danach wohl kaum mehr nutzen könnte, wäre es doch allemal besser, würde jemand anderes ihn danach weiter verwenden und daran seine Freude haben.
 
Hi Tobias,

die Siedetemperatur ist natürlich vom Druck abhängig und somit einstellbar.
Ist mehr NH3 in der Röhre drin (= der Druck höher), siedet's erst bei höherer Temperatur.
Grafik mit Details z.B. hier: KLICK

Gute Reise, Harald
 
Hallo :)

da ich vorgestern und damit schon früher als geplant in Tanggula Zhen (唐古拉镇) angekommen bin, bemühe ich mich mal wieder um ein update.
Ich werde dabei zunächst halbwegs chronologisch vorgehen, diesen Zusammenhang in späteren Bilder-Posts dann aber durch einen thematischen ersetzen.

Also, zur Erinnerung, am 12.09. fuhr ich weiter von Zhiduo Xian aus in das bislang dünnstbesiedeltes, vor allem aber verkehrsärmste und größtenteils nicht kartographierte Gebiete der ganzen Reise.
Da ich davon ausging, ca. einen Monat plus Puffer keine Nahrung kaufen zu können, habe ich den Anhänger wohl wirklich überladen. Alleine 8 Melonen, weiteres Obst, Gemüse und vlt 20kg Trockennahrung wie Reis, Hirse, Nudeln, Kekse, Bohnen,... führte ich mit. Trotz großen Gepäckfachs musste daher ein Teil des Gepäcks im Schlafraum mit fahren, den ich mir mit den Melonen im Zwei-Schicht-Betrieb fortan teilen musste:
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An einem späteren Morgen den Anhänger diesen Hang hoch zu bekommen kostete mich alle Kraft und Traktion die ich irgendwie aufbringen konnte, das war äußerst grenzwertig und ich hab mir dabei schön den Rücken bei verrenkt.
Notfalls hätte ich aber nat. Teile des Gepäcks einzeln hochtragen oder auf Hilfe warten können, aber da hatte ich nat. keine Lust drauf.
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Die ersten 21km waren noch asphaltiert. Danach hatte der Spaß damit aber ein Ende und es sollten 374km Schotterstraße folgen, wobei ich zu dem Zeitpunkt noch mit deutlich mehr rechnete.
Gleich zu Beginn, ich machte mir wirklich gewisse Sorgen um den überladenen Hänger und damit der Kupplung und den Fahrrad-Hinterbau, hielt ein Tibeter an und wollte mir unbedingt diese Kiste Softdrinks schenken. Nicht nur, dass ich sowas nicht trinke, ich hätte es wirklich nicht mehr mitnehmen können. Ich konnte mich nicht wehren, er fuhr einfach weiter. Nett gemeint, brachte mich aber in Schwierigkeiten.
In meiner Verzweiflung versuchte ich mehrere Autos anzuhalten, irgendwann mit Erfolg, und konnte das Zeugs zum Glück weiter verschenken.

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Das Wetter war die ganze erste Woche über äußerst ungemütlich: Wind, Regen, Schnee und Hagel, so richtig schön war das nicht, von wenigen Lichtblicken abgesehen:
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Zu meinem Leidwesen musste ich zudem feststellen, dass der Hagelschaden vom 27.08. noch seine Spätfolgen hatte, das Isomatten-Dach doch mehr als gedacht gelitten hatte, so dass es reinregnete. Diese netten Straßenbauarbeiter, Angehörige der Hui-Minderheit, halfen mir netterweise beim flicken, leider ohne wirklichen Erfolg.

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Fortsetzung folgt.
 
