- Beiträge
- 776
Sehr richtig. Es stimmt nämlich nicht, dass die Menschen nicht auffallen wollen. Sie wollen schon auffallen und sich aus der grauen Masse erheben, besonders wenn es darum geht, das andere Geschlecht zu beeindrucken, aber eben nur auf positive Weise, im engen Rahmen dessen, was von der (gefühlten) Mehrheit sozial akzeptiert wird. Aufs Radfahren bezogen: Viele wollen schon gerne aus der Masse hervorstechen und bewundert werden, weil sie ein besonders schönes neues Rennrad, E-Bike oder seit neuestem auch Transportrad haben, oder weil sie schneller oder eleganter als andere damit fahren können.Der Mensch ist nach Aristoteles ein Zoon politikon, also ein nach sozialer Einbindung strebendes Wesen. Dazu gehört auch Akzeptanz und Anerkennung durch die soziale Gemeinschaft.
Auf gar keinen Fall aber wollen sie unangenehm auffallen und sich bei etwas erwischen lassen, bei dem sie aus ihrer Sicht Gefahr laufen, diese Akzeptanz und Anerkennung der für sie relevanten Menschen oder Gruppen zu verlieren, so nach dem Motto: "Wenn das mein Chef sieht...", "Wenn meine Freunde erfahren, dass...", oder die Nachbarn, die anderen Mitglieder des Radsportvereins, etc.
Die gute Nachricht: Diese soziale Akzeptanz ist nicht in Erz gegossen, im Gegenteil. Ständig verändert sich, was von den Menschen als positiv und erstrebenswert angesehen wird. Bestes Beispiel im Fahrradbereich wieder das E-Bike. Vor gar nicht so langer Zeit wurden Räder mit Hilfsmotor als Fahrzeuge für Behinderte und Arme angesehen, die sich kein Motorrad leisten können, von einem Auto ganz zu schweigen. Heute dagegen können sich die motorisierten Radler im Nimbus der Umweltfreundlichkeit und sogar der Sportlichkeit sonnen. Natürlich lag diesem Imagewandel eine umfassende Marketingkampagne zugrunde, bei der aus allen Rohren geschossen wurde, auf jeden Fall aber verlief er relativ gesehen sehr zügig und durchgreifend. Der Schritt von "Auf so einem Rad möchte ich mich nicht mal tot erwischen lassen!" bis hin zu "Tolle Sache! Muss ich unbedingt haben!" war also sehr kurz.
Es gibt keinen rationalen Grund, warum es einen vergleichbaren Imagewandel nicht auch bei unseren, bisher noch als "sonderbar" und "gefährlich" eingeschätzten Fahrzeugen geben sollte, und wenn es nicht dazu kommt, ist das auch kein Beinbruch. Wer ein einigermaßen zufriedenes und ausgefülltes Leben führen will, sollte sich sowieso nicht an der "Mehrheit" orientieren, sondern an sich selbst und seinen eigenen Wertmaßstäben, denn nur jeder selbst kann am besten wissen, was ihm guttut und seine Lebensqualität am besten optimiert.
Die Masse irrt entweder, oder hinkt den Erkenntnissen hinterher, denkt nur an den Spruch mit den Milliarden von Fliegen, den Exkrementen und dem Irrtum. Das war schon immer so und wird voraussichtlich auch für lange Zeit noch so sein.