Jung verstorbene Liegerad-Unternehmungen... (Einspurer-Startups)

Speedbikes/Birkenstock ist aktuell auf den Liegeradbereich* sowie die Reparatur von Carbonrahmen fokussiert.

BMC war zu deren „goldenen“ Zeiten vor über 15 Jahren, Tätigkeiten in der Aviatik sind aktuell generell auf Sparflamme

*damit ist neben dem Bau von Liegevelos auch die Tätigkeit als Händler ua von Hp-v und Velomobilen gemeint. Auch dort waren seine Kenntnisse bei Reparaturen schon geschätzt (leider...)
 
Da sollte man sich z.B. HP, Flux, Zox, Bacchetta oder W&W 'mal genauer anschauen. Mein Eindruck von den nicht so erfolgreichen bzw. mit Hungerlöhnen darbenden: das sind gerne 1-Mann Buden, die die bessere (Liegevelo-) Welt erschaffen wollen und/oder Tüftler, jeweils mit wenig Kompetenz in der Kommunikation und im networking.
Auf wieviel Mann schätzt Du denn Zox oder Flux?
 
Übrigens: Der Earthglider, der hier zu diesem Thema häufiger genannt wurde, ist alles andere als tot.
Ulrich Sommer hat mir (und noch einem weiteren Kunden) dieses Jahr auf meine Anfrage hin einen Earthglider gebaut.
Meine ersten Eindrücke dazu nach ca. 350 km habe ich in diesem Video verarbeitet.
Also, wer Interesse hat, bei Ulrich Sommer anfragen. Er sucht noch weitere Kunden.
 
Der Thread ist zwar schon älter, aber ich gebe trotzdem mal meinen Senf dazu:
In meiner völlig unwissenschaftlichen Meinung sind die Gründe für das Scheitern/Dahinvegetieren von Einspurliegeradherstellern ziemlich offensichtlich:

1. Marktgröße
2. Wachstumserwartung/Marktsättigung
3. Produktsichtbarkeit
4. Produktreifegrad/Innovation
5. Kaufstimmung
6. Preise
7. Fachkräfte

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Erklärungen:

1. Absoluter Nischenmarkt und für jeden großen Anbieter unattraktiv. Von Aufrechtfahrrädern wurden in den vergangenen Jahren 4 Mio+ Räder pro Jahr in Deutschland verkauft. Für Liegeräder habe ich keine Zahlen gefunden, aber es würde mich wundern, wenn die jährlichen Verkaufszahlen mehr als dreistellig wären, also verschwindend gering.

2. Mit dem Wachstum sieht es m.M.n. noch schlechter aus, denn die ohnehin wenigen verkauften Einheiten sind nicht zwangsläufig Neukunden. Bei Uprights gibt es einen steten Strom an Kindern, die radfahren lernen, dann zu Jugendlichen werden, dann zu Erwachsenen und sich jeweils Räder kaufen. Bei Liegerädern ist das wohl nicht so. Das Wachstum, also Leute, die neu zum Liegeradfahren kommen, ist mickrig.

3. Viele Menschen wissen nicht mal, dass es Liegeräder gibt, in den großen Radläden gibt es häufig kein einziges, damit ist diese Nische quasi unsichtbar und es kommen entsprechend auch wenig Neuinteressenten hinzu.

4. Liegeräder sind relativ ausgereifte Konzepte, es gibt wenig wirklich revolutionäre Innovation. Wenn man nicht an der Weltspitze um Rekorde mitfahren will, ist es kein Problem mit seinem 20 Jahre altem Liegerad auf Tour zu gehen, warum also für viel Geld ein neues kaufen?

