Problem: Parkverstöße behandeln zumeist die meist zu Fuß gehenden Damen des Ordnungsamts.
Ich weiss ja nicht in welchem Jahrzehnt Du lebst aber hier in Berlin arbeiten beim Ordnungsamt Männer UND Frauen (genau wie bei der Feuerwehr, der Polizei und so ziemlich jedem anderen Beruf). Und beide Geschlechter fahren gleichermaßen Auto oder gehen zu Fuss.
Das ist auch richtig so, denn Polizisten mit ihrer sehr allgemeinen, umfassenden Ausbildung kann man schlecht im großen Stil dazu abstellen.
Das ist genau die Ursache der Problematik. Nativ gehört die "Parkraumüberwachung" zum Aufgabenbereich der Polizei. Vor x Jahren hat in Berlin wie anderswo man beschlossen, diese "niederschwelligen Aufgaben" an's Ordnungsamt zu deligieren, weil es zu wenige Polizisten gab bzw. die Polizei mit ihren Aufgaben überlastet war. Dass das auch eine Menge mit den Strukturen, der Ausstattung und der internen Organisation der Polizei zu tun hat sei nur am Rande erwähnt. Ergebnis war, dass in Berlin die Polizei für den fliessenden, das Ordnungsamt für den parkenden Verkehr zuständig war. Mit dem Nebeneffekt, dass es ziemlich lange abends, nachts und am Wochenende keine Strafzettel gab, weil das Ordnungsamt pünktlich Feierabend macht. Um 16:00 Uhr, um 18:00, um 20:00 oder um 22:00 - je nach Jahr und Bezirk. Mit entsprechenden Folgen für die Parkmoral. In Neukölln will man daher jetzt das Ordnungsamt bis 00:00 Uhr arbeiten lassen. Eigentlich ist die Polizei auch weiterhin offiziell rund um die Uhr zuständig, gemeinsam mit dem Ordnungsamt - bloss finden sie bequemlichkeitshalber, dass das nicht so ist. Und wenn das Ordnungsamt Feierabend hat ist offiziell definitiv die Polizei zuständig, bloss - siehe oben. Und ganz lustig sind Zweite-Reihe-Parker: Die sind, so findet die Polizei, Parksünder (und damit Sache des Ordnungsamtes). Das wiederum findet, das sei fliessender Verkehr, da auf der Fahrbahn. Weswegen sich jahre- bis jahrzehntelang gar keiner um Zweite-Reihe-Parker gekümmert hat. Was insofern nachvollziehbar ist, als bei der Ahndung dieses Delikts es vorhersehbar häufig zur Konfrontation mit dem Parker kommt mit entsprechendem Konfliktpotential. Bloss das Problem wird so halt nicht gelöst sondern lediglich die Verantwortung im Kreis rum geschoben. Und da auch die bezirklich organisierten Ordnungsämter nicht unter Langeweile leiden ist Falschparken in Berlin nach wie vor ein beliebtes und idR sanktionsfreies Hobby. Man sollte dem nur nicht in Parkbewirtschaftungszonen fröhnen - da geht es dann ganz schnell mit dem Strafzettel. Geahndet wird also nicht da, wo es gefährlich ist sondern da, wo es einfach und konfliktfrei ist.
Lösung: Fahrrad fahrende Politessen.
In Berlin gibt es etwas das nennt sich Fahrradstaffel. Und ob Du's glaubst oder nicht: Da arbeiten AUCH Männer UND Frauen. Die gehört zur Polizei und umfasst aktuell glaube ich 26 Personen. Wurde vor einigen Jahren als Pilotprojekt in Mitte eingerichtet mit dem Ziel, das Fahrradfahren sicherer zu machen. Die Interpretation der Fahrradstaffel dieser Aufgabe bestand in den ersten Jahren im Wesentlichen darin Strafzettel an Radfahrer zu verteilen, Autofahrer aber in Ruhe zu lassen. Das hat sich mittlerweile geändert - inzwischen werden rotradelnde Radler genauso sanktioniert wie radwegparkende Autofahrer. Den Unterschied zu anderen Bezirken nehme ich deutlich wahr, wenn ich durch Mitte fahre. Ist zwar bei weitem nicht alles Gold, aber fühlbar besser als in anderen Bezirken.
Weil die Fahrradstaffel als Erfolg beurteilt wurde hat man vor einem Jahr beschlossen, sie auf die ganze Stadt auszuweiten. Weil wir aber in Berlin sind funktioniert das natürlich aus so allerlei Gründen bürokratischer Natur nicht. Als Ergebnis gibt es die Fahrradstaffel seit ein paar Tagen immerhin auch im benachbarten Kreuzberg - allerdings nicht etwa durch eine Vergrösserung der Staffel sondern durch eine Ausweitung des Einsatzgebietes der Fahrradstaffel. Ist also Augenwischerei.
Man bräuchte dann noch nicht einmal besondere Handlungsempfehlungen zur Ahndung von Radbehinderungsverstößen erlassen, weil die radelnden Damen spätestens nach ein- bis zwei Dienstwochen selber so angenervt wären, daß sie die Radstreifenzuparker gezielt und sehr massiv heimsuchen würden.
Ich könne mir vorstellen, dass auch radfahrende Herren gleichermaßen genervt wären - oder gibt es einen Grund, warum die Damen genervter sein sollten? Das mit dem gezielt und sehr massiv heimsuchen ist bislang leider ein frommer Wunsch, insbesondere wenn man sich die Abschleppzahlen in Berlin anschaut. Das ist ein Trauerspiel, sogar in den sogeannten "Aktionswochen" von denen gerade wieder eine ist. Die Anzahl falschgeparkter Autos auf Busspuren und Radwegen, die in Berlin
stadtweit während so einer Aktionswoche abgeschleppt wird liesse sich problemlos
jeden Tag auf's neue auf nur wenigen Kilometern
einer einzigen, fast beliebigen Strasse übertreffen, wenn man denn nur wollte...