Steifer Mast : Abschätzung des Einflusses auf Antrieb

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Liebe VM-Gemeinde,

ich habe eine einfache Frage zu meinen naiven Überlegungen zur Maststeifigkeit nach dem Motto : Find den Fehler / kann das wirklich sein? Also :

Ich möchte abschätzen wie viel Watt an Leistung durch einen wabbeligen Antriebsmast verloren gehen bei gängigen Leistungen wie z.B. 100Watt, 150Watt, 200 Watt,
u.s.w. . Meine naiven Überlegungen sind wie folgt :

Schritt 1 : Um die Leistung P_verlust zu schätzen, die durch einen wabbeligen Mast verloren geht, berechne ich die Leistung, die ich brauche, um den Mast so und so oft pro Minute hin und her zu bewegen. Kann man das machen ? Wenn ja, dann folgt Schritt 2 :

Schritt 2 : P_verlust = Energie E_verlust , die ich brauche um den Mast hin und her zu bewegen / dafür benötigte Zeitdauer t

Schritt 3 : E_verlust = Kraft * Strecke = F * s

Schritt 4 : F = Kraft, um den Mast um die Auslenkung von der Mittelage x = 0.5*s auszudehnen : 0.5 s, da sich s auf die komplette Kurbelumdrehung bezieht und ich die Auslenkung bei einer halben Umdrehung betrachte.

Schritt 5 : Hypothetische / Gemessene Auslenkung pro Umdrehung, also Annahme zu s, z.B. 10mm = 0.01m

Schritt 6 : Hypothetische mittlere Kraft, die nötig für s ist, z.B. F = 200N ( entspricht anschaulich 20kg )

Schritt 7 : Annahme für Zeitdauer t = T einer Umdrehung , z.B. 90 U / Minute, also 1.5 U/s, also T = 1 / 1.5 = 0.66s

Schritt 8 : E = 200N * 0.01m = 2J

Schritt 9 : P = 2J / 0.66s = 3 Watt.

Nun habe ich natürlich Fantasiewerte gewählt : Keine Ahnung, was man an Kraft braucht, um so ein Mast 5mm auszulenken..

Daher meine Frage, ob jemand realistische Werte für F und s hat und natürlich, ob jemand ein Fehler in dieser sehr vereinfachten Abschätzung sieht. ??

Achso : Nachtrag, um festzustellen wie groß die Kräfte sind, die man selber übers Treten aufbringt : Wenn man P = 200 Watt tritt bei 90 U/min, Umdrehungszeit T = 0.66s. Kurbellänge = 0.15m, dann ist P = E / t = 200Watt = E / 0.66s = Kraft * Weg / 0.66s

Weg = Radius * 2pi = 0.15m * 2*3 = 0.9m

Kraft = (200Watt*0.66s / Weg) = 400/3*0.9 Newtn = 148Newton, entspricht also etwa 15kg insgesamt, also etwa 7.5kg pro Bein.

Nun gibt es ja noch den Hebel: Die Kraft, die man über die Kurbeln aufbringt wird über einen Hebel auf den Mast geleitet.. Aber wie viel kommt da am Ende des Mastes an?

Vielleicht hat mal jemand an seinem Mast hin un her gewackelt und geguckt wie stark er sich bewegt?
Theoretisch könnten man natürlich auch das VM auf die Seite legen und die Auslenkung messen, wenn man Gewichte auf die Kante legt.... ?! :X3:

Nunja, kurzum : EINERSEITS sagt mir meine Rechnung, hey.. ein wabbeliger Mast ist gar nicht schlimm, nur ein paar Watt, andrerseits höre ich von vielen, dass ein steifer Mast sich subjektiv sofort bemerkbar macht... Also : Wo ist mein Fehler??? Ist mein Ansatz Blödsinn oder meine angenommenen seitlichen Kräfte oder die Auslenkung zu klein gerechnet ??

Beste Grüße,

Schaltnix..
 
Grundsätzlich sind Bewegungen, Geräusche oder auch Lichterscheinungen (*I will believe!* ;)), die man nicht vermeiden kann, schlecht.
Weil die Energie benötigen, die man sinnfrei aufwendet. Und die - im Falle eines VM - eben nicht in Vortrieb umgesetzt werden.