5. Mal ehrlich, Liegeräder sind reine Liebhaberstücke. Auch wenn wir alle davon überzeugt sind auf den besten Fahrzeugen unterwegs zu sein, sind sie das wirklich?
Im innenstädtischen Verkehr nicht, da fehlen die Wendigkeit, die Übersicht und vor allem die Möglichkeit schnell mal einen Bordstein überqueren zu können oder das Rad mal eben eine Treppe hoch- und runterzutragen.
Im Anstieg am Berg auch nicht, denn, seien wir ehrlich, bergauf funktionieren Liegeräder nicht sehr gut – und damit sind sie eigentlich für längere Touren auch keine wirklich gute Wahl, denn dabei geht es irgendwann zwangsläufig mal länger bergauf.
Zusätzlich kommt bei potentiellen Interessenten Angst dazu. Angst vor dem Neuen und vor dem Fahren an sich. Auf ein Trike kann sich jeder draufsetzen und sofort losfahren, Liegeradfahren muss man erst üben.
Was bleibt dann noch? Auf mittellangen bis langen Überlandetappen ohne größere Steigungen sind Liegeräder ungeschlagen, aber das ist halt ein recht kleiner Anwendungsbereich und dafür sind sie einfach zu teuer

6. Liegeradbau ist aufwändig und teuer, und meist sind es Kleinserien, was es noch teurer macht. Ich finde das Earthgliderkonzept ja interessant aber 8.000+ Euro für das Basis(!)modell?!? Für den Preis kann man sich 2 bis 5 gute bis sehr gute Aufrechträder kaufen, die dann zusammengenommen mehr Nutzen und Flexibilität bringen, als das eine Liegerad. Liegeräder bleiben Liebhaberstücke für eine zahlungskräftige Minderheit.

7. Liegeräder zu konzipieren und bauen erfodert einiges an Können und Fachwissen. Genau die Kenntnisse und Fähigkeiten, die in der Industrie, wie z.B. Automotive oder Luft- und Raumfahrt, gefragt sind und entsprechend gut bezahlt werden. Man ist also besser beraten keine Liegeräder zu bauen, sondern sein Geld anderweitig zu verdienen.

Der OT Poster schien sich zu fragen, warum so viele Hersteller von einspurigen Liegerädern aufgeben; ich hingegen frage mich, warum es überhaupt noch so viele Hersteller gibt. Ich kann mir das nur mit Idealismus seitens der Hersteller erklären, denn die Gewinnmargen dürften trotz der hohen Preise vergleichsweise klein sein und die Opportunitätskosten für die Erbauer recht groß.

Nach meiner Einschätzung könnte wahrscheinlich der komplette weltweite Markt problemlos von 2 bis 3 größeren Herstellern bedient werden.
 
Auch wenn wir alle davon überzeugt sind auf den besten Fahrzeugen unterwegs zu sein, sind sie das wirklich?
Ja, sind sie definitiv wenn wir über lange Strecken sprechen. Ich meine man muß persönlich die Erfahrung gemacht haben zwischen extremen Rücken-/Nacken-/Gesässschmerzen und einfach durchfahren können.
Im Anstieg am Berg auch nicht, denn, seien wir ehrlich, bergauf funktionieren Liegeräder nicht sehr gut – und damit sind sie eigentlich für längere Touren auch keine wirklich gute Wahl, denn dabei geht es irgendwann zwangsläufig mal länger bergauf.
Ich fahre derzeit täglich 2x 12 km mit einem Einspurer wenn es nicht regnet. Und das funktioniert sehr gut. Gibt keine Berge auf der Strecke. Ich kann ohne große Anstrengung mit 36-38 km/h durchfahren dort wo es geht. Mit meinem Upright funktioniert das nicht.
7. Liegeräder zu konzipieren und bauen erfodert einiges an Können und Fachwissen. Genau die Kenntnisse und Fähigkeiten, die in der Industrie, wie z.B. Automotive oder Luft- und Raumfahrt, gefragt sind und entsprechend gut bezahlt werden. Man ist also besser beraten keine Liegeräder zu bauen, sondern sein Geld anderweitig zu verdienen.
Nö, das ist eigentlich recht einfach. Man muß sich nur eine Lenkgeometrie überlegen die funktioniert und ein paar Grundlagen was Rahmenbau angeht verstanden haben. Schau dir die Anleitung von Christian Kuhtz an.
 