Angekommen in Zhahe Xiang (扎河乡),es sollte die letzte Ortschaft bis Tanggula Zhen sein, fand ich zum Glück eine halbwegs dicke Plane, die ich zusammen mit der halben Dorfbevölkerung und dem ganzen zusammen gekratzen Kleber aus einer Autowerkstatt dann doppellagig auf den Anhänger klebte. Seitdem ist er endlich wieder komplett dicht, wenngleich das ganze ziemlich hässlich aussieht:

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Einer der Dorflehrer musste danach nat. unbedingt eine Probefahrt riskieren:
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Da es schon spät war und ich zudem auf ein Frühstück und heißes Wasser in dem kleinen Restaurant, immerhin das letzte für Wochen, hoffte, verbrachte ich direkt davor die Nacht:
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Am nächsten Morgen ging es weiter. Müllentsorgung ist hier einfach:
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Hier angekommen musste ich feststellen, dass insbesondere beim rechten Anhängerrad die Speichen total loose waren.
Wie konnte mir das nur nicht vorher aufgefallen sein. :eek: Ein Wunder, dass ich damit überhaupt noch fahren konnte - und das bislang keine einzige gebrochen war.
Also erstmal beide Räder neu justiert.
Das Aufbocken mit den Grasnaben habe ich mir von den Tibetern abgeguckt. Mein nächster Anhänger bekommt allerdings einen Wagenheber oder einfach vier Füße. Könnte man nat. auch einfach nachrüsten. Das gilt aus meiner Sicht auch für (beladene) Velomobile.
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Am nächsten Tag war das Wetter so ungemütlich, dass ich gar nicht weiter gefahren bin:
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Eig. war es die ganze erste Woche bis auf wenige Ausnahmen äußerst ungemütlich, aber am nächsten Tag bin ich dann eben trotzdem weiter gefahren, was solls:
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Fortsetzung folgt.
 
Endlich wurde das Wetter etwas besser. Dass ich hier eingeladen wurde, mich aufzuwärmen, Tee zu trinken, heißes Wasser mitzunehmen und sogar noch frisch frittiertes Gebäck geschenkt bekam war aber natürlich trotzdem sehr willkommen und aufbauend:

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Später, es hatte sich vlt schon rumgesprochen, wo ich hin wollte, nach Tangulazhen und zwar über Suojia Xiang (索加乡), da ich mich schon im Vorfeld vielfach versichert hatte, dass diese nicht kartographierte Straße existiert, hielt ein Tibeter, der durchaus ganz passabel hochchinesisch sprach an, um mir zu sagen, dass ich nicht bis nach Suojia müsste und auch vorher schon einen Abzweig nehmen könnte, später führten die Straßen ohnehin wieder zu sammen. Mit ehrlich gesagt relativ überschaubarem Geschick kritzelte er mir dann sogar eine Karte, wenngleich ohne Rücksicht auf die Richtungen :D Außerdem hatte er auf dem Handy sogar das Foto eines Straßenschildes, wo ich dann einen weiteren Abzweig nehmen müsste:

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Straßenschilder gibt es hier nicht viele, so dass das schon wirklich etwas besonderes war!
Und was soll ich sagen - nur gute 80km später habe ich das Schild tatsächlich gefunden! (y)

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Zwischendurch war es nachts und damit mir allerdings doch deutlich kälter geworden als ich erwartete und da ich nun nicht mehr nach Suojia plante zu fahren, hatte ich keine Möglichkeit mehr, mir eine Decke zu kaufen. Wäre dort aber wahrscheinlich ohnehin nicht möglich gewesen, der Ort soll wohl äußerst klein sein.
Nachdem ich abermals zu Straßenbauarbeitern eingeladen wurde und dort mein Problem schilderte schenkte mir einer von ihnen kurzerhand eine dicke Bettdecke. :)
Eine sehr dicke, bzw. eig. vielmehr eine sehr große und schwere Decke. Seitdem ist der Anhänger quasi voll:

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Deutlich später, das Obst längst aufgegessen und ohne besonderes Zutun, brach leider meine Deichsel an. Die Dauerbelastung auf der mittlerweile ziemlich schlecht gewordenen Straße war wohl doch zu viel, so dass das Material ermüdete. Da der gemeine, chinesische Bauarbeiter ja praktischerweise alles am Straßenrand liegen lässt, hatte ich zumindest Materialien genug um das ganze notdürftig zu flicken.
Sieht abendteuerlich aus, hat aber immerhin ca. 120km bis Tanggula Zhen gehalten, wenngleich nat. bei sehr vorsichtiger Fahrweise:

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Fortsetzung folgt.
 