Von daher: klar. Ein steifer Tretlagermast ist besser als ein matschiger Aluausleger. Und ja, subjektiv kann man es fühlen. Genau so klar wie man bei der Fahrt einen platten Reifen von einem maximal aufgepumpten Reifen unterscheiden kann. Mit einem Fast-Plattfuß kann man fahren, will es aber nicht.

Weiterhin gibt es ja noch sekundäre Folgen wie gerissene Schweißnähte am Mast durch die Belastung.

Das Kräfteparallelogramm am Pedal ist jedoch nicht ohne und geht quasi nie rechtwinklig in irgendeine der Achsen X/Y/Z ein. Das wird kompliziert. Und ich bin gespannt, was dabei herauskommt.

Der Unterschied vom DF (40er Alu) zum Bülk (50er CF) war gefühlt jedenfalls enorm. Ich hoffe, ich erfahre hier ein paar konkrete Daten.
 
Einige praktische Überlegungen meinerseits:
  • die Verdrehung kommt vermutlich weniger durch die Kurbeln, als mehr durch das Kettenblatt. Sprich: Angenommen, ich kurbele maximal "rund", übe ich ja kein Drehmoment auf den Mast aus. Das kommt erst dadurch, dass das Kettenblatt X Millimeter neben dem Mast steht und darüber die Kette schräg nach unten zieht. Man müsste also Beinkraft, Kurbellänge, Kettenblattgröße und Abstand des Kettenblattes zur Mittellinie haben, um das Drehmoment abzuschätzen
  • Der Mast wird in der Mitte mehr flexen als vorne und hinten. Das hängt aber auch von der Fahrergröße ab (Position des Tretlagers)
  • Das Flexen kannst Du am besten messen, wenn Du etwas starres an den Mast klemmst (lange Aluleiste z. B.) und die Bewegung durch den Hebel vergrößerst. Z. B. VM sehr gut aufbocken, also nicht auf Räder stellen, sondern vorne an Fußbeulen, Chassis seitlich untefüttern, dass es nicht schwingt und kippt, dann lange Aluleiste Richtung Decke, dort Skala machen und dann mit definierter Beinkraft drücken, und den Flex messen
  • Oder andersrum: Soliden Hebel an den Mast klemmen (z. B. worst case genau mittig), VM wieder gut fixieren - oder besser den Mast vorne und/oder hinten auch mit weiterem Hebel anklemmen und dann definierte seitliche Torsion auf Mitte des Mastes ausüben und Auslenkung messen. Damit dann zurückrechnen, bei welchen Trittleistungen/Beinkräften das dann auftreten würde.
  • Du könntest aber auch das Gesamtsystem messen: Hinterrad mit Klotz durch Speichen unten am Chassis blockieren, dann Pedale drücken und messen, wieviel Flex da bei gewissen Beinkräften auftritt. Da ist dann Mast-Flex, Chassis, Schwinge, Umlenkungen und alles mit drin.
    Wenn man das mal einfach bei Velomobilen verschiedener Generationen (sagen wir Quest, DF, Alpha, Milan etc.) macht, kann man direkt "fühlen", wieviel Flex man insgesamt im Antrieb hat. Ist sehr spannend.
 
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PS: Statt Hebel als "Zeiger" kann man natürlich auch Laser nehmen, fällt mir gerade ein.
Einen in die Mitte wo es flext, einen zweiten am Ende des Mastes, der als Referenz dient.
Beide auf eine Linie ausgerichtet müsste beim Flexen der Abstand zu- oder abnehmen.
 
Du könntest aber auch das Gesamtsystem messen: Hinterrad mit Klotz durch Speichen unten am Chassis blockieren, dann Pedale drücken und messen, wieviel Flex da bei gewissen Beinkräften auftritt.
Ist das Ergebnis denn relevant bzw aussagekräftig? Beim Fahren geht ein Großteil der Energie ja in speed, warum sollte man die komplett ins Chassis rein drücken? Das muss es doch gar nicht ab können.
Und was stellt man mit einem Wert von x Watt (oder mm...), welcher unter fragwürdigsten Bedingungen bzw Annahmen ermittelt wird am Ende an?
Wäre es nicht einfacher, vorne eine Messkurbel und hinten ein powermeter in der Nabe zu gleichzeitig zu fahren?
Neulich hat doch jemand vorgeschlagen den Flex am Mast mit 2 parallelen Spagetti zu messen...
Ist immerhin eine qualitativ brauchbare Aussage.
Und wenn ich am Ende weiß, mein Mast biegt oder flext bei 500 W so und so viel, kann doch keiner berechnen, wieviel Carbon da drauf muss ums steifer zu kriegen.
Für was also das ganze?
 