5. Mal ehrlich, Liegeräder sind reine Liebhaberstücke. Auch wenn wir alle davon überzeugt sind auf den besten Fahrzeugen unterwegs zu sein, sind sie das wirklich?
Ja. Nein. Beides stimmt.
Man kann das rational betrachten: Dann kommt man darauf, dass es nicht "das" eine beste Fahrzeug gibt, sondern jeweils für eine Anwendung das beste Fahrzeug. Will man mit einem Fahrrad deutlich verschiedene Anwendungen abdecken, wird es ein Kompromiss und die Frage ist, ob es der günstigste Kompromiss ist. Wer viele lange Strecken fährt, sollte m.E. auf jeden Fall mal genauer nach Liegerädern schauen. Für den Pendler, mit dem ich mich gestern unterhalten habe, ist das auch eine interessante Option (sagt er, und ich halte es für richtig), weil seine 25km zu 80% außerhalb des typischen Stadtverkehrs stattfinden.
Man kann es auch emotional betrachten: Sch**ß auf Effizienz, Gewicht, Geschwindigkeit, ... - ich fahre mit dem, was am meisten Spaß macht. Diskussion ist nicht sinnvoll, jeder hat jeweils für sich selbst Recht. Der Begriff "Liebhaberstück" gehört hierhin, beschreibt aber nur einen Teil davon.
Im innenstädtischen Verkehr nicht, da fehlen die Wendigkeit, die Übersicht und vor allem die Möglichkeit schnell mal einen Bordstein überqueren zu können oder das Rad mal eben eine Treppe hoch- und runterzutragen.
Dass die Leute immer Bordsteine hochfahren wollen... Wieso?
Die Übersicht und die höhere Geschwindigkeit haben mich dazu bewegt, eher Hauptstraßen zu fahren als Tempo-30-Zonen. Früher mit dem Trekkingrad (kein Rennlenker, aber Hornbar, auf dem ich mich mit den Unterarmen abstütze) war's andersherum. Unter dem Strich sind die Fahrzeiten zur Arbeit fast gleich, insofern kann ich da für's Liegerad weder einen Nachteil noch einen Vorteil erkennen. Optima Cheetah ist ein wenig schneller als Radius Hornet, der Unterschied ist aber nur in Mittelwerrten zu erkennen und kleiner als der zwischen Trekkingrad mit Stocklenker und Trekkingrad mit Hornbar.
Im Anstieg am Berg auch nicht, denn, seien wir ehrlich, bergauf funktionieren Liegeräder nicht sehr gut – und damit sind sie eigentlich für längere Touren auch keine wirklich gute Wahl, denn dabei geht es irgendwann zwangsläufig mal länger bergauf.
Ich bin mal ehrlich: In der Stuttgarter Gegend hatte ich einige Steigungen und kann das selbst für meine Hornet nicht nachvollziehen.
Eine Zeit lang bin ich durch den Kessel morgens runter-rauf-runter und abends rauf-runter-rauf gependelt, da haben sich Radius Hornet und Trekkingrad (auch schon mit Hornbar) nichts genommen. Als ich eine Zeit lang von Stuttgart-Rohr (südlicher Talkesselrand) nach Reutlingen gependelt bin, ging's quer über den Schönbuch mit entsprechend Höhenmetern, da war unter dem Strich die Hornet etwas schneller, obwohl sie selbst unter den Liegerädern dafür eigentlich das falsche Fahrzeug ist.
Zusätzlich kommt bei potentiellen Interessenten Angst dazu. Angst vor dem Neuen und vor dem Fahren an sich. Auf ein Trike kann sich jeder draufsetzen und sofort losfahren, Liegeradfahren muss man erst üben.
Das halte ich für das stichhaltigste deiner Argumente neben den Preisen. Wenn's um Angst geht, würde ich noch "Was sollen denn die Nachbarn/Freunde/Kollegen denken?" ergänzen.
 
@mtg Wahrscheinlich hast Du mit vielen Punkten recht, aber noch einen vergessen:

9. Liegeräder sind beratungsintensiv und gemessen am Umsatz ist der Gewinn klein. Da verkaufen die Händler doch lieber Mainstream mit mehr Gewinn. Und im Idealfall gleich zwei E-Bikes im Partnerlook in 10 Minuten.
 