Wahnsinn. Wer braucht schon Werkstätten, wenn die Bevölkerung überall so hilfsbereit ist.
Eig. war es die ganze erste Woche bis auf wenige Ausnahmen äußerst ungemütlich
Wie weit kommst Du an einem Tag bei so einer Suppe, mit der Last und solchen Straßen? Ich stelle mir das extreem mühselig vor und dass man da wirklich einen starken Willen braucht -- naja, vielleicht nicht mehr, wenn man das schon seit Monaten macht, da ist das in Fleisch und Blut.
 
Ca. auf den ersten 170km war die Schotterstraße überwiegend in einem für eine Schotterstraße äußerst gutem Zustand, da diese bereits seit mind. einem Jahr im Bau ist und wohl im übernächsten Jahr asphaltiert fertig gestellt sein soll:

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Das heißt aber nat. auch, dass dort relativ viel Verkehr von Baumaschinen und vorallem von LKWs ist.

Ab diesem Abzweig (schon wieder ein Straßenschild (y)), wurde die Straße jedoch bedeutend schlechter.
Auf dieser Straße fuhr ich dann 180km bis zur G109.
Eig. wäre sie gar nicht so schlecht gewesen, Schlaglöcher stören weniger, da umfahrbar, wäre sie nicht überwiegend auf voller Breite durch Wellen wie durch Kettenfahrzeuge geprägt.
Ich kann mir das nicht erklären, da Kettenfahrzeuge ja nicht über die volle Breite die Straße verändern sollten. Durch Windinterferenzen kann ich mir das aber noch schwerer erklären, da die Straße nur zu kleinen Teilen aus Sand, zum größten Teil jedoch aus festem Schotter bestand und außerdem abseits der Straße die Wellen nicht zu sehen waren. Sonderbar.
Bei einem angenommenen Wellenbergdelta von 25cm macht das vier volle Wellen pro Meter, 4000 pro Kilometer bzw. 680.000 Auf- und Ab-Bewegungen auf sagen wir mal 170 wellenbelasteten Kilometern. Kein Wunder das meier armen Deichsel das irgendwann zu viel wurde. :unsure:

Positiver Nebeneffekt des ganzen war aber, dass die Straße dafür auch deutlich weniger befahren war, und ich wollte ja endlich mal etwas Ruhe! Ich zählte eines Tages 11 Fahrzeuge außer den meinen, darunter 3 Motorraeder, 3 kleine LKWs und den rest PKWs - keine weiteren Fahrraeder, keine Velomobile :(

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Zwischendurch wurden mir übrigens mit vollster Überzeugung die abenteuerlichsten Sachen erzählt, z.B. die Straße hätte eine max. Höhe von 5800 Metern (es waren max. ca. 4800m, idR. um die 4600m). Ich verstehe einfach nicht, wie man auf solch einen Bullshit kommen kann... :rolleyes:
Etwas mehr ist sicherlich an den ach so vielen gefährlichen Wolfsrudeln und Bären dran. Letztere sollen sogar Scheiben von Häusern und Baumaschinen eingeschlagen haben - ich habe aber keine von beiden auch nur gesehen.

Da die Straße wie gesagt nicht kartographiert ist, habe ich alle paar km Markierungen gesetzt, anhand derer der Verlauf halbwegs nachvollziehbar ist.
Dieser Verlauf war mir zu großen Teilen im Übrigen ziemlich rätselhaft, da die Straße oft am bzw. auf dem Gebirgsrand entlang führte mit entsprechenden Höhenmetern, anstatt einfach gerade durch das Yangtse-Tal zu verlaufen. Sicherlich historisch entstanden, vlt war es damals dort zu sumpfig - ich weiß es nicht.

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Fortsetzung folgt.
 