@Micha13 : Das Thema kam auf, damit man

1. abschätzen kann, ob ein steifer Mast ein Qualitätskriterium für die Leute ist, die ein möglichst effizientes VM haben/kaufen möchten

2. abschätzen kann, ob Bzw wie viel eine nachträgliche Mastversteifung an Watt bringen kann.

Zum Verfahren: Meine Idee ist, dass ich für die Abschätzung der Größenordnung der maximalen Verluste überhaupt keine Information zu den inneren Kräften, Verbiegungen, Hebeln etc. brauche, sondern lediglich die Energie abschätzen muss, um den Mast um eine Strecke s zu verbiegen… also gar nicht wissen muss wie es zur Verbiegung kommt, sondern nur feststellen muss, dass es zur seitlichen Verbiegung kommt und über die dafür benötigte mittlere Kraft und s eine Abschätzung wie beschrieben bekomme..

Sprich: Wo ist das Problem dieser Abschätzung, wenn es denn eins gibt?
Kann mir vorstellen, dass z.B. es nicht die Mastverbiegung allein, sondern UNAHÄNGIG davon noch weitere Verluste gibt, die zusätzlich von der seitlichen Verbiegung und losgelöst von dieser auftreten…
 
1. abschätzen kann, ob ein steifer Mast ein Qualitätskriterium für die Leute ist, die ein möglichst effizientes VM haben/kaufen möchten
Das ist doch jetzt schon klar.
Abgesehen davon kannst du ja kein VM mit weichem oder steifem Mast bestellen. Wenn du also speed und Effizienz willst, kaufst dir ja kein 3x20 Mango und baust einen dicken Carbonmast ein....
Mir scheint das Problem halt relativ theoretisch zu sein. Aber schön, wenn iwie "belastbare" Werte am Ende raus kommen.
 
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Der Einfachheit halber sollten wir hier vielleicht die Annahme machen, daß die Torsion des Tretlagermastes unterhalb der Grenze bleibt, bei der die Kettenlinie leidet. Das würde alles nur unnötig verkomplizieren.
Ferner ist bei geringer Torsion, die deutlich unter der Elastizitätsgrenze des Materials bleibt, ein nahezu perfekt elastisches Verhalten zu erwarten. Anschauliche Bilder wären beispielsweise Flummis, Gummimotoren oder Federn; da kann sich jeder etwas drunter vorstellen. Damit will ich zu Bedenken geben, daß eine solche elastische Veformung des Tretlagermastes nicht unbedingt Leistung "schluckt", sondern sich nur subjektiv "blöd" beim Treten anfühlt (was sich wiederum ungünstig auf die Rückkopplung der Muskelansteuerung auswirken könnte und deren Effizienz). Wenn der Tretlagermast sich allerdings durch die Torsion merklich erwärmt, dann geht wirklich Leistung verloren...
 
Kann man es nicht einfach messen? Man nehme 2 VMe; eins, wo sich der Antrieb sehr steif anfühlt und eins, wo sich der Antrieb eher weich anfühlt. Baut möglichst weit vorne im Antrieb einen Leistungsmesser ein und möglichst weit hinten auch einen. Misst und erhält das Verhältnis von vorne und hinten. Baut den gesamten Antrieb mit Leistungsmessern in das andere VM und misst da auch.
 
Das ist doch jetzt schon klar.
Nein : Denn, würde man zeigen, dass die Leistungsverluste klein sind und das Material dadurch, dass halt alles ein bischen wabbeliger ist, könnte man z.B. auf die Idee kommen, ein solches VM doch zu kaufen oder andersherum, würde ich mir gut überlegen im nach hinein den Mast meines Alphas zu versteifen, wenn ich weiss, dass es gar nichts bringt... ;)
 
Kann man es nicht einfach messen? Man nehme 2 VMe; eins, wo sich der Antrieb sehr steif anfühlt und eins, wo sich der Antrieb eher weich anfühlt. Baut möglichst weit vorne im Antrieb einen Leistungsmesser ein und möglichst weit hinten auch einen. Misst und erhält das Verhältnis von vorne und hinten. Baut den gesamten Antrieb mit Leistungsmessern in das andere VM und misst da auch.
Gute Idee, andererseits : da gibts nur wieder das Problem der unterschiedlichen VM, der individuellen Toleranzen der Leistungsmesser etc... Das Ganze würde zudem ja auch einen erheblichen experimentellen Aufwand bedeuten..
 