Was bleibt dann noch? Auf mittellangen bis langen Überlandetappen ohne größere Steigungen sind Liegeräder ungeschlagen, aber das ist halt ein recht kleiner Anwendungsbereich und dafür sind sie einfach zu teuer

Mein Fuego ist immer noch mein absolutes Lieblingsrad. Und ich nutze es -weitestgehend- genau für die von Dir beschriebenen Strecken.
Teuer fand ich es nicht: 2200€ für bislang 45.000km. Noch hält alles.
Aber: Da bin ich wohl einer aus der absoluten Minderheit. Schade eigentlich.
 
Man kann es auch emotional betrachten: Sch**ß auf Effizienz, Gewicht, Geschwindigkeit, ... - ich fahre mit dem, was am meisten Spaß macht. Diskus
Man kann auch noch ergänzen, Sch**ß auf Sicherheit,...Aber der Spass ist am Einspurer-LR wirklich am grössten: Da brennt sich bei einem in jeder Kurve -bergab und in der Ebene - das Grinzen in das Gesicht.
 
dann kommt noch dazu, dass sehr zahlungskräftige Kunden ihr zuvieles Geld erstmal für viel sinnloseres "Spielzeug" ausgeben und nicht für Liegeräder...
Und im Mainstream mitschwimmen und ja nicht auffallen, sprich heutzutage = Pedelec fahren, das hat für sehr viele so eine starke Macht, der sie sich nicht widersetzen wollen... von daher käme da ein Liegerad nie in Frage...
 
Im Anstieg am Berg auch nicht, denn, seien wir ehrlich, bergauf funktionieren Liegeräder nicht sehr gut – und damit sind sie eigentlich für längere Touren auch keine wirklich gute Wahl, denn dabei geht es irgendwann zwangsläufig mal länger bergauf.

Was bleibt dann noch? Auf mittellangen bis langen Überlandetappen ohne größere Steigungen sind Liegeräder ungeschlagen, aber das ist halt ein recht kleiner Anwendungsbereich und dafür sind sie einfach zu teuer
Der Vollständigkeit halber: Gerade mein antikes Liegeradl ist bergauf nicht gerade der Renner, das hindert mich nicht, es auch über Pässe zu verwenden. Ich schiebe dann halt etwas öfter als mit einem Up. Das Fahrgefühl ist einfach unvergleichlich, und nach einem Tag Radeln ab zu steigen, ohne, dass etwas drückt oder eingeschlafen ist, das ist mir etwas mehr Anstrengung bergauf wert. Vielleicht sind die beiden Liegeräder, mit denen ich fahre, ein alter Tourenlieger und ein Liegetandem, bergauf auch weniger anstrengend als andere.

In Österreich sehe ich v.a. das Problem, dass es so gut wie keine Liegeräder zu sehen gibt. Da kommen nur Freaks auf die Idee, es damit zu versuchen.

lg!
georg
 
Ganz einfach. Warum radeln die meisten mit dem Kopf an vorderer Front ? Scheinen viele Lebensmüde zu sein.
Und im Mainstream mitschwimmen und ja nicht auffallen, sprich heutzutage = Pedelec fahren, das hat für sehr viele so eine starke Macht, der sie sich nicht widersetzen wollen... von daher käme da ein Liegerad nie in Frage
Das ist auch meine Meinung. Die Geschichte hat uns gezeigt, dass nicht immer was die Mehrheit fuer richtig hält, auch richtig ist.
 
Einspurige Liegeräder mit Motor, vor allem die schnellen profitieren vom kleineren Windwiderstand und die Nachteile bergauf fallen weg.
Ich fahre neben meinem Alleweder noch ein peer Gynt.
Der Reiz des Zweiradfahrens ist immer noch groß.
HP Velotechnik verkauft den schnellen Einspurer mit Nummernschild und echten 45 km/h.
Das hatten wir schon vor 25 Jahren mit dem Hurricane.
 
Wir haben in den letzten 30 Jahren mit der Akkurad GmbH ca. 300 einspurige Liegeräder mit Motoren nachgerüstet, die allermeisten als Pedelec.
Vielleicht gibt es so eine Zukunft für die Einspurer.
 
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