Einen Tag nahm ich mir Zeit für eine schöne, kleine Wanderung zu Fuß - mein erster 5000er (5133m) :)


Mein "Base Camp":

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Der Blick vom Gipfel...:

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...hier ins Yangtse-Tal:
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Und der Weg wieder runter:

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Fortsetzung folgt.
 
Es folge nun der Themenblock der allgemeinen Landschaftsimpressionen:

Ein kleiner Pass:
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Morgens waren die meisten Bäche nun gefroreren, so dass ich fortan schon abends Wasser abfüllen und für den nächsten Morgen mehr oder weniger frostfrei im Anhänger lagern musste:
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Endlich schönes Wetter am Morgen:
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Große Yangtse-Überquerung - auch hier einige hundert Kilometer vor bzw. nach der Quelle schon recht groß:
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(und endlich mehrere hundert Meter gute Straßenqualität :D)

Und noch ein paar Bilder ohne weitere Kommentare:
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Und nun komme ich endlich zum Schluss.
Schon von meinem letzten Campingplatz aus konnte ich die G109 und vor allem die Tibet-Eisenbahn sehen und hören - die erste Eisenbahn seit dem 15.07. in Lijiang:
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Dies lag auch daran, dass die Schotterstraße doch nicht wie erwartet direkt nach Tangula Zhen führte sondern schon 19km vorher sang und klanglos in die G109 mündete, ohne Straßenschild, ohne alles.
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Ein letzter Blick zurück in die Ruhe und mehr oder weniger Einsamkeit:
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Von dort waren es dann also noch 19km auf der G109 Richtung Tanggula Zhen. Eig. in die "falsche" Richtung, Richtung Tibet, obwohl ich ja nach Golmud will. Um die Deichsel zu reparieren habe ich mir das jedoch angetan, obwohl die Straße extrem frequentiert mit LKWs und vorallem grottenschlechten Zustandes ist - die mit Abstand schlechteste Bundesstraße die ich je in China gesehen habe. Ich war aber mehrfach vorgewarnt.
Einziger Lichtblick ist, dass die LKWs aus Lhasa alle leer zurück fahren, d.h. Richtung Golmud müsste dann auf der rechten Seite die Straßenqualität etwas weniger schlecht sein.
Warum man die Güter nicht einfach alle auf die Tibeteisenbahn verlegt weiß ich allerdings nicht. Und diese gerade in der Höhe am besten gleich noch elektrifiziert. :rolleyes:

Nicht wundern, hier ist die Straße gerade gut:
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Tangula Zhen - Eine kleine Durchgangs-Ortschaft mit dem besonderen chinesischen Charm :D
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Mittlerweile hatte ich sechs Speichenbrüche, alle am gleichen rechten Anhängerrad. Die loosen Speichen zuvor und die Schotterstraße waren wohl doch zu viel. Leider sind mir zuletzt die Ersatzspeichen ausgegangen, so dass ich experimentieren musste und es wohl auch weiterhin bis Golmud machen muss, ich rechne mit weiteren Speichenbrüchen. (n)
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Vlt noch ärgerlicher ist, dass in dem einen Radaufhängungs-Alu-Plättchen mittlerweile ein Riss ist. o_O Das Plättchen ist nur 3mm stark, es hätten 4mm sein sollen, hatte ich aber nicht auftreiben können.
Nicht schön. Aber ich vermute der Riss ist schon lange da, auch wenn mir gestern erst aufgefallen, so dass es hoffentlich trotz schlechter Straße noch mind. bis Golmud durchhält.
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Ein großer Fehler war, wie sich gestern herausstellte, die Deichsel aus Edelstahl herzustellen - kann hier niemand schweißen. Da hatte ich nicht dran gedach, da in chin. Städten Edelstahl schweißen das normalste der Welt ist. Da musste also ganz über experimentiert werden, wobei sich zu allem Unglück auch noch herausstellte, dass der wirklich nette LKW-Mechaniker nichtmal mühevoll organisierten normalen Stahl richtig schweißen kann. Naja, ist glaube ich stabiler als es aussieht, muss wenigstens bis Golmud halten:
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Für alle die sich fragen, warum überhaupt Edelstahl, zumal der an den Schweißnähten auch rostet: Er ist de facto deutlich leichter, nicht wegen des Materials, sondern da deutlich dünnwandiger (wohl 0,4mm). Anderer Stahl wird hier idR. für den Hausbau verkauft und ist viel zu dickwandig.