Ich nehme da eine etwas einfachere Überschlagsrechnung her. Folgendes ist die Basis:
Da der Muskel keine Feder ist, nur unsere Sehnen und die beim Radeln nicht so wirklich gut Energie speichern können, nehmen wir an, dass in eine Feder (aka weicher Antrieb) gespeicherte Energie verloren geht.
Nun muss man nicht schauen wohin sich der Mast oder ähnliches bewegt, sondern "nur" wie weit sich das Bein strecken muss. Also um wie viel cm sich das Pedal vom Huftdrehpunkt weg bewegt, wenn die Pedalkraft aufgebracht wird, die im Mittel zum erreichen der gewünschten Leistung bei gewünschtem Gang wirkt.
Diese Bewegung ist nötig, bis die Leistung die man abgeben will, auch ans Hinterrad durchgereicht wird. Hier werden viele Dinge vereinfacht, aber es passt ganz gut um die Verluste abschätzen zu können.

Die Verluste wären dann : Geschwindigkeit auf 1 pro s normiert * Pedalkraft : (zurückgelegter Pedalweg in m / (1/Trittfrequenz in U/s)) * Pedalkraft (in N). Wären also bei gemütlicher Trittfrequenz von 60RPM und 100W (etwa 100N Pedalkraft auf einer 150er Kurbel) 1W Leistungsverlust, wenn die Kurbel dabei 1cm nachgibt.

Eine der Vereinfachungen ist, dass wir die Leistung gleichmäßig abgeben, was nicht stimmt. Wir geben den aller größten Teil der Leistung nur über 90° ab. Daher "schmerzt" es mehr, wenn ein Teil des Weges "verschenkt" wird. Real kann das also zu größeren Verlusten führen, als es man das durch die obere Formel vermuten würde. 90° Kurbelwinkel sind bei der erwähnten 150er Kurbel nur etwa 118mm Weg. Wenn man hier z.B. 3cm "weg schmeißt" durch weichen Antrieb, hat man eigentlich auch Anteilig viel der möglichen Muskelleistung verschenkt. Hier müsste man aber schlussendlich mit Integralen rechnen um halbwegs brauchbare Ergebnisse zu erhalten. Die Wahrheit wird irgendwo zwischen der oberen stark vereinfachten "Best Case" Rechnung und dem "Anteilig von der Gesamtbewegung" liegen. (Beim oberen Beispiel wären das etwas über 19W Verlust)

Crank-torque-measured-by-the-pedals-right-left-and-right-left-and-by-the-SRM-torque.png
 
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Ich glaube in den meisten Fällen, ist es nicht der Mast selber, sondern deren Fixpunkte am Chassis. Auch ein Alumast kann steif sein, wenn die Verbindungspunkte mit dem Chassis dementsprechend ausgeführt sind. Ich sehe das an meinem C-Quest, nicht Teile des Mastes wabbeln rum, sondern der gesamte Mast ansich
 
abgesehen von der leistung die man verliert egal ob beim("weichen") mast
oder deren ("weichen") fixpunkte am fahrzeug, chassis/rahmen,
bemerke ich bei hohen tempo (beim trike eher nur berg runter) das kleine bewegungen vorne am mast,
in ein schlingern enden über die ganze länge, was die spuhrführung doch erheblich beeinträchtigt.
 
der individuellen Toleranzen der Leistungsmesser etc...
Deswegen meinte ich ja, dass der Antrieb inkl. Leistungsmesser beide Mal der gleiche ist und sich nur die VMe mit ihren Masten unterscheiden. Aber klar, man muss 2 Leistungsmesser kaufen und das ist teuer. Andererseits fände ich die Ergebnisse vertrauenswürdiger als bei einer theoretischen Abschätzung, wo man den einen oder anderen Aspekt vergessen kann.
 
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