So, das wars vorerst. Morgen gehts weiter Richtung Golmud. Ob ich dann noch nach Xining weiter fahre oder dort die Reise beende, entscheide ich später, gar spontan.


Fortsrtzung folgt vorerst nicht.
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Wie weit kommst Du an einem Tag bei so einer Suppe, mit der Last und solchen Straßen? Ich stelle mir das extreem mühselig vor und dass man da wirklich einen starken Willen braucht -- naja, vielleicht nicht mehr, wenn man das schon seit Monaten macht, da ist das in Fleisch und Blut.

Ich hatte auf der Schotterstraße einen täglichen Rollzeitschnitt zwischen 5,06 und 9,35 km/h. Inbesondere später mit angebrochener Deichsel und der besonders schlechten Straße war die Rücksicht darauf nat. der limitierende Faktor, nicht die verfügbare Tretleistung.
Damit kam ich dann so 20-30km pro Tag weit.

Auf die ganze Reise bezogen mittlerweile:
Reise: 2196km
Höhenmeter hoch: 5044 + 4182 + 3060 + 3692 + 2672 + 1764 + 1168 + (135+250+92+31+94) = 22.184m
(die ersten Zahlen sind die vollen Fahrtagswochen, das danach dann die verbliebenen einzelnen Tage)

Entfernungsschnitt pro Fahrtag 2196km / 54 = 40,7km
Höhenmeterschnitt pro Fahrtag 22.184m / 54 = 411m


Und naja, dass das nun immer reines Vergnügen ist/war kann ich nat. auch nicht sagen. Ich gebe offen zu es war nicht nur Genuss und am Ende habe ich durchaus die verbliebenen Kilometer gezählt.
Ich wünschte mir bei dem ungemütlichen Wetter vor allem, wie zuvor glaube ich bereits geschrieben, einen bequemeren Rückzugsraum - kurzum auch wettergeschützt im Anhänger mit Kleidung und Schuhen sitzen und kochen.
Wenn man sich dabei auch mal unkompliziert für 20min aufwärmen könnte, wäre es auch weniger problematisch danach auch bei "so einer Suppe" weiter zu fahren.

LG,
Tobias
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Wahnsinn. Wer braucht schon Werkstätten, wenn die Bevölkerung überall so hilfsbereit ist.
Ja, manchmal fühle ich mich da schon beschämt, da ich weiß, dass ein Ausländer in Deutschland idR. nicht mit solch einer Gastfreundschaft rechnen kann.

Trotzdem ist es auch nicht zu unterschätzen, solch eine Ansammlung halb autonom agierender Tibeter halbwegs zu steuern! Der Schaden blieb aber zum Glück bei großfächig aufs Fenster geschmierten mutmaßlich mit Motoröl eingefärbtem Kleber. :D
 
Ahja, das ist es!
Voraussetzung für die Entstehung der Struktur sind schwere Fahrzeuge, die ausreichend schnell über eine Straße fahren, deren Deckschicht locker aufgeschüttet ist.
Trifft definitv zu, der gemeine Tibeter, wenn nicht auf dem Motorrad, fährt ja auch fast nur noch SUV, und das mitunter auch recht schnell.

Btw. kleiner Funfact am Rande:
Alles halten die SUVs dabei auch nicht aus. Ein Tibeter war so nett mir einige Drahtstückchen zu schenken, falls mal was kaputt gehen sollte. Er würde damit an seinem Auto auch immer wieder alles anbinden. ;)

Ein Graus für jeden Reiseradler.
Ohja! :(
 
Eine wirklich schöne Reisegeschichte.

(Da würde ich es auch ganz OK finden, falls Du keinen Abnehmer für den Anhänger findest und dieser wieder zerlegt wird.)
 